OGH 3Ob200/13b

OGH3Ob200/13b22.1.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Sellemond ua, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Mag. R*****, vertreten durch Dr. Klaus Riedmüller, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 39.644,74 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 22. August 2013, GZ 2 R 118/13i‑14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 10. Mai 2013, GZ 17 Cg 167/12v‑10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 7.299,89 EUR bestimmten Kosten der Rechtsmittelverfahren (darin enthalten 784,48 EUR an USt und 2.593 EUR an Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin kaufte vom Beklagten eine Liegenschaft im Ausmaß von 964 m², um darauf nach Abriss des Bestandsgebäudes eine Wohnanlage zu errichten.

Mit der Vertragserrichtung wurde ein Rechtsanwalt seitens der Klägerin beauftragt. Gegenstand der Vertragsverhandlungen waren neben primär steuerrechtlichen Problemen auch die Kontaminierungsfreiheit der Liegenschaft sowie ein in der Liegenschaft vergrabener Öltank. Bei diesen Gesprächen wurde zumindest einmal über Kontaminierung/Kontamination im Zusammenhang mit einem auf der Liegenschaft vergrabenen Öltank gesprochen. Es kam aber vor den Aushubarbeiten der Klägerin zwischen den Vertragsparteien, deren Vertretern und dem Vertragsverfasser zu keiner inhaltlichen Erörterung darüber, was unter dem Begriff Kontaminierung/Kontamination oder auch „Beschaffenheit“ jeweils verstanden wird.

Die Klägerin verstand unter dem Begriff Kontaminierung alles, was nicht natürlich gewachsen in Grund und Boden ist und ihr als Bauträger Mehrkosten verursacht. Deshalb nahm sie in Bauträgerverträgen die Formulierung, dass der Verkäufer für Kontamination/Kontaminierung haftet, standardmäßig auf. Für den Beklagten bedeutete der Begriff eine Verunreinigung mit Giftstoffen, Säuren, radioaktiven Materialien, also Stoffen, die die Umwelt und die Gesundheit schädigen.

Der von den Streitteilen unterfertigte Kaufvertrag hat auszugsweise folgenden Inhalt:

„V. Gewährleistung

1) [Übergabe]

2) Die Geschäftsführer der Käuferin haben die kaufgegenständliche Liegenschaft samt Gebäude vor Abschluss dieses Kaufvertrages eingehend besichtigt. Der Verkäufer übernimmt keinerlei Haftung für ein bestimmtes Ausmaß oder eine bestimmte Beschaffenheit bzw eine bestimmte Verwendbarkeit der Liegenschaft und für einen bestimmten Bau‑ und Erhaltungszustand des Gebäudes. Dem Verkäufer ist auch nicht bekannt und übernimmt dieser auch diesbezüglich keinerlei Haftung, wo die entsprechenden Versorgungsleitungen verlegt sind und in welchem Zustand sich diese befinden. Der Verkäufer haftet jedoch dafür, dass die Liegenschaft in seinem uneingeschränkten Eigentum steht. Der Verkäufer verpflichtet sich jedoch, die Liegenschaft bis […] zu übergeben.

3) [Fahrnisse auf der Liegenschaft]

4) Der Verkäufer hat dafür einzustehen, dass die kaufgegenständliche Liegenschaft bestandsfrei, frei von jeglichen Kontaminierungen sowie frei von Dienstbarkeiten oder Hypotheken und allen sonstigen bücherlichen und außerbücherlichen Lasten übertragen wird.

5) [Steuern]

6) Am Grundstück ist ein Öltank vergraben, der von der Käuferin auf Kosten des Verkäufers entsorgt wird. Dem Verkäufer sind im Zusammenhang mit diesem Öltank keinerlei Kontaminierung in der Liegenschaft bekannt.“

Laut Duden bedeutet der Begriff Kontamination ua „Verseuchung mit schädlichen, besonders radioaktiven Stoffen.“ Wikipedia definiert den Begriff wie folgt: „Kontamination, auch Kontaminierung, steht in Technik und Medizin generell für eine Verunreinigung oder Verschmutzung von Personen oder Gegenständen mit chemischem, biologischem oder radioaktivem Material. Insbesondere bezeichnet Kontamination unerwünschte Stoffanteile in Gemengen und Gemischen, siehe Stoffreinheit, die Verunreinigung von keimfreien oder keimarmen Gegenständen durch Bakterien oder andere Mikroorganismen; Kontamination (Radioaktivität), die Verunreinigung mit radioaktiven Stoffen, das Vorhandensein von Giften aus biologischen und chemischen Waffen in einem Gebiet.“

