European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0030OB00151.14Y.1218.000
Spruch:
Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 559,15 EUR (darin 93,19 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Begründung:
Die Ehe der Streitteile wurde zu 5 C 134/06t des Bezirksgerichts Bruck an der Mur geschieden. In dem am 10. Juli 2006 zu 5 C 176/06v vor dem Bezirksgericht Bruck an der Mur geschlossenen prätorischen Vergleich hat sich der nunmehrige Oppositionskläger (im Folgenden „Kläger“) verpflichtet, der nunmehrigen Beklagten nach dem VPI 2000 wertgesichert „monatlich € 1.000,-- jeweils am 15. des Monats bei 5‑tägigem Respiro auf deren Konto …, beginnend mit 15. August 2006 zu bezahlen“. Punkt 2. des Vergleichs lautet: „Die Umstandsklausel wird ausgeschlossen und mit den Parteien erörtert, dass sich der Unterhaltsbetrag weder für den Fall geänderter Verhältnisse, geänderter Rechtslage oder Veränderung der Einkommen der Streitteile verändert.“
Zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses verfügte der am 15. September 1960 geborene Kläger, ein gelernter Schlosser, als Vorarbeiter in einem Stahlerzeugungsunternehmen über ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von 3.300 EUR. Die am 10. März 1954 geborene Beklagte bezog kein Einkommen.
Aufgrund dieses Vergleichs vom 10. Juli 2006 wurde der Beklagten als betreibender Partei gegen den Kläger als Verpflichteten mit Beschluss vom 1. August 2011 zur Hereinbringung einer Forderung von 554 EUR sA (Unterhaltsrückstand für Juli 2011) und des laufenden Unterhalts in einer monatlichen Höhe von 1.054 EUR ab 1. August 2011 die Fahrnis‑ und Gehaltsexekution bewilligt. Am 20. Oktober 2011 wurde zur Hereinbringung einer Forderung von 554 EUR sA erneut die Gehaltsexekution bewilligt.
Gegen die diesen beiden Exekutionen zugrunde liegenden Ansprüche erhob der Kläger am 17. Februar 2012 Oppositionsklage mit der Behauptung, dass er seit 17. März 2011 Arbeitslosengeld in der Höhe von täglich 45,53 EUR, befristet bis 21. März 2012, beziehe, sodass eine wesentliche Änderung derjenigen Umstände eingetreten sei, die dem Vergleich vom 10. Juli 2006 zugrunde gelegen seien. Der Vergleich sei auf der Grundlage eines aktiven Erwerbseinkommens des Klägers abgeschlossen worden. Weder er noch die Beklagte hätten die künftige Arbeitslosigkeit oder geminderte Erwerbsfähigkeit bedacht. Aufgrund des durch die Arbeitslosigkeit wesentlich verringerten Einkommens könne er nur noch einen verringerten Unterhalt leisten. Durch ein Beharren auf den Ausschluss der Umstandsklausel würde die wirtschaftliche Existenzgrundlage entzogen und es würde ein krasses Missverhältnis zwischen dem ihm verbleibenden Einkommen und dem an die Beklagte zu leistenden Unterhalt entstehen. Da der über einen monatlichen Betrag von 450 EUR hinausgehende Unterhaltsanspruch der Beklagten ab 17. März 2011 erloschen sei, seien die Exekutionsbewilligungen hinsichtlich des betriebenen Rückstands von 554 EUR (Juli 2011) und hinsichtlich des ab 1. August 2011 zu leistenden monatlichen Unterhalts von 1.054 EUR zu Unrecht erteilt worden.
Die Beklagte wandte ein, dass der Arbeitslosengeldbezug des Klägers auf den Umstand zurückzuführen sei, dass er selbst sein Beschäftigungsverhältnis aufgekündigt habe und auf das zuvor erzielte Einkommen anzuspannen sei. Darüber hinaus sei dem Kläger im Jahr 2010 ein Abfertigungsbetrag von 46.332 EUR zugekommen, der in die Unterhalts-bemessungsgrundlage einzubeziehen sei.
