OGH 10Ob57/13z

OGH10Ob57/13z17.12.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Kinder E*****, geboren am 9. August 1991, S*****, geboren am 30. September 1992, mj R*****, geboren am 22. Dezember 1998 und mj C*****, geboren am 18. Jänner 2001, wegen Unterhaltsvorschuss, infolge Revisionsrekurses des Vaters Mag. H*****, vertreten durch Mag. Roland Marko, Rechtsanwalt in Wien, dieser vertreten durch Dr. Francisco Rumpf, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 7. Juni 2013, GZ 43 R 391/08f ua ‑U‑458, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 12. November 2007, GZ 2 P 88/07t‑U‑238, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0100OB00057.13Z.1217.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Antrag der (damals) minderjährigen Kinder vom 12. 2. 2002 wurde ein Verfahren zur Festsetzung der Unterhaltsleistungen des Vaters an seine Kinder eingeleitet. Gleichzeitig wurde die Zahlung von vorläufigem Unterhalt nach § 382a EO beantragt und in der Folge auch bewilligt.

Mit Antrag vom 18. 9. 2007 begehrten die Kinder die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen gemäß § 4 Z 2 UVG im Wesentlichen mit der Begründung, die Festsetzung der Unterhaltsbeiträge sei bisher nicht gelungen, weil der Vater offensichtlich alles unternehme, um die Festsetzung des Unterhalts zu vereiteln.

Das Erstgericht wies diesen Antrag der Kinder mit Beschluss vom 12. 11. 2007 (ON U 238) ab.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Kinder dahin Folge, dass es ihnen Unterhaltsvorschüsse gemäß § 4 Z 2 UVG für die Zeit vom 1. 7. 2007 bis 31. 8. 2009 zuerkannte, und zwar in Höhe von (jeweils) 80 EUR monatlich für E***** und S*****, von 70 EUR monatlich für R***** und von 60 EUR für C*****. Es ging bei seiner Entscheidung aufgrund der Aktenlage davon aus, dass das gegenständliche Unterhaltsverfahren seit 12. 2. 2002 anhängig sei, eine Unterhaltsfestsetzung für den hier verfahrensgegenständlichen Zeitraum bisher nicht möglich gewesen sei, der unterhaltspflichtige Vater die Mitwirkung an der Erforschung seiner Einkommenssituation unterlassen habe, er seit 1. 9. 2007 eine Erwerbsunfähigkeitspension in Höhe von gerundet 1.020 EUR bezogen habe und weitere Einkünfte nicht ersichtlich seien.

In rechtlicher Hinsicht ging das Rekursgericht davon aus, dass das Bestehen eines Titels nach § 382a EO die Unterhaltsvorschussgewährung gemäß § 4 Z 2 UVG nicht hindere. Unbekannte Lebensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen hinderten die Unterhaltsvorschussgewährung ebenfalls nicht, weil Unterhaltsvorschüsse gerade dann zu gewähren seien, wenn der Unterhaltsfestsetzungsantrag erfolglos oder aus Gründen in der Person des Unterhaltspflichtigen von vornherein mangels realistischer Erfolgsaussicht aussichtslos sei. Das Unterhaltsverfahren sei seit 12. 2. 2002 anhängig, der Unterhaltsschuldner habe die Mitwirkung an der Erforschung seiner Einkommenssituation unterlassen. Die Unterhaltsfestsetzung sei daher nach der Aktenlage aus Gründen, die in der Sphäre des Unterhaltsschuldners gelegen seien, gescheitert. Der Unterhaltsschuldner habe sich im verfahrensgegenständlichen Zeitraum auch nicht in Haft befunden, sondern ab 1. 9. 2007 eine Erwerbsunfähigkeitspension in Höhe von gerundet 1.020 EUR monatlich bezogen, sodass eine Leistungsunfähigkeit des Unterhaltsschuldners nicht vorliege. Die Vorschüsse nach § 4 Z 2 UVG seien jedoch nicht in voller Richtsatzhöhe zu gewähren, sondern lediglich im Umfang der inzwischen bekannten Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners. Aus dem Akt ergebe sich, das S*****, R***** und C***** Unterhaltsvorschüsse gemäß § 4 Z 2 UVG mit Beschluss vom 7. 9. 2009 (ON U 319, 320 und 321) ab 1. 9. 2009 gewährt worden seien. Da E***** im August 2009 volljährig geworden sei, habe die Vorschussgewährung daher nur bis 31. 8. 2009 zu erfolgen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass zur Frage, ob die Höhe von Unterhaltsvorschüssen gemäß § 4 Z 2 UVG eine von Amts wegen zu berücksichtigende Frage der Bemessung oder eine Frage der Versagung von Vorschüssen gemäß § 7 UVG sei, noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege, sodass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag auf Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung.

Der Kinder‑ und Jugendhilfeträger beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung für die noch minderjährigen Antragsteller, dem Rechtsmittel keine Folge zu geben. Weitere Revisionsrekursbeantwortungen wurden nicht erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) ‑ Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

1. Die vom Rekursgericht als erheblich iSd § 62 Abs 1 AußStrG beurteilte Rechtsfrage wird im Revisionsrekurs des Vaters nicht releviert. Da der Oberste Gerichtshof aber nicht dazu berufen ist, theoretisch zu einer Rechtsfrage, deren Lösung durch die zweite Instanz vom Rechtsmittelwerber gar nicht bestritten wird, Stellung zu nehmen, ist auf diese Frage nicht weiter einzugehen (RIS‑Justiz RS0102059 [T8]). Dieser Grundsatz gilt auch im außerstreitigen Verfahren jedenfalls dann, wenn im Revisionsrekurs eine erhebliche Rechtsfrage nicht einmal angesprochen wird (RIS‑Justiz RS0102059 [T15]).

2. Gemäß § 4 Z 2 UVG sind Vorschüsse auch dann zu gewähren, wenn die Festsetzung des Unterhaltsbeitrags überhaupt oder ‑ falls der Exekutionstitel iSd § 3 Z 1 UVG, gerechnet vom Zeitpunkt der Erlassung, älter als drei Jahre ist ‑, die Erhöhung des Unterhaltsbeitrags aus Gründen auf Seite des Unterhaltsschuldners nicht gelingt, außer dieser ist nach seinen Kräften offenbar zu einer Unterhaltsleistung bzw einer höheren Unterhaltsleistung nicht imstande. Der gesetzgeberische Sinn dieser Bestimmung ist darin gelegen, dass der Staat mit seinen Leistungen nicht nur dann einspringen soll, wenn sich ein Unterhaltsschuldner im Zwangsvollstreckungsverfahren dem Zugriff auf sein Vermögen oder seine Einkünfte entzieht, sondern auch dann, wenn er durch sein Verhalten bereits die Schaffung eines seinen Kräften entsprechenden Unterhaltstitels vereitelt (hat), obwohl er dem Grunde nach als Unterhaltsschuldner feststeht (RIS‑Justiz RS0122152).

3. Da der Vater aus in seiner Sphäre gelegenen Gründen eine Unterhaltsfestsetzung in einem angemessenen Zeitraum verhinderte, hat das Rekursgericht den Anspruch der Kinder auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum dem Grunde nach zu Recht bejaht. Eine Bevorschussung nach § 4 Z 2 UVG setzt voraus, dass der Unterhaltsschuldner an sich dem Grunde nach in der Lage ist, Unterhalt zu leisten (RIS‑Justiz RS0076267). Auch vom Rechtsmittelwerber wird nicht in Abrede gestellt, dass er „ab 2007 eine Berufsunfähigkeitspension“ bezogen hat. Ausgehend von der festgestellten Höhe der vom Vater ab 1. 9. 2007 bezogenen Erwerbsunfähigkeitspension war daher eine (eingeschränkte) Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners im verfahrensgegenständlichen Zeitraum gegeben.

4. Im Fall des § 4 Z 2 UVG richtet sich die Höhe des zu gewährenden Unterhaltsvorschusses grundsätzlich nach festen Vorschusssätzen (§ 6 UVG). Diese Richtsätze sind jedoch nach ständiger Rechtsprechung im Fall der Vorschussgewährung nach § 4 Z 2 UVG nicht generell als feste Sätze, sondern als Obergrenzen anzusehen, wobei jedoch bei (bloßen) Zweifeln über das Ausmaß der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen die Unterhaltsvorschussgewährung in voller Höhe der Richtsätze zu erfolgen hat (vgl 10 Ob 26/11p ua). Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts, die gemäß § 4 Z 2 UVG für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum gewährten Unterhaltsvorschüsse entsprechend der eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners in der jeweils festgelegten Höhe an die Kinder zuzuerkennen, werden auch im Rechtsmittel des Vaters keine inhaltlichen Einwände erhoben, welche den erkennenden Senat zu einer davon abweichenden Bemessung der Unterhaltsvorschussbeiträge veranlassen könnten.

5. Zusammenfassend wird somit in den Rechtsmittelausführungen des Vaters, soweit sie sich überhaupt mit der gegenständlichen Entscheidung des Rekursgerichts inhaltlich auseinandersetzen, jedenfalls keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG geltend gemacht, weshalb das Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen war.

Zu den vom Vater für seinen Revisionsrekurs verzeichneten Kosten ist darauf hinzuweisen, dass im Unterhaltsvorschussverfahren gemäß § 10a UVG ein Kostenersatz nicht stattfindet.

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