OGH 10ObS25/14w

OGH10ObS25/14w23.4.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Monika Lanz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Johann Sommer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei D*****, vertreten durch Dr. Kurt Bayr und Dr. Marco Rovagnati, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Tiroler Gebietskrankenkasse, 6010 Innsbruck, Klara‑Pölt‑Weg 2, vertreten durch Ullmann‑Geiler & Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Kostenerstattung (Revisionsinteresse 1.301,71 EUR), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 10. Dezember 2013, GZ 25 Rs 41/13k‑119, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 14. März 2013, GZ 48 Cgs 298/10z‑105, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten der Revisionsbeantwortung des Klägers sind weitere Verfahrenskosten. Die beklagte Partei hat ihre Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Begründung

Der bei der beklagten Gebietskrankenkasse versicherte Kläger suchte am 4. 12. 2007 wegen anhaltender Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule die Universitätsklinik für Neurochirurgie in Innsbruck auf. Bei der Untersuchung wurde eine Discushernie L4/5 links, ein radikulärer Schmerz L5 links sowie eine 4/5‑Parese für die Großzehenstreckung links festgestellt und dem Kläger ein Kontrolltermin für den 18. 12. 2007 sowie ein Operationstermin für den 23. 1. 2008 vorgegeben. Der Kläger wurde auch ausdrücklich angewiesen, bei Verschlechterung der Symptomatik, insbesondere der Lähmungserscheinungen bzw bei einer Blasen‑ oder Mastdarmstörung, sofort wieder an der Universitätsklinik vorstellig zu werden. Der Kläger suchte jedoch am 5. 12. 2007 die Bandscheibenklinik in Telfs auf, wo am späten Nachmittag bzw am Abend eine endoskopisch assistierte Bandscheibenoperation zwischen dem 4. und 5. Lendenwirbelkörper unter Vollnarkose durchgeführt und ein Bandscheibensequester entfernt wurde. Anschließend verbrachte der Kläger zusammen mit drei weiteren Patienten die Nacht in einem Aufwachraum der Klinik. Während der Zeit im Aufwachraum hätte er sich bei Bedarf an einen Pfleger wenden können. Der Kläger wurde aber weder pflegerischen Maßnahmen unterzogen, noch erhielt er Infusionen oder Schmerzmittel. Es wurde ihm lediglich am Abend eine Suppe serviert, die er ohne fremde Hilfe zu sich nahm. Am 6. 12. 2007 erhielt er morgens ein Frühstück, das er ebenfalls selbständig einnahm. Er wurde von einem OP‑Helfer „untersucht“, der aber lediglich eine Blutdruckmessung vornahm. Ob in diesem Zeitraum ein Arzt anwesend war, konnte nicht festgestellt werden. Der Kläger wurde am 6. 12. 2007 zwischen 9:00 Uhr und 10:00 Uhr aus der Klinik entlassen, sodass seine Gesamtaufenthaltsdauer weniger als 24 Stunden betrug. Er war bei seiner Entlassung aus der Bandscheibenklinik schmerzfrei und ging mit blanden Wundverhältnissen sowie in Remission befindlicher Parese nach Hause. Der Kläger befand sich vom 7. 12. 2007 bis 6. 1. 2008 im Krankenstand und war ab 7. 1. 2008 wieder arbeitsfähig.

Bei der Bandscheibenklinik in Telfs handelt es sich um eine private Krankenanstalt, die von der Bandscheiben Clinik GmbH betrieben wird, nicht über den Tiroler Landesgesundheitsfonds finanziert und krankenanstaltenrechtlich als Tagesklinik konzessioniert ist. Dem Kläger wurde für seine Behandlung von der Bandscheiben Clinik GmbH mit Honorarnote vom 6. 12. 2007 ein Pauschalbetrag von 2.500 EUR inklusive 227,27 EUR USt verrechnet, die der Kläger umgehend bezahlte. Dieser dem Kläger verrechnete Honorarbetrag setzt sich aus den Kosten der chirurgischen Tätigkeit für die Operation an sich in Höhe von 700 EUR, dem Anästhesie‑Honorar in Höhe von 700 EUR sowie einer technischen Pauschale in Höhe von ca 800 EUR zusammen. Die Operation hatte im Fall des Klägers ca 45 bis 50 Minuten gedauert. Anschließend war der Kläger auf der Aufwachstation noch zwei bis drei Stunden über Monitor überwacht worden, wobei die Aufwachphase an sich nur fünf bis sieben Minuten gedauert hatte. Grundsätzlich könnten Patienten wie der Kläger nach einer solchen Operation umgehend nach Hause geschickt werden. Aus medizinischen Gründen werden die Patienten jedoch über Nacht noch in der Klinik behalten, um sie beobachten zu können. Dafür wird kein gesondertes Honorar in Rechnung gestellt. Allfällige pflegerische Leistungen werden über das technische Pauschale verrechnet. Es steht dafür diplomiertes Krankenpflegepersonal zur Verfügung, das Patienten auch Mahlzeiten verabreicht und sie zum WC führt. Solche Maßnahmen waren beim Kläger nicht erforderlich. Bis 20:00 Uhr abends ist ein Arzt im Haus; für das diplomierte Pflegepersonal besteht für Vorfälle wie beispielsweise Nachblutungen Rufbereitschaft.

Der an der Bandscheibenklinik in Telfs durchgeführte endoskopisch assistierte Eingriff wurde lege artis durchgeführt und entspricht einer minimalinvasiven mikrochirurgischen Sequestrektomie. Minimalinvasive mikrochirurgische Bandscheibeneingriffe waren in Tirol im Jahr 2007 auch außerhalb der Universitätsklinik möglich, und zwar im Sanatorium Kettenbrücke und in der Privatklinik Hochrum, wobei es sich bei beiden Krankenanstalten um über den PRIKRAF (Privatkrankenanstalten ‑ Finanzierungsfonds) mitfinanzierte Anstalten handelt. Bei den dort vorgenommenen Bandscheibeneingriffen handelte es sich zwar nicht um endoskopisch gestützte Eingriffe, sondern um mikrochirurgische Interventionen, wobei diese beiden Operationsverfahren mit Ausnahme der Visualisierung jedoch völlig ident sind.

Dem Kläger wäre bei unverändertem neurologischen Status ein Zuwarten bis zum geplanten Operationstermin 23. 1. 2008 möglich gewesen. Im Fall des Auftretens neuer Lähmungserscheinungen, insbesondere einer Blasen‑ oder Mastdarmlähmung oder einer Verschlechterung der bestehenden Lähmungen, hätte der Kläger entsprechend der an der Universitätsklinik für Neurochirurgie am 4. 12. 2007 erfolgten Aufklärung dort wiederum vorstellig werden sollen. Für 18. 12. 2007 war ihm ohnehin ein Kontrolltermin an der Klinik vorgegeben worden. Bei Eintritt einer solchen „Notfallsituation“ hätte der Kläger weder an der Universitätsklinik für Neurochirurgie in Innsbruck, noch im Sanatorium Kettenbrücke noch in der Privatklinik Hochrum mit Wartefristen zu rechnen gehabt (Operation innerhalb von 24 Stunden). Eine absolute Operationsindikation hatte am 4. 12. 2007 nicht bestanden. Eine Verschlechterung des neurologischen Status des Klägers im Zeitraum zwischen dem Untersuchungstermin vom 4. 12. 2007 an der Universitätsklinik für Neurochirurgie und dem Operationszeitpunkt am 5. 12. 2007 ist nicht feststellbar.

Die beklagte Tiroler Gebietskrankenkasse sprach mit Bescheid vom 25. 3. 2008 dem Kläger für die von ihm eingereichte Honorarnote der Bandscheiben Clinik GmbH vom 6. 12. 2007 Kostenerstattung in Höhe von 154,79 EUR zu und wies das darüber hinausgehende Mehrbegehren von 2.345,21 EUR unter Hinweis auf die §§ 150 Abs 1 und 2 ASVG, 38 der Satzung der beklagten Partei ab.

Das Erstgericht wies auch im dritten Rechtsgang das vom Kläger dagegen erhobene und auf die Zahlung von 2.345,21 EUR gerichtete Klagebegehren zur Gänze ab. Es beurteilte den bereits eingangs wiedergegebenen wesentlichen Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht dahin, dass beim Kläger keine Anstaltspflege im Sinn des § 144 ASVG, sondern eine ambulante Krankenbehandlung vorliege, wofür Kostenerstattung nach § 131 ASVG gebühre. Der Kostenerstattungsanspruch des Klägers nach § 131 ASVG belaufe sich auf 80 % jenes Betrags, der bei Inanspruchnahme eines Vertragspartners des Krankenversicherungsträgers für die Erbringung jener Sachleistung aufzuwenden gewesen wäre. Das Erstgericht sei an die Rechtsansicht des Berufungsgerichts gebunden, wonach die Behandlung des Klägers am 5./6. 12. 2007 in der Bandscheibenklinik in Telfs im Rahmen einer „ambulanten Tageschirurgie“ vorgenommen worden sei. In diesem Fall seien sämtliche Leistungen von der beklagten Partei bereits pauschal abgegolten worden. Ein darüber hinausgehender Kostenersatzanspruch komme nicht in Betracht, zumal der Kläger die besagte Behandlung auch im Sanatorium Kettenbrücke und in der Privatklinik Hochrum in Anspruch nehmen und dadurch eine Direktverrechnung erwirken hätte können. Am 5./6. 12. 2007 habe noch keine Operationsindikation (Notfallsituation) bestanden und es sei außerdem ein ausreichendes und zweckmäßiges Behandlungsangebot von Vertragskrankenanstalten der beklagten Partei vorhanden gewesen. Dies bedeute, dass keine plötzliche Erkrankung im Sinn des § 131 Abs 3 ASVG vorgelegen sei und § 131b ASVG iVm § 39 der Satzung der beklagten Partei zur Anwendung gelange, wodurch sich der Kostenerstattungsanspruch des Klägers auf einen Ambulanzkostenzuschuss von maximal 40,34 EUR beschränke. Da ihm von der beklagten Partei aber ohnehin bereits 154,79 EUR abgegolten worden seien, sei das Klagebegehren zur Gänze abzuweisen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge und erkannte die beklagte Partei schuldig, dem Kläger an Kostenerstattung für die Honorarnote der Bandscheiben Clinik GmbH vom 6. 12. 2007 zusätzlich zum bereits erstatteten Betrag von 154,79 EUR weitere 1.301,71 EUR zu bezahlen. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren des Klägers auf Erstattung weiterer 1.043,50 EUR wies es ‑ unbekämpft ‑ ab. Es traf nach Beweisergänzung noch folgende weitere Feststellung: „Hätte sich der Kläger im Hinblick auf sein Leiden im Dezember 2007 im Sanatorium Kettenbrücke oder in der Privatklinik Hochrum einer mikroskopischen Sequestrektomie zwischen dem 4. und 5. Lendenwirbelkörper unter Vollnarkose unterzogen und die weiteren ihm de facto in der Bandscheibenklinik in Telfs zugekommenen Gesamtleistungen (Überwachung, Blutdruckmessung, Verköstigung) in vergleichbarer Dauer in einem der beiden PRIKRAF‑Krankenanstalten als Sachleistung in Anspruch genommen, wären dem Fonds von der Krankenanstalt für diese Leistungen insgesamt 1.820,62 EUR (Einzelleistungen - insgesamt 2.117 Punkte‑Faktor Multiplikator 0,86) verrechnet bzw vom Fonds leistungsbezogen ein entsprechender Kostenbetrag veranschlagt worden.“

In seiner ausführlichen rechtlichen Beurteilung vertrat das Berufungsgericht ‑ zusammengefasst ‑ die Ansicht, die Behandlung des Klägers und sein damit verbundener Aufenthalt in der Bandscheibenklinik in Telfs sei als tageschirurgische Maßnahme im Sinne einer ambulanten Krankenbehandlung und nicht als Anstaltspflege zu qualifizieren. Gemäß § 131 Abs 1 ASVG habe der Versicherte, der sich nicht der Vertragspartner oder eigener Einrichtungen des Versicherungsträgers zur Erbringung der Sachleistung Krankenbehandlung bediene, Anspruch auf Ersatz der Kosten dieser Krankenbehandlung im Ausmaß von 80 % jenes Betrags, der bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner des Versicherungsträgers aufzuwenden gewesen wäre. Nach gefestigter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs könnten nicht nur Vertragsärzte/Vertrags‑Gruppenpraxen sondern auch Krankenanstalten, insbesondere Ambulatorien, in denen Krankenbehandlungen in Form ärztlicher Hilfe geleistet werden, „entsprechende“ Vertragspartner im Sinn des § 131 Abs 1 ASVG sein. Dies sei nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs etwa auch dann der Fall, wenn von einer Krankenanstalt eine Leistung erbracht werde, die in der entsprechenden Honorarordnung für Vertragsärzte nicht vorgesehen sei, wenn also die von einem Versicherten konkret benötigte ‑ hier in einer Tagesklinik erbrachte ‑ ärztliche Hilfe ‑ wie hier ‑ als Sachleistung nur in einer Vertragseinrichtung, nicht aber von freiberuflich tätigen Ärzten angeboten werde. Auch in solchen Fällen greife demnach § 131 Abs 1 ASVG ein und es bestehe ein Kostenerstattungsanspruch, der mit 80 % der Aufwendungen begrenzt sei, die bei Inanspruchnahme einer entsprechenden Vertragseinrichtung anfallen würden.

Im vorliegenden Fall stehe fest, dass die zur damaligen Zeit im Sanatorium Kettenbrücke und in der Privatklinik Hochrum als Vertragspartner der beklagten Partei jeweils angebotene tageschirurgische mikroskopische Bandscheibensequestrektomie mit der dem Kläger in der Bandscheibenklinik in Telfs angediehenen Leistung einer endoskopisch gestützten Bandscheibensequestrektomie nahezu ident sei. Es sei daher die tageschirurgische mikroskopische Bandscheibensequestrektomie als für die Kostenerstattung relevante vergleichbare (Sach‑)Leistung im Sinn des § 131 ASVG zu bewerten, die zur fraglichen Zeit nach Einzelleistungen abgerechnet worden sei. Unter den „Aufwendungen“ im Sinn des § 131 Abs 1 ASVG seien die zwischen dem Landesgesundheitsfonds oder den PRIKRAF und einer Vertragsanstalt leistungsbezogen verrechneten Beträge zu verstehen. Da die im Jahr 2007 von Vertragskrankenanstalten erbrachten, mit der dem Kläger am 5./6. 12. 2007 zugekommenen Krankenbehandlung vergleichbaren Leistungen mit dem zuständigen Fonds gemäß dem LKF‑System nach Punktewerten mit einem Gesamtbetrag von 1.820,62 EUR verrechnet worden wären, gebühre dem Kläger Kostenerstattung im Ausmaß von 80 % dieses Betrags, das seien 1.456,50 EUR. Da ihm die beklagte Partei vorprozessual bereits 154,79 EUR geleistet habe, seien ihm restliche 1.301,71 EUR an Kostenerstattung zuzuerkennen. Insoweit erweise sich die Berufung des Klägers als berechtigt, während das Mehrbegehren abzuweisen sei.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil sich der Oberste Gerichtshof ‑ soweit überblickbar ‑ mit der Frage der Abgrenzung der Tageschirurgie/Krankenbehandlung von der Anstaltspflege unter dem Gesichtspunkt der Behandlungsdauer, aber auch mit der Frage „vergleichbarer Leistungen“ gemäß § 131 Abs 1 ASVG sowie der vom Berufungsgericht anlassfallbezogen verneinten Subsumierbarkeit ambulant‑tageschirurgischer Leistungen unter die Kostenerstattungsregelungen der §§ 38 und 39 der Satzung 2007 der beklagten Partei bisher noch nicht auseinandergesetzt habe.

Gegen den stattgebenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen bzw ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Hinblick darauf, dass sich der Oberste Gerichtshof mit einem vergleichbaren Kostenerstattungsbegehren bisher noch nicht zu befassen hatte, zulässig und im Sinne der beschlossenen Aufhebung auch berechtigt.

Die beklagte Partei teilt in ihren Revisionsausführungen die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die Behandlung des Klägers am 5./6. 12. 2007 und der damit verbundene Aufenthalt in der Bandscheibenklinik in Telfs als tageschirurgische Maßnahme im Sinne einer ambulanten Krankenbehandlung und nicht als Anstaltspflege im Sinn des § 144 ASVG zu qualifizieren sei. Sie macht aber insbesondere geltend, der Zweck der Regelung des § 131 Abs 1 ASVG bestehe darin, den Krankenversicherungsträger nicht mit höheren, aber auch nicht mit niedrigeren Kosten zu belasten, als wenn der Versicherte einen Vertragsarzt oder eine Vertragseinrichtung in Anspruch genommen hätte. Die notwendige ärztliche Hilfe werde als Sachleistung im Rahmen eines stationären Aufenthalts nur von öffentlichen, Landesfonds‑finanzierten oder PRIKRAF‑finanzierten Krankenanstalten zur Verfügung gestellt. Weder in Landesfonds‑finanzierten noch in PRIKRAF‑finanzierten Krankenanstalten werde eine Bandscheibenoperation ambulant durchgeführt, weshalb es dafür weder im Landesfonds noch im PRIKRAF ambulante Tarife gebe. Wenn die Honorarordnung der Sozialversicherungsträger keine diesbezüglichen Honorarpositionen enthalte, könnten nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs auch Ambulatorien Vertragsparteien der Versicherungsträger sein. Die Kostenerstattung durch die beklagte Partei müsse mit den Aufwendungen für die Inanspruchnahme einer ambulanten Vertragseinrichtung begrenzt sein.

Das Berufungsgericht irre, wenn es die im Jahr 2007 von Vertragskrankenanstalten erbrachten (stationären) Leistungen mit der dem Kläger am 5./6. 12. 2007 zugekommenen Krankenbehandlung vergleiche und diese Leistungen mit dem zuständigen Fonds gemäß dem LKF‑System nach Punktewerten mit einem Gesamtbetrag von 1.820,62 EUR ansetze und davon ausgehend dem Kläger eine Kostenerstattung im Ausmaß von 80 % dieses Betrags zuspreche, zumal es sich dabei um eine Operation mit einem mehrtägigen Krankenhausaufenthalt gehandelt hätte. Beim Sanatorium Kettenbrücke und bei der Privatklinik Hochrum handle es sich um PRIKRAF‑Krankenanstalten, welche jedoch nicht Vertragspartner der beklagten Partei seien. Bei einer Inanspruchnahme einer vergleichbaren Behandlung in diesen beiden PRIKRAF‑Anstalten wäre eine Direktverrechnung erfolgt.

Erfolge die Krankenbehandlung ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ ambulant in einer Krankenanstalt, mit der die beklagte Partei keinen Vertrag im Sinn des § 148 Z 10 ASVG abgeschlossen habe, erstatte die beklagte Partei einen Ambulanzkostenzuschuss gemäß § 39 ihrer Satzung. Danach erbringe die beklagte Partei für jenen Versicherten, der eine Krankenbehandlung ambulant in einer Krankenanstalt in Anspruch genommen habe, die nicht über den Landesfonds finanziert werde und mit der keine diesbezügliche vertragliche Regelung und auch keine vertragliche Regelung mit einer anderen vergleichbaren Krankenanstalt bestehe, einen Ambulanzkostenzuschuss in der Höhe von 80 % der zum 31. 12. 1996 geltenden Ambulanztarife mit der nächstgelegenen geeigneten öffentlichen Krankenanstalt, jedoch nicht mehr als die tatsächlichen Kosten. Diese Ambulanzbeträge hätten zum 31. 12. 1996 für den Fall ohne Röntgenleistung 551 ATS und für den Fall mit Röntgenleistung 694 ATS betragen. Ein Ersatz in Höhe von 80 % entspreche in etwa 32,03 EUR bzw 40,34 EUR. Da dem Kläger von der beklagten Partei bereits ein Pflegekostenzuschuss in Höhe von 154,79 EUR gewährt worden sei, stehe ihm kein weiterer Betrag zu.

Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:

1. Hinsichtlich der Leistungen der Krankenversicherung unterscheidet das Gesetz zwischen der Krankenbehandlung (§§ 133 ff ASVG), wozu auch die ärztliche Hilfe zählt (§ 133 Abs 1 Z 1 ASVG), und der Anstaltspflege (§§ 144 ff ASVG). Die Erbringung ärztlicher Dienstleistungen erfolgt demnach kranken-versicherungsrechtlich entweder als Leistung „ärztliche Hilfe“ (§ 135 ASVG) oder als Teilleistung im Rahmen der Leistung „Anstaltspflege“ (§ 144 ASVG). Vertragspartner ist entweder der niedergelassene Arzt (im Leistungstypus „ärztliche Hilfe“) oder ein Träger einer Krankenanstalt (im Leistungstypus „Anstaltspflege“). Die Leistung „ärztliche Hilfe“ kann als Maßnahme der Krankenbehandlung nur durch niedergelassene Ärzte oder durch Krankenanstalten (Ambulatorien) erbracht werden. Die Unterscheidung zwischen Krankenbehandlung (ärztliche Hilfe ...) und Anstaltspflege setzt sich auch in den Regelungen über die Kostenerstattung fort. So ist die Kostenerstattung für Kosten der Krankenbehandlung (ärztliche Hilfe ...) in § 131 ASVG, jene für Kosten der Anstaltspflege in § 150 ASVG geregelt (10 ObS 235/03m, SSV‑NF 19/61 mwN).

1.1 Obwohl eine Legaldefinition des Begriffs „Anstaltspflege“ im Sinn des § 144 ASVG fehlt, ergibt sich schon aus der Konzeption des Gesetzgebers (insbesondere § 148 ASVG iVm § 27 KAKuG), dass darunter eine „einheitliche und unteilbare“ Gesamtleistung zu verstehen ist und mit den vom Versicherungsträger hiefür zu erbringenden Pflegegebühren also grundsätzlich alle Leistungen der Krankenanstalt abgegolten werden. Teilleistungen, die von dieser Abgeltung umfasst sind, sind etwa die Kosten der Unterkunft, der ärztlichen Untersuchung und Behandlung inklusive operativer Eingriffe, der Beistellung aller erforderlichen Heilmittel und Arzneien sowie der Pflege und Verköstigung (10 ObS 235/03m, SSV‑NF 19/61 mwN; RIS‑Justiz RS0085807, RS0085800).

1.2 Nach herrschender Ansicht ist sozialversicherungsrechtlich als Anstaltspflege ausschließlich die stationäre Pflege, nicht hingegen die ärztliche Hilfeleistung in einer Anstaltsambulanz oder Tagesklinik zu verstehen. So wurde bereits mehrfach entschieden, dass ein operativer Eingriff in einer Tagesklinik, wobei der Patient bereits kurz nach dem Aufwachen aus der Narkose die Tagesklinik wieder verlassen kann, keine Anstaltspflege im Sinn des § 144 ASVG darstellt (vgl 10 ObS 235/03m, SSV‑NF 19/61; 10 ObS 29/00p, SSV‑NF 14/78 mwN ua; RIS‑Justiz RS0085807 [T2 und T6]).

1.3 Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Kläger die als Tagesklinik betriebene ‑ nicht bettenführende ‑ Bandscheibenklinik in Telfs am Nachmittag des 5. 12. 2007 aufsuchte, am späten Nachmittag bzw am Abend operiert wurde, sodann die Nacht zusammen mit weiteren Patienten in einem Aufwachraum der Klinik verbrachte, am Morgen des 6. 12. 2007 selbständig ein Frühstück einnahm und die Klinik sodann zwischen 9:00 Uhr und 10:00 Uhr dieses Tages wieder verlassen konnte.

1.4 Bei diesem festgestellten Sachverhalt ist das Berufungsgericht zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich bei dieser Behandlung und dem damit verbundenen Aufenthalt des Klägers in der Bandscheibenklinik nicht um eine Anstaltspflege im Sinn des § 144 ASVG, sondern um eine ambulante Krankenbehandlung in einer Krankenanstalt handelte. Da die Richtigkeit dieser Rechtsansicht des Berufungsgerichts im Revisionsverfahren auch von den beiden Parteien nicht mehr in Zweifel gezogen wird, erübrigen sich weitergehende Ausführungen zu dieser Frage.

1.5 Zutreffend ist auch die weitere Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass damit im vorliegenden Fall die Bestimmung des § 150 ASVG betreffend den Pflegekostenzuschuss des Versicherungsträgers bei Anstaltspflege sowie der auf diese Bestimmung bezugnehmende § 38 der Satzung 2007 der beklagten Partei betreffend den „Pflegekostenzuschuss bei Anstaltspflege in einer Krankenanstalt, die nicht über Landesfonds finanziert wird (§ 150 ASVG)“, nicht zur Anwendung kommt (vgl auch Stöger in SV‑Komm § 150 ASVG Rz 1 mwN).

2. Wie ebenfalls bereits das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, erhalten die ASVG‑Versicherten die Krankenbehandlung zwar grundsätzlich als Sachleistung (§ 133 Abs 2 letzter Satz ASVG), weil der Gesetzgeber mit dem Sachleistungsprinzip verhindern wollte, dass die Gewährung von Gesundheitsleistungen an finanziellen Schranken (wie beispielsweise der den Versicherten oftmals unzumutbaren Vorfinanzierung der Leistungen der Krankenbehandlung oder Anstaltspflege) scheitert. Nimmt ein Versicherter jedoch nicht die vom Krankenversicherungsträger in Einrichtungen oder Vertragskrankenanstalten angebotene Sachleistung in Anspruch, greift das in § 131 ASVG geregelte Kostenerstattungsmodell ein.

2.1 Der Kläger hat zur Durchführung der aus medizinischer Sicht zweifellos zweckentsprechenden und das Maß des Notwendigen nicht überschreitenden operativen Behandlung keine Vertragseinrichtung oder Vertragskrankenanstalt der beklagten Partei in Anspruch genommen, sondern eine in keiner Vertragsbeziehung zum Krankenversicherungsträger stehende Wahleinrichtung und hiemit von seinem im österreichischen Sozialversicherungsrecht verankerten Recht auf freie Arztwahl bzw freie Wahl der Gesundheitseinrichtung Gebrauch gemacht. Dieser Grundsatz beruht darauf, dass das Vertrauen des Patienten in den Arzt ein Fundament der Krankenbehandlung darstellt, wobei der Patient durch die Inanspruchnahme einer Nicht‑Vertragseinrichtung aber eben auch in Kauf nimmt, nur eine mit einem Selbstbehalt verbundene anteilige Kostenerstattung durch den Krankenversicherungsträger zu erhalten. In diesem Fall hat daher der Versicherte das Honorar für die Leistung selbst zu bezahlen, bekommt aber einen Teil der Kosten rückerstattet (vgl Mosler in SV‑Komm § 131 ASVG Rz 1 mwN).

2.2 Im vorliegenden Fall ist nicht strittig, dass der Kläger grundsätzlich Anspruch auf Kostenerstattung hat; strittig ist lediglich die Höhe des Kostenersatzes.

2.3 Gemäß § 131 Abs 1 ASVG gebührt ihm der Ersatz der Kosten der anderweitigen Krankenbehandlung im Ausmaß von 80 % jenes Betrags, der bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner des Versicherungsträgers von diesem aufzuwenden gewesen wäre. Wird die Vergütung von Tätigkeiten des entsprechenden Vertragspartners nicht nach den erbrachten Einzelleistungen oder Fallpauschalen, die den erbrachten Einzelleistungen gleichkommen, bestimmt, so hat die Satzung des Versicherungsträgers Pauschalbeträge für die Kostenerstattung festzusetzen.

