OGH 8ObA48/14p

OGH8ObA48/14p19.12.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Kuras und die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter ADir. Brigitte Augustin und Wolfgang Cadilek in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Univ.‑ Doz. Dr. S***** K*****, vertreten durch Freimüller/Obereder/Pilz & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei *****universität L*****, vertreten durch Univ.‑ Prof. Dr. Bruno Binder, Dr. Josef Broinger, Mag. Markus Miedl, Rechtsanwälte in Linz, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 27. Mai 2014, GZ 12 Ra 32/14h‑32, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:008OBA00048.14P.1219.000

 

Spruch:

Die Revision wird gemäß § 2 ASGG, § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Der Kläger bewarb sich bei der beklagten Universität im Jahre 2010 um die Stelle eines Vertragsprofessors. Er wurde im Besetzungsvorschlag an dritter Stelle gereiht. Die Auswahlentscheidung des Rektors der Beklagten fiel zunächst auf die erstgereihte Bewerberin, diese erteilte der Universität jedoch nach Vertragsverhandlungen letztlich eine Absage. Anschließend führte der Rektor Gespräche mit der zweitgereihten Kandidatin, die ebenfalls scheiterten.

Im Herbst 2011 teilte der Rektor dem Kläger auf dessen Anfrage hin mit, dass er mit ihm keine Berufungsverhandlungen führen werde, weil er ihn nach seinem Anforderungsprofil nicht für den idealen Kandidaten halte. Es gebe außerdem inzwischen mögliche andere Bewerberinnen, die ‑ im Sinne des Frauenförderungsplans der Beklagten ‑ im Wege einer Neuausschreibung angesprochen werden sollten.

Mit seiner am 2. 4. 2012 erhobenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung, die Beklagte sei verpflichtet, einen Arbeitsvertrag mit ihm abzuschließen, in eventu, mit ihm Berufungsverhandlungen gemäß § 98 UG 2002 für die angestrebte Stelle zu führen. Da die Berufungsverhandlungen mit den im Besetzungsvorschlag vor ihm gereihten Bewerberinnen gescheitert seien, treffe die Beklagte die Verpflichtung, den Kläger einzustellen.

Im Mai 2012 schrieb die Beklagte die strittige Stelle erneut aus. Der Kläger bewarb sich wieder, kam aber nicht mehr in die engere Auswahl. Die Stelle wurde mittlerweile (mit einer Frau) besetzt.

Das zunächst vom Kläger als Erstgericht angerufene Arbeits‑ und Sozialgericht Wien verwarf mit abgesondertem Beschluss die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs. Nach Überweisung der Rechtssache an das örtlich zuständige Landesgericht Linz in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen wies dieses mit dem nun angefochtenen Urteil sowohl das Haupt- als auch das Eventualklagebegehren ab.

Es bestehe kein individuelles Recht auf Abschluss eines Dienstvertrags. Hinsichtlich des Eventualbegehrens mangle es dem Kläger am notwendigen rechtlichen Interesse im Sinn des § 228 ZPO, weil die begehrte Feststellung von vornherein nicht geeignet sei, Rechtsklarheit zwischen den Streitteilen herzustellen. Es führe nicht jede Berufungsverhandlung auch zum Abschluss eines Arbeitsvertrags, außerdem sei die angestrebte Stelle bereits besetzt.

Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel des Klägers keine Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zulässig sei.

Die in erster Instanz ausdrücklich bejahte Zulässigkeit des streitigen Rechtswegs könne mangels Anfechtung dieses Beschlusses durch die Beklagte vom Berufungsgericht nicht mehr geprüft werden. Inhaltlich sei die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts richtig.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Klägers zeigt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in seiner Entscheidung 9 ObA 121/12b ausgesprochen, dass das Berufungsverfahren nach dem UG 2002 jedenfalls bis hin zur Auswahlentscheidung des Rektors einen eigenständigen hoheitlichen Charakter aufweist und einer Überprüfung durch die ordentlichen Gerichte entzogen ist. Im vorliegenden Fall haben die Gerichte dennoch in der Sache zu entscheiden, weil die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs wegen der unbekämpft gebliebenen Entscheidung des Erstgerichts nicht mehr aufgegriffen werden kann.

Das Argument des Revisionswerbers, § 98 Abs 8 UG 2002 verpflichte den Rektor nicht nur, die Auswahlentscheidung aus dem Dreiervorschlag zu treffen, sondern begründe im Fall eines Scheiterns der Verhandlungen mit der ausgewählten Person einen Verhandlungs‑ und Kontrahierungszwang mit den übrigen vorgeschlagenen, aber nicht ausgewählten Bewerbern, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen und widerspricht der bereits bestehenden höchstgerichtlichen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (B 574/08). Der Umstand, dass Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu Bestimmungen des Verwaltungsrechts fehlt, begründet für sich allein noch keine erhebliche Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0123321).

Ein zivilrechtlicher Anspruch auf Durchführung eines mangelfreien Verwaltungsverfahrens und Erlassung eines rechtsfehlerfreien Verwaltungsakts besteht nicht (vgl 4 Ob 45/14t).

Der Oberste Gerichtshof hat auch schon klargestellt, dass keine ein Feststellungsbegehren rechtfertigende Verpflichtung besteht, Vertragsverhandlungen über eine bereits wirksam besetzte Stelle zu führen (8 ObA 1/11x mwN).

Ein konkretes Argument, weshalb die abgeschlossene Besetzung der streitgegenständlichen Stelle, die aufgrund eines vorangegangenen formellen Ausschreibungsverfahrens erfolgt ist, an dem sich auch der Kläger neuerlich beteiligt hatte, „offenkundig nichtig“ sein sollte, lässt die Revision nicht erkennen. Die vom Kläger zitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 8 ObA 1/08t ist in mehrfacher Hinsicht nicht einschlägig; sie erging in einem zwischen den Parteien des nichtigen Vertrags geführten Verfahren und betraf eine Stellenbesetzung ohne jede Ausschreibung. Im vorliegenden Verfahren käme eine Überprüfung des strittigen Besetzungsvorgangs schon deswegen nicht in Frage, weil die Stelleninhaberin nicht am Prozess beteiligt ist und ihr Vertragsverhältnis zur Beklagten von der Rechtskraftwirkung des zwischen den Streitteilen ergehenden Urteils nicht berührt wird.

Die Begründung der Vorinstanzen, dem Eventualfeststellungsbegehren des Klägers liege kein rechtliches Interesse im Sinn des § 228 ZPO zugrunde, weil ein Gebot, ergebnisoffene Verhandlungen zu führen, von vornherein nicht geeignet sei, die Rechtsbeziehung der Streitteile zu klären, ist nicht unvertretbar.

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