OGH 5Ob204/13f

OGH5Ob204/13f27.11.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G* S*, vertreten durch Dr. Erich Kafka, Dr. Manfred Palkovits, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. E* S*, 2. S* * S*, beide *, beide vertreten durch Dr. Reinhard Armster, Rechtsanwalt in Maria Enzersdorf, wegen Entfernung und Unterlassung (Streitwert 5.500 EUR), über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 26. Juni 2013, GZ 18 R 33/13a-14, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Mödling vom 8. Jänner 2013, GZ 3 C 878/12g-7, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:E106256

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die mit 614,86 EUR (darin enthalten 102,48 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Klägerin und die Beklagten sind Miteigentümer einer Liegenschaft, auf der mehrere alleinstehende Häuser errichtet sind. Mit den Miteigentumsanteilen der Klägerin ist Wohnungseigentum an der Wohnung Top 1 im Haus C 5 verbunden, mit jenen der Beklagten Wohnungseigentum an der Wohnung Top 2 im Haus A 1. Die Beklagten montierten an der Fassade des Hauses ein Klimagerät, dessen Verbindungsschläuche durch eine Öffnung in der Außenwand in das Innere ihrer Wohnung geführt werden. Die Zustimmung sämtlicher Mit- und Wohnungseigentümer zu dieser baulichen Maßnahme liegt nicht vor.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichts ab und gab der auf Entfernung des Klimageräts und Unterlassung gerichteten Klage statt. Jedem Wohnungseigentümer stünde zur Abwehr eigenmächtig vorgenommener Änderungen die Eigentumsfreiheitsklage nach § 523 ABGB zu. Im streitigen Verfahren sei dabei nur die Genehmigungsbedürftigkeit der eigenmächtig vorgenommenen Änderung zu prüfen, nicht aber die dem Außerstreitrichter vorbehaltene Interessensabwägung gemäß § 16 Abs 2 WEG vorzunehmen, was auch durch den Schikaneeinwand nicht umgangen werden könne.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil der Frage, ob es sich bei dem von den Beklagten montierten Klimaaußengerät um eine „Bagatellsache“ handle, „schon im Hinblick auf deren Behauptung, die Wohnhausanlage sei mit zahlreichen Klimageräten versehen“, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig.

1. Schon die Möglichkeit einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Mit- und Wohnungseigentümer verpflichtet den änderungswilligen Wohnungseigentümer, die Zustimmung aller anderen Miteigentümer oder die Genehmigung des Außerstreitrichters einzuholen. Tut er das nicht oder setzt er sich über den Widerspruch eines anderen Miteigentümers hinweg, handelt er in unerlaubter Eigenmacht, insofern rechtswidrig und kann im streitigen Rechtsweg zur Beseitigung der Änderung, gegebenenfalls auch zur Unterlassung künftiger Änderungen, verhalten werden (RIS-Justiz RS0083156; vgl auch RS0012137; RS0012112).

2. Das Rekursgericht hat zutreffend wiedergegeben, dass die Genehmigungsfähigkeit einer Änderung im Sinne des § 16 Abs 2 WEG vom Streitrichter nicht als Vorfrage zu prüfen ist, sondern ausschließlich die Genehmigungsbedürftigkeit der Änderungen, ob sie also überhaupt § 16 Abs 2 WEG zu unterstellen sind (RIS-Justiz RS0083156 [T1; T3; T5; T6; T14; T20]; zuletzt 5 Ob 40/12m und 5 Ob 25/13g). Zu den allgemeinen Teilen des Hauses gehört im Lichte des § 16 Abs 2 Z 2 WEG jedenfalls die sogenannte „Außenhaut“, insbesondere die Fassade, die Außenfenster oder Rollläden (RIS-Justiz RS0069976; RS0083334). Nicht genehmigungsbedürftig sind in diesem Zusammenhang grundsätzlich nur bagatellhafte Umgestaltungen (RIS-Justiz RS0109247), weshalb schon geringfügige Nutzungen gemeinschaftlicher Teile der Zustimmung aller Mit- und Wohnungseigentümer oder der Genehmigung durch das Außerstreitgericht bedürfen (5 Ob 25/13g immolex 2013/99, 308 [Prader]). Daher wurde in der Judikatur etwa das Aufstellen einer Bank, das Anbringen eines Schuhregals, die Inanspruchnahme der Fassade oder von tragenden Wänden als Änderungen, die § 16 Abs 2 WEG unterliegen, gewertet (vgl die ausführliche Darstellung der Judikatur in 5 Ob 25/08z wobl 2009/54 [Vonkilch]).

3. Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält sich im Rahmen dieser Judikatur. Dass die Montage eines Klimageräts an der Fassade nicht bloß eine Bagatelle im Sinne der wiedergegebenen Rechtsprechung ist, folgt schon aus der damit einhergehenden Durchbohrung der Außenmauer, um die Verbindungsschläuche in das Wohnungsinnere zu leiten. Mit dem Hinweis auf (behauptete) zahlreiche weitere Klimageräte, die in der Wohnhausanlage betrieben würden, in seinem Zulassungsausspruch, spricht das Berufungsgericht daher keine im Streitverfahren zu lösende Rechtsfrage von der Bedeutung des § 502 Abs 1 ZPO an, sondern Umstände, die allenfalls in einem Verfahren nach den §§ 16 Abs 2, 52 Abs 1 Z 2 WEG Berücksichtigung finden können.

4. Auch die Revisionswerber machen keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung geltend. Die von ihr zum Nachweis der fehlenden Genehmigungspflicht angeführten Entscheidungen 5 Ob 24/08k und 5 Ob 97/09i betrafen außerstreitige Verfahren nach den §§ 16 Abs 2, 52 Abs 1 Z 2 WEG und hatten jeweils die Zulässigkeit von Änderungen zum Gegenstand. Daraus ist für den Standpunkt der Beklagten schon deshalb nichts zu gewinnen, weil die inhaltliche Prüfung, ob Maßnahmen nach § 16 Abs 2 WEG zu genehmigen sind, auf deren Genehmigungsbedürftigkeit beruht. Es entspricht auch der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass in der Abwehr eines eigenmächtigen Eingriffs eines Mit- und Wohnungseigentümers durch einen anderen Mit- und Wohnungseigentümer noch keine Schikane liegt (RIS-Justiz RS0012138). Mit ihrer Behauptung, aufgrund der „Pavillion-Bauweise“ der Wohnhausanlage wären Miteigentümer, deren Wohnungseigentumsobjekt nicht im selben Haus wie das der Beklagten gelegen ist, nicht beeinträchtigt, sprechen die Revisionswerber ebenfalls Fragen der Interessensabwägung an, die dem außerstreitigen Rechtsweg vorbehalten sind.

5. Die Revision ist somit zurückzuweisen, ohne dass es einer weiteren Begründung bedarf (§ 510 Abs 3 ZPO).

6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.

Die Beklagte hat in ihrer Rechtsmittelbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision der Klägerin hingewiesen und daher Anspruch auf Ersatz der darauf entfallenden Kosten (vgl RIS‑Justiz RS0035979).

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