OGH 4Ob171/13w

OGH4Ob171/13w19.11.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Österreichische Zahnärztekammer, *****, vertreten durch Dr. Friedrich Schulz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. P***** B*****, und 2. DDr. R***** E*****, vertreten durch Saxinger Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 31.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 29. August 2013, GZ 2 R 134/13h‑16, womit der Beschluss des Landesgerichts Wels vom 16. Juli 2013, GZ 6 Cg 99/13k‑10, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Beklagten, ein diplomierter Fachzahnarzt für Oralchirurgie und ein Facharzt für Mund‑, Kiefer‑ und Gesichtschirurgie und Zahnarzt, betreiben eine Ordinations‑ und Apparategemeinschaft, die sich in einem interdisziplinären Ärztezentrum einer mittelgroßen Stadt befindet, die unter der Gesamtbezeichnung „Kompetenzcenter Gesundheit S*****“ auftritt, verschiedene Facharztordinationen beherbergt und auf eine enge koordinierte Zusammenarbeit von Fachärzten unterschiedlicher Fachrichtungen setzt. Der Erstbeklagte verfügt über eine zehnjährige klinische Erfahrung im Bereich zahnärztlicher Chirurgie. Er arbeitete vier Jahre in einer Praxis mit dem zertifizierten Tätigkeitsschwerpunkt Implantologie. Danach war er fünf Jahre lang an einer Krankenhausabteilung für Mund‑, Kiefer‑ und Gesichtschirurgie tätig. Daneben betrieb er eine implantologische und oralchirurgische Ordination in einem anderen Gesundheitszentrum. Der Zweitbeklagte verfügt über eine 17‑jährige klinische Erfahrung, davon 15 Jahre fachspezifisch in der Mund‑, Kiefer‑ und Gesichtschirurgie sowie der Zahnmedizin. Vor der Praxiseröffnung war er sieben Jahre lang als Oberarzt an einer Abteilung für Mund‑, Kiefer‑ und Gesichtschirurgie in einem Spital sowie in einer Ordinationsgemeinschaft tätig. Er ist Mitglied nationaler und internationaler Fachgesellschaften und leitet in einem Bundesland einen Arbeitskreis für Implantologie, der in das weltgrößte Netzwerk für Implantologen eingebettet ist. In dieser Funktion ist er bei nationalen und internationalen Fortbildungen (auch) als Vortragender tätig.

Mit der Werbung für das Kompetenzcenter Gesundheit S***** ist eine Gesellschaft beauftragt, die im Rahmen ihrer Tätigkeit über die neuen Angebote im Bereich Kiefer‑ und Gesichtschirurgie sowie Implantologie anlässlich der Eröffnung der Ordination der Beklagten eine Presseaussendung verfasste und an zahlreiche Redakteure und Redaktionen versandte. Die darin enthaltene Bezeichnung „Kompetenzcenter für Kiefer‑ und Gesichtschirurgie sowie Implantologie“ ist eine Erfindung des Geschäftsführers dieser Vermarktungsgesellschaft. Grundlage für die Presseaussendung waren von dieser Gesellschaft von den Beklagten eingeholte Informationen, die Beklagten bezeichneten ihre Einrichtung stets als Ordination, nicht etwa als „Kompetenzcenter“. Die Beklagten wiesen den Geschäftsführer der Vermarktungsgesellschaft mehrfach auf die standesrechtlichen Bestimmungen und darauf hin, dass sie nur einen redaktionellen Beitrag über ihre Ordination wünschen. Mit jenen Medien, die später die von der Klägerin beanstandeten Artikel herausgaben, hatten die Beklagten nie Kontakt. Nach Ansicht des Chefredakteurs der Zeitung, in der einer der beanstandeten Artikel erschien, war dieser ein rein redaktioneller Beitrag und weder eine bezahlte Werbung noch ein bezahlter PR‑Artikel. Für den Beitrag wurde auch tatsächlich kein Entgelt geleistet.

Die Vorinstanzen wiesen das von der österreichischen Zahnärztekammer zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens gestellte Sicherungsbegehren ab, mit dem den Beklagten die Schaltung von Anzeigen, die ein Viertel einer Seite des jeweiligen Printmediums überschreiten, hilfsweise die Bewerbung ihrer zahnärztlichen Leistungen in Printmedien und redaktionellen Artikeln, in denen ihre Namen reklamehaft genannt werden, sowie die Bezeichnung ihrer Ordination als „Zentrum“ und/oder „Center“ allein und/oder in Verbindung mit weiteren Begriffen wie etwa „Kompetenzcenter für Kiefer‑ und Gesichtschirurgie und Implantologie“ verboten werden sollte. Die beanstandeten Presseartikel seien redaktionelle Beiträge und keine bezahlten Anzeigen, weshalb die Beschränkung von Anzeigen auf eine Viertelseite des jeweiligen Mediums nicht greife. Von einer reklamehaften Nennung der Namen der Beklagten in beiden Berichten könne nicht gesprochen werden. Eine Irreführung der Interessenten durch die Bezeichnung „Kompetenzcenter“ scheide aus, weil der redaktionelle Inhalt der Artikel den Umfang der Tätigkeiten beider Ärzte und die Größe der Ordination im Detail schildere, womit eine umfassende (klarstellende) Beschreibung der als „Kompetenzcenter“ bezeichneten Ordination der Beklagten erfolge. Die festgestellte Vielseitigkeit der Behandlung in der Ordination der Beklagten, die besondere Sachkunde des Personals (der Ärzte) und die Größe der Ordination bildeten Umstände, die die Ordination der Beklagten aus der Konkurrenz am Ort oder im entsprechenden Ortsteil jedenfalls abhebe. Überdies hätten die Beklagten die Verwendung der Bezeichnung „Kompetenzzentrum“ nicht zu verantworten. Sie hätten die redaktionellen Beiträge weder beauftragt noch inhaltlich vorgegeben oder beeinflusst und auch nicht entlohnt. Allein die Beantwortung von Fragen gegenüber den vom Ärztezentrum beauftragten PR‑Management ergebe keine Verpflichtung, die in Aussicht gestellte redaktionelle Einbettung im Bezug auf ihre Gemeinschaftspraxis zu überprüfen. Bei fehlendem Auftrag der Beklagten und Fehlen der Eingliederung des werbenden Dritten in das Unternehmen der Beklagten würde eine Pflicht zur Überprüfung zu einer Überspannung der Sorgfaltspflichten führen.

Rechtliche Beurteilung

In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs, mit dem die österreichische Zahnärztekammer ihr Unterlassungsbegehren weiter verfolgt, vermag sie keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Art 5b der Werberichtlinie für Zahnärzte untersagt Angehörigen des zahnärztlichen Berufs die „reklamehafte Nennung des Namens“. Das Rekursgericht hat den Begriff der reklamehaften Nennung eines Namens (einer Definition im Duden folgend) als eine mit aufdringlichen Mitteln durchgeführte Anpreisung eigener Waren oder Dienstleistungen verstanden und im Anlassfall das Vorliegen dieses Tatbestands ‑ ohne aufzugreifende Fehlbeurteilung ‑ verneint. Die beanstandeten Berichte wiesen in ihrer Überschrift und in der Einleitung auf die Erweiterung des Kompetenzcenters für Gesundheit S***** hin und geben bekannt, dass dieses Zentrum um die Ordination der Beklagten erweitert worden sei.

Auf die von der Klägerin ins Treffen geführten Änderungen (Verschärfungen) der Werberichtlinie für Zahnärzte (Wegfall des zusätzlichen Tatbestandsmerkmals der Verbindung mit einem gleichzeitig geschalteten Inserat im selben Medium) kommt es im vorliegenden Fall nicht an. Der Oberste Gerichtshof hat bereits zu 4 Ob 153/12x ‑ Fachartikel ‑ auf die Vorjudikatur zum Verbot aufdringlicher, marktschreierischer Anpreisung der eigenen Person oder Leistungen eines Arztes und auf den bei Beurteilung der jeweils gegebenen Umstände des Einzelfalls bestehenden Ermessensspielraum verwiesen und die Verneinung einer verpönten aufdringlichen Ankündigung als vertretbar gebilligt.

Auch im vorliegenden Fall liegt keine vom Obersten Gerichtshof zur Wahrung der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung vor. Der für die Beurteilung von Werbeaussagen stets maßgebliche Gesamteindruck verbietet die von der Klägerin angestrebte Wortinterpretation im Sinn unzulässiger Spitzen‑ oder Alleinstellungswerbung oder der beanstandeten Beschreibungen als marktschreierisch.

Die Frage, wie die angesprochenen Verkehrskreise eine Werbeaussage verstehen und ob sie demnach zur Irreführung geeignet ist, hat ‑ von hier nicht vorliegender krasser Fehlbeurteilung abgesehen ‑ keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung (RIS‑Justiz RS0107771 [T4]). Die Verneinung der Irreführungseignung der beanstandeten Bezeichnung „Kompetenzcenter“ ist vertretbar. Dem Text ist überdies mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass die Ordination von zwei Fachärzten betrieben wird und über welche besondere Sachkunde und Behandlungsmöglichkeiten diese verfügen.

Wird der Lauterkeitsverstoß vertretbar verneint, kommt es auf die weiters aufgeworfene Frage der Verantwortlichkeit der Beklagten für die beanstandeten Werbeaussagen iSd § 18 UWG nicht mehr an. Dem in diesem Zusammenhang von der Klägerin aufgeworfenen Fragen fehlt daher die Relevanz und somit Erheblichkeit iSd § 528 Abs 1 ZPO.

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