Während der durch die Klägerin veranlassten Aushubarbeiten wurde festgestellt, dass der Untergrund im südlichen Projektbereich mit Bauresten, hauptsächlich bestehend aus Ziegelbruch, aufgeschüttet worden war. Ob der Beklagte im Zuge der Bautätigkeiten zur Errichtung seines Elternhauses im Jahr 1975 Wahrnehmungen darüber machte oder darüber informiert wurde, dass in den Untergrund Bauschutt eingebracht wurde oder dort vorhanden war, ist nicht feststellbar.

Die Klägerin begehrt aus dem Titel des Schadenersatzes und der Gewährleistung die Zahlung von 39.644,74 EUR sA an Mehrkosten. Nach dem Kaufvertrag habe der Beklagte dafür einzustehen, dass die Liegenschaft frei von jeglichen Kontaminierungen sei. Dieser Gewährleistungsbestimmung sei ein längerer Verhandlungsprozess vorausgegangen. Der Geschäftsführer der Klägerin habe die Haftung bewusst in den Vertrag „hineinverhandelt“, weil dies wegen des für die Klägerin als Bauträger mit Bodenverunreinigungen einhergehenden wirtschaftlichen Risikos eine Grundvoraussetzung für den Vertragsabschluss darstelle. Die später dennoch festgestellte Verunreinigung mit Bauschutt und anderen Materialien habe infolge möglicher Hohlräume ein erhebliches Setzungsrisiko dargestellt, das es erfordert habe, einen Gebäudeteil auf Pfählen auszuführen; die vorgefundenen Baurestmassen hätten auf eine Inertstoffdeponie verführt werden müssen; beides habe der Klägerin die begehrten Mehrkosten verursacht, die zur Mängelbeseitigung bzw die Herstellung eines für die Bebauung geeigneten Zustands erforderlich gewesen seien. Unter den Begriff der Kontaminierung im Zusammenhang mit Liegenschaftskaufverträgen falle alles, was nicht zum Boden gehöre, das sei alles außer Erde und Steinen. Eingebrachter Bauschutt bedeute daher eine Kontaminierung.

Der Beklagte bestritt und wendete ein, bei eingebrachtem Bauschutt handle es sich um keine Kontaminierung des Grundes und um keinen Mangel. Er habe keinen Bauschutt in das Grundstück eingebracht und von dessen Existenz auch nicht gewusst; für ihn habe auch keine Verdachtslage bestanden. Allein der auf der Liegenschaft befindliche Öltank sei Grundlage für Diskussionen zu einer durch diesen allenfalls verursachten Kontaminierung des Grundstücks gewesen. Unter Kontaminierung verstehe man im allgemeinen Sprachgebrauch die Verseuchung mit schädlichen Stoffen, was auch von den Streitteilen bei Vertragsschluss so verstanden worden sei; Bauschutt falle nicht darunter und könne im Grundstück verbleiben. Der Beklagte hafte daher nur für Kontaminierungen im Zusammenhang mit dem Öltank. Für die fachkundige Klägerin sei ersichtlich gewesen, dass es sich bei den örtlichen Gegebenheiten nicht um einen gewachsenen Hang handle. Die Klägerin hätte den Beklagten über ihr Verständnis von Kontamination aufklären müssen.

Das Erstgericht wies die Klage auf der Grundlage des eingangs wiedergegeben Sachverhalts ab. Der Begriff Kontamination bedeute in Übereinstimmung mit den festgestellten Definitionen schon dem gewöhnlichen Wortsinn nach eine Verunreinigung mit giftigen Stoffen, nicht aber Bauschutt. Der Beklagte habe daher den Begriff der Kontaminierung auch nicht anders verstehen müssen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und änderte das Ersturteil in ein Zwischenurteil ab, in dem es den Grund des Anspruchs bejahte. Die ordentliche Revision erklärte es für nicht zulässig.

