Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger, der von 1999 bis Dezember 2011 aufgrund eines mit der Beklagten abgeschlossenen Tankstellenpachtvertrags eine Tankstelle mit Shop, Gastronomie und Waschstraße (Folgemarktbereich) führte, zeigt zu seinem vom Berufungsgericht errechneten Ausgleichsanspruch keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf:
1. Die nach § 24 Abs 1 Z 3 HVertrG 1993 „unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit den betreffenden Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit“ entsprechend festzusetzende Ausgleichszahlung ist geradezu ein Musterbeispiel für eine nach dem jeweiligen Einzelfall zu treffende Billigkeitsentscheidung. Abgesehen von einer krassen Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht begründet sie deshalb regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0112590). Wegen der notwendigerweise an den Besonderheiten des Einzelfalls auszurichtenden Ermittlung des Anspruchs ist - entgegen der Auffassung des Klägers - für pauschale Berechnungsweisen oder die Ermittlung der Höhe des Anspruchs nach festen Formeln grundsätzlich kein Raum (RIS-Justiz RS0116276).
2. Dass die (berufungsgerichtliche) Rechtsprechung „stark divergierende“ Methoden für die Berechnung eines Provisionsanspruchs anwende, wird vom Kläger - mit Ausnahme einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Linz (11 Ra 26/08k) - nicht näher konkretisiert.
Soweit er diese Entscheidung dafür ins Treffen führt, dass die Rechtsprechung den Billigkeitsabschlag ganz allgemein, ohne Vorliegen weiterer Gründe, nicht mit zumindest 50 % ansetze, während das Oberlandesgericht Wien „im Allgemeinen“ von einem solchen Billigkeitsabschlag ausgehe, übersieht er, dass der Billigkeitsabschlag im vorliegenden Fall nicht „allgemein“, sondern aufgrund der Lage und Ausstattung der Tankstelle, der dem Kläger gemachten Vorgaben, dem Marketing durch die Beklagte und der - als erheblich festgestellten - Sogwirkung der Marke gemäß § 273 ZPO mit 50 % bemessen wurde. Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung ist hier nicht ersichtlich.
3. Auch die Dauer des Prognosezeitraums hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0116276 [T10]). Die Annahme eines Prognosezeitraums von vier Jahren entspricht der Rechtsprechung (6 Ob 170/02x: zwei bis fünf Jahre). Für die vom Kläger begehrte Erstreckung auf ein fünftes Jahr bestehen keine hinreichenden Gründe:
Es ist zwar richtig, dass sich der Stammkundenanteil auf Basis einer - hier nicht bekämpften und von ihm als richtig erachteten - degressiv berechneten Abwanderungsquote im fünften Jahr rein rechnerisch noch nicht auf Null reduziert hat. Das wäre auch in vielen Folgejahren noch nicht der Fall. Allerdings wurde bereits in der Entscheidung 6 Ob 170/02x eine Fortrechnung des Provisionsverlustes bis zur gänzlichen Auflösung des Kundenstocks abgelehnt. Denn zum einen würde ein solcher Ansatz dem Erfordernis, dass die Prognose für einen überschaubaren, in seiner Entwicklung noch abschätzbaren Zeitraum anzustellen ist (s auch Nocker, HVertrG § 24 Rz 529), nicht gerecht. Zum anderen müssen die Vorteile des Unternehmens aus der Geschäftsbeziehung mit dem Handelsvertreter auch noch nach Auflösung des Vertragsverhältnisses erheblich sein, um einen Ausgleichsanspruch zu begründen. In diesem Zusammenhang hat das Berufungsgericht aber zutreffend ausgeführt, dass der Stammkundenumsatzanteil mit zunehmendem Zeitverlauf auch im Service des Nachfolgepächters begründet ist und die Dienste des Vorpächters insoweit „verblassen“.
Für den Standpunkt des Klägers ist auch aus der Entscheidung des EuGH vom 26. 3. 2009, C-348/07, Turgay Semen/Deutsche Tamoil GmbH, nichts zu gewinnen, weil darin lediglich ausgesprochen wurde, dass