European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0030OB00060.14S.0430.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Das Rekursgericht hat den Revisionsrekurs mit der Begründung zugelassen, dass die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtsfrage durch die bisherige Rechtsprechung dazu, ob bzw unter welchen Voraussetzungen ein neues Sachverständigengutachten zur Höhe der Unterhaltsbemessungsgrundlage des Vaters einen Wiederaufnahme‑ bzw Abänderungsgrund darstelle, noch nicht ausreichend geklärt sei. Es könnte auch die Ansicht vertreten werden, dass das „neue“ Gutachten im vorliegenden Fall zumindest für den Zeitraum ab dem 1. Jänner 2008 einen tauglichen Abänderungsgrund gemäß § 73 Abs 1 Z 6 AußStrG bilde.
Die Rechtsprechung zur Wiederaufnahmeklage nach § 530 ZPO, die wegen der Parallelität auch für den Abänderungsantrag nach § 73 AußStrG herangezogen werden kann, sieht in der Beurteilung, ob ein Vorbringen zur Darstellung eines Wiederaufnahmegrundes ausreicht, regelmäßig eine Frage des Einzelfalls (RIS‑Justiz RS0044411 [T19]; zuletzt 8 Ob 118/13f). Mangels einer über den Anlass hinausreichenden Aussagekraft von Einzelfallentscheidungen steht der Revisionsrekurs zu ihrer Überprüfung nicht offen, es sei denn, dem Rekursgericht wäre bei seiner Entscheidung eine Fehlbeurteilung unterlaufen, die zur Wahrung der Rechtssicherheit eine Korrektur bedürfte.
Eine derartige Fehlbeurteilung vermag aber der Revisionsrekurs nicht aufzuzeigen.
Der selbständig erwerbstätige Vater (= der nunmehrige Revisionsrekurswerber) hat seinen Abänderungsantrag darauf gestützt, dass das nunmehr vorliegende, die Jahre 2008 bis 2010 betreffende Buchsachverständigengutachten als (taugliches) neues Beweismittel iSd § 73 Abs 1 Z 6 AußStrG zu qualifizieren sei, dessen Vorlage und Benützbarkeit im früheren Verfahren eine für ihn günstigere Entscheidung (betreffend die Jahre ab 2004) herbeigeführt hätte. Damit lässt er aber außer Acht, dass die Unterhaltsfestsetzung im früheren Verfahren nicht auf einem unrichtigen Gutachten der Sachverständigen beruhte, sondern darauf, dass sein Einkommen wegen der Unbrauchbarkeit der von ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen anhand einiger Parameter geschätzt wurde.
Da die (Nicht-)Vorlage der benötigten Unterlagen aus seiner Sphäre stammt, wäre der Vater verpflichtet gewesen, in seinem Abänderungsantrag zu behaupten, weshalb er die (damals nicht vorgelegten) Beweismittel erst jetzt benützen könne (vgl RIS‑Justiz RS0106894 [T1]). Dies ist nicht geschehen. Er beruft sich darauf, dass ihm als steuerlichem Laien nicht vorgeworfen werden könne, seinerzeit die Buchhaltungsunterlagen für die Jahre 2004 bis 2006 nicht entsprechend den Vorstellungen der Sachverständigen aufbereitet zu haben. In Bezug auf die Jahre ab 2007 habe das Gericht nicht einmal den Versuch unternommen, seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse zu ermitteln.
Damit beschönigt der Vater den maßgeblichen Sachverhalt in seinem Sinn. Im Gutachtensauftrag vom 28. Dezember 2007 (ON U‑9) wurde der Vater, der zuvor die Einkommensteuerbescheide 2005 und 2006 vorgelegt hatte, aufgefordert, der Sachverständigen die zur Erstattung des Gutachtens erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen und dieser auch die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Die Sachverständige kam in ihrem ersten Gutachten vom 15. Jänner 2008 (ON U‑14) zum Schluss, dass die vorgelegten Buchhaltungsunterlagen nicht aussagekräftig seien. Sie ermittelte aufgrund einer Plausibilitätsberechnung „unter Berücksichtigung der ungeklärten Bareinzahlungen“ ein bestimmtes durchschnittliches Nettoeinkommen; dabei blieb sie auch im Ergänzungsgutachten vom 23. Juli 2008, in dem sie diverse Ungereimtheiten aufzeigte (ON U‑36), die der Vater in den Augen des Gerichts nicht zu entkräften vermochte. Im ersten Unterhaltsfestsetzungsbeschluss vom 20. Mai 2010 hat sich das Erstgericht ausführlich damit auseinandergesetzt, warum es ‑ wegen der untauglichen Unterlagen ‑ das Einkommen schätzt und auch davon Abstand nimmt, für die Wirtschaftsjahre ab 2007 eine Gutachtensergänzung in Auftrag zu geben (es ging also hier nicht um die Ablehnung der Anforderung weiterer Unterlagen vom Vater).
Dem ‑ auch anwaltlich vertretenen ‑ Vater musste spätestens nach dem ersten Gutachten der Sachverständigen klar sein, dass er vollständige Unterlagen vorzulegen hat, damit die Unterhaltsbemessungsgrundlage ermittelt werden kann; mit der Eigenschaft als „steuerlicher Laie“ hat das nichts zu tun. Eine explizite Aufforderung des Gerichts, bestimmte Unterlagen vorzulegen, konnte bei der gegebenen Sachlage jedenfalls unterbleiben.
Wenn die Vorinstanzen zu der Auffassung gelangten, es sei dem unterhaltspflichtigen Vater als ‑ einen Erfolg des Abänderungsantrags ausschließendes - Verschulden anzurechnen, dass er nicht schon im vorangegangenen Verfahren Unterlagen vorlegte, die die Erstellung eines Gutachtens über die Höhe der Unterhaltsbemessungsgrundlage ermöglicht hätten, bewegt sich dies im Rahmen der Rechtsprechung zu § 73 Abs 3 AußStrG und den Parallelnormen der ZPO, denen die Regelungen im AußStrG weitgehend nachgebildet sind. Der Abänderungsantrag dient eben nicht dazu, von den Parteien begangene Fehler ihrer seinerzeitigen Verfahrensführung zu beheben (10 Ob 12/09a = SZ 2009/65; RIS‑Justiz RS0124753).
Mangels erheblicher Rechtsfrage ist der Revisionsrekurs zurückzuweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)