OGH 7Ob141/14g

OGH7Ob141/14g29.10.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Dr. Hoch als Vorsitzenden und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Kalivoda, Dr. Schwarzenbacher, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** M*****, vertreten durch Dr. Gerald Haas und andere Rechtsanwälte in Wels, gegen die beklagte Partei W*****‑AG, *****, vertreten durch Zumtobel Kronberger Rechtsanwälte OG in Salzburg, wegen Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 3. Juni 2014, GZ 4 R 73/14d‑87, womit das Urteil des Landesgerichts Wels vom 20. März 2014, GZ 26 Cg 109/10y‑81, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0070OB00141.14G.1029.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 768,24 EUR (darin enthalten 128,04 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Das Berufungsgericht erklärte in Abänderung seines ursprünglichen Ausspruchs die Revision für zulässig. Die Frage, ob von einer für die Verjährungsunterbrechung maßgeblichen bloßen Sachverhaltsergänzung oder ‑berichtigung oder doch von einer Klagsänderung auszugehen sei, sei zwar grundsätzlich nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, doch werfe die Revisionswerberin dem Berufungsgericht „eine gänzlich denkunmögliche“ Beurteilung der Umstände vor, sodass nicht ausgeschlossen werden könne, dass dem Berufungsgericht eine grobe Fehlbeurteilung unterlaufen sei.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig. Die Begründung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

Durch die Einbringung der Klage ist die Verjährungszeit nur für die in der Klage geltend gemachten Ansprüche gehemmt (RIS‑Justiz RS0034556). Wird der Anspruch erst im Wege der Klagsänderung geltend gemacht, kommt es für die Beurteilung der Verjährung hingegen nicht auf den Zeitpunkt der Klagseinbringung an (RIS‑Justiz RS0034740).

Der prozessuale Begriff des Streitgegenstands wird durch das Klagebegehren und den rechtserzeugenden Sachverhalt bestimmt (RIS‑Justiz RS0037419, RS0039255). Zum Grund des Anspruchs gehören alle rechtserzeugenden Tatsachen, aus denen der Anspruch abgeleitet wird (RIS‑Justiz RS0122728). Eine Klagsänderung liegt vor, wenn andere rechtserzeugende Tatsachen behauptet werden (RIS‑Justiz RS0039417). Die Korrektur unwesentlicher Fehler, die als solche ohne weiteres erkennbar sind, sind nicht als unzulässige Klagsänderung zu beurteilen (RIS‑Justiz RS0044808). Die Frage, ob bereits die Klagseinbringung die Verjährung unterbrach, weil bloß eine Sachverhaltsergänzung oder eine Änderung der rechtlichen Qualifikation eines Vorbringens vorgenommen wurde, oder doch von einer Klagsänderung auszugehen ist, nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und begründet im Regelfall keine erhebliche Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO (2 Ob 143/10h ua).

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die Korrektur der Polizzennummer im Hinblick auf das klare Vorbringen der Klägerin, die sich ausdrücklich schon in der Klage auf die zwischen den Parteien bestehende Unfallversicherung stützte (auch wenn sich die angegebene Polizzennummer auf eine Lebensversicherung bezog), keine unzulässige Klagsänderung sei und daher die zehnjährige absolute Verjährungsfrist nach § 12 Abs 2 VersVG im Zeitpunkt der Klagseinbringung nicht abgelaufen sei, hält sich im Rahmen der Judikatur. Zu bedenken ist, dass die Klägerin der Beklagten den Versicherungsfall aus der Unfallversicherung meldete und sich auch die Ablehnungsschreiben der Beklagten nur auf diese Unfallversicherung bezogen. Die Klägerin machte von vornherein nie geltend, dass sie 100 % invalid sei (was sich auf die Lebensversicherung hätte beziehen können), sodass die Beklagte weder auf Grund der Vorkorrespondenz noch auf Grund des Vorbringens in der Klage Zweifel haben konnte, welche Ansprüche Gegenstand der Klage waren. Es ging immer nur um Ansprüche aus der Unfallversicherung. Die Rechtsansicht, dass die Klägerin nach Ablauf der Verjährungsfrist nur eine Berichtigung der Klage vorgenommen hat und der Anspruch daher ‑ weil auf den Zeitpunkt der Klagseinbringung abzustellen ist ‑ noch nicht verjährt war, ist daher keinesfalls „denkunmöglich“, sondern entspricht vielmehr der Rechtsprechung.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO. Die Klägerin wies auf die Unzulässigkeit der Revision hin.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte