OGH 9Ob68/13k

OGH9Ob68/13k25.3.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon‑.Prof. Dr. Kuras und Dr. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. p***** a***** GmbH, *****, 2. Mag. DI Ä***** P*****, 3. p***** I***** GmbH, ***** und 4. W***** Holding AG, *****, alle vertreten durch Dr. Christian Willmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei M***** E***** M***** C*****, vertreten durch DDr. Giampaolo Caneppele, Rechtsanwalt in Villach, wegen Unterlassung (200.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 1. August 2013, GZ 2 R 94/13f‑87, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 29. März 2013, GZ 21 Cg 71/10y‑82, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 2.883,80 EUR (darin 480,63 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Erstklägerin ist Muttergesellschaft eines österreichischen Industriekonzerns, der schwerpunktmäßig im Bereich der Kettenfertigung international tätig ist. Der Zweitkläger ist Unternehmer und Geschäftsführer der Erst‑ und Drittklägerin sowie Vorstandsmitglied der Viertklägerin. Auch die Beklagte war in Italien im Bereich der Kettenfertigung unternehmerisch tätig. Sie war zu rund 39 % Aktionärin bzw Eigentümerin der sogenannten „W*****‑Gruppe“; auf ihren Bruder C***** M***** entfielen rund 60 % und auf eine von diesen beiden dominierte Gesellschaft (A***** AG) 1 %. Die Beklagte ist Universalerbin und Gesamtrechtsnachfolgerin ihres am 26. 8. 2000 verstorbenen Bruders.

Ab 1998 gab es Bestrebungen der sogenannten „P*****‑Gruppe“, also im Wesentlichen der Erstklägerin und ihrer Konzerngesellschaften, die sogenannte „W*****‑Gruppe“, das waren die F***** W***** S.p.A. als Holding Gesellschaft, die A***** W***** S.p.A. sowie die I***** W***** S.r.l. im Wege des Aktienkaufs zu übernehmen. Die Übernahme sollte durch die neu gegründete p***** Holding‑Aktiengesellschaft (dann p***** W***** Holding‑Aktiengesellschaft und nunmehr W***** Holding AG = Viertklägerin) und deren Tochtergesellschaft, die A***** S.p.A. (früher A***** S.r.l.), erfolgen. Am 13. 7. 1999 bot die „P*****‑Gruppe“ an, die Aktienbeteiligungen zu einem Übernahmepreis von 79 Mrd Lit zu übernehmen. Dabei war vorgesehen, einen land‑ und forstwirtschaftlichen Besitz der F***** W***** S.p.A. und eine Liegenschaft in Triest zu einem Preis von 5 Mrd Lit abzuspalten. Die Beklagte, ihr Bruder und die A***** AG nahmen das Anbot am 16. 7. 1999 an. Die Erstklägerin machte die A***** S.r.l. als Käuferin namhaft.

Am 30. 9. 1999 wurden zunächst sämtliche Aktien und Anteile der „W*****‑Gruppe“ an die A***** S.p.A. (vormals A***** S.r.l.) übertragen. In den Abtretungsverträgen wurde für die Anteile des C***** M***** an der „W*****‑Gruppe“ ein Kaufpreis von 46,932.727.300 Lit, für die Anteile der Beklagten 29,599.372.700 Lit und für jene der A*****‑AG 730.400.000 Lit vereinbart. Der gesamte Kaufpreis betrug 77,262.500.000 Lit.

Der Kauf wurde zum Teil aus Eigenmitteln finanziert, wobei in der A***** S.p.A. (Gesellschafter der A***** S.p.A. waren die Viertklägerin (damals P***** Holding AG) und die M***** AG) am 20. 9. 1999 eine Kapitalerhöhung auf 30 Mrd Lit erfolgt war, und zum Teil aus drei Bankdarlehen von insgesamt 45 Mrd Lit. Dieser Betrag war am 28. 9. 1999 bei der A***** S.p.A. eingelangt. Der Betrag von 5 Mrd Lit, der auf die Abspaltung des Liegenschaftsvermögens laut Anbot vom 13. 7. 1999 entfiel, war erst bei Durchführung der Abspaltung zu begleichen.

Am 28. 9. 1999 war von der beschlossenen Kapitalerhöhung ein Betrag von rund 13 Mrd Lit bei der A***** S.p.A. eingelangt. Davon leistete die Viertklägerin den weitaus überwiegenden Anteil von rund 12,8 Mrd Lit (siehe Blg./24) Am 30. 9. 1999 und 8. 10.1999 bezahlte die A***** S.p.A. an die Beklagte und C***** M***** den Kaufpreis von 71,532.100.000 Lit für deren Anteile an der „W*****-Gruppe“. Dieser Betrag entsprach unter Berücksichtigung der gestundeten 5 Mrd Lit aus der Liegenschaftsabspaltung exakt dem mit der Beklagten und C***** M***** in den Abtretungsverträgen vereinbarten Kaufpreis von 76,532.100.000 Lit. Der mit der A***** AG vereinbarte Kaufpreis von 730.400.000 Lit wurde von der A***** S.p.A. ebenfalls am 30. 9. 1999 bezahlt.

