OGH 12Os6/14w

OGH12Os6/14w6.3.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. März 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel‑Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Sattlberger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Daniel D***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Schuld und über die Strafe sowie über die Berufung wegen Strafe der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 30. Oktober 2013, GZ 38 Hv 93/13f‑26, und über die Beschwerde des Angeklagten gegen gleichzeitig gefasste Beschlüsse gemäß § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde werden das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch 2./ und 7./ sowie in der gebildeten Subsumtionseinheit, demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) und die Beschlüsse gemäß § 494a StPO aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.

Die wegen des Ausspruchs über die Schuld erhobene Berufung wird zurückgewiesen.

Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde, seiner Berufung wegen Strafe und seiner Beschwerde wird der Angeklagte ebenso auf die kassatorische Entscheidung verwiesen wie die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Daniel D***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant hat er in S***** mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren (§ 147 Abs 2 StGB) Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nachstehende Personen durch Vortäuschung seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit (US 8) zu nachstehenden Handlungen verleitet bzw zu verleiten versucht, die diese oder einen Dritten in einem 50.000 Euro übersteigenden Gesamtbetrag am Vermögen geschädigt haben bzw hätten, und zwar

...

2./ am 23. November 2012 Verfügungsberechtigte der A***** GmbH zu einer Handlung, nämlich zur Unterzeichnung eines Kaufvertrags und zur Übergabe eines Vorführwagens im Wert von 24.500 Euro, wobei es mangels Leistung einer Anzahlung infolge der von der A***** GmbH vorgenommenen Stornierung beim Versuch blieb;

...

7./ am 31. Mai 2013 Verfügungsberechtigte der P***** GmbH zur Übergabe eines Pkw im Wert von 48.700 Euro, wobei es mangels Leistung einer Anzahlung infolge der von der P***** vorgenommenen Stornierung beim Versuch blieb;

...

Gegen die Punkte 2./ und 7./ des Schuldspruchs richtet sich die aus Z 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof überzeugte sich davon, dass dem Urteil vom Rechtsmittelwerber nicht geltend gemachte Nichtigkeit nach Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO anhaftet (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO).

Das Erstgericht ging betreffend die objektive Tatseite zu den Punkten 2./ und 7./ des Schuldspruchs von folgenden Konstatierungen aus:

„Anfang November 2012 ‑ also unmittelbar nach der Haftentlassung ‑ ging der Angeklagte zum A***** und sprach dort bei Maria G***** vor. Er erklärte ihr, dass er in der Immobilienbranche tätig sei und daher einen entsprechenden Pkw brauche. Außerdem verdiene er durch einen Immobilienverkauf im Jänner 2013 Geld. Maria G***** bot dem Angeklagten einen Vorführwagen der Marke BMW 1 im Wert von 24.500 Euro an. Schließlich wurde am 23. November 2012 ein Kaufvertrag unterfertigt. Der Angeklagte wurde in weiterer Folge mehrfach aufgefordert, die Anzahlung für den Pkw zu leisten. Er vertröstete Maria G***** diesbezüglich jedoch mit diversen Ausreden, was letztlich im Februar 2013 zur Stornierung des Kaufvertrags von Seiten des A***** führte (US 5).

Am 31. Mai 2013 besichtigte der Angeklagte im Schauraum der P***** GmbH einen Audi A5. Gegenüber dem ihn beratenden Verkäufer Hermann J***** erklärte er, dass ein Verwandter verstorben sei und er daher ein Erbe erwarte, sodass er den Pkw bar bezahlen wolle. Nach Durchführung einer Probefahrt und kurzer Verhandlung über den Preis wurde ein Kaufvertrag über einen Audi A5 Sportback 2.0 TDI quattro im Wert von 48.700 Euro unterfertigt, der etwa zwei bis drei Wochen später geliefert werden sollte. Zeitgleich wurde dem Angeklagten ein Zahlschein zur Bezahlung der Anzahlung von 4.870 Euro übergeben. Da diese Anzahlung nicht beglichen wurde und sich der Angeklagte nicht mehr meldete, kontaktierte Hermann J***** ihn per SMS. Der Angeklagte antwortete darauf, dass er mit einem Magendurchbruch im Krankenhaus liege. Weitere Versuche, Kontakt zum Angeklagten aufzunehmen, scheiterten. Auch die Verständigung über das von der P***** GmbH vorgenommene Storno konnte dem Angeklagten nicht zugestellt werden“ (US 6).

Weiters konstatierte das Schöffengericht, dass der Angeklagte jeweils seine Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit vortäuschte (US 8).

Bei der rechtlichen Beurteilung übersieht das Erstgericht, dass bei mehrstufig angelegtem Betrug nicht jede Täuschungshandlung eine Versuchshandlung ist, sondern erst jene Täuschung, die für die gewollte Vermögensverschiebung entscheidend sein soll (vgl Kienapfel/Schmoller, StudB BT II § 146 RN 241 ff; Fuchs, AT I8 29. Kap. Rz 26). Bei zweiaktigen Delikten begründet nämlich die Vornahme des ersten Aktes als (Teil der) Ausführungshandlung und (als ausführungsnahe Handlung) die Vornahme der Handlung, die der ersten im Tatbestand beschriebenen Handlung unmittelbar vorausgeht, nur dann einen Versuch, wenn die Handlung des Täters auch der Verwirklichung aller anderen Tatbestandsmerkmale ‑ also auch dem geplanten zweiten Akt ‑ unmittelbar vorangeht (Fuchs AT I8 29. Kap. Rz 24 f; Hager/Massauer in WK² §§ 15, 16 Rz 37).

Bei dem von den Tatrichtern festgestellten Verhalten des Angeklagten kann jedoch nicht abschließend beurteilt werden, ob bloße Vorbereitungshandlungen oder aber (strafbare) Versuchshandlungen anzunehmen sind, weil offen bleibt, ob nach dessen Tatplan das Herauslocken der gegenständlichen Fahrzeuge jeweils eine weitere Handlung des Angeklagten erforderte, die dem Unterfertigen der Kaufverträge (nicht) unmittelbar nachfolgen sollte.

Somit war aus Anlass der vom Angeklagten erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde (§ 290 StPO) das Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, in den Schuldsprüchen 2./ und 7./, demzufolge auch in der gemäß § 29 StGB gebildeten Subsumtionseinheit nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 Abs 1 StGB sowie im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg zu verweisen.

Im zweiten Rechtsgang wird die aufgelöste Subsumtionseinheit ‑ mit oder ohne die oben genannten Fakten ‑ neu zu bilden sein (§ 29 StGB; RIS‑Justiz RS0116734).

Die vom Angeklagten erhobene Berufung wegen Schuld war zurückzuweisen, weil eine solche im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässig ist (§§ 280, 283 Abs 1 StPO).

Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde, seiner Berufung (wegen des Ausspruchs wegen Strafe) und seiner Beschwerde war der Angeklagte ebenso wie die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte