OGH 8Ob37/14w

OGH8Ob37/14w25.8.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. A***** Y*****, vertreten durch Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei A***** G***** Y*****, vertreten durch Mag. Marc Oliver Stenitzer, Rechtsanwalt in Leibnitz, wegen Ehescheidung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 27. Februar 2014, GZ 2 R 38/14v‑87, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0080OB00037.14W.0825.000

 

Spruch:

Die Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Ein angeblicher Mangel des erstgerichtlichen Verfahrens, der vom Berufungsgericht verneint wurde, kann im Revisionsverfahren nicht abermals geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0042963, ua Kodek in Rechberger ZPO 4 § 503 Rz 8). Entgegen den Revisionsausführungen war der Kläger durchaus nicht gehindert, die behauptetermaßen noch im Frühjahr 2013 von der Klägerin gesetzten Eheverfehlungen im erstinstanzlichen Verfahren geltend zu machen, räumt er doch selbst ein, in der letzten Verhandlungstagsatzung dazu Vorbringen und Beweisanträge gestellt zu haben.

Der Umstand, dass das Erstgericht seiner Argumentation nicht gefolgt ist und seine Anträge abgewiesen hat, begründet entgegen den Revisionsausführungen weder einen Wiederaufnahmegrund, noch kann ein vom Berufungsgericht diesbezüglich verneinter Verfahrensmangel in dritter Instanz neuerlich aufgegriffen werden.

2. Die Beurteilung, welchem Ehepartner Eheverfehlungen zur Last fallen und welchen das überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft, ist stets eine Frage des konkreten Einzelfalls, die ‑ abgesehen von Fällen krasser Fehlbeurteilung ‑ regelmäßig nicht als erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu beurteilen ist (RIS‑Justiz RS0118125).

Eine krasse Fehlbeurteilung vermag die Revision im Ergebnis nicht darzustellen.

Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Beurteilung des Verschuldens eines Ehegatten alle Umstände zu berücksichtigen und in ihrer Gesamtheit gegenüberzustellen (RIS‑Justiz RS0057303). Dabei müssen die Eheverfehlungen in ihrem Zusammenhang gesehen und berücksichtigt werden, inwieweit diese einander bedingt haben sowie ursächlich für das Scheitern der Ehe waren (RIS‑Justiz RS0057223; ebenso RS0056751).

Auch wenn eine Ehe zunächst durch das Verschulden des einen Gatten zerrüttet wurde, sind Eheverfehlungen des anderen Teiles dann noch von Belang und geeignet, ein Mitverschulden zu begründen, wenn eine Vertiefung der Zerrüttung nicht ausgeschlossen werden kann und der zunächst schuldtragende Teil das Verhalten seines Gatten bei verständiger Würdigung noch als ehezerrüttend empfinden darf. Letzteres ist namentlich dann möglich, wenn nicht bloß gegen die besonderen Verpflichtungen eines Ehegatten, sondern gegen andere Vorschriften verstoßen wird, insbesondere bei Beleidigungen und Misshandlungen. Eheverfehlungen nach dem völligen Erlöschen der ehelichen Gesinnung sind jedoch nicht mehr zu berücksichtigen, wenn eine Vertiefung der Zerrüttung unmöglich ist (RIS‑Justiz RS0056887 [T6]).

Eine unheilbare Ehezerrüttung ist dann anzunehmen, wenn die geistige, seelische und körperliche Gemeinschaft zwischen den Ehegatten und damit die Grundlage der Ehe objektiv und wenigstens bei einem Ehegatten auch subjektiv zu bestehen aufgehört hat (RIS‑Justiz RS0056832 [T1]). Dafür müssen die gesetzten Verfehlungen objektiv schwer sein und subjektiv als ehezerstörend empfunden werden (zu allem Aichhorn in Gitschthaler/Höllwerth , Ehe‑ und Partnerschaftsrecht, § 49 EheG Rz 3 mwN). Während die Frage, ob und seit wann eine Ehe objektiv zerrüttet ist, eine auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen nach objektivem Maßstab zu beurteilende Rechtsfrage ist (RIS‑Justiz RS0043423 [T10]), zählt die Frage, ob ein Ehegatte die Ehe subjektiv als unheilbar zerrüttet ansieht, zum Tatsachenbereich (RIS‑Justiz RS0043432 [T4]; Koch in KBB³ § 49 EheG Rz 4). Die Ehe ist unheilbar zerrüttet, wenn die Gemeinschaft der Ehepartner objektiv beendet und dieser Umstand einem von ihnen subjektiv bewusst ist. Es genügt, dass der klagende Partner die eheliche Gesinnung verloren hat ( Aichhorn aaO Rz 7 mwN).

Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die unheilbare Zerrüttung der Ehe der Streitteile bereits im September 2012 eingetreten war, ist ausgehend von den Sachverhaltsfeststellungen jedenfalls nicht unvertretbar. Eine noch tiefere Zerrüttung durch behauptete spätere Verfehlungen der Klägerin kam damit schon abstrakt nicht mehr in Frage.

Soweit die Revision moniert, die Klägerin habe den Entschluss gefasst, den Beklagten zerstören zu wollen, setzt sie sich über eine ausdrücklich gegenteilige erstgerichtliche Feststellung hinweg. Die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen kann im Revisionsverfahren aber nicht mehr überprüft werden.

Worin ein Mangel des Berufungsverfahrens liegen soll, vermag die Revision überhaupt nicht zu begründen; der Verweis auf die Rechtsrüge reicht dazu nicht hin.

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