Um diesen Anteilskauf durchzuführen, wurde in der Hauptversammlung der Viertklägerin vom 1. 10. 1999 zunächst eine Kapitalerhöhung zusätzlich eines Agios von 330 % beschlossen. Die Kapitalerhöhung wurde von der Beklagen mit einem Aktien‑Nominale von 1.025.600 EUR und von deren Bruder mit einem Aktien‑Nominale von 1.831.800 EUR gezeichnet. Einschließlich des Agios von 9.429.420 EUR wurden von der Beklagten und ihrem Bruder 12.286.820 EUR am 1. 10. 1999 in das Vermögen der Viertklägerin eingezahlt. Die Kapitalerhöhung wurde vorgenommen, um der A***** S.p.A. die finanziellen Mittel für den Erwerb der „W*****‑Gruppe“ zur Verfügung zu stellen.

Die Viertklägerin zahlte am 7. 10. 1999 8.622.281,39 EUR an die A***** S.p.A. zur Auffüllung der Kapitalerhöhung, 2.368.992,01 EUR an C***** M***** und 1.326.280,58 EUR an die Beklagte, somit insgesamt 12.317.553,98 EUR.

Am 12. 12. 2001 traf der Zweitkläger im eigenen Namen und in Vertretung diverser Gesellschaften, darunter die Erst‑ und Viertklägerin, mit der Beklagten eine Vereinbarung zur Beilegung von verschiedenen Streitpunkten. Unter anderem verpflichtete sich die Beklagte, von ihr gehaltene Aktien der Viertklägerin an den Zweitkläger gegen einen Kaufpreis von insgesamt 5,5 Mrd Lit zu übertragen. Ein Teilbetrag von 1,5 Mrd Lit war bei Vertragsunterfertigung zu leisten, der Rest in 20 monatlichen Raten. Mit der Erfüllung der bisherigen Vereinbarung sollten die wechselseitigen Ansprüche beglichen sein. In der Vereinbarung war auch festgehalten, dass sie italienischem Recht unterliegt und für sämtliche daraus entstehenden Streitigkeiten ein Schiedsgericht zuständig ist. Wegen behaupteter Malversationen der „W*****‑Gruppe“ stellten die Kläger die vereinbarten Ratenzahlungen ein. Die Beklagte rief daraufhin das Internationale Schiedsgericht in Triest an. Dieses verurteilte die Kläger am 3. 9. 2003 solidarisch zur Zahlung von 9.249.018,08 EUR an die Beklagte. Dieser Betrag setzte sich aus einer Entschädigungszahlung von rund 5,5 Mio EUR für die nicht erfolgte Abspaltung des Forstkomplexes der F***** W***** S.p.A., von rund 1,8 Mio EUR für die nicht erfolgte Übertragung der Liegenschaft in Triest sowie von rund 1,9 Mio EUR wegen Nichterfüllung der Verpflichtung zum Kauf der p***** W***** Holding AG‑Aktien zusammen. Vergeblich bekämpften die Kläger diesen Schiedsspruch in Italien. Am 12. 10. 2012 erklärte der italienische Oberste Gerichtshof den von den Klägern erhobenen Revisionsrekurs für unzulässig. Eine schriftliche Begründung dieser Entscheidung liegt bislang nicht vor.

Mit Schreiben vom 18. 8. 2003 forderte die Viertklägerin die Beklagte auf, die Einlage aus der Kapitalerhöhung vom 1. 10. 1999 in Höhe von 12.286.820 EUR (nochmals) zu leisten. Diese Forderung der Bareinlage war nicht Gegenstand der Vereinbarung vom 12. 12. 2001.

Mit Schreiben vom 15. 12. 2003 erklärte die Viertklägerin gegenüber der Beklagten die Aufrechnung ihrer Forderung von 12.286.820 EUR gegen die Forderung der Beklagten aus dem Schiedsspruch vom 3. 9. 2003 in Höhe von 9.249.018,08 EUR sA. Die Beklagte versuchte bereits mehrmals, unter anderem beim Bezirksgericht Graz‑Ost und beim United States District Court, Eastern District of California ‑ allerdings vergeblich ‑ den Schiedsspruch für vollstreckbar erklären zu lassen.

Über die A***** W***** S.p.A. und die A***** S.p.A. wurde jeweils der Konkurs eröffnet.

Als Folge einer allfälligen Exekutionsführung durch die Beklagte aus dem Schiedsspruch droht den Klägern ein wesentlicher Imageschaden und damit die Beeinträchtigung ihres wirtschaftlichen Rufs, was insbesondere bei ihren Hausbanken zu erheblich verschlechterten Finanzierungsbedingungen führen würde. Weiters wäre zu befürchten, dass die Lieferanten der Kläger nicht mehr auf Kredit liefern, sondern nur mehr gegen Barzahlung oder gar nicht mehr bzw möglicherweise höhere Preise verlangen. Kunden könnten ebenfalls verunsichert werden und das Unternehmen wechseln, was sich in massiven Umsatzverlusten auswirken könnte. Selbst das Gerücht einer Exekutionsführung kann zur Verunsicherung der Banken führen.

Mit ihrer Klage begehren die Kläger die Beklagte schuldig zu erkennen, ab sofort jede Exekution aufgrund des Schiedsspruchs des Internationalen Schiedsgerichts in Triest vom 3. 9. 2003 zu unterlassen, in eventu auszusprechen, dass der Anspruch der Beklagten gegenüber den Klägern auf Zahlung von 9.249.018,08 EUR sA, resultierend aus dem Schiedsspruch des Internationalen Schiedsgerichts in Triest vom 3. 9. 2003, durch Aufrechnung getilgt sei. Die Viertklägerin habe gegenüber der Beklagten eine Forderung auf nochmalige Leistung der Bareinlage von 12.286.820 EUR, resultierend aus einer Kapitalerhöhung. Damit habe sie gegen die Forderung der Beklagten aus dem Schiedsspruch vom 3. 9. 2003 die Aufrechnung erklärt. Die aufgerechnete Forderung der Viertklägerin sei Folge einer verdeckten und somit unwirksam geleisteten Sacheinlage, die den Vorschriften des Aktiengesetzes über Sacheinlagen nicht entsprochen habe. Die von der Beklagten und C***** M***** eingezahlten Barmittel hätten nämlich nur dazu gedient, im Umweg über das italienische Tochterunternehmen der Viertklägerin, die A***** S.p.A., die von der Beklagten und ihrem Bruder gehaltenen Aktien an der „W*****‑Gruppe“ zu erwerben. Die eingezahlten Beträge seien der Beklagten und ihrem Bruder als Kaufpreis wieder ausgezahlt worden. Im Übrigen seien diese Anteile an der „W*****‑Gruppe“ auch nicht werthaltig gewesen. Die Geltendmachung der Forderung aus dem Schiedsspruch wäre rechtsmissbräuchlich.

Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte ‑ stark zusammengefasst ‑ ein, keine verdeckte Sacheinlage geleistet zu haben. Der Viertklägerin sei daher gegen sie keine Forderung auf neuerliche Leistung der Bareinlage zugestanden. Die Annahme einer verdeckten Sacheinlage würde voraussetzen, dass in Wahrheit die Viertklägerin Gesellschafterin der „W*****‑Gruppe“ werden sollte. Ein derartiger Vertragswille habe aber niemals bestanden. Die Aktien seien vielmehr der A***** S.p.A. übertragen worden. Die von ihr und C***** M***** eingezahlte Bareinlage zur Kapitalerhöhung der Viertklägerin sei nicht an sie rücküberwiesen, sondern der A***** S.r.l. (S.p.A.) zur Finanzierung des Kaufpreises zur Verfügung gestellt worden. Mit der Kapitalerhöhung hätten die Beklagte und C***** M***** lediglich zur Entwicklung des Konzerns, der sowohl die „P*****‑Gruppe“ als auch die „W*****‑Gruppe“ angehörten, beigetragen. Da die Beklagte nicht Aktionärin der A***** S.p.A., sondern der Viertklägerin sei, diese an sie aber keine Leistungen erbracht habe, liege auch der Tatbestand der Einlagenrückgewähr nicht vor. Allenfalls würde dies nur zu einer Deckungspflicht hinsichtlich der Wertdifferenz führen. Aus dem österreichischen Aktienrecht sei weder die Nichtigkeit des Kaufvertrags zwischen ihr, ihrem Bruder und der A***** S.p.A. noch der Anspruch der Viertklägerin auf neuerliche Leistungen der Bareinlage abzuleiten. Mangels bestehender Forderung, mit der die Viertklägerin aufrechnen hätte können, sei die Exekutionsführung hinsichtlich des Schiedsspruchs nicht rechtsmissbräuchlich.

Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren statt. Da die Viertklägerin eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Wien sei, sei das österreichische Aktiengesetz anzuwenden. Die Beklagte und ihr Bruder hätten am 1. 10. 1999 tatsächlich keine Kapitalerhöhung mit einer Bareinlage, sondern mit einer unzulässigen verdeckten Sacheinlage geleistet, weil die Vorschriften über die Sacheinlagen nach dem Aktiengesetz nicht eingehalten worden seien. Die Kapitalerhöhung habe ausschließlich den Zweck gehabt, der A***** S.p.A. die finanziellen Mittel für den Erwerb der „W*****‑Gruppe“ zur Verfügung zu stellen. Diese Mittel seien von der A***** S.p.A. im Wege der Kaufpreiszahlung an die Beklagte und deren Bruder wieder zur Auszahlung gelangt. Die Beklagte müsse den Geldbetrag daher nochmals leisten. Mit dieser Forderung habe die Viertklägerin gegenüber der Forderung der Beklagten aus dem Schiedsspruch aufrechnen können. Die durch die Viertklägerin erklärte Aufrechnung habe nach § 893 ABGB auch zum Erlöschen der Schuld der übrigen Solidarschuldner geführt. Das Unterlassungsbegehren sei gerechtfertigt, weil die Forderung der Beklagten aus dem Schiedsspruch durch Aufrechnung getilgt und somit eine Exekutionsführung rechtsmissbräuchlich sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichts mit Ausnahme der Qualifikation der erfolgten Direktzahlungen an die Beklagte und ihren Bruder vom 7. 10. 1999 als (Teil des) Kaufpreis(es) für die erworbenen Anteile an der „W*****-Gruppe“ und legte sie seiner Entscheidung zugrunde.

Nach Darstellung der österreichischen und deutschen Lehre und Rechtsprechung teilte es die Rechtsansicht des Erstgerichts zum Vorliegen und zu den Folgen einer verdeckten Sachleistung durch die Beklagte und C***** M*****. Aufgrund des nahen zeitlichen Zusammenhangs zwischen den von der A***** S.p.A. an die Beklagte und ihren Bruder erfolgten Kaufpreiszahlungen und dem festgestellten Zweck der beschlossenen Kapitalerhöhung in der Hauptversammlung der Viertklägerin, nämlich der Durchführung des Unternehmenskaufs der „W*****‑Gruppe“, sei auch in sachlicher Hinsicht davon auszugehen, dass der von der Beklagten und C***** M***** im Rahmen der von ihnen gezeichneten Kapitalerhöhung eingezahlte Betrag von 12.286.820 EUR wieder an diese zurückgeflossen sei. Bei den ebenfalls zur Bezahlung der erworbenen Anteile von der A***** S.p.A. aufgenommenen Kreditmittel von 45 Mrd Lit habe es sich in Bezug auf das Rechtsgeschäft zwischen A***** S.p.A. und der Beklagten und C***** M***** wirtschaftlich gesehen um Eigenmittel der A***** S.p.A. gehandelt. Die in Österreich geltende Rechtslage biete keine Möglichkeit, den tatsächlichen Wert der Sacheinlage auf die offene Bareinlage im Sinne einer Differenzrechnung anzurechnen. Durch die erfolgte Aufrechnung der Viertklägerin sei die Schuld der Kläger gegenüber der Beklagten aus dem Schiedsspruch getilgt. Damit habe die Klägerin einen materiellen Anspruch auf Unterlassung der Exekutionsführung durch die Beklagte.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur verdeckten Sacheinlage innerhalb eines Konzerns fehle.

In ihrer dagegen gerichteten Revision beantragt die Beklagte die Abänderung des Berufungsurteils im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung, hilfsweise die Abweisung des Klagebegehrens auf Unterlassung der Exekution aufgrund des Schiedsspruchs des Internationalen Schiedsgerichts in Triest vom 3. 9. 2003 in dem Ausmaß, als die Exekution einen 610.705,53 EUR, hilfsweise 4.475.244,14 EUR, hilfsweise 8.591.541,41 EUR übersteigenden Betrag betreffe. Eventualiter wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Kläger beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

I. Als Verfahrensmangel macht die Revisionswerberin unter Hinweis auf § 74 Abs 1 Z 9 ZPO (gemeint: § 477 Abs 1 Z 9 ZPO; ohne die Nichtigkeit ausdrücklich als Revisionsgrund zu relevieren) geltend, dass die Feststellungen des Berufungsgerichts rechnerisch nicht nachvollziehbar seien. Dies trifft jedoch nicht zu. Das Berufungsgericht hat zwar im Rahmen der behandelten Tatsachenrüge der Berufung der Beklagten die Feststellung des Erstgerichts über die Qualifikation der erfolgten Direktzahlungen an die Beklagte und ihren Bruder vom 7. 10. 1999 als (Teil des) Kaufpreis(es) für die erworbenen Anteile an der „W*****‑Gruppe“ nicht übernommen, aber die ‑ im Berufungsverfahren unbekämpft gebliebenen ‑ Feststellungen, dass der gesamte vereinbarte Kaufpreis, abzüglich eines gestundeten Betrags von 5 Mrd Lit, in Höhe von (richtig) 71,532.100.000 Lit von der Viertklägerin an die Beklagte und ihren Bruder am 30. 9. 1999 und 8. 10. 1999 geflossen ist, seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Daraus hat es in rechtlicher Hinsicht abgeleitet, dass es daher auf eine Qualifikation der Zahlung vom 7. 10. 1999 nicht ankomme. Die Revision berücksichtigt überdies nur die Zahlungen der A***** S.p.A. vom 30. 9. 1999, nicht aber jene vom 8. 10. 1999. Die Feststellungen des Erstgerichts sind rechnerisch nachvollziehbar. Ob die Feststellungen für eine abschließende rechtliche Beurteilung ausreichend sind, ist eine Frage, die im Rahmen der Rechtsrüge zu prüfen ist.

II. Auch der von der Beklagten geltend gemachte Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit liegt nicht vor, weil die Revisionswerberin mit ihren dazu vorgetragenen Ausführungen ausschließlich die Richtigkeit der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts in Zweifel zieht.

III. 1. 1. Erstmals in der Revision wird die Anwendung österreichischen Rechts in Frage gestellt. Nach Ansicht der Revision sei der Kaufvertrag zwischen der Beklagten bzw ihrem Bruder und der A***** S.p.A. in Italien abgeschlossen worden, die A***** S.p.A. eine Gesellschaft mit Sitz in Italien und der Verkäufer italienischer Staatsbürger. Diese Anknüpfungspunkte würden auf italienisches Recht hinweisen. Nach italienischem Recht sei die Viertklägerin aber nicht berechtigt gewesen, von der Beklagten nochmals die Bareinlage zu fordern.

Dem hält die Revisionsbeantwortung zusammengefasst entgegen, dass eine verdeckte Sacheinlage bei einer Gesellschaft mit Sitz in Österreich, wie es die Viertklägerin sei, nach österreichischem Gesellschaftsrecht zu beurteilen sei.

Dazu ist auszuführen:

1.2. Ist fremdes Recht maßgebend, so ist es nach § 3 IPRG von Amts wegen anzuwenden (RIS‑Justiz RS0040189, RS0009230). Für das Rechtsmittelverfahren folgt daraus, dass die allfällige unrichtige Lösung der Rechtsanwendungsfrage im Rahmen der rechtlichen Beurteilung der Sache gegebenenfalls auch gegen den Willen der Parteien wahrzunehmen ist (RIS‑Justiz RS0040031). Voraussetzung ist nur, dass überhaupt in die rechtliche Beurteilung einzutreten ist, dh dass eine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge vorliegt (4 Ob 122/06d; 1 Ob 163/05k). Letzteres ist hier der Fall.

1.3. Auf den vorliegenden Sachverhalt ist das Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, aufgelegt zur Unterzeichnung am 19. 6. 1980 in Rom (Europäisches Schuldvertrags-übereinkommen; EVÜ), anwendbar. Die Verordnung EG Nr 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. 6. 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I‑VO) findet nur auf Verträge Anwendung, die gemäß Art 28 Rom I‑VO nach dem 17. 12.2009 abgeschlossen wurden. Dies ist hier nicht der Fall.

