OGH 7Ob244/13b

OGH7Ob244/13b29.1.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** D*****, vertreten durch Knirsch, Gschaider & Cerha Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei Verlassenschaft nach der am ***** 2011 verstorbenen E***** B*****, vertreten durch Weh Rechtsanwalt GmbH in Bregenz, wegen Rechnungslegung und Zahlung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 12. November 2013, GZ 2 R 164/13w‑16, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0070OB00244.13B.0129.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 zweiter Satz ZPO abgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Klägerin rügt zu Unrecht als „Nichtigkeit bzw Mangelhaftigkeit“ des Berufungsverfahrens das Fehlen einer Anwaltsunterschrift auf der Berufung der Beklagten. Die Berufung wurde von der Weh Rechtsanwalt GmbH, die sich im als PDF‑Anhang angeschlossenen Schriftsatz (§ 5 Abs 1 ERV 2006) auf die ihr vom erbantrittserklärten Erben erteilte Vollmacht berief, im Elektronischen Rechtsverkehr beim Erstgericht eingebracht. Weder eine solche Eingabe noch der einer elektronischen Eingabe angeschlossene PDF‑Anhang (also der Mitteilungsschriftsatz selbst) bedürfen einer weiteren Unterfertigung durch die Parteienvertreterin und sind auch nicht zur Verbesserung zurückzustellen. Durch den Anschriftcode gemäß § 7 ERV 2006 und eine dem § 6 Abs 1 ERV 2006 entsprechende Sicherung ist gewährleistet, dass die Eingabe nur von demjenigen elektronisch eingebracht werden kann, der in der Eingabe als Einbringer bezeichnet wird (6 Ob 3/09y; 6 Ob 196/09f; RIS‑Justiz RS0125146; vgl Konecny in Fasching/Konecny ² § 75 ZPO Rz 28; Gitschthaler in Rechberger ³ § 74 ZPO Rz 14). Da jedenfalls die Weh Rechtsanwalt GmbH die Beklagte ordnungsgemäß vertrat (und vertritt), braucht nicht darauf eingegangen werden, dass in der Berufung auch drei weitere bevollmächtigte Rechtsanwälte, deren Unterschrift fehlt, als Vertreter angeführt waren.

2. Die Auslegung einer letztwilligen Verfügung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Ihr kommt regelmäßig keine erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu. Das gilt auch für die Frage, ob auch eine andere Auslegung vertretbar wäre (RIS‑Justiz RS0042555 [T4]; RS0043485; RS0112106 [T10]). Eine dennoch aufzugreifende Fehlbeurteilung vermag die Klägerin nicht aufzuzeigen:

2.1. In ihrer letztwilligen Verfügung setzte die die am 18. 8. 1956 verstorbene E***** D***** ihre Nichte E***** B***** (Tochter eines weiteren Bruders) zur Hälfte und die beiden Kinder ihres Bruders O***** zu je einem Viertel als Universalerben ein. Sie räumte ihrem Bruder O*****, der 1966 verstarb, auf dessen Lebenszeit die „Nutznießung und Verwaltung“ ‑ unstrittig den Fruchtgenuss im Sinn des § 509 ABGB ‑ eines bestimmten Schlosses und Guts ein. Weiters verfügte sie in Punkt 5.A. unter anderem: „ Nach dem Ableben meines Bruders O***** geht die Nutznießung und Verwaltung des Schlosses und Gutes auf meine Nichte E*****, nach ihrem Tode auf ihre Erben über ... “ Die Nichte E***** B***** verstarb am ***** 2011 unter Hinterlassung eines notariellen Testaments, in dem sie ihren Ehemann, der im Verlassenschaftsverfahren die unbedingte Erbantrittserklärung abgab, zum Universalerben einsetzte und ihre vier Kinder (darunter die Klägerin) auf den gesetzlichen Pflichtteil beschränkte.

Strittig ist, wie die Anordnung in Punkt 5.A. „ihre Erben“ zu verstehen ist. Die Klägerin bezieht die Formulierung (ungeachtet des Umstands, dass das Testament von E***** D***** eine von der gesetzlichen Erbfolge abweichende Erbeinsetzung enthält) auf die gesetzlichen Erben von E***** B***** und damit auch zu einem bestimmten Anteil auf sich, die Beklagte hingegen nur auf den testamentarisch eingesetzten Universalerben (Vater der Klägerin).