2.4 Unter Bezugnahme auf die soeben zitierte Bestimmung des § 131 Abs 1 ASVG sieht § 23 Abs 1 der Satzung 2007 der beklagten Partei vor, dass bei Inanspruchnahme eines Nichtvertragsarztes (Wahlarztes) oder einer Wahlgruppenpraxis die Kosten in Höhe von 80 % des Betrags erstattet werden, der bei Inanspruchnahme des entsprechenden Vertragspartners von der Kasse aufzuwenden gewesen wäre. Soweit in der Honorarordnung Verrechnungsbeschränkungen (zB Limitierungen, Fallbegrenzungen, Pauschalen) vorgesehen sind, erfolgt die Kostenerstattung in Höhe von 80 % der im Anhang 6 festgesetzten Punkte‑ und Eurowerte. Die Kostenerstattung darf jedenfalls aber das Honorar, das dem Wahlarzt oder der Wahlgruppenpraxis tatsächlich entrichtet wurde, nicht übersteigen.

2.5 § 131 Abs 3 ASVG bzw § 25 Satzung 2007 der beklagten Partei sieht eine eigene Kostenerstattungsregelung bei im Inland eingetretenen Unfällen, plötzlichen Erkrankungen und ähnlichen Ereignissen vor, die jedoch im vorliegenden Fall unbestritten nicht zur Anwendung kommt.

2.6 Bei Fehlen vertraglicher Regelungen mit den Ärzten, Zahnärzten (Dentisten) oder mit den Gruppenpraxen kommt die Erstattungsregelung des § 131a ASVG zur Anwendung. Stehen andere Vertragspartner infolge Fehlens von Verträgen nicht zur Verfügung, so gilt § 131a ASVG mit der Maßgabe, dass in jenen Fällen, in denen noch keine Verträge für den Bereich einer Berufsgruppe bestehen, der Versicherungsträger den Versicherten gemäß § 131b Abs 1 ASVG die in der Satzung festgesetzten Kostenzuschüsse zu leisten hat. Der Versicherungsträger hat das Ausmaß dieser Zuschüsse unter Bedachtnahme auf seine finanzielle Leistungsfähigkeit und das wirtschaftliche Bedürfnis der Versicherten festzusetzen.

2.7 Unter Bezugnahme auf die soeben zitierte Bestimmung des § 131b (Abs 1) ASVG sieht die Bestimmung des § 39 der Satzung 2007 der beklagten Partei vor, dass die Kasse einen Ambulanzkostenzuschuss in Höhe von 80 % der zum 31. 12. 1996 geltenden Ambulanztarife mit der nächstgelegenen geeigneten öffentlichen Krankenanstalt, jedoch nicht mehr als die tatsächlichen Kosten erstattet, wenn der Versicherte (Angehörige) Krankenbehandlung ambulant in einer Krankenanstalt in Anspruch genommen hat, die nicht über Landesfonds finanziert wird und mit der keine diesbezügliche vertragliche Regelung besteht und auch keine vertragliche Regelung mit einer anderen vergleichbaren Krankenanstalt besteht. Dies gilt entsprechend auch für die ambulante Behandlung in einer ausländischen Krankenanstalt.

3. Wie bereits zu Pkt 2.3 dargelegt, hat der Versicherungsträger bei Inanspruchnahme eines Nicht‑Vertragspartners gemäß der hier maßgebenden Bestimmung des § 131 Abs 1 ASVG jene Kosten zu erstatten, die ihm bei Inanspruchnahme einer entsprechenden Vertragseinrichtung erwachsen wären. Der Zweck dieser Regelung ist offensichtlich, dass der Krankenversicherungsträger nicht mit höheren, aber auch nicht mit niedrigeren Kosten belastet sein soll, als wenn der Versicherte einen Vertragsarzt oder eine Vertragseinrichtung in Anspruch genommen hätte (10 ObS 235/03m, SSV‑NF 19/61; 10 ObS 22/92, SSV‑NF 6/41 = DRdA 1993/3, 30 ff [ Binder ] = ZAS 1993/12, 146 [ Schrammel , Radner ] mwN). Dass die Kostenerstattung damit hinter den Marktpreisen zurückbleibt, liegt im Wesen der österreichischen gesetzlichen Krankenversicherung (10 ObS 235/03m, SSV‑NF 19/61 mwN). Die Kostenerstattung nach § 131 Abs 1 ASVG setzt daher notwendig voraus, dass die in Rede stehende ärztliche Leistung auch von Vertragspartnern des Versicherungsträgers im Rahmen eines Vertragsverhältnisses erbracht und seitens des Versicherungsträgers honoriert werden hätte können, dass also die Leistung Gegenstand eines Vertragsverhältnisses ist (10 ObS 231/03y, SSV‑NF 17/116).

3.1 Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, können auch Krankenanstalten, insbesondere auch Ambulatorien, in denen Krankenbehandlung in Form ärztlicher Hilfe geleistet wird, „entsprechende Vertragspartner“ des Versicherungsträgers im Sinn des § 131 Abs 1 ASVG sein (10 ObS 235/03m, SSV‑NF 19/61 mwN). Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn von einer Krankenanstalt eine Leistung erbracht wird, die in der entsprechenden Honorarordnung für Vertragsärzte nicht vorgesehen ist, wenn also die von einem Versicherten konkret benötigte ‑ hier in einer Tagesklinik erbrachte ‑ ärztliche Hilfe als Sachleistung nur in einer Vertragseinrichtung, nicht aber von freiberuflich tätigen Ärzten angeboten wird. Auch in solchen Fällen greift demnach § 131 Abs 1 ASVG ein und besteht ein Kostenerstattungsanspruch, der mit 80 % der Aufwendungen begrenzt ist, die bei Inanspruchnahme einer entsprechenden Vertragseinrichtung anfallen würden (10 ObS 235/03m, SSV‑NF 19/61; 10 ObS 29/00p, SSV‑NF 14/78 mwN).