1.4. Das EVÜ regelt vertragliche Schuldverhältnisse bei Sachverhalten, die ‑ wie hier ‑ eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweisen (Art 1 Abs 1 EVÜ). Fragen des Gesellschaftsrechts sind jedoch gemäß Art 1 Abs 2 lit e EVÜ vom sachlichen Anwendungsbereich des EVÜ ausgenommen. Der darin ausdrücklich erwähnte Bereich der „Errichtung von Gesellschaften“ umfasst auch die notwendige Einbringung der Bar‑ und Sacheinlagen. Die Frage nach dem anzuwendenden Recht ist demnach nach den §§ 10 und 12 IPRG zu lösen (2 Ob 238/07z).

1.5. Das Personalstatut einer juristischen Person oder einer sonstigen Personen‑ oder Vermögensverbindung, die Träger von Rechten und Pflichten sein kann, ist das Recht des Staates, in dem der Rechtsträger den tatsächlichen Sitz seiner Hauptverwaltung hat (§ 10 IPRG). Die Rechts‑ und Handlungsfähigkeit einer Person sind nach deren Personalstatut zu beurteilen (§ 12 IPRG).

1.6. Dem „Sitzrecht“ unterliegen alle Fragen, die das Leben der juristischen Person oder Gesellschaft begleiten, namentlich die Bereiche der inneren und äußeren Organisation und damit auch Fragen der wirksamen Formwandlung, der Verschmelzung und der gesellschaftsrechtlich relevanten Vermögensübertragung (RIS‑Justiz RS0077060; RS0077038; RS0077097). Ein Teil dieses großen Bereichs des Personalstatuts ist die „Finanzverfassung“. Unter diesem Begriff sind alle Überlegungen zur Aufbringung (zB Wirksamkeit von Sacheinlagen) und Erhaltung des Gesellschaftskapitals (zB Fragen der Einlagenrückgewähr oder der Gesellschafterhaftung) sowie Fragen der Erforderlichkeit des Mindestkapitals zu subsumieren (Adensamer, Ein neues Kollisionsrecht für Gesellschaften 39; Adensamer/Eckert, Das Kollisionsrecht der grenzüberschreitenden Verschmelzung, Teil 1, GeS 2007, 95 [96] mwN). Nach Kindler in MünchKomm BGB5 Rz 616 (unter Hinweis auf BGH NJW 1991, 1414 und weitere deutsche Lehrmeinungen) gilt das Gründungsrecht auch für die Sicherung der Kapitalaufbringung, zB im Hinblick auf die Wirksamkeit von Sacheinlagen. Die kollisionsrechtliche Einordnung zum Gesellschaftsstatut (Personalstatut der Gesellschaft) ist damit auch im vorliegenden Fall zu bejahen.

1.7. Maßgeblich ist daher gemäß § 10 IPRG der tatsächliche Verwaltungssitz der Gesellschaft, in die die als verdeckte Sacheinlage zu bewertende Bareinlage eingezahlt wurde. Das ist in diesem Fall die Viertklägerin, deren Sitz in Österreich liegt. Damit ist österreichisches Gesellschaftsrecht anzuwenden.

1.8. Auf die in der Revisionsbeantwortung angestellten Überlegungen zur Qualifikation der verdeckten Sacheinlage als Eingriffsnorm, musste daher nicht mehr eingegangen werden.

2.1. Unter dem Begriff „verdeckte (verschleierte) Sacheinlage“ werden Bareinlagen verstanden, die mit einem Rechtsgeschäft zwischen der Kapitalgesellschaft und dem einlegenden Gesellschafter in zeitlicher und sachlicher Hinsicht derart gekoppelt sind, dass ‑ unter Umgehung der Sachgründungsvorschriften ‑ wirtschaftlich der Erfolg einer Sacheinlage erreicht wird, etwa weil die Barmittel umgehend als Entgelt für eine Leistung des Gesellschafters an diesen zurückfließen (RIS‑Justiz RS0114160). Dies hat zur Folge, dass die außerhalb des Gesellschaftsvertrags (und ohne Einhaltung der Sacheinlagevorschriften) getroffene Sacheinlagevereinbarung der Gesellschaft gegenüber unwirksam ist und der Gesellschafter nicht von seiner (Bar‑)Einlagepflicht befreit wird (6 Ob 132/00f = SZ 73/130; 6 Ob 219/03d). Er hat daher ‑ ungeachtet der in Teilen der Lehre vertretenen Ansicht, dass das Rechtsgeschäft, das zur verdeckten Sacheinlage geführt hat, nichtig ist ‑ die Bareinlage noch einmal zu leisten, weil der ersten Zahlung die Erfüllungswirkung versagt wird (RIS‑Justiz RS0114160; Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer, Österreichisches Gesellschaftsrecht Rz 3/218; Zollner in Gruber/Harrer, GmbH-Kommentar § 6 Rz 54; Heidinger/Schneider in Jabornegg/Strasser, AktG I5 § 20 Rz 26; Zehetner in Jabornegg/Strasser, AktG I5 § 46 Rz 16; Ettel in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG² § 20 Rz 40; Nagele/Lux in Jabornegg/Strasser, AktG5 § 150 Rz 29; Winner in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG² § 150 Rz 22; Pilgerstorfer, Betriebseinbringungen mit „unbaren Entnahmen“, wbl 2004, 353 [356]; Taufner, Die verdeckte Sacheinlage 41; Kaufmann, Die verdeckte Sacheinlage, 38; Lutter in KöllnerKomm zum AktG² § 183 Rz 76 f ua). Die Lehre von der verdeckten Sacheinlage wurde vom Obersten Gerichtshof bislang nur für die GmbH ausdrücklich anerkannt, wird aber in Übereinstimmung mit der einhellig im Schrifttum vertretenen Ansicht (Heidinger/Schneider in Jabornegg/Strasser, AktG I5 § 20 Rz 23 ff; Ettel in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG² § 20 Rz 23 ff; Winner in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG² § 150 Rz 14 ff; ua) auch für die AG übernommen.

