OGH 15Os178/13k

OGH15Os178/13k19.2.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Februar 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Dr. Michel‑Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ent als Schriftführer in der Strafsache gegen Roland W***** und Josip K***** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten W***** sowie die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten K***** gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 22. August 2013, GZ 7 Hv 76/13f‑49, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten W***** wird zurückgewiesen.

Die Berufung wegen Schuld des Angeklagten K***** wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen (wegen der Aussprüche über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche) werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Roland W***** zweier Verbrechen der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB (I. und II.) und des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB (III.) sowie Josip K***** des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB (II.) und des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB (III.) schuldig erkannt.

Danach haben

I. Roland W***** als Mitglied der kriminellen Vereinigung „O*****“ am 23. August 2010 in I***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Rudolf F***** und über Bestimmung von Manuel S***** vorsätzlich an einer fremden Sache, nämlich am Bordell T***** ohne Einwilligung des Eigentümers Walter Fu***** und des Betreibers Friedrich R***** eine Feuersbrunst verursacht;

II. Roland W***** und Josip K***** als Mitglieder der kriminellen Vereinigung „O*****“ am 14. Mai 2012 in W***** am Saunaclub L***** über Bestimmung von Jürgen Wi***** und Alexander G***** und im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Andreas P***** vorsätzlich an einer fremden Sache, nämlich am Gebäude der I***** GmbH und der Inneneinrichtung der B***** GmbH ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst verursacht;

III. Roland W***** und Josip K***** sich zumindest im Zeitraum von 23. August 2010 bis 22. August 2012 (Roland W*****) bzw 14. Mai bis 22. August 2012 (Josip K*****) in D***** und anderen Orten Österreichs an der kriminellen Vereinigung „O*****“ als Mitglied beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richten sich die auf Z 3, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten W***** und die Berufung wegen Schuld des Angeklagten K*****.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde:

Als Verstoß „gegen § 252 StPO und auch § 258 StPO“ rügt der Nichtigkeitswerber W***** (nominell Z 3, der Sache nach Z 5 vierter Fall) den Umstand, dass sich das Erstgericht in seiner Beweiswürdigung „ganz massiv“ und „immer wieder“ auf ‑ in der Hauptverhandlung nicht vorgekommene ‑ Verfahrensergebnisse aus anderen Akten gestützt habe, ohne dass er Gelegenheit gehabt hätte, sich mit diesen auseinanderzusetzen. Dieser Einwand geht schon deshalb ins Leere, weil es der Beschwerdeführer ‑ entgegen dem Gebot zu deutlicher und bestimmter Bezeichnung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes ‑ unterlässt, diese Verfahrensergebnisse, auf die sich das Erstgericht vorgeblich gestützt haben soll, zu bezeichnen. Die Rüge erweist sich solcherart als nicht prozessordnungskonform ausgeführt, weil ihr ein Vorbringen, dass das Erstgericht seinen Ausspruch über eine entscheidende Tatsache konkret auf ein nicht in der Hauptverhandlung vorgekommenes Beweismittel gestützt habe, nicht zu entnehmen ist (vgl RIS‑Justiz RS0113209, RS0113210).

Die Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden (das sind schuld‑ oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung (wie sie die Berufung wegen Schuld im Einzelrichterverfahren einräumt) abzielen, sind vom Obersten Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen zu beantworten (RIS‑Justiz RS0119583, RS0118780; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 470 ff, 490).

Indem der Beschwerdeführer einzelne Verfahrensergebnisse bzw Details der tatrichterlichen Beweiswürdigung (so etwa sein Wissen um Vorstrafen von anderen Mitgliedern der Vereinigung „O*****“, den Umstand, dass sich der Angeklagte einmal um eine Mitgliedschaft bei den H***** bemüht hatte, sowie den Ausspruch, dass der Angeklagte insgesamt „gerade zwei bis drei Mal“ ‑ und jedenfalls vor August 2010 gar nicht ‑ im „O*****“ anwesend war) hervorhebt und auf Basis eigener Beweiswerterwägungen behauptet, dass er sich im August 2010 (noch) nicht an dieser (kriminellen) Vereinigung „O*****“ beteiligt und jedenfalls noch nichts von dieser kriminellen Vereinigung gewusst hatte, und somit andere, für ihn günstigere Schlüsse zieht als jene der Tatrichter, gelingt es ihm nicht, sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu Grunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken.

Entgegen dem diesbezüglichen Einwand der Rüge ergibt sich aus den Urteilsannahmen klar, dass die Vereinigung „O*****“ jedenfalls zu den verfahrensgegenständlichen Tatzeitpunkten (23. August 2010 und 14. Mai 2012) bereits als kriminelle Vereinigung iSd § 278 Abs 2 StGB bestand (vgl insbesondere US 7 ff); weshalb für eine rechtsrichtige Subsumtion des Sachverhalts eine konkrete Feststellung dahin, „ab wann diese Vereinigung als kriminelle Organisation zu qualifizieren war“ erforderlich sein soll, legt die Rüge (Z 5a; der Sache nach Z 9 lit a) nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar (vgl RIS‑Justiz RS0116565).

Das Vorbringen der Rechtsrüge (Z 9 lit a), der Tatbestand des § 278 Abs 1 StGB (in Form der Beteiligung als Mitglied) sei schon deshalb nicht verwirklicht, weil den beiden (im Abstand von 20 Monaten begangenen) Straftaten „das Element einer Beteiligung mit einer gewissen Dauer“ fehle, orientiert sich nicht an den ‑ bei Geltendmachung materieller Nichtigkeit maßgeblichen ‑ Konstatierungen in ihrer Gesamtheit (vgl RIS‑Justiz RS0099810), wonach der Angeklagte nicht nur punktuell die beiden Brandstiftungen begangen, sondern sich darüber hinaus auch zwischen den Brandanschlägen zumindest zwei bis drei Mal in D***** bei der kriminellen Vereinigung „O*****“ aufgehalten und sich von der Begehung des ersten Brandanschlags am 23. August 2010 bis zu deren Auflösung durch die Sicherheitsbehörden am 22. August 2012 eben gerade (auch) durch die Begehung der beiden Brandstiftungen an der kriminellen Vereinigung beteiligt hatte (US 5, 8 f).

Mit der Aufzählung mehrerer „Modalitäten“, die gegen eine auf Dauer angelegte Teilnahme des Angeklagten an der kriminellen Vereinigung „O*****“ sprechen, verlässt die Beschwerde neuerlich den Boden der tatrichterlichen Konstatierungen.

Bloß der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass der vom Nichtigkeitswerber vertretenen Ansicht zuwider die Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung nach der eindeutigen Legaldefinition des § 278 Abs 3 erster Fall StGB auch (bloß) in der Begehung einer (einzigen) strafbaren Handlung (Katalogtat) in beliebiger Täterschaftsform des § 12 StGB bestehen kann (s zum Ganzen Plöchl in WK2 § 278 Rz 36; vgl RIS‑Justiz RS0125249).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Zur Berufung wegen Schuld:

Eine solche ist im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehen, weshalb die vom Angeklagten K***** angemeldete (ON 52) und auch ausgeführte Berufung wegen Schuld (ON 55) zurückzuweisen war (§§ 280, 283 Abs 1 StPO). Die vom Rechtsmittelwerber intendierte Umdeutung des Schriftsatzes in eine Nichtigkeitsbeschwerde scheitert schon daran, dass eine solche auch nicht angemeldet wurde (ON 52).

Über die weiteren Berufungen der beiden Angeklagten sowie der Staatsanwaltschaft hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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