OGH 14Os185/13g

OGH14Os185/13g25.2.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Februar 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ent als Schriftführer in der Strafsache gegen Aref T***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 8. Oktober 2013, GZ 37 Hv 88/13t‑50, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Aref T***** gemäß § 259 Z 3 StPO von der Anklage freigesprochen, er habe in W***** N*****

(A) mit/an der am 30. Dezember 2004 geborenen, mithin unmündigen, Michelle A*****

I) am 6. April 2013 eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung dadurch unternommen, dass er sie veranlasste, einen Oralverkehr an ihm durchzuführen;

II) außer dem Fall des § 206 StGB geschlechtliche Handlungen dadurch vorgenommen oder an sich vornehmen lassen, dass er

1) zwischen 2008 und 6. April 2013 einmal ihre Scheide betastete;

2) am 6. April 2013 ihre Hand nahm, zu seinem Penis führte und sodann veranlasste, diesen zu betasten;

(B) zwischen 2008 und 6. April 2013 dadurch, dass er der am 30. Dezember 2004 geborenen Michelle A***** einmal Filme mit pornographischem Inhalt auf seinem Computer vorspielte, Handlungen vor einer unmündigen Person vorgenommen, die geeignet waren, die sittliche, seelische oder gesundheitliche Entwicklung von Personen unter 16 Jahren zu gefährden, um sich dadurch geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen;

(C) Michelle A***** am 6. April 2013 durch gefährliche Drohung zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von der Verständigung ihrer Mutter von den zu den Punkten A und B beschriebenen Straftaten genötigt, indem er ihr gegenüber äußerte, er werde sie ansonsten schlagen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ist nicht im Recht.

Das Erstgericht leitet die Unglaubwürdigkeit der Zeugin Michelle A***** unter anderem aus einer widersprüchlichen Antwort bei der kontradiktorischen Vernehmung auf einen Vorhalt betreffend eine frühere Aussage im Rahmen dieser Beweistagsatzung ab (US 7 iVm ON 25 S 55 ff). Indem die Entscheidungsgründe bloß den Inhalt dieser (späteren) Antwort (richtig) wiedergeben, nicht jedoch jenen der früheren Aussage, geht der bloß auf diese bezogene Einwand der Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) ins Leere.

Aktenwidrigkeit liegt auch in Bezug auf die Wiedergabe der Aussage dieser Zeugin, der Angeklagte sei mit mehreren Fingern in ihre Scheide eingedrungen, nicht vor (US 7 iVm ON 25 S 31 ff). Die daraus gezogenen Schlussfolgerungen des Schöffengerichts sind nicht Gegenstand dieses Nichtigkeitsgrundes (RIS-Justiz RS0099431, RS0099524).

Dass die schriftliche Stellungnahme der Sachverständigen Mag. Andrea P***** betreffend die Aussagetüchtigkeit der Michelle A***** (ON 36) bloß in ihrer Kernaussage zusammengefasst (richtig) wiedergegeben wurde (US 8), bewirkt weder Aktenwidrigkeit (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 467) noch Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall). Zu einer ausdrücklichen Auseinandersetzung mit sämtlichen Einzelheiten dieses Beweismittels waren die Tatrichter schon mit Blick auf das Gebot zu gedrängter Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verhalten (RIS-Justiz RS0106642). Gleiches gilt ‑ dem weiteren Vorbringen (Z 5 zweiter Fall) zuwider ‑ für die ohnehin erörterten (US 5 ff und US 9 f) Aussagen der Michelle A***** und des Angeklagten.

Indem die Rüge den einleitenden Satz der (erschöpfenden) beweiswürdigenden Erwägungen unter dem Aspekt offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) isoliert herausgreift, verfehlt sie die gebotene Bezugnahme auf die Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS-Justiz RS0119370).

Bei den Erwägungen des Erstgerichts zum ‑ gegen die Täterschaft des Angeklagten sprechenden ‑ Entdeckungsrisiko (US 5 f) handelt es sich bloß um die sachverhaltsmäßige Bejahung eines von mehreren Umständen, der allein keine notwendige Bedingung für die Feststellung entscheidender Tatsachen darstellt; sie sind daher mit Mängelrüge nicht bekämpfbar (RIS-Justiz RS0116737). Dies trifft auch auf die tatrichterlichen Überlegungen zur fehlenden Veränderung der Verhaltensweise der Michelle A***** anlässlich weiterer Besuche (beim Angeklagten) zu (US 6).

Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde den Freispruch zur Gänze, also auch im Punkt C, bekämpft, zu diesem aber inhaltlich nicht argumentiert, mangelt es ihr insoweit an deutlicher und bestimmter Bezeichnung von Nichtigkeitsgründen bei der Anmeldung oder in ihrer Ausführung (§ 285a Z 2 StPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher ‑ in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

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