2.2. Mit der Frage, ob die unter 2.1. dargelegten Grundsätze auch auf Sacheinlagen im Konzern anzuwenden sind, hat sich der Oberste Gerichtshof bislang noch nicht auseinandergesetzt.

2.3. Der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) hat die Anwendung der Vorschriften der verdeckten Sacheinlage im Konzernverhältnis bereits bejaht (BGH II ZR 235/01 vom 7. 7. 2003, BGHZ 155, 329 = NJW 2003, 3127 = ZIP 2003, 1540; vgl auch BGH II ZR 164/88 vom 15. 1. 1990, BGHZ 110, 47 = NJW 1990, 982 und bei Schwesterkonzerngesellschaften BGH II ZR 272/05 vom 12. 2. 2007, BGHZ 171, 113 = NJW 2007, 3285 = ZIP 2007, 528).

2.4. Im österreichischen Schrifttum gibt es zahlreiche Stellungnahmen zur verdeckten Sacheinlage im Konzern:

2.4.1. So beschäftigt sich Winner (in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG² § 150 Rz 117) mit der Frage, ob eine Barkapitalerhöhung vorliegt, wenn in der Tochtergesellschaft mit Mitteln der Muttergesellschaft das Kapital erhöht wird und die Tochtergesellschaft mit diesen Mitteln Gegenstände von einem Aktionär der Muttergesellschaft erwirbt. Hierin könne eine verdeckte Einlagenrückgewähr liegen, wenn die Bewertung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Der richtige Ansatz ginge aber darüber hinaus und sehe in solchen Vorgängen unter den weiteren Voraussetzungen (siehe Rz 15 in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG² § 150) eine verdeckte Sacheinlage. Es schade nicht, wenn der Kaufvertrag oder die Begleichung der Forderung mit einer Tochtergesellschaft erfolge, sofern nur bei einer Konzernbetrachtung das gesetzlich nicht akzeptierte Ergebnis der verdeckten Sacheinlage erreicht werde.

2.4.2. Dieser Ansicht folgen auch Koppensteiner/Rüffler (in GmbHG³ § 6 Rz 24). Die Umgehung der Sachgründungsvorschriften könnten auch im Konzernverhältnis verwirklicht werden, insbesondere dann, wenn die Mutter das Kapital erhöhe und mit diesen Mitteln dann die Tochter Gegenstände vom Inferenten erwerbe.

2.4.3. Nach Ansicht von van Husen/Krejci (in Straube, GmbHG § 6 Rz 227) könnten verdeckte Sacheinlagen auch im Konzernverhältnis eintreten. Die von Koppensteiner/Rüffler (siehe 2.4.2.) aufgestellte These der nahezu ausschließlichen Bedeutung bei Kapitalerhöhungen sei jedoch zweifelhaft, weil auch bei der Gesellschaftsgründung im Konzern vergleichbare Konstellationen denkbar wären. Eine Umgehung der Sachgründungsvorschriften bzw der Kapitalerhöhungsvorschriften werde angenommen, wenn die Muttergesellschaft das Kapital der Tochtergesellschaft erhöhe, welche diese Mittel dann zum Erwerb von Gegenständen von der Mutter verwenden müsse (vgl BGH II ZR 235/01).

2.5. Winner (siehe 2.4.1.) stützt seine Ansicht insbesondere auf die deutschen Autoren Lutter und Pentz.

2.5.1. Lutter (in KölnerKomm zum AktG² § 183 Rz 79 ff) bespricht die Konstellation, dass eine Kapitalerhöhung in der Konzern-Obergesellschaft zur Finanzierung des Kaufes eines Gegenstandes benutzt werde, den die Tochtergesellschaft von einem Aktionär der Obergesellschaft erwerben solle. Zunächst schienen die beiden Vorgänge nichts miteinander zu tun zu haben, weil die beiden Gesellschaften rechtlich voneinander getrennt und selbstständig seien. Doch sei die Konzernstruktur gerade dadurch gekennzeichnet, dass die rechtliche Trennung von der wirtschaftlich-funktionalen Einheit überlagert werde. Die Obergesellschaft könne die Tochter „instrumentalisieren“ und so etwa auch zur Vermeidung der lästigen Regeln des Gesetzes zur Sach-Kapitalerhöhung benutzen. Sehe man den Vorgang aus Sicht der Konzernbilanz, so seien die Mittel der Bar-Kapitalerhöhung de facto an den Aktionär als Gegenleistung für den veräußerten Gegenstand (zurück) geflossen. Die Regeln der Sach‑Kapitalerhöhung seien daher auch auf Konzernsachverhalte auszudehnen, um die Werthaltigkeit der nicht in Geld bestehenden Einlagen zur Sicherung realer Kapitalaufbringung zu gewährleisten. Die Regeln über die Sach‑Kapitalerhöhung stünden sonst zur Disposition der Konzernleitung.

