OGH 1Ob199/14t

OGH1Ob199/14t23.12.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch die Burghofer Rechtsanwalts GmbH, Wien, gegen die beklagte Partei Dr. K***** D*****, vertreten durch Dr. Katharina Widhalm‑Budak, Rechtsanwältin in Wien, wegen 8.132,96 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 24. Juli 2014, GZ 36 R 111/14m‑20, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 24. Februar 2014, GZ 26 C 69/13m‑16, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0010OB00199.14T.1223.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 744,43 EUR (darin enthalten 124,07 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die klagende Partei nimmt ihren ehemaligen Masseverwalter ‑ das Konkursverfahren über ihr Vermögen wurde mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 18. 5. 2012 (AZ *****) aufgehoben - aus dem Titel des Schadenersatzes wegen dessen Prozessführung in Anspruch. Die auf Zahlung von 50.000 EUR sA (Mietzins‑/Benützungsentgelt) und Räumung gegen die Tochter des Geschäftsführers der Schuldnerin als Nutzerin einer Wohnung in dem der klagenden Partei gehörenden Haus in W*****, beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien eingebrachte Klage wurde mit Urteil vom 27. 5. 2011, abgewiesen; seine dagegen erhobene Berufung blieb erfolglos.

Die klagende Partei wirft dem Masseverwalter vor, er habe dem Bestimmtheitsgebot nicht entsprochen und den Klagsbetrag trotz Hinweises des Prozessgegners nicht aufgeschlüsselt. Zur Behauptung eines Scheinvertrags habe er nicht vorgebracht, dass die Gesellschaft und die Tochter des Geschäftsführers in Schädigungsabsicht zusammengewirkt hätten. Dadurch sei der klagenden Partei ein Schaden in Höhe von 8.132,96 EUR sA entstanden, weil dieser Betrag im Vorverfahren der Tochter des Geschäftsführers als Kostenersatz habe geleistet werden müssen.

Der Beklagte bestritt und wies darauf hin, dass die Klage ohnehin abgewiesen worden wäre, auch wenn er das begehrte Benützungsentgelt betraglich weiter aufgeschlüsselt hätte.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es führte aus, der Masseverwalter hätte den Vorprozess auch bei pflichtgemäßer Aufschlüsselung verloren, da (nach dem im dortigen Ersturteil festgestellten Sachverhalt) die Tochter des Geschäftsführers die Wohnung nicht titellos benützt habe und die Mietzinse im Wege der Verrechnung bezahlt worden seien.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und ließ die ordentliche Revision zu, weil zur Rechtsfrage, ob ein Rechtsanwalt bei Prozessverlust gegenüber der von ihm vertretenen Partei allein deshalb schadenersatzpflichtig werde, weil er ein unschlüssiges Klagebegehren einbringe, es auch nicht verbessere und auch daher gar nicht obsiegen hätte können, der Prozessverlust jedoch auch bei korrekter Aufschlüsselung eingetreten wäre, was die klagende Partei mit kumulativer Kausalität begründe, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO; RIS‑Justiz RS0042392) ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, weil die Erledigung der Revision nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt (RIS‑Justiz RS0102059; RS0048272).

1. Den Geschädigten trifft grundsätzlich die Beweislast für den Kausalzusammenhang (vgl RIS‑Justiz RS0022686). Auch im Rahmen der Anwaltshaftung muss die Pflichtverletzung sowie der Kausalzusammenhang zwischen pflichtwidrigem Verhalten und schadensbegründendem Prozessverlust vom Geschädigten dargelegt und bewiesen werden (8 Ob 125/13k = RIS‑Justiz RS0022700 [T13] = RS0022686 [T22]).

2. Es muss versucht werden, den hypothetischen Ablauf bei Vermeidung der Unterlassung durch Setzen des gebotenen Verhaltens herauszufinden. Das gebotene Verhalten ist hinzuzudenken (RIS‑Justiz RS0022913 [T12]).

3. Hätte daher die klagende Partei den Prozess ‑ denkt man sich die unterlassene Aufschlüsselung und das von der klagenden Partei zum Scheinvertrag vermisste Vorbringen hinzu ‑ aus anderen Gründen dennoch verloren, besteht kein Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem Prozessverlust (vgl zur unterlassenen Aufklärung über die Möglichkeit der Einleitung eines Verfahrens auf Nichtigerklärung des Gebrauchsmusters beim Patentamt 17 Ob 11/11h).

4. Der Akt des Vorverfahrens wurde in erster Instanz verlesen. Die darin enthaltenen Urteile sind im Übrigen in ihrem Wortlaut unstrittig und können damit auch ohne gänzliche wörtliche Wiedergabe der Entscheidung zu Grunde gelegt werden (RIS‑Justiz RS0121557 [T5]; für das Revisionsverfahren vgl 1 Ob 128/07s). Das Erstgericht des Vorverfahrens gelangte ‑ entgegen den Prozessbehauptungen des Masseverwalters, ein Mietvertrag sei tatsächlich nicht, jedenfalls nicht zum Zeitpunkt 25. 1. 2002 abgeschlossen worden, die Zahlung des Mietzinses sei nicht erfolgt ‑ aufgrund seiner Beweiswürdigung zur Überzeugung, dass ein solcher Mietvertrag sehr wohl und schon am 25. 1. 2002 abgeschlossen worden sei. In seiner Beweiswürdigung nahm es auf die Aussage der dortigen Beklagten, es habe von ihr ein Bedürfnis nach Sicherheit, wenn sie in die Wohnung investiere, dort auch Mietrechte zu haben, bestanden, Bezug und erachtete diese Angaben als glaubwürdig. In seiner rechtlichen Beurteilung hielt es überdies (beweiswürdigend) fest, dass das Beweisverfahren keinerlei Hinweise in die Richtung, es sei der Mietvertrag lediglich zum Schein abgeschlossen worden, ergeben habe.

5. Ausgehend von diesem in der Folge bestätigten Ersturteil, waren die dem Kläger vorgeworfenen Unterlassungen für den Prozessverlust nicht kausal. In der Beweiswürdigung durch das Gericht, das den Angaben der dortigen Beklagten folgte, liegt jedenfalls kein zweites „schädigendes“ Ereignis im Sinne einer von der klagenden Partei angesprochenen kumulativen Kausalität.

6. Rechtsprechung dazu, dass ein Anwaltsfehler sich nicht (im Sinne einer Schadenersatzpflicht) auswirkt, wenn vom Geschädigten nicht nachgewiesen werden kann (1 Ob 148/14t = RIS‑Justiz RS0022686 [T23]), dass der Schaden ‑ hier der Prozessverlust ‑ nicht eingetreten wäre, wenn man sich die pflichtgemäße Handlung hinzudenkt oder das Gegenteil feststeht (17 Ob 11/11h), liegt bereits vor (RIS‑Justiz RS0022913; RS0022700).

7. Da die klagende Partei insgesamt keine Rechtsfragen von der Erheblichkeit des § 502 Abs 1 ZPO anspricht, ist ihr Rechtsmittel zurückzuweisen (vgl RIS‑Justiz RS0042392). Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1 und § 50 Abs 1 ZPO. Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen, weswegen ihm gemäß § 41 Abs 1 und § 50 Abs 1 ZPO der Ersatz der Kosten dieses Schriftsatzes zusteht.

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