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (9 Ob 56/08p) bedeute im Sprachgebrauch der Fremdwortbegriff „Kontamination“ grundsätzlich eine Vermengung mit unerwünschten Stoffen, insbesondere ein „Verschmutzen, Verunreinigen“. Da im Kaufvertrag von „jeglicher Kontaminierung“ die Rede sei, müsse grundsätzlich ein weiter Begriff von Verunreinigungen des Bodens zugrunde gelegt werden. Daher seien auch Baurestmassen, somit bereits im Boden befindliche, nach früherem Abbruch von Gebäude(‑teilen) in das Erdreich gelangte Materialien als „Kontaminationen“, das heißt als Verunreinigungen des gewachsenen Bodens, zu beurteilen und zwar unabhängig davon, ob diese Baurestmassen umwelt‑ oder gesundheitsgefährdend seien. Der grundsätzlichen Gewährleistungspflicht des Beklagten für die Kontaminierung des Baugrundstückes stehe auch der vereinbarte Haftungsausschluss für eine bestimmte Beschaffenheit der Liegenschaft nicht entgegen, beziehe sich dies doch ausschließlich auf die Beschaffenheit des natürlichen, gewachsenen Bodens und gerade nicht auf in den Boden erst eingebrachte Fremdmaterialien.

Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil Fragen der Vertragsauslegung einzelfallbezogen seien und dazu oberstgerichtliche Judikatur vorliege, von der nicht abgewichen worden sei.

Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Wiederherstellung des die Klage abweisenden Ersturteils. Für die Auslegung sei der Horizont eines redlichen Empfängers ausschlaggebend. Festgestellt sei, dass der Begriff Kontamination schon dem gewöhnlichen Wortsinn nach eine Verunreinigung mit Giftstoffen, nicht aber mit Bauschutt bedeute. Die Begriffe Beschaffenheit und Verwendbarkeit eines Grundstücks würden sowohl die Widmung als auch die Zusammensetzung des Untergrundes umfassen; die vom Berufungsgericht vorgenommene Einschränkung auf den natürlich gewachsenen Boden sei nicht nachvollziehbar.

Die Klägerin tritt dem in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung entgegen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt, weil das vom Berufungsgericht erzielte Auslegungsergebnis bei der vorliegenden Konstellation eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung darstellt, die aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifen ist.

1. Für die Auslegung von Willenserklärungen ist nach § 914 ABGB nicht die (noch dazu nicht übereinstimmende) Vorstellung der Vertragschließenden maßgeblich, sondern ausgehend vom buchstäblichen Sinn des Ausdrucks die Absicht der Parteien zu erforschen. Die Auslegung ist am Empfängerhorizont zu messen; die aus der Erklärung abzuleitenden Rechtsfolgen sind nicht danach zu beurteilen, was der Erklärende sagen wollte oder was der Erklärungsempfänger darunter verstanden hat, sondern es kommt auf das Verständnis an, das ein redlicher Erklärungsempfänger von dieser gewinnen durfte und gewonnen hat. Auf die konkreten Umstände, namentlich auf den Geschäftszweck und die Interessenlage ist dabei Bedacht zu nehmen. Für die Interpretation eines Verhaltens ist daher maßgeblich, welche Umstände aus der Sicht des Empfängers auf welche Erklärungsbedeutung schließen lassen. Die maßgeblichen Auslegungskriterien müssen immer dem Vertrag selbst oder den ihn begleitenden maßgeblichen Umständen zu entnehmen sein (RIS‑Justiz RS0113932 [T2] und [T5]). Es ist immer das Gesamtverhalten der am Vertragsschluss beteiligten Personen und der Zweck der von ihnen abgegebenen Erklärungen zu berücksichtigen (RIS‑Justiz RS0017807). Wird eine übereinstimmende abweichende Parteienabsicht nicht festgestellt, so ist bei der Auslegung des Vertrags von dessen Wortlaut auszugehen (RIS‑Justiz RS0017831). Wie eine Erklärung aufzufassen ist, kann jeweils nur nach den besonderen Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (RIS‑Justiz RS0042555 [T7]).

2. Hier steht fest, dass die Vorstellungen der Vertragsschließenden über die Bedeutung des Begriffs „Kontaminierungen“ nicht übereinstimmten, sodass dessen Wortsinn zu erforschen ist.