2.2. Das Berufungsgericht beurteilte diese Anordnung als fideikommissarische Substitution, die sich auf ein Legat beziehe (§ 652 iVm § 608 ABGB). Der letztwilligen Verfügung liege zugrunde, dass sich das Eigentum an den Liegenschaften (Schloss und Gut) auf zwei „Erbstämme“ aufteile. Vor diesem Hintergrund könne kein Zweifel bestehen, dass E***** D***** mit „ihren Erben“ jene Personen gemeint habe, denen mit dem Tod von E***** B***** das bis dahin ihr zugestandene (Mit‑)Eigentumsrecht am Schloss und Gut zufalle. Zweck dieser Anordnung sei es gewesen, die „Nutznießung und Verwaltung“ auf Dauer den Miterben aus einem „Erbstamm“ zuzuweisen. Es liege kein stichhaltiger Grund vor, dass diese Befugnis nach dem letzten Willen auch oder ausschließlich Personen zukommen sollte, die zwar gesetzliche Erben (Noterben) von E***** B***** seien, aber als solche kein (Mit‑)Eigentum an den Liegenschaften erlangen. Nach § 529 zweiter Satz ABGB seien bei ausdrücklicher Ausdehnung der Personalservitut, wozu das Fruchtgenussrecht gehöre, auf „die Erben“ (des zunächst Berechtigten) „im Zweifel nur die ersten gesetzlichen Erben“ zu verstehen. Diese Zweifelsregel komme nicht zum Zug, weil nicht zweifelhaft sei, dass E***** D***** mit „ihren Erben“ die „Erben im (Mit‑)Eigentum“ gemeint habe. Da die Klägerin nicht Nachlegatarin sei, sei ihr Stufenklagebegehren gegen die beklagte Verlassenschaft auf Rechnungslegung über die Erträgnisse der Liegenschaft für einen bestimmten Zeitraum und auf Zahlung eines bestimmten Anteils des sich daraus ergebenden Guthabens abzuweisen.

2.3. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts ist jedenfalls vertretbar. Nach § 529 ABGB erlöschen persönliche Servituten (zu denen gemäß § 509 ABGB das Fruchtgenussrecht gehört) grundsätzlich mit dem Tod des Berechtigten. Eine Ausnahme sieht das Gesetz für den Fall vor, dass derartige Dienstbarkeiten „ausdrücklich auf die Erben (des primär Berechtigten) ausgedehnt werden“ (5 Ob 108/95 = SZ 68/150 = NZ 1996/365 [ Hoyer ]). Eine solche ausdrückliche Ausdehnung auf die Erben von E***** B***** wurde in der letztwilligen Verfügung ihrer Tante getroffen.

Nach dem Wortlaut des § 529 zweiter Satz ABGB sind darunter „ im Zweifel nur die ersten gesetzlichen Erben“ zu verstehen. Mangels anderweitiger Regelung sind lediglich die ersten gesetzlichen Erben begünstigt. Diese kommen in einem solchen Fall selbst dann zum Zug, wenn der Servitutsberechtigte seinen Nachlass testamentarisch anderen Personen als seinen gesetzlichen Erben zugewendet hat ( Zeiller , Commentar über das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch II [1812] 374; Klang in Klang II² 612, diesem folgend 5 Ob 108/95 = SZ 68/150; Ehrenzweig , System des österreichischen allgemeinen Privatrechts I/2² 352; Koch in KBB³ § 529 ABGB Rz 2; Memmer in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON 1.01 § 529 Rz 8).

Ohne aufzugreifende Fehlbeurteilung argumentierte das Berufungsgericht, dass E***** D***** in ihrer letztwilligen Verfügung eine von der Zweifelsregel des § 529 zweiter Satz ABGB abweichende Regelung traf. Aus dieser ist zu erschließen, dass sie die „Nutznießung und Verwaltung“ des Schlosses und Guts auf Dauer den Miteigentümern aus dem „Erbstamm“, dem E***** B***** angehörte, zuweisen wollte und nicht deren Noterben, die als solche kein (Mit‑)Eigentum erlangen. Die Klägerin vermag in der außerordentlichen Revision die Unrichtigkeit dieser Beurteilung nicht aufzuzeigen, wenn sie damit argumentiert, dass E***** D***** eine fideikommissarische Substitution in Form einer „echten Nacherbschaft im Eigentum“ anordnen hätte können und dies unterlassen habe. Dass der Klägerin, die als Pflichtteilsberechtigte nicht Miteigentümerin der Liegenschaften, auf denen sich das Schloss samt Gut befindet, wird, nach dem Wortlaut und Sinn des Testaments von E***** D***** der anteilige Fruchtgenuss (insbesondere am Ertrag des Guts) zukommen soll, vermag sie nicht überzeugend zu begründen.

3. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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