OGH 11Os27/14a

OGH11Os27/14a13.5.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Mai 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab und Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel und Mag. Fürnkranz als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Fellner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Ardian Z***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 19. Dezember 2013, GZ 71 Hv 123/13x‑77, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch ein Einziehungserkenntnis, einen Verfallsausspruch und einen Zuspruch an die Privatbeteiligte B***** GmbH enthält, wurde Ardian Z***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (I) und „des“ Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall und Abs 3 SMG (II) schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien

I./ am 22. August 2013 Alena M*****, die an der Kassa der B*****‑Filiale *****, tätig war, dadurch, dass er ein Messer gegen sie richtete und sie mit den Worten „Das ist ein Überfall, öffnen Sie die Kasse und treten Sie 2 Schritte zurück!“ aufforderte, die Kassa zu öffnen, somit durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in der Höhe von 900,45 Euro, welches er nach Öffnung durch Alena M***** der Kassa entnahm, und einen Nagellack im Wert von 8,49 Euro, der sich auf dem Laufband befand, mit dem Vorsatz „abgenötigt und weggenommen“, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er den Raub unter Verwendung einer Waffe verübte;

II./ vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Heroin „mit einer nicht mehr feststellbaren Menge des Suchtgifts Morphin“, gewerbsmäßig anderen überlassen, und zwar

1./ am 19. Mai 2013 1,25 Gramm brutto Heroin durch Verkauf an eine Vertrauensperson der Polizei um 50 Euro;

2./ von 19. Mai 2013 bis 23. August 2013 in zumindest drei Angriffen eine nicht mehr feststellbare Menge Heroin durch Verkauf um zumindest 150 Euro an Daniel Ma*****;

3./ im Juni 2013 eine nicht mehr feststellbare Menge Heroin durch Verkauf um 300 Euro an Khaled B*****;

4./ von 19. Mai 2013 bis Juli 2013 in zumindest zehn Angriffen insgesamt zumindest 10 Gramm Heroin brutto durch Verkauf an Zoran V***** um insgesamt 400 Euro;

5./ zwischen 19. Mai 2013 und Juli 2013 in drei Angriffen insgesamt 2,5 Gramm Heroin brutto durch Verkauf an Moulay Be***** um insgesamt 100 Euro;

6./ zwischen 19. Mai 2013 und August 2013 in zwei Angriffen insgesamt 2 Gramm Heroin brutto durch Verkauf an Kemal S***** um insgesamt 80 Euro;

7./ von Juni 2013 bis 23. August 2013 in zumindest zwei Angriffen insgesamt zumindest 2 Gramm Heroin brutto durch Verkauf an Sasa J***** um insgesamt zumindest 80 Euro;

8./ im Sommer 2013 in zumindest zwei Angriffen insgesamt zumindest 2 Gramm Heroin brutto durch Verkauf an Herbert St***** um insgesamt zumindest 100 Euro;

9./ von 19. Mai 2013 bis August 2013 in mehreren Angriffen insgesamt zumindest 10 Gramm Heroin brutto durch Verkauf an Bernhard F***** um insgesamt zumindest 500 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 11 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider konnte der zum Raubgeschehen (I) gestellte Antrag auf „Vermessung des Körpers des Angeklagten und Vergleich mit dem Ganzkörperfoto zum Beweis dafür, dass der Angeklagte nicht der Täter ist“ (ON 76 S 24) ohne Verletzung von Verteidigungsrechten des Genannten abgewiesen werden, weil nicht darlegt wurde, welche spezifischen körperlichen Merkmale oder Bewegungsmuster des von der Überwachungskamera gefilmten - unmaskierten - Täters (trotz vom Angeklagten zugestandener großer Ähnlichkeit mit ihm) gegen eine Personenidentität sprechen sollen und daher zur sachdienlichen Verbreiterung der Entscheidungsgrundlagen gerade der fotogrammetrischen Auswertung des Filmmaterials durch einen Sachverständigen bedurft hätten. Solcherart lief der Beweisantrag auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung hinaus (vgl RIS-Justiz RS0118444, RS0099189).

Ebenso zu Recht wurde die Vernehmung des Kellners des Lokals L*****, Emrah Y*****, abgelehnt, der zum Nachweis dafür beantragt worden war, dass sich der Angeklagte zum Zeitpunkt des Raubes im genannten Lokal aufgehalten hat (ON 76 S 24 f). Der darauf abzielende Beweisantrag ließ nämlich nicht erkennen, weshalb der dem Angeklagten nicht näher bekannte Zeuge - ungeachtet der allfälligen Möglichkeit der Wiedererkennung desselben an Hand einer Armtätowierung oder aufgrund des Referats eines bestimmten Gesprächsinhalts - mehrere Monate später einen Lokalbesuch desselben gerade in den fraglichen Nachmittagsstunden des 22. August 2013 bestätigen können sollte, obwohl der Zeuge bereits nach Ausforschung durch die Polizei nicht mehr angeben hatte können, ob er selbst an diesem Tag überhaupt im Lokal gearbeitet hatte (ON 74 S 3 und 23 f).

Entgegen dem Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) war das Erstgericht - entsprechend dem Gebot zu gedrängter Darstellung in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) - nicht gehalten, sich mit allen Details der mangels erkennbarer körperlicher oder psychischer Symptome einer Abhängigkeit für unglaubwürdig (US 12) gewerteten Angaben des Angeklagten zu seiner im Zeitraum der Suchtgiftverkäufe (II) angeblich vorgelegenen Heroinsucht (ON 76 S 11) auseinanderzusetzen. Die im Rechtsmittel angestellten Erwägungen, weshalb aus seiner Aussage auch andere Schlüsse abgeleitet werden hätten können, laufen auf eine im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung hinaus. Im Übrigen gingen die Tatrichter auch wegen der bescheidenen Einkünfte des Angeklagten und seinem aus weiteren Umständen abgeleiteten notorischen Geldbedarf (US 8) davon aus, dass die Tatbegehung primär der Finanzierung bzw Aufbesserung seines allgemeinen Lebensunterhalts diente (US 12).

Die Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall) legt mit der bloßen Behauptung, das Verfallserkenntnis über einen Betrag von 408 Euro wäre aufgrund des gleichzeitigen Zuspruchs von 908,04 Euro an die Privatbeteiligte B***** GmbH nach § 20a Abs 2 Z 3 StGB unzulässig gewesen, nicht dar, weshalb die genannte Bestimmung den Ausschluss des Verfalls von aus Suchtgiftgeschäften (II) erzielten Erlösen (US 15) durch das ausschließlich die Raubtat (I) betreffende Adhäsionserkenntnis (US 15) nahelegen sollte.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte