OGH 1Ob40/14k

OGH1Ob40/14k27.3.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** W*****, vertreten durch Dr. Michael Augustin, Mag. Peter Haslinger und Mag. Thomas Böchzelt, Rechtsanwälte in Leoben, gegen die beklagte Partei H***** W*****, vertreten durch Dr. Gerhard Strobich, Rechtsanwalt in Trofaiach, wegen 13.472,16 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 28. November 2013, GZ 2 R 201/13s‑28, mit dem das Zwischenurteil des Landesgerichts Leoben vom 9. September 2013, GZ 26 Cg 84/12i‑24, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0010OB00040.14K.0327.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 908,64 EUR (darin enthalten 151,44 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Revision ist entgegen dem nach § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

2. Die Klägerin verkaufte im Februar/März 2007 Teile ihrer Liegenschaft unter der aufschiebenden Bedingung der Umwidmung in Bauland an den Beklagten. Sie verpflichtete sich, sämtliche im Zusammenhang mit dieser Umwidmung nötigen Unterschriften zu leisten. Der Beklagte verpflichtete sich dafür zu sorgen, dass aus solchen Handlungen der Verkäuferin keinerlei wie immer gearteten Kosten erwachsen, und erklärte, sie schad‑ und klaglos zu halten. Ausgenommen davon sollten allfällige im Rahmen des Umwidmungsverfahrens vorgeschriebene Gebühren oder öffentliche Abgaben sein, die ‑ mit Ausnahme von Strafzahlungen ‑ von der Verkäuferin zu tragen waren. Am 14. 3. 2007 unterzeichnete diese eine Vereinbarung mit der Stadtgemeinde L*****, in der sie sich verpflichtete, die verkaufte Liegenschaft längstens binnen einem Jahr ab Rechtskraft des zu erlassenden Bebauungsplans im Sinn einer Rohbaufertigstellung zu bebauen, widrigenfalls sie eine jährliche Pönale von 1 EUR pro m² zu zahlen habe. Ohne Abschluss einer derartigen Vereinbarung hätte die Stadtgemeinde die Liegenschaft nicht umgewidmet, was dem Beklagten auch bekannt war. Nach der Umwidmung wurde die Liegenschaft in mehrere Bauparzellen geteilt, die jedoch nicht alle bebaut wurden. Aus diesem Grund schrieb die Stadtgemeinde der Klägerin mit Abgabenbescheid vom 11. 11. 2011 eine „Investitionsabgabe“ für die Jahre 2009 und 2010 vor, wobei sich der Bescheid auf die am 14. 3. 2007 abgeschlossene Vereinbarung bezog.

3. Das Berufungsgericht sah die vorgeschriebene Investitionsabgabe, deren Ersatz die Klägerin im vorliegenden Verfahren begehrt, als „Strafzahlung“ im Sinn des Kaufvertrags an, welche nach dessen Bestimmungen der beklagte Käufer zu tragen habe. Diese, von den Umständen des Einzelfalls abhängige (RIS‑Justiz RS0042776) Interpretation des Vertrags ist keine vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende Fehlbeurteilung. Es war der Beklagte selbst, der im Zuge von Kaufvertragsverhandlungen auf die Möglichkeit von Strafzahlungen (in der Größenordnung von 3 EUR pro m²) hingewiesen hatte, sollte die Liegenschaft nach der Umwidmung nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums bebaut werden. Die Realisierung des Bauprojekts durch Errichtung von 12 Einfamilienhäusern nach Umwidmung und Parzellierung war auch keine Angelegenheit der Verkäuferin. Vielmehr hatte es ja der Beklagte in der Hand, nach Erwerb und Parzellierung der Liegenschaft diese bebauen zu lassen. Angesichts dieser Interessenlage ist es durchaus nachvollziehbar, dass die Klägerin nicht mit Pönalezahlungen als Folge der unterlassenen Bebauung belastet sein sollte, auf die sie keinen Einfluss nehmen konnte. Die der Klägerin letztlich mit Bescheid vorgeschriebene Pönalezahlung dem im Kaufvertrag verwendeten Begriff „Strafzahlungen“ zuzuordnen, welche der Käufer zu tragen hatte, ist somit ein vernünftiges und sachgerechtes Auslegungsergebnis.

4. Die Klägerin ließ den Bescheid über die Vorschreibung der Investitionsabgabe unbekämpft, was der Beklagte ihr als Verletzung einer Schadensminderungspflicht vorwarf. Das Berufungsgericht verneinte die Berechtigung dieses Einwands und verwies auf die iSd § 26a Steiermärkisches Raumordnungsgesetz (Stmk ROG) 1974 geschlossene privatwirtschaftliche Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Stadtgemeinde. Auch bei erfolgreicher Bekämpfung des Abgabenbescheids wäre die Klägerin aufgrund der Vereinbarung zur Leistung der Pönale verpflichtet gewesen. Der Einwand der Verletzung der Schadensminderungspflicht betrifft allerdings nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS‑Justiz RS0040783 [T1]) nicht den Grund des Anspruchs, sondern dessen Höhe und stand deshalb der Fällung des Zwischenurteils durch das Erstgericht nicht entgegen. Die dem Zulassungsauspruch des Berufungsgerichts zugrunde gelegte Frage der Verpflichtung zur Ergreifung von Rechtsmitteln ist daher schon aus diesem Grund nicht zu beantworten.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat im Ergebnis zu Recht auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen, weshalb kein Kostenvorbehalt nach § 52 Abs 4 iVm § 393 Abs 4 ZPO stattfindet (RIS‑Justiz RS0123222 [T10]).

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