2.5.2. Pentz (in MünchKommAktG³ § 27 Rz 121) plädiert ebenso dafür, dass es bei Vorliegen einer Unternehmensverbindung nicht auf die Identität zwischen Einleger und Auszahlungsempfänger ankommen könne. Es genüge, wenn der Einleger durch die Leistung des Dritten mittelbar in gleicher Weise begünstigt werde, wie durch eine unmittelbare Leistung. Wenn nicht die Gesellschaft selbst, sondern eine von ihr abhängige Tochtergesellschaft absprachegemäß den Gegenstand vom Gründer mit den ihr zur Verfügung gestellten Mitteln aus der Bareinlage erwerbe, liege auch eine Sacheinlage vor, weshalb der Vorgang ohne Einhaltung der Sacheinlagevorschriften eine verdeckte Sacheinlage bei der Muttergesellschaft darstelle. Dies gelte bei der Gründung wie bei der Kapitalerhöhung.

2.5.3. Auch Krieger (in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts³ Rz 49) vertritt die Ansicht, dass es sich um eine verdeckte Sacheinlage handle, wenn bei der Gründung oder Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen zwischen der Gesellschaft und dem Zeichner Absprachen getroffen würden, die letztlich darauf hinausliefen, dass die Gesellschaft bei wirtschaftlicher Betrachtung an Stelle der versprochenen Bareinlage eine Sachleistung erhalte. Derartige Absprachen würden vermutet, wenn die Gesellschaft in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Barkapitalerhöhung Verbindlichkeiten gegenüber dem Zeichner tilge oder Vermögenswerte von diesem erwerbe. Diese Regeln fänden auch dann Anwendung, wenn in die Absprache, die auf den Erfolg einer verdeckten Sacheinlage hinauslaufe, auf Seiten der Gesellschaft und/oder des Zeichners verbundene Unternehmen eingeschaltet würden. So sei eine zwischen Gesellschaft und Zeichner getroffene Vereinbarung, dass die Gesellschaft eine Barkapitalerhöhung durchführe und eine Tochtergesellschaft vom Zeichner oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen einen Vermögensgegenstand erwerbe, ebenfalls als verdeckte Einlage zu werten; eine solche Vermutung sei allerdings nur dann zulässig, wenn der gewählte Weg trotz der rechtlichen Selbstständigkeit der verbundenen Unternehmen kein wirtschaftlich sinnvolles Alternativverhalten darstelle.

2.5.4. In Anlehnung an die Entscheidung des BGH vom 12. 2. 2007 zu II ZR 272/05 merkt Wiechers an (FD‑HGR 2007, 219850), dass bei Vorhaben, bei denen eine Barkapitalerhöhung und die anschließende Verwendung der eingelegten Barmittel zum Erwerb von Vermögensgegenständen von verbundenen Unternehmen zeitlich eng zusammenfielen, die Vermutung einer verdeckten Sacheinlage naheliege. Der BGH verdeutliche dies, als nicht jeder Zusammenhang zwischen Barkapitalerhöhung und dem anschließenden Erwerb von Vermögensgegenständen im Konzern den Tatbestand der verdeckten Sacheinlage erfüllten. Eine solche setze voraus, dass der Einlagebetrag unmittelbar oder mittelbar an den Inferenten zurückfließe oder ihm zugute komme. Das sei zwar nicht neu, aber im Kontext von Um‑ und Neustrukturierungen im Konzern nun klargestellt.

2.6. Auch in der konzernrechtlichen Fallgestaltung wurde von der deutschen Lehre vor Änderung des § 27 Abs 3 dAktG die Ansicht vertreten, dass ‑ wie außerhalb des Konzerns ‑ als Rechtsfolge der verdeckten Sacheinlage die Einlage noch einmal zu leisten ist (Lutter in KölnerKomm zum AktG² § 183 Rz 89; Pentz in MünchKommAktG² § 27 Rz 122; Wiechers aaO).

2.7. Der Oberste Gerichtshof vertritt in Übereinstimmung mit der österreichischen und deutschen Lehre und in Anlehnung an die Entscheidungen des BGH ebenfalls die Rechtsansicht, dass die Lehre von der verdeckten Sacheinlage auch im Konzernverhältnis (§ 150 AktG) Anwendung findet und bei deren Vorliegen auch dieselben Rechtsfolgen, wie bei der verdeckten Sacheinlage außerhalb des Konzernverhältnisses eintreten. Nur auf diese Weise kann bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise der gewählten Konstruktion ‑ hier im Zusammenhang mit einer Barkapitalerhöhung ‑ eine Umgehung der Sachgründungsvorschriften, etwa wegen der mangelnden Werthaltigkeit der Sacheinlage verhindert werden.

2.8. Im vorliegenden Fall haben die Beklagte und C***** M***** nach Übertragung sämtlicher Aktien und Anteile der „W*****‑Gruppe“ an die Tochtergesellschaft der Viertklägerin (A***** S.p.A.) im Rahmen der Kapitalerhöhung der Viertklägerin am 1. 10. 1999 zum Ankauf neuer Aktien insgesamt (umgerechnet etwa) 12.286.820 EUR gezahlt. Festgestellter Zweck dieser Kapitalerhöhung war es, der Tochtergesellschaft der Viertklägerin (A***** S.p.A.) die finanziellen Mittel für den Erwerb der „W*****‑Gruppe“ zur Verfügung zu stellen. Soweit die Revisionswerberin ausführt, dass die Bareinlage an die Viertklägerin nicht zum Kauf der Aktien, sondern lediglich zur Erhöhung des Grundkapitals ihrer Tochtergesellschaft verwendet wurde, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Die Viertklägerin zahlte in der Folge am 7. 10. 1999 8.622.281,39 EUR an ihre Tochtergesellschaft A***** S.p.A. und 3,695.272.59 EUR an die Beklagte und C***** M*****. Die A***** S.p.A. bezahlte wiederum am 30. 9. 1999 und 8. 10. 1999 ‑ unter Berücksichtigung der 5 Mrd Lit für die Liegenschaftsabspaltung ‑ den gesamten vereinbarten Kaufpreis an die Beklagte und C***** M***** für deren Aktien und Anteile an der „W*****‑Gruppe“. Mit der bereits am 28. 9. 1999 getätigten Kapitalerhöhung bei der A***** S.p.A. stellte die Viertklägerin der A***** S.p.A. im Rahmen der gesamten Kapitalerhöhung insgesamt rund 29 Mrd Lit zur (teilweisen) Abdeckung des Kaufpreises zur Verfügung. Dieser Betrag übersteigt aber die von der Beklagten und ihrem Bruder geleistete Bareinlage bei der Viertklägerin.