3.2 Nimmt der Versicherte eine Wahleinrichtung (privates Ambulatorium) in Anspruch, kommt als entsprechender Vertragspartner wiederum ein selbständiges Ambulatorium oder eine Spitalsambulanz in Betracht ( Mosler in SV‑Komm § 131 ASVG Rz 6 mwN). Dabei ist aber nur darauf abzustellen, welche Kosten dem Versicherungsträger erwachsen wären, wenn die Leistungen, die dem Versicherten in der privaten Krankenanstalt im konkreten Fall tatsächlich gewährt wurden, in einer öffentlichen Krankenanstalt oder in einer sonstigen Vertragseinrichtung erbracht worden wären. Es würde daher den Rahmen des § 131 ASVG sprengen, wollte man jeweils bei Inanspruchnahme von Wahlärzten, Wahlgruppenpraxen oder sonstigen Wahleinrichtungen, deren Träger nicht in einem Vertragsverhältnis mit dem Sozialversicherungsträger steht, in der Frage des Kostenersatzes nicht von den Kosten der tatsächlich erbrachten Leistungen ausgehen, sondern Kosten von Leistungen heranziehen, die tatsächlich nicht erbracht worden sind, bei Inanspruchnahme von Vertragsärzten, Vertragsgruppenpraxen, Vertragseinrichtungen jedoch theoretisch erbracht worden wären (vgl 10 ObS 29/00p, SSV‑NF 14/78; 10 ObS 85/91, SSV‑NF 5/130; RIS‑Justiz RS0085953). Es kommt daher nach zutreffender Rechtsansicht des Berufungsgerichts im Fall des Klägers grundsätzlich nur eine Erstattung der (anteiligen) Kosten der faktisch durchlaufenen ambulanten Krankenbehandlung (Tageschirurgie) und nicht etwa der Kosten einer ‑ von ihm tatsächlich nicht beanspruchten ‑ mit mehrtägiger Anstaltspflege verbundenen (nicht minimalinvasiven) operativen Behandlung des Bandscheibenvorfalls, wie sie im Jahr 2007 etwa an der Universitätsklinik für Neurochirurgie in Innsbruck angeboten wurde, in Betracht.

4. Maßgebend für das Ausmaß der dem Kläger nach § 131 Abs 1 ASVG zustehenden Kostenerstattung ist daher die Höhe des Betrags, den die beklagte Partei bei Inanspruchnahme einer Vertragseinrichtung zu entrichten gehabt hätte. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass es sich bei der zur damaligen Zeit im Sanatorium Kettenbrücke und in der Privatklinik Hochrum jeweils angebotenen tageschirurgischen mikroskopischen Bandscheibensequestrektomie um eine mit der dem Kläger in der Bandscheibenklinik in Telfs angediehenen Leistung einer endoskopisch gestützten Bandscheibensequestrektomie für die Kostenerstattung vergleichbare (Sach‑)Leistung im Sinn des § 131 ASVG handelte. Weiters vertritt das Berufungsgericht die Ansicht, dass es sich bei diesen beiden PRIKRAF‑finanzierten privaten Krankenanstalten um „Vertragskrankenanstalten“ der beklagten Partei handle. Dieser Ansicht des Berufungsgerichts wird von der beklagten Partei in ihren Revisionsausführungen ausdrücklich entgegengetreten.

4.1 Dazu ist grundsätzlich auszuführen, dass das dem Grundsatz nach durch die Vereinbarung gemäß Art 15a B‑VG über die Reform des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung, BGBl I 1997/111, mit 1. 1. 1997 eingeführte System der leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung die vorherige Krankenanstaltenfinanzierung nach Tagespauschalen ersetzte. Nach § 145 Abs 1 ASVG ist der Erkrankte, wenn Anstaltspflege gemäß § 144 ASVG gewährt wird, in eine landesgesundheitsfondsfinanzierte Krankenanstalt einzu-weisen. Unter bestimmten, in § 149 Abs 1 ASVG genannten Voraussetzungen kann eine erkrankte Person auch in eine andere als „in § 148 ASVG genannte“, das heißt in eine nicht landesfondsfinanzierte Krankenanstalt eingewiesen werden, mit der der leistungszuständige Versicherungsträger in einem Vertragsverhältnis steht. Diese Verträge bedürfen der Schriftform und müssen nähere Bestimmungen des in § 149 Abs 2 ASVG umschriebenen Inhalts aufweisen. Hinsichtlich jener Gruppe der nicht Landesfonds‑finanzierten bettenführenden Krankenanstalten, die von dem am 31. 12. 2000 geltenden Vertrag zwischen Hauptverband und Wirtschaftskammer erfasst waren, einschließlich jener bettenführenden Krankenanstalten, die von einem zwischen Hauptverband und Wirtschaftskammer abzuschließenden Zusatzvertrag umfasst sind, wird seit 1. 1. 2002 die Abgeltung der im stationären und tagesklinischen Bereich erbrachten, einschließlich der aus dem medizinischen Fortschritt resultierenden Leistungen mit einem nach dem Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfondsgesetz (im Folgenden: PRIKRAF‑G) zu überweisenden Betrag in der im Gesetz genannten Höhe vorgenommen. Seither ergibt sich der Kreis der im Wege des PRIKRAF finanzierten privaten Krankenanstalten aus der Anlage 1 des jeweils geltenden PRIKRAF‑G. Für die von § 149 Abs 3 ASVG (und dem PRIKRAF‑G) erfassten Privatkrankenanstalten ergibt sich die Höhe der Verpflegskosten aus dem durch LKF‑Punkte bestimmten Anteil an dem für den PRIKRAF jeweils vorgesehenen Gesamtbudget (VfGH, 12. 10. 2012, B 584/11).

