OGH 8Ob82/14p

OGH8Ob82/14p29.9.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj P***** K*****, geboren am *****, vertreten durch die Mutter D***** K*****, beide *****, diese vertreten durch Mag. Brigitte Loacker, Rechtsanwältin in Wien, wegen Besuchsrechts, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters S***** K*****, vertreten durch Mag. Dr. Günter Harrich, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 20. Mai 2014, GZ 48 R 136/14a‑117, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0080OB00082.14P.0929.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

 

Begründung:

Der Revisionsrekurs des Vaters, mit dem er die Entscheidung der Vorinstanzen über die Versagung eines Ferienbesuchsrechts bekämpft, wurde am 19. 8. 2014 eingebracht und ist beim Obersten Gerichtshof erst nach Ende der Wiener Sommerferien eingelangt.

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung setzt jedes Rechtsmittel eine Beschwer ‑ also ein Anfechtungsinteresse ‑ voraus, weil es nicht Sache von Rechtsmittelgerichten ist, rein theoretische Fragen zu lösen (RIS‑Justiz RS0002495). An der notwendigen Beschwer fehlt es, wenn ein Rechtsmittel seinen eigentlichen Zweck, die Rechtswirkungen der bekämpften Entscheidung durch eine Abänderung oder Aufhebung zu verhindern oder zu beseitigen, nicht mehr erreichen kann (RIS‑Justiz RS0002495 [T43, T78]; 1 Ob 194/10a). Die Beschwer muss zum Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels gegeben sein und zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel noch fortbestehen; andernfalls ist es als unzulässig zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0041770; RS0006880). Diese Grundsätze gelten auch im Verfahren außer Streitsachen (RIS‑Justiz RS0006598; 6 Ob 154/10g = iFamZ 2010/230, 316 [ Fucik ]) und im Besonderen für ein zeitlich überholtes Besuchsrecht (RIS‑Justiz RS0041770 [T33, T88]).

Soweit sich der ursprüngliche Antrag auf Regelung des Ferienbesuchsrechts auf die Sommerferien des laufenden Jahres bezogen hat, könnte er selbst im Fall einer stattgebenden Entscheidung seinen angestrebten Zweck nicht mehr erreichen, sodass dem Rechtsmittelwerber insoweit die Beschwer fehlt.

Im Übrigen ist die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung, inwieweit einem Elternteil unter Bedachtnahme auf Persönlichkeit, Eigenschaften und Lebensumstände das Besuchsrecht eingeräumt oder abgeändert werden soll, von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängig und kann ihr keine Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG zuerkannt werden, wenn nicht leitende Grundsätze der Rechtsprechung verletzt wurden (RIS‑Justiz RS0097114). Auch die Frage, ob und in welchem konkreten Umfang dem nicht betreuenden Elternteil ein zusätzliches Ferienbesuchsrecht eingeräumt werden soll, hängt von den jeweiligen Umständen ab.

Eine unvertretbare Fehlbeurteilung zeigt der Revisionsrekurs nicht auf.

Es entspricht grundsätzlich der ständigen Rechtsprechung, dass bei schulpflichtigen Kindern längere Besuchszeiträume auch mit Übernachtung sowie ein Ferienbesuchsrecht zu befürworten sind, um die Verbundenheit des Kindes zu seinem nicht obsorgeberechtigten Elternteil zu fördern (ua 3 Ob 83/98x; 6 Ob 108/05h). Im vorliegenden Fall finden die regelmäßigen Besuchskontakte mit dem Antragsteller aber jeweils ohne Übernachtungen statt, weil das mittlerweile 11-jährige Kind dies ausdrücklich so wünscht. Wenn die Vorinstanzen unter diesen besonderen Umständen davon ausgegangen sind, dass derzeit ein mehrtägiges oder sogar mehrwöchiges Ferienbesuchsrecht dem Wohl des Kindes abträglich wäre, ist dieses Ergebnis jedenfalls nicht unvertretbar.

Eine Änderung der Verhältnisse, wie etwa der erfolgreiche Besuch der dem Vater aus gegebenem Anlass vom Erstgericht aufgetragenen Familien- und Erziehungsberatung, kann bei der Beurteilung künftiger Anträge berücksichtigt werden.

Es ist auch nicht unvertretbar, wenn die Vorinstanzen sich derzeit außerstande gesehen haben, eine konkrete Feiertagsbesuchsregelung zu treffen, wenn sich der Vater trotz mehrfacher Eingaben und Interventionen nicht darauf festlegen konnte, welche der in Betracht kommenden Feiertage er eigentlich mit dem Kind verbringen will.

Die im Rekursverfahren nicht behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz kann im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof nicht mehr releviert werden (RIS‑Justiz RS0043111).

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