Darauf replizierte der Kläger in der Tagsatzung vom 11. April 2012 (ON 5), dass er „derzeit“ arbeitsunfähig sei. Ein Antrag auf Berufsunfähigkeitspension sei wieder gestellt worden. Das Verfahren sei noch offen. Sein Arbeitsverhältnis sei einvernehmlich aufgelöst worden.
Das Erstgericht sprach aus, dass der Anspruch der Beklagten aus dem Vergleich vom 10. Juli 2006 seit 1. Juli 2011 in einem 450 EUR übersteigenden (Monats‑)Betrag erloschen sei.
Es traf ‑ hier zusammengefasst ‑ folgende Feststellungen:
Der Kläger, der ab 1975 in unterschiedlichen Funktionen als Schlosser in einem Stahlerzeugungs-unternehmen tätig war, hatte in den letzten Jahren vor seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen eine Stellung als Vorarbeiter inne. Im November 2009 erlitt er einen Arbeitsunfall, bei dem er sich eine (weitere) Verletzung an dem bei einem Arbeitsunfall im Jahr 1995 vorgeschädigten linken Knie zuzog. Ab diesem zweiten Arbeitsunfall befand sich der Kläger bis zu seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen durchgehend im Krankenstand, in dessen Verlauf (im April 2010) eine Knieoperation vorgenommen wurde. Während des Krankenstands erhielt der Kläger von Arbeitskollegen die ‑ vom Arbeitgeber bestätigte - Information, dass Vorarbeiterposten so weit wie möglich eingespart werden. Dem Kläger wurde mitgeteilt, dass er für den Fall der Weiterbeschäftigung jedenfalls mit einer Reduktion seines Einkommens zu rechnen habe. Bei einem Gespräch mit dem Personalmanager am 13. Juli 2010 wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers im Einvernehmen gelöst, wobei nicht festgestellt werden kann, ob die Vereinbarung der einvernehmlichen Lösung vom Kläger initiiert wurde. Der Hintergrund für den Kläger lag darin, dass sich die Arbeitsbelastung subjektiv für ihn in den letzten Jahren immer weiter erhöht hatte und in Aussicht stand, dass er eine weniger gut bezahlte Tätigkeit ausüben werde müssen, die zusätzlich eine Mehrbelastung mit sich bringen würde.
Zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses dachte der Kläger, er werde allemal einen anderen Job finden, wenn er wieder seine Arbeitsfähigkeit erlangt hatte. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger seit Juli 2010 bis zum Entscheidungszeitpunkt (21. November 2012) wiederum in einen arbeitsfähigen Zustand gekommen ist. Da sich der Kläger aufgrund seines beeinträchtigten Gesundheitszustands als arbeitsunfähig empfand, sah er sich ab Juli 2010 nicht um einen neuen Arbeitsplatz um.
Der Kläger hat für Juli 2011 anstelle des titelmäßig geschuldeten Betrags von 1.054 EUR lediglich 500 EUR an Unterhalt geleistet.
Seiner rechtlichen Beurteilung legte das Erstgericht zugrunde, dass der Kläger ‑ mangels Verschuldens am Verlust des Arbeitsplatzes ‑ nicht auf sein früheres Einkommen anzuspannen sei. Das offensichtliche Beharren der Beklagten auf den titulierten Unterhalt (und damit auf den seinerzeit vereinbarten Verzicht auf die Umstandsklausel) sei sittenwidrig, weil eine Relation entstanden sei, bei der die Existenzgrundlage des Klägers gefährdet wäre, wäre er weiterhin zur Leistung des titulierten Unterhalts verpflichtet. Sein Verdienst zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses sei bei 3.300 EUR netto monatlich gelegen, während er seit Juli 2011 nur mehr 1.365 EUR netto monatlich verdiene.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten dahin Folge, dass es die Oppositionsklage abwies. Es verneinte eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens und interpretierte die Feststellung „Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger seit Juli 2010 bis zum Entscheidungszeitpunkt in einem arbeitsfähigen Zustand wiederum gekommen ist.“ als Negativfeststellung zu Lasten des Klägers, der damit den ihm obliegenden Beweis für seine Leistungsunfähigkeit nicht erbracht habe. Im Hinblick auf die freiwillige Aufgabe eines gut dotierten Arbeitsplatzes sei der Kläger auf sein früheres Einkommen anzuspannen.
