OGH 1Ob20/14v

OGH1Ob20/14v27.2.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj M***** K*****, vertreten durch Dr. Matthias Paul Hagele, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei A***** F*****, vertreten durch Mag. László Szabó, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Feststellung der Vaterschaft und Unterhalts, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 12. November 2013, GZ 1 R 216/13s‑145, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Kufstein vom 18. Juni 2013, GZ 1 C 91/99b‑137, als nichtig aufgehoben, das den damit erledigten Antrag betreffende Verfahren als nichtig aufgehoben und dem Erstgericht die Verhandlung und Entscheidung im Verfahren außer Streitsachen aufgetragen wurde, sowie über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 12. November 2013, GZ 1 R 216/13s‑145, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Kufstein vom 18. Juni 2013, GZ 1 C 91/99b‑137, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0010OB00020.14V.0227.000

 

Spruch:

1. Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 280,75 EUR (darin 46,79 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

2. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

 

Begründung:

Mit seiner bereits 1999 erhobenen Klage begehrte der Kläger die Feststellung, dass der Beklagte sein unehelicher Vater ist. Darüber hinaus begehrt er vom Beklagten Unterhalt seit seiner Geburt. Wesentlicher Streitpunkt im Verfahren ist, ob der Beklagte oder dessen eineiiger Zwillingsbruder der Vater des Klägers ist. Dass beide Männer in der empfängniskritischen Zeit mit der Mutter Geschlechtsverkehr hatten, die genetische Wahrscheinlichkeit ihrer Vaterschaft gleich ist und auch sonst keine Umstände feststellbar waren, die die Vaterschaft des einen oder des anderen Mannes wahrscheinlicher erscheinen ließe, ist nicht mehr strittig.

Nachdem der erkennende Senat zu 1 Ob 148/12i eine klagestattgebende Entscheidung der Vorinstanzen aufgehoben hatte, stellte der Beklagte beim Erstgericht (allerdings nicht im anhängigen Prozess) den ‑ explizit gegen seinen Zwillingsbruder, den Kläger und dessen Mutter gerichteten ‑ Antrag, mit Wirkung gegenüber diesen drei Personen festzustellen, dass der Kläger nicht vom Beklagten abstammt. Wenige Tage später beantragte er im anhängigen Feststellungsverfahren die Unterbrechung bis zur rechtskräftigen Entscheidung „in jenem Verfahren“, weil das Ergebnis des mit seinem Antrag eingeleiteten Verfahrens auf „Nichtfeststellung der Vaterschaft“ präjudiziell sei.

Das Erstgericht nahm den Antrag des Beklagten als zu den Akten des anhängigen Prozesses und wies ihn nach Ergänzung des Beweisverfahrens in einem mit der Urteilsausfertigung verbundenen Beschluss zurück, weil angesichts des schon lange laufenden Prozesses Streitanhängigkeit der Abstammungsfrage vorliege und dem Beklagten auch mangels Vaterschaftseigenschaft die Antragslegitimation fehle. In seinem Urteil stellte es fest, dass der Beklagte der außereheliche Vater des Klägers ist, und erkannte diesen schuldig, ab 1. 12. 1997 ziffernmäßig näher bestimmte Unterhaltsbeträge zu zahlen; ein Mehrbegehren wies es (rechtskräftig) ab.

Das Berufungs‑ und Rekursgericht hob über den Rekurs des Beklagten den erstgerichtlichen Beschluss sowie das den damit erledigten Antrag betreffende Verfahren als nichtig auf und trug dem Erstgericht die Verhandlung und Entscheidung über den Abstammungs(‑gegen‑)Antrag des Beklagten im Verfahren außer Streitsachen auf. Der Beklagte habe in seinem Rechtsmittel geltend gemacht, dass über seinen Antrag, dass er nicht Vater des Klägers sei, im außerstreitigen Verfahren entschieden werden hätte müssen. Dem sei zuzustimmen, da Abstammungsangelegenheiten seit dem Inkrafttreten des neuen Außerstreitgesetzes mit 1. 1. 2005 ausschließlich im Außerstreitverfahren zu behandeln seien. Hinsichtlich des „Abstammungsgegenantrags“ des Beklagten sei somit Unzulässigkeit des streitigen Verfahrens gegeben, weshalb dem Erstgericht die Behandlung des Antrags im Außerstreitverfahren aufzutragen sei.

In der Hauptsache bestätigte das Berufungsgericht die erstgerichtliche Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Da dem (ins Außerstreitverfahren verwiesenen) Antrag des Beklagten jede rechtliche Grundlage fehle, könne doch die Feststellung der Vaterschaft nur vom Kind gegen den Vater und umgekehrt beantragt werden, sei der Antrag auch nicht geeignet gewesen, den Prozess zu unterbrechen. Ein Verfahrensmangel liege somit nicht vor. Nach § 25 Abs 2 IPRG seien die Voraussetzungen der Feststellung und Anerkennung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind nach dessen Personalstatut zum Zeitpunkt der Geburt zu beurteilen, weshalb das Erstgericht zutreffend österreichisches Recht angewendet habe, habe der Kläger doch bei seiner Geburt zumindest auch die österreichische Staatsbürgerschaft erworben. Verjährung von Unterhaltsansprüchen sei nicht eingetreten. Die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen für den Kläger ändere nichts an dessen Aktivlegitimation. Die Revision sei mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 und 3 ZPO nicht zulässig, übersteige der Wert des Unterhaltsbegehrens doch den Betrag von 30.000 EUR jedenfalls nicht und liege das Schwergewicht der Berufungsausführungen auf der irrevisiblen Tatsachenebene.

