OGH 10ObS108/14a

OGH10ObS108/14a30.9.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Wolfgang Höfle (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Ing. Thomas Bauer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei S*****, vertreten durch Dr. Michael Battlogg, Rechtsanwalt in Schruns, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist‑Straße 1, wegen Berufsunfähigkeitspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 16. Juni 2014, GZ 25 Rs 49/14p‑61, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:010OBS00108.14A.0930.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Nach der gemäß der Übergangsbestimmung des § 669 Abs 5 ASVG im Falle der am 21. 12. 1959 geborenen Klägerin iVm § 271 Abs 3 ASVG idF BGBl I 2010/111 weiterhin anwendbaren Bestimmung des § 256 Abs 1 und 2 ASVG idF BGBl 1996/201 gebührt die Berufsunfähigkeits- bzw Invaliditätspension längstens für die Dauer von 24 Monaten ab dem Stichtag. Die Pension ist jedoch ohne zeitliche Befristung zuzuerkennen, wenn aufgrund des körperlichen oder geistigen Zustands dauernde Invalidität bzw Berufsunfähigkeit anzunehmen ist.

2. Seit der Novellierung des § 256 ASVG durch das StrukturanpassungsG 1996, BGBl 1996/201, ist daher die befristete Pension zum Regelfall geworden und es wird die Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit nur in Ausnahmefällen unbefristet gewährt. Für die Zuerkennung einer unbefristeten Pension muss eine die gesetzliche Befristung übersteigende Dauer der Invalidität bzw Berufsunfähigkeit bestehen. Sobald eine Aussicht auf die Möglichkeit der Wiederherstellung des Gesundheitszustands besteht, ist die Pension befristet zuzuerkennen. Steht hingegen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass keine Besserung möglich ist, so ist die Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs unbefristet zuzuerkennen. Die Beweislast für diese anspruchsbegründende Tatsache liegt beim Versicherten (vgl Födermayr in SV‑Komm § 256 ASVG Rz 3 ff mwN; RIS‑Justiz RS0115354 [T6 und T12]).

3. Im vorliegenden Fall kommt der Klägerin unbestritten kein Berufsschutz iSd § 273 Abs 1 ASVG idF BGBl I 2011/122 zu, sodass sie nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar ist. Dort könnte die Klägerin aufgrund ihres näher festgestellten medizinischen Leistungskalküls noch überwiegend sitzende industrielle Tischarbeiten als Bestückerin, Verpackerin oder Produktionsarbeiterin an Halbautomaten verrichten. Da der Klägerin aufgrund der festgestellten psychischen Beeinträchtigungen nur ein Tagespendeln mit einer Abwesenheit vom Wohnsitz von nicht mehr als 24 Stunden, nicht jedoch ein Wochenpendeln oder ein Wohnsitzwechsel zumutbar ist, ist sie nach Ansicht der Vorinstanzen berufsunfähig iSd § 273 Abs 2 ASVG, weil ihr bei Benützung öffentlicher Verkehrsmittel kein ausreichender regionaler Arbeitsmarkt für die in Frage kommenden Verweisungstätigkeiten zur Verfügung steht.

3.1 Nach den weiteren Feststellungen der Vorinstanzen besteht bei der Klägerin zwar im Hinblick auf ihre in das Fachgebiet der Orthopädie fallenden Leidenszustände keine Aussicht auf eine kalkülsrelevante Besserung ihres Gesundheitszustands und auch eine Besserung der bei ihr bestehenden sensiblen Polyneuropathie ist nach dem bisherigen Verlauf nicht zu erwarten, es besteht jedoch die begründete Aussicht, dass sich der psychische Gesundheitszustand der Klägerin mit Hilfe einer mit antidepressiver Medikation kombinierten regelmäßigen psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung innerhalb eines Jahres bessern kann, dies allerdings in Abhängigkeit von körperlichen Beschwerden. Es besteht daher die begründete Aussicht, dass die bei der Klägerin aus neurologisch‑psychiatrischer Sicht vorliegenden Leiden und darauf beruhenden Einschränkungen ihres medizinischen Leistungskalküls (ua auch die Unzumutbarkeit des Wochenpendelns bzw der Wohnsitzverlegung) bei entsprechender zumutbarer Behandlung binnen Jahresfrist besserbar sind und allenfalls einer Verweisung der Klägerin auf den gesamten österreichischen Arbeitsmarkt mit ausreichenden Arbeitsplätzen in den genannten Verweisungsberufen nicht mehr entgegenstehen.

4. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, im Hinblick auf diese Möglichkeit einer Besserung des Gesundheitszustands der Klägerin seien die Voraussetzungen für eine unbefristete Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension gemäß § 256 Abs 2 ASVG idF BGBl 1996/201 nicht erfüllt, steht daher im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats.

Die außerordentliche Revision war somit mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

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