OGH 3Ob29/14g

OGH3Ob29/14g8.4.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D*****, vertreten durch Dr. Christian Obrist, Rechtsanwalt in Zell am See, gegen die beklagte Partei R***** reg. Gen.m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Klaus Plätzer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Feststellung und Einverleibung einer Dienstbarkeit, Beseitigung und Unterlassung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 8. Jänner 2014, GZ 22 R 442/13y‑29, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Zell am See vom 28. Oktober 2013, GZ 17 C 99/13i‑25, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Eine GmbH & Co KG und der Geschäftsführer ihrer Komplementärgesellschaft waren Eigentümer benachbarter Liegenschaften. Die beklagte Partei erwarb die Liegenschaft der KG durch Freihandkauf im Konkurs über das Vermögen der KG; der Kläger erwarb die Liegenschaft des Geschäftsführers durch Zuschlag in einem Zwangsversteigerungsverfahren.

Die Zufahrt zur Liegenschaft des Klägers war (und ist) nur über die Liegenschaft der beklagten Partei möglich.

Die Vorinstanzen verneinten das Bestehen einer Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens auf einer näher bezeichneten Fläche der Liegenschaft der beklagten Partei.

Der Kläger macht in seiner außerordentlichen Revision als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass das Berufungsgericht aktenwidrig davon ausgegangen sei, dass er keine ausreichenden Behauptungen zur Begründung einer Legalservitut aufgestellt habe. Im Übrigen seien die zur „Eigentümerservitut“ entwickelten Grundsätze analog anzuwenden, weil sich die Liegenschaften „tatsächlich in einer Hand“ befunden hätten.

Rechtliche Beurteilung

Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zeigt der Kläger mit diesem Vorbringen nicht auf:

1. Abgesehen davon, dass eine tatsächlich oder vermeintlich unrichtige Wiedergabe des Prozessvorbringens einer Partei im angefochtenen Urteil keine Aktenwidrigkeit begründet (RIS‑Justiz RS0041814), hat das Berufungsgericht seiner rechtlichen Beurteilung ohnedies das tatsächliche Vorbringen des Klägers zugrunde gelegt und dazu ausgeführt, dass eine in einer Verhandlungsniederschrift der Behörde festgehaltene und überdies unrichtige Tatsache (hier: der im Bauplatzerklärungsverfahren betreffend die Liegenschaft des Klägers in der Verhandlungsniederschrift beurkundete Umstand, dass die Zufahrt „über Eigengrund“ erfolge) keinen Titel für den Erwerb einer Dienstbarkeit darstelle.

2. Dieser Auffassung hält der Kläger entgegen, dass das Berufungsgericht „bei nur einigermaßen gutem Willen“ davon ausgehen hätte müssen, dass die Bauplatzerklärung vom 26. April 2006 rechtsgestaltend eine Legalservitut begründet habe.

3. Allerdings nimmt der Bescheid vom 26. April 2006 nicht Bezug auf eine Dienstbarkeit. Das gilt auch für die Betriebsanlagengenehmigung vom 18. Juli 2006. Ein das Gericht bindender (vgl RIS‑Justiz RS0037051) Bescheid einer Verwaltungsbehörde, womit eine Dienstbarkeit eingeräumt wurde, liegt daher nicht vor.

4. Zwar entsteht nach der Rechtsprechung bei Übereignung einer von zwei Liegenschaften desselben Eigentümers, von denen eine offenkundig der anderen dient und weiterhin dienen soll, auch ohne spezifische Vereinbarung durch den Übertragungsakt eine Dienstbarkeit, wenn der tatsächliche Zustand im Zeitpunkt der Übertragung durch offenkundige oder doch ersichtliche Anlagen erkennbar war (1 Ob 1/84 SZ 57/38 = NZ 1987, 22 [Hofmeister] mwN; RIS‑Justiz RS0011618; zuletzt 4 Ob 232/13s), wobei auch die Übereignung zweier Grundstücke desselben Eigentümers an unterschiedliche Erwerber nicht schadet (RIS‑Justiz RS0011618 [T4]).

Diese Rechtsprechung beruht auf Zweckmäßigkeitserwägungen (5 Ob 118/07z NZ 2007/694 - GBSlg [grundsätzlich kritisch zum Entstehen einer Dienstbarkeit durch bloßen Übertragungsakt Hoyer in seiner Anmerkung zu NZ 2007/694]) und beruft sich auf § 526 ABGB, der das „Ruhen“ der Dienstbarkeit während der Dauer der Vereinigung des herrschenden und dienenden Grundstücks in einer Hand anordnet (1 Ob 1/94 NZ 1987, 22 [Hofmeister]). Diese Erwägungen gelten für den hier zu beurteilenden Fall nicht: Für eine „analoge Übertragung“ der dargestellten Rechtsprechung auf Fälle einer bloß wirtschaftlichen Nahebeziehung zwischen den Liegenschaftseigentümern lassen sich weder Zweckmäßigkeitserwägungen noch die Bestimmung des § 526 ABGB ins Treffen führen.

5. Auf eine (zumindest schlüssig getroffene) Servitutsvereinbarung hat sich der Kläger nicht berufen.

Seine außerordentliche Revision ist demnach mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

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