Vorweg ist festzuhalten, dass die innerhalb von vier Wochen ab Zustellung vom Beklagten erhobenen Rechtsmittel (Rekurs und außerordentliche Revision) jedenfalls rechtzeitig sind, steht doch insgesamt die längere Rechtsmittelfrist zur Verfügung, wenn in eine Ausfertigung mehrere Entscheidungen aufgenommen wurden, die an sich unterschiedlichen Rechtsmittelfristen unterliegen (RIS‑Justiz RS0002105, RS0041696). Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den beiden ‑ vom Beklagten ausdrücklich erhobenen ‑ Rechtsmitteln erweist sich allerdings insoweit als schwierig, als nicht immer erkennbar ist, welche Ausführungen seines einheitlichen Rechtsmittelschriftsatzes welchem der beiden Rechtsmittel zuzuordnen sein sollen.

Rechtliche Beurteilung

1. Zum Rekurs:

Der Rekurs des Beklagten (mit einem unbestimmten, schwer verständlichen Rekursantrag) ist schon deshalb unzulässig, weil es ihm an der Beschwer als allgemeiner Zulässigkeitsvoraussetzung jedes Rechtsmittels (s dazu nur die Nachweise bei Kodek in Rechberger ³ Vor § 461 ZPO Rz 9 ff) mangelt, hat doch das Rekursgericht seinen Rekursanträgen vollständig entsprochen.

Der Beklagte hat in seinem Rekurs ausgeführt, er habe ausdrücklich einen „Erstantrag“ eingebracht, über den im außerstreitigen Verfahren nach § 82 AußStrG gesondert zu entscheiden gewesen wäre. Entsprechend der Geschäfts‑ und Verfahrensordnung hätte das Gericht einen gesonderten Akt eröffnen müssen. Auch inhaltlich hätte der Antrag nicht im streitigen Verfahren abgehandelt werden können. Es habe sich um einen verfahrenseinleitenden Antrag gehandelt, der zu Unrecht zurückgewiesen worden sei.

Hat nun das Rekursgericht in Stattgebung des Rechtsmittels des Beklagten unter Aufhebung des erstgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses die Überweisung ins Verfahren außer Streitsachen ausgesprochen, ist nicht ersichtlich, inwieweit der Beklagte durch diese Entscheidung beschwert sein könnte.

Nur der Vollständigkeit halber ist der Rechtsmittelwerber, der sich erstmals in seinem Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof auf die vermeintliche Zulässigkeit einer Feststellungsklage nach § 228 ZPO beruft, darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber für Abstammungsverfahren durch die §§ 82 ff AußStrG unmissverständlich klargestellt hat, dass derartige Feststellungsverfahren vom Außerstreitgericht abzuhandeln sind. Damit ist die Möglichkeit, dieselbe Frage im Wege einer Feststellungsklage nach § 228 ZPO an die Gerichte heranzutragen, notwendigerweise ausgeschlossen.

Der Rekurs des Beklagten ist somit mangels Beschwer zurückzuweisen.

Der Kläger hat in seiner Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen, weshalb ihm die (nur nach TP 3B des RAT verzeichneten) Kosten seines somit der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienenden Schriftsatzes zuzuerkennen sind (§ 50 Abs 1, § 41 Abs 1 ZPO). Da der Beklagte (nunmehr) eine Erledigung seines Antrags im streitigen Verfahren anstrebt, sind für den Kostenersatz die Normen der ZPO ‑ und nicht § 83 Abs 4 AußStrG ‑ maßgebend (vgl nur RIS‑Justiz RS0046245).

2. Zur außerordentlichen Revision:

Diese fällt zwar nicht unter die Beschränkung des § 502 Abs 3 ZPO (vgl 8 Ob 516/78 mwN = RIS‑Justiz RS0042632 [T3]), erweist sich aber deshalb als unzulässig, weil der Revisionswerber keine im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage erörtert.

Soweit seine Ausführungen überhaupt nachvollziehbar sind, wendet sich der Beklagte gegen die Annahme seiner Beweislast für die Vaterschaft eines anderen Mannes bei an sich gleicher Vaterschaftswahrscheinlichkeit mehrerer Männer. Diese Frage wurde vom erkennenden Senat bereits in seinem Aufhebungsbeschluss zu 1 Ob 148/12i ausführlich abgehandelt, weshalb ein Verweis auf diese Entscheidung genügt. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die gesetzliche Beweislastverteilung hat der erkennende Senat (weiterhin) nicht.

Soweit ausgeführt wird, das Verfahren wäre bis zur rechtskräftigen Erledigung des im März 2013 gestellten Antrags des Beklagten zu unterbrechen gewesen, macht der Revisionswerber einen Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens geltend, der bereits vom Berufungsgericht verneint wurde und daher in einer Revision nicht neuerlich vorgebracht werden kann (RIS‑Justiz RS0042963).

Der weitere Vorwurf, dem Kläger hätte die Möglichkeit gegeben werden müssen, sich persönlich zur Frage zu äußern, wer von den in Betracht kommenden Männern als sein Vater festgestellt werden soll, geht schon deshalb ins Leere, weil diese Entscheidung bereits bei Klageerhebung zu treffen war und in der Weise getroffen wurde, dass die Vaterschaftsfeststellungsklage eben gegen den Beklagten gerichtet wurde.

Einer weiteren Begründung bedarf es gemäß § 510 Abs 3 ZPO nicht.

Der Kläger hat die Kosten seiner Revisionsbeantwortung selbst zu tragen. Sein Schriftsatz stellt sich deshalb nicht als zweckentsprechende Maßnahme dar, weil er die Revisionsbeantwortung zur außerordentlichen Revision erstattet hat, ohne dass ihm dies vom Revisionsgericht freigestellt worden wäre (§ 508a Abs 2 Satz 2 ZPO).

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