Die Revision wurde nachträglich im Hinblick auf die Mehrdeutigkeit der entscheidenden Feststellung zur Arbeitsfähigkeit des Klägers ab Juli 2010, die vom Berufungsgericht möglicherweise fehlinterpretiert worden sei, zugelassen.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen diesem Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision nicht zulässig.
Seiner Revision legt der Oppositionskläger im Wesentlichen zugrunde, dass er aufgrund der Folgen des im November 2009 erlittenen Arbeitsunfalls seine Erwerbsfähigkeit nicht mehr erlangt habe und sein Arbeitsverhältnis keinesfalls grundlos aufgegeben habe. Eine Anspannung auf das frühere Einkommen sei unzulässig; die dafür maßgeblichen Umstände seien im Übrigen von der Beklagten zu beweisen.
Damit wird keine erhebliche Rechtsfrage dargestellt.
1. Nach der im Oppositionsverfahren geltenden Eventualmaxime (§ 35 Abs 3 EO) muss der Verpflichte alle ihm zur Zeit der Klageerhebung bekannten Einwendungen bei sonstigem Ausschluss bereits in der Oppositionsklage vorbringen. Nachträgliche Ergänzungen sind nur insoweit zulässig, als sie die vorgebrachten Tatsachen verdeutlichen oder präzisieren (RIS‑Justiz RS0001331 [T1]). Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen (RIS‑Justiz RS0001331 [T2]; RS0001307 [T5]). In diesem Sinn geht die Rechtsprechung etwa davon aus, dass eine Schlüssigstellung der Klage zwingend neues Tatsachenvorbringen über das Maß einer bloßen Verdeutlichung oder Präzisierung des bisherigen Vorbringens hinaus fordert (RIS‑Justiz RS0001307 [T8]).
2. Umstände, die zu einer Änderung einer rechtskräftig festgesetzten Unterhaltsverpflichtung führen sollen, sind von der oppositionsklagenden Partei zu behaupten und zu beweisen (RIS‑Justiz RS0047202 [T11]; RS0047398 [T19]). So ist es Sache des Unterhaltspflichtigen, seine verminderte Leistungsfähigkeit gegenüber den dem Vortitel zugrundeliegenden Verhältnissen darzutun (RIS‑Justiz RS0006348 [T1]).
3. In seiner Oppositionsklage hat der Kläger eine wesentliche Änderung der dem Vergleich vom 10. Juli 2006 zugrunde gelegten Umstände nur damit begründet, dass er anstelle eines aktiven Erwerbseinkommens seit 17. März 2011 ein Arbeitslosengeld in der Höhe von täglich 45,53 EUR beziehe; weiters sei aufgrund der gesundheitlichen Probleme und der dadurch zu erwartenden Berufsunfähigkeit eine Verschlechterung seiner finanziellen Lage „zu erwarten“.
4. Infolge des vertraglichen Verzichts auf den Einwand geänderter Verhältnisse hatte der Kläger schon in der Klage darzulegen, aus welchen Gründen das Beharren der Frau auf Unterhaltsleistung sittenwidrig sein sollte (RIS‑Justiz RS0016554). Eine bloß vorübergehende oder selbst verschuldete Arbeitslosigkeit wäre nicht ausreichend.
Maßgeblich sind nicht allein eine Änderung des Einkommens, sondern auch die Gründe dafür, insbesondere eine gesundheitsbedingte Reduzierung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen. Ein ausreichendes Vorbringen ist der Oppositionsklage ‑ die nur auf die Einkommens-verminderung abstellt und künftige Auswirkungen gesundheitlicher Probleme nur in den Raum stellt ‑ allerdings nicht zu entnehmen.
5. Mangels erheblicher Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) ist die Revision der klagenden Partei zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die beklagte Partei hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Die Bemessungsgrundlage beträgt gemäß § 9 Abs 3 RATG ‑ auch bei einer Unterhaltserhöhung oder ‑verminderung ‑ die einfache Jahresleistung, hier 604 EUR x 12 = 7.248 EUR (Obermair, Kostenhandbuch² Rz 755).
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