European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0050OB00071.13X.1003.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung
Das Rekursgericht hat über Zulassungsvorstellung des Vaters gestützt auf § 63 Abs 3 AußStrG ausgesprochen, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch zulässig sei. Das Rekursgericht habe in seiner Entscheidung die Auffassung vertreten, dass im Fall des Bezugs eines das anrechenbare Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen erhöhenden Pendlerpauschales nicht automatisch und ohne darauf abzielendes Vorbringen die Fahrtkosten vom Wohnort zum Arbeitsort von der Unterhaltsbemessungsgrundlage abzuziehen seien bzw nach Nichtäußerung des Unterhaltspflichtigen iSd § 17 AußStrG ohne weitere Anleitung von der als zugestanden geltenden Unterhaltsbemessungsgrundlage ausgegangen werden könne. Es sei dem Vater zuzugestehen, dass der konkreten Fallkonstellation über den Anlassfall hinausgehende Bedeutung zukomme und dazu noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.
Der vom Vater wegen behaupteter unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revisionsrekurs ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) ‑ Ausspruch des Rekursgerichts mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Revisionsrekurses wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Der Vater macht in seinem Revisionsrekurs als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass er bereits vor dem Erstgericht auf seinen Bezug eines Pendlerpauschales hingewiesen habe. Daraus sei für das Erstgericht ersichtlich gewesen, dass der Vater berufsbedingte Kosten für Fahrten zwischen seinem Wohn- und Arbeitsort berücksichtigt haben wollte und insoweit dem Unterhaltserhöhungsantrag entgegentrete. Das Erstgericht hätte dann trotz Anwendbarkeit des § 17 AußStrG den Hinweis des Vaters auf seine Fahrtkosten iSd § 16 AußStrG aufgreifen, die notwendigen Erhebungen führen und die Fahrtkosten bei der Berechnung seiner Unterhaltspflicht berücksichtigen müssen.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Ausführungen ist Folgendes zu entgegnen:
1. Gemäß § 17 AußStrG kann das Gericht eine Partei unter Setzung einer angemessenen Frist auffordern, sich zum Antrag einer anderen Partei oder zum Inhalt der Erhebungen zu äußern, oder die Partei zu diesem Zweck zu einer Vernehmung oder Tagsatzung laden. Lässt die Partei die Frist ungenützt verstreichen oder leistet sie der Ladung nicht Folge, so kann das Gericht annehmen, dass keine Einwendungen gegen die Angaben der anderen Partei oder gegen eine beabsichtigte Entscheidung auf der Grundlage des bekannt gegebenen Inhalts der Erhebungen bestehen.
2.1. Im vorliegenden Fall ließ der Vater die Äußerungsfrist ungenützt verstreichen, weshalb das Erstgericht grundsätzlich von der Richtigkeit der Tatsachenangaben des Kindes zu seinem (nach Vorlage der Lohnabrechnung von der Mutter ziffernmäßig präzisierten) Unterhaltserhöhungsantrag ausgehen durfte.
2.2. Ein Tatsachenzugeständnis darf allerdings trotz des Vorliegens der Anwendungsvoraussetzungen des § 17 AußStrG dann nicht angenommen werden, wenn das Kindeswohl eine amtswegige Aufklärung und Erhebung der Entscheidungsgrundlagen erfordert, wenn der Akteninhalt gegen die Richtigkeit des Vorbringens des Antragstellers spricht oder wenn aus besonderen Gründen anzunehmen ist, dass der Antragsgegner dem Antrag ungeachtet seines Schweigens entgegentrete (RIS-Justiz RS0006941 [T7]; RS0006783 [T3]; näher dazu und weitere Nachweise insb aus der zweitinstanzlichen Rechtsprechung bei Höllwerth , Die Säumnis nach § 17 AußStrG im Licht der Rechtsprechung, EF-Z 2012/33, 52 [54]; ders , § 17 AußStrG ‑ der Verfahrensbeschleuniger, in Geimer/Schütze/Garber , Dimension des Rechts, FS Simotta [2012] 227 [241]).
2.3. Unterlässt das Erstgericht entgegen § 16 Abs 1 AußStrG amtswegige Erhebungen, obwohl dies wegen Vorliegens (einer) der zuvor genannten Voraussetzungen erforderlich gewesen wäre, so begründet dies einen Mangel des Verfahrens erster Instanz. Das Rekursgericht hat aber hier das Vorliegen eines solchen Verfahrensmangels verneint und ein vom Rekursgericht verneinter Mangel des außerstreitigen Verfahrens erster Instanz kann keinen Revisionsrekursgrund bilden (RIS-Justiz RS0050037; 1 Ob 239/09t; Höllwerth , FS Simotta 227 [244]). Ein von diesem Grundsatz nicht erfasster Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
3. Der Revisionsrekurs ist somit mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG unzulässig und daher zurückzuweisen.
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