4.2 Das PRIKRAF‑G (bzw § 149 Abs 3 ASVG) knüpft somit lediglich daran an, dass bestimmte private Krankenanstalten am 31. 12. 2000 vertraglich in die verpflichtende Versorgung der sozialversicherten Personen mit der erforderlichen Anzahl von Spitalsbetten einbezogen waren. Wie sich aus § 5 PRIKRAF‑G ergibt, erfolgen Direktverrechnungen der Pflegekostenzuschüsse mit privaten Krankenanstalten aber nicht schon aufgrund der Zugehörigkeit zu Anlage 1 des PRIKRAF‑G, sondern weiterhin nur nach Maßgabe bestehender Einzelverträge mit dem zuständigen Krankenversicherungsträger. Außerhalb solcher Verträge erfolgen die Verrechnungen der Pflegekostenzuschüsse ‑ nicht anders als bei privaten Krankenanstalten außerhalb des PRIKRAF ‑ mit den Versicherten gegen Vorlage der saldierten Rechnung (VfGH, 12. 10. 2012, B 584/11).

4.3 Das Krankenanstaltenrecht unterscheidet zwischen ambulanter und stationärer Leistungserbringung (vgl § 26 Abs 1 KAKuG). Tagesklinische Leistungserbringung ist eine spezielle Art der stationären Behandlung, bei welcher der Patient zur stationären Betreuung aufgenommen, aber noch am selben Tag wieder entlassen wird. Es sind daher im Rahmen der leistungsorientierten Krankenanstalten-finanzierung die Fälle, die in Tageskliniken, Nachtkliniken oder im halbstationären Bereich behandelt werden, als Leistungen im stationären Bereich abzurechnen, sodass auch alle Leistungen im tagesklinischen Bereich von der in § 149 Abs 3 ASVG genannten Pauschalsumme abgegolten sein sollen. Demgegenüber ist ein Ersatz von ambulanten Leistungen aus PRIKRAF‑Mitteln für alle privaten Krankenanstalten, unabhängig davon, ob sie von dem Vertrag zwischen Hauptverband und Wirtschaftskammer bzw von der Anlage 1 des PRIKRAF‑G erfasst sind, gemäß § 2 Abs 2 PRIKRAF‑G ausgeschlossen (VfGH, 11. 12. 2007, B 1083/07, G 233/06, SSV‑NF 21/B10). Ambulante Leistungen sind auf Grundlage allenfalls bestehender besonderer Ambulanzverträge zwischen Krankenversicherungsträger und betroffener Anstalt abzurechnen ( Stöger in SV‑Komm § 149 ASVG Rz 27).

5. Da die zwischen den Parteien im Wesentlichen noch strittige Frage, in welcher Höhe dem Kläger eine Kostenerstattung für seine ambulante Krankenbehandlung (endoskopisch gestützte Bandscheibensequestrektomie) in der Bandscheibenklinik in Telfs am 5./6. 12. 2007 gebührt, im Sinne der dargelegten Ausführungen von der Höhe des Betrags abhängig ist, den die beklagte Partei bei Inanspruchnahme des Sanatoriums Kettenbrücke oder der Privatklinik in Hochrum als Vertragskrankenanstalt für eine vergleichbare ambulante Krankenbehandlung (hier: tageschirurgische mikroskopische Bandscheiben-sequestrektomie) zu entrichten gehabt hätte, erweist sich das bisherige Verfahren als ergänzungsbedürftig. Es wurden bisher nämlich sowohl zur entscheidungswesentlichen Frage des Bestehens eines entsprechenden Vertragsverhältnisses zwischen der beklagten Partei und den beiden genannten privaten Krankenanstalten über die in Rede stehende ambulante Behandlung in einer Krankenanstalt als auch gegebenenfalls zur Höhe einer zwischen ihnen für eine solche ambulante Behandlung in einer Krankenanstalt vereinbarten Kostenerstattung keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Der Umstand allein, dass es sich bei den beiden genannten Krankenanstalten um PRIKRAF‑finanzierte Krankenanstalten handelt, reicht für das notwendige Bestehen eines Vertragsverhältnisses zwischen ihnen und der beklagten Partei über die hier in Rede stehende ambulante Krankenbehandlung in einer Krankenanstalt im Sinne der oben dargelegten Ausführungen nicht aus. Es erweist sich daher eine Verfahrensergänzung im aufgezeigten Sinn als notwendig. Das Erstgericht wird im fortzusetzenden Verfahren die als noch klärungsbedürftig erachteten Fragen auch unter Berücksichtigung der Revisionsausführungen der beklagten Partei, wonach sie derzeit mit keiner Krankenanstalt einen Vertrag über die Abgeltung ambulanter Behandlungen in Krankenanstalten abgeschlossen habe, weshalb bei solchen Behandlungen gemäß § 39 der Satzung der beklagten Partei auf die zum 31. 12. 1996 bestehenden Ambulanzgebühren zurückgegriffen werden müsse, und für ambulant durchgeführte Bandscheibenoperationen weder im Landesfonds noch im PRIKRAF entsprechende Tarife bestünden, mit den Parteien zu erörtern und entsprechende Feststellungen zu treffen haben.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt hinsichtlich der vom Kläger verzeichneten Kosten der Revisionsbeantwortung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO. Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revision ohne Rücksicht auf den Ausgang des Verfahrens selbst zu tragen (§ 77 Abs 1 Z 1 ASGG).

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