2.9. Wirtschaftlich betrachtet erfolgte daher bei der Viertklägerin im Ergebnis keine Kapitalerhöhung mit einer Bareinlage, sondern eine (verdeckte) Sacheinlage, ohne dass allerdings die Sacheinlagevorschriften (§ 150 AktG) eingehalten worden wären. Das Geld aus der Kapitalerhöhung wurde nämlich ‑ wiederum wirtschaftlich betrachtet ‑ zum Anteilskauf verwendet. Dass hier eine Tochtergesellschaft dazwischengeschaltet war, macht wirtschaftlich gesehen keinen Unterschied. Dass eine Prüfung der Kapitalaufbringung bei der A***** S.p.A. stattgefunden hätte, wird von der Revisionswerberin ohnehin nicht behauptet. Sowohl der zeitliche Zusammenhang zwischen der gezeichneten Kapitalerhöhung, der Einzahlung der festgestellten Beträge in die Gesellschaft und die anschließende Auszahlung der Kaufpreissumme an die Gesellschafter der Muttergesellschaft (W***** Holding AG) sowie der sachliche Zusammenhang sind hier evident.

2.10. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob zusätzlich eine Verwendungsabrede hinsichtlich des wirtschaftlichen Erfolgs der Bareinlage zwischen Gesellschafter und Gesellschaft im Zeitpunkt der Einlageleistung oder der Zeichnung zu verlangen ist, weil diese nach herrschender Lehre aufgrund des zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs hier jedenfalls zu vermuten ist (Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer, Österreichisches Gesellschaftsrecht Rz 3/218; Zollner in Gruber/Harrer, GmbH-Kommentar § 6 Rz 52; Zehetner in Jabornegg/Strasser, AktG I5 § 46 Rz 14; Nagele/Lux in Jabornegg/Strasser, AktG³ § 150 Rz 29; Heidinger/Schneider in Jabornegg/Strasser, AktG5 § 20 Rz 25; Mädel/Nowotny, Einbringung und verdeckte (verschleierte) Sacheinlage im GmbH-Recht 275: Doralt/Diregger/Winner, MünchKommAktG³ § 27 Rz 147).

2.11. Da der festgestellte Sachverhalt den Tatbestand der verdeckten Sacheinlage verwirklicht, war die Beklagte verpflichtet, die Bareinlage (nochmals) an die Viertklägerin zu leisten. Die Höhe der nochmaligen Leistung ist nicht auf den Saldo zwischen dem Wert der seinerzeit erbrachten Leistung und der höheren versprochenen Barleistung nach Art einer Differenzhaftung beschränkt (§ 150 Abs 2 AktG). In Teilen der Lehre wird die mittlerweile im deutschen Recht durch die Änderung des § 27 Abs 3 dAktG (idF des ARUG BGBl I 2009, 2479) seit 1. 9. 2009 in Kraft stehende Regelung, wonach bei verdeckten Sacheinlagen die Geschäfte nicht unwirksam bzw nichtig sind, sondern Vereinbarungen über verdeckte Sacheinlagen bei mangelnder Werthaltigkeit der Sacheinlage nur einen Anspruch der Gesellschaft auf Nachzahlung der Differenz in bar auslösen, als durchaus sachgerecht angesehen (Winner in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG² § 150 Rz 22; Ettel in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG² § 20 Rz 40; Heidinger/Schneider in Jabornegg/Strasser, AktG5 § 20 Rz 26; Pentz in MünchKommAktG² § 27 Rz 121; Winner, Die Rechtsfolgen verdeckter Sacheinlagen ‑ ein Fall für den Gesetzgeber, RdW 2010/487, 467 [470]). Dessen ungeachtet hat sich der österreichische Gesetzgeber trotz mehrmaliger Änderung des AktG in den letzten Jahren ‑ zuletzt durch das GesRÄG 2011, BGBl I 2011/53 und das 2. StabG 2012, BGBl I 2012/35 ‑ gerade nicht für eine Übernahme der deutschen Regelung entschieden.

2.12. Da der Viertklägerin zum Zeitpunkt ihrer Aufrechnungserklärung der Anspruch auf (neuerliche) Leistung der Bareinlage durch die Beklagte zustand, wurde durch die Aufrechnung die Schuld der Kläger gegen die Beklagte aus dem Schiedsspruch getilgt. Diese vom Berufungsgericht zur Aufrechnung geäußerte Rechtsansicht wird in der Revision nicht in Zweifel gezogen; ebenso wenig der daraus vom Berufungsgericht abgeleitete Unterlassungsanspruch.

Der Revision der Beklagten war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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