European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0080NC00070.14G.1210.000
Spruch:
Der Antrag der klagenden Partei, die Rechtssache an das Bezirksgericht Vöcklabruck zu delegieren, wird abgewiesen.
Text
Begründung
Mit der beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien eingebrachten Klage macht die Klägerin die Nichtigkeit eines Mietvertrags über eine im Sprengel des Bezirksgerichts Vöcklabruck gelegene Liegenschaft geltend und begehrt im Zusammenhang damit die Rückzahlung der von ihr geleisteten Mieten samt Grundsteuern und Bearbeitungsgebühr, die Übernahme der Liegenschaft durch die Beklagte und die Ungültigerklärung einer Andienungsverpflichtung gegenüber der Beklagten. Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts leitet sie aus einer Gerichtsstandsvereinbarung ab.
Die Beklagte bestreitet weder die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts noch die Gerichtsstandsvereinbarung.
Die Klägerin beantragt mit dem vorbereitenden Schriftsatz ON 8 die Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht Vöcklabruck aus Gründen der Zweckmäßigkeit. Die Beklagte habe auf die Parteieneinvernahme verzichtet, alle bisher beantragten Zeugen wohnten im Sprengel des Bezirksgerichts Vöcklabruck oder in Linz, von wo aus Vöcklabruck leichter zu erreichen sei als Wien. Auch die Tätigkeit des beantragten Sachverständigen aus dem Immobilienfach lasse im Hinblick darauf, dass die Befundaufnahme im Sprengel des Bezirksgerichts Vöcklabruck, die Erörterung des Gutachtens aber in Wien erfolgen müsse, die beantragte Delegierung zweckmäßig erscheinen. Die Delegierung sei zulässig, weil bei Abschluss der Zuständigkeitsvereinbarung nicht vorhersehbar gewesen sei, dass die gegenständlichen Zweckmäßigkeitsgründe vorliegen werden.
Die Beklagte sprach sich unter Hinweis auf das Vorliegen der bindenden Gerichtsstandsvereinbarung gegen den Delegierungsantrag aus. Auch sei die Fahrtzeit von Linz nach Wien nur unwesentlich länger als nach Vöcklabruck, sodass die Delegierung nicht zweckmäßig erscheine.
Die auf Seiten der Klägerin dem Rechtsstreit beigetretene Nebenintervenientin schloss sich dem Delegierungsantrag an.
Das Erstgericht äußerte sich dahin, dass eine Delegierung zeit‑ und kostensparend wäre. Fraglich sei aber deren Zulässigkeit im Hinblick auf die getroffene Gerichtsstandsvereinbarung.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.
Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung ist eine Delegierung aus Zweckmäßigkeitsgründen dann, wenn die örtliche Zuständigkeit eines Gerichts durch Parteienvereinbarung begründet wurde, grundsätzlich ausgeschlossen, weil sie dem Zweck der Parteienvereinbarung widerspricht. Anders liegt der Fall nur, wenn nachträglich wesentliche, für die Zweckmäßigkeit der Delegierung sprechende Umstände eintreten, auf welche die Parteien bei ihrer Übereinkunft nicht Bedacht nehmen konnten (RIS‑Justiz RS0046198; RS0046172 ua). Hier sind Umstände, auf die nicht Bedacht genommen worden wäre, nicht hervorgekommen und wurden von der Klägerin auch gar nicht geltend gemacht. Haben aber die Parteien eine Gerichtsstandsvereinbarung getroffen, kann diese nicht von einer Partei ohne Vorliegen solcher nachträglicher Umstände im Weg der Delegierung nach § 31 JN zunichte gemacht werden. Diese Überlegungen gelten auch für den vorliegenden Fall, in welchem die Gerichtsstandsvereinbarung deshalb nicht schlagend wurde, weil der allgemeine Gerichtsstand der beklagten Partei ohnedies der getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung entspricht (10 Nc 15/09a; 10 Nc 25/06t). Auf die behaupteten (keineswegs unvorhersehbaren) Zweckmäßigkeitsgründe braucht daher nicht eingegangen zu werden. Lediglich illustrativ ist daher darauf zu verweisen, dass die Einvernahme von Zeugen mittels Videokonferenz möglich ist (§ 277 ZPO; 7 Nc 12/12t) und dass die Zustelladressen mehrerer der beantragten Zeugen nicht im Sprengel des Bezirksgerichts Vöcklabruck liegen. Einer der von der Klägerin beantragten Zeugen hat seinen Wohnsitz ohnedies in Wien.
Der Delegierungsantrag war daher abzuweisen.
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