2.1. Das Berufungsgericht (und im Anschluss daran die Klägerin in der Revisionsbeantwortung) scheint aus der E 9 Ob 56/08p abzuleiten, dass es dem allgemeinen Sprachgebrauch entspreche, dass auch in das Erdreich gelangte Baurestmassen ‑ unabhängig von ihrer Umwelt‑ oder Gesundheitsgefährdung ‑ als Kontaminationen zu verstehen seien. Dabei wird allerdings übersehen, dass dieser Entscheidung eine besondere, mit der vorliegenden nicht vergleichbare Vertragsgestaltung zugrunde lag, weshalb sie für den vorliegenden Sachverhalt nicht einschlägig ist.

Im dort zu beurteilenden Kaufvertrag wurde nämlich bei der Regelung der Gewährleistung ausdrücklich unterschieden zwischen „Kontaminationen jedweder Art“ und „solcher Art verunreinigten Material, Erdreich und Grundwasser … das geeignet ist, eine Umwelt- oder Gesundheitsgefährdung herbeizuführen, weiters keine Abfälle oder Altlasten, insbesondere keine Erdölprodukte, Chemikalien, Sonderabfälle oder sonstige Schadstoffe im Bereich der Liegenschaft gelagert wurden oder vorhanden sind, die insbesondere a) aufgrund eines behördlichen Auftrags oder aufgrund sonstiger gesetzlicher Bestimmungen vom jeweiligen Liegenschaftseigentümer zu entsorgen sind, oder b) im Zuge von Bau- und Abbruchmaßnahmen aufgrund von Kontaminationen gesondert zu entsorgen oder deponieren sind.“

Angesichts dieser Definition, die erkennbar anstrebt, ein möglichst weites und präzise definiertes Verständnis dieses Begriffs zu erreichen, durfte die Gewähr leistende Verkäuferin keinesfalls annehmen, dass sie nur für in den Boden eingebrachte Materialien, von denen eine Umwelt‑ oder Gesundheitsgefährdung ausgeht, haftet. Der deshalb angenommene, sehr weite Begriff der Kontamination im Zusammenhang mit einer Bodenverunreinigung, der auch Baurestmassen umfasste, lässt daher keine zwingenden Rückschlüsse für den vorliegenden Fall zu, in dessen Vertragstext nur von „jeglichen Kontaminierungen“ die Rede ist. Es verlangte auch nur die im Vertragstext ‑ anders als hier ‑ angesprochene Notwendigkeit der Entsorgung eine Auseinandersetzung mit der Deponieverordnung.

2.2. Der 9. Senat hat in einer weiteren Entscheidung das ‑ auf die in Vorgesprächen und aus dem Kontext der Vertragsurkunde erkennbar zum Ausdruck gebrachte Absicht der Parteien, dem Begriff eine einschränkende Bedeutung zu geben, gestützte ‑ Auslegungsergebnis gebilligt, Baustoffreste einer Gartenanlage seien nicht von der Zusage der Kontaminierungsfreiheit erfasst (9 Ob 40/10p).

2.3. Die gebotene Einbeziehung des gesamten Textes des Vertrags und der sein Zustandekommen begleitenden Umstände verlangt die Berücksichtigung der Feststellung, wonach bei den Vertragsverhandlungen über Kontaminierung/Kontamination nur im Zusammenhang mit einem auf der Liegenschaft vergrabenen Öltank gesprochen wurde; das fand auch im Vertragstext im Punkt V.6. seinen Niederschlag, in dem der Verkäufer (nur dazu) zusagt, dass ihm im Zusammenhang mit diesem Öltank keinerlei Kontaminierung in der Liegenschaft bekannt sind.

Nachdem die Klägerin ihr besonders weitgehendes Verständnis des Kontaminationsbegriffs (alles außer natürlich gewachsener Grund und Boden) gegenüber dem Beklagten nicht offenlegte, durfte dieser wegen des einzigen konkret besprochenen Falls einer allfälligen Verunreinigung des Grundstücks mit Öl davon ausgehen, dass es der Käuferin um seine Haftung für Verunreinigungen geht, die mit ausgetretenem Öl einhergehen. „Jegliche“ Kontaminierung war in diesem Zusammenhang so zu verstehen, dass die Haftung nicht nur eine Verunreinigung mit Öl erfasst, sondern alle, die vergleichbare Auswirkungen haben, also die Gefährdung von Umwelt und/oder Gesundheit. Das entspricht exakt dem festgestellten Verständnis des Beklagten und jenem eines redlichen Erklärungsempfängers in der konkreten Situation.

Dieses Verständnis des Begriffs Kontamination von Liegenschaften ist durchaus weit verbreitet. So formuliert Sander (in Die Haftung des Eigentümers für kontaminierte Liegenschaften …, Spektrum der Rechtswissenschaft 2013, 25 ff [29]): „Eine Kontamination, Schädigung oder Verunreinigung des Bodens bezeichnet jede Veränderung oder Beeinträchtigung des Bodens, wobei hievon eine Gefahr für oder eine Beeinträchtigung der Gesundheit des Menschen ausgehen muss, die nicht bloß unerheblich ist.“ Auch Pilgerstorfer (in Aufklärungspflicht und Gewährleistungsausschluss beim Kauf kontaminierter Grundstücke, ÖJZ 2001, 373 ff [Punkt I.]) geht bei der Begriffsbestimmung davon aus, dass von Bodenkontaminationen enorme Gefahren ausgehen, etwa durch Versickern giftiger Stoffe in den Boden und in das Grundwasser oder durch Austreten von Gasen aus dem Boden.

2.4. Wenn es in der Bau‑(träger‑)branche, also in Fachkreisen, ein anderes Verständnis von Kontaminierung (iSd Klägerin über den von ihr „hineinverhandelten“ Vertragspunkt) geben sollte, geht dies nicht zu Lasten des Beklagten als Laien (Beruf: Pharmazeut), weil es weder nach dem Vorbringen der Klägerin noch nach den Feststellungen Hinweise auf ein solches weites Verständnis für den Beklagten gab, sodass dem Beklagten eine Verletzung der gehörigen Aufmerksamkeit nicht angelastet werden kann (vgl RIS‑Justiz RS0053866).

2.5. Der Vertragspunkt V.4. sieht daher nur vor, dass der Beklagte ua für alle Kontaminierungen mit gesundheits- und/oder umweltgefährdenden Stoffen einzustehen hat. Diese Vertragsklausel stellt inhaltlich die Ausnahme zum im Vertragspunkt V.2. vorweg formulierten Ausschluss der Haftung ua für eine bestimmte Beschaffenheit und Verwendbarkeit der Liegenschaft dar. Der allgemein und uneingeschränkt verwendete Begriff Beschaffenheit erfasst auch Verunreinigungen des Bodens mit nicht gesundheits- und/oder umweltgefährdenden Stoffen. Das vom Boden ausgehende Risiko der Bebaubarkeit der Liegenschaft, also zB ob tragfähiger Grund vorhanden ist oder ein solcher, der besondere Baumaßnahmen bei der Fundierung erfordert, übernahm damit generell die Käuferin.

Für das ‑ gar nicht näher begründete ‑ Verständnis des Berufungsgerichts im Sinn einer Reduzierung auf die Beschaffenheit des natürlich gewachsenen Bodens bietet der Wortlaut nicht den geringsten Anlass, weshalb dieser einschränkenden Interpretation nicht zu folgen ist.

2.6. Eine von den später vorgefundenen Bauresten, vorwiegend bestehend aus Ziegelbruch, ausgehende Gesundheits‑ und/oder Umweltgefährdung wurde von der Klägerin gar nicht behauptet. Die im Kaufvertrag vereinbarte Haftung des Beklagten für ‑ wie die nunmehrige Auslegung ergibt ‑ gesundheits- und/oder umweltgefährdende Bodenverunreinigungen kommt daher gar nicht zum Tragen, sondern der ebenso vereinbarte Haftungsausschluss. Der Umstand, dass das Vorhandensein von Bauschutt im Boden ‑ nach den Feststellungen im Zweifel ‑ beiden Vertragsparteien unbekannt war, ändert daran nichts; denn ein vertraglicher Verzicht auf Gewährleistungsansprüche ist auch wegen verborgener Mängel zulässig (RIS‑Justiz RS0018564).

3. Der Klageforderung ist daher sowohl für den Rechtsgrund Schadenersatz (kein Verschulden) als auch für den Rechtsgrund Gewährleistung (Ausschluss) der Boden entzogen, weshalb sich die Abweisung durch das Erstgericht als zutreffend erweist.

Das Ersturteil war somit einschließlich seiner unbekämpft gebliebenen Kostenentscheidung wiederherzustellen.

Nach §§ 41, 50 ZPO hat die Klägerin dem Beklagten die Kosten der Berufungsbeantwortung und der Revision zu ersetzen, deren Ansätze geringfügig überhöht verzeichnet wurden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte