European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0020OB00239.13F.0122.000
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Mit Urteil vom 20. 4. 2013 gab das Erstgericht der vom Kläger (infolge seines Sturzes auf dem über das Grundstück des Beklagten führenden Gehsteig) eingebrachten Schadenersatz- und Feststellungsklage teilweise statt.
Das Urteil wurde dem anwaltlichen Vertreter des Beklagten im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs zugestellt. Zustellungszeitpunkt gemäß § 89d Abs 2 Gerichtsorganisationsgesetz (GOG) war der 10. 5. 2013.
Am 10. 6. 2013 erhob der Beklagte Berufung gegen dieses Urteil. Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Berufungsgericht die Berufung als verspätet zurück. Die vierwöchige Rechtsmittelfrist habe am 7. 6. 2013 geendet. Die Berufung des Beklagten sei daher nach Ablauf der Berufungsfrist eingebracht worden.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Beklagten samt Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, verbunden mit der Berufung. Mit seinem Rekurs beantragt der Beklagte, den angefochtenen Beschluss aufzuheben. Der vom Berufungsgericht dargestellte Sachverhalt sei richtig. Faktum sei aber, dass die Rechtsanwaltskanzlei des Beklagtenvertreters von Mittwoch den 8. 5. 2013 nachmittags bis Montag den 13. 5. 2013 nicht besetzt gewesen sei. Am Donnerstag den 9. 5. 2013 sei Feiertag und am darauffolgenden „Fenstertag“ die Kanzlei geschlossen gewesen. Sowohl die Sekretärin des Beklagtenvertreters als auch dieser selbst seien in diesem Zeitraum ortsabwesend gewesen. Der Kanzleibetrieb sei am 13. 5. 2013 wieder aufgenommen worden. Die Sekretärin des Beklagtenvertreters habe daher erstmals an diesem Tag Kenntnis vom angefochtenen Urteil des Erstgerichts erlangt. Der Fristenlauf habe erst mit diesem Tag zu laufen begonnen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO jedenfalls zulässig (RIS‑Justiz RS0042770); er ist aber nicht berechtigt.
Der dritte Abschnitt des ZustG regelt die „Elektronische Zustellung“. Gemäß § 28 Abs 2 ZustG richtet sich die elektronische Zustellung der Gerichte nach den §§ 89a ff des GOG. Daraus ergibt sich der Ausschluss des gesamten zweiten Abschnitts des ZustG (§§ 13 ‑ 27) für die gerichtliche elektronische Zustellung (Stumvoll in Fasching/Konecny 2 § 1 ZustG Rz 24).
Gemäß § 89d Abs 2 GOG idF BGBl I Nr 26/2012 gilt als Zustellungszeitpunkt elektronisch übermittelter gerichtlicher Erledigungen und Eingaben (§ 89a Abs 2 GOG) jeweils der auf das Einlangen in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers folgende Werktag, wobei Samstage nicht als Werktage gelten.
Im vorliegenden Fall ist der nach § 89d Abs 2 GOG relevante Zustellungszeitpunkt der 10. 5. 2013. Dieser Tag ist daher der für die Ingangsetzung der Berufungsfrist maßgebliche Zeitpunkt.
Ein Hinausschieben der Wirkungen des Einlangens der Gerichtssendung in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers wegen der Ortsabwesenheit des Rechtsanwalts und seines Kanzleipersonals ist in den §§ 89a ff GOG nicht vorgesehen.
Da es sich um keinen Fall einer „physischen Zustellung“ im Sinne des zweiten Abschnittes des ZustG (§§ 13 ff) handelt, kommt es auf die zu § 13 Abs 4 und § 17 ZustG ergangene Rechtsprechung (vgl insbes 2 Ob 93/08b; 2 Ob 98/10s) nicht an.
Die am 10. 6. 2013 eingebrachte Berufung des Beklagten war daher verspätet. Dem Rekurs des Beklagten war somit nicht Folge zu geben. Über den Wiedereinsetzungsantrag wird das Erstgericht zu entscheiden haben.
Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet auf §§ 41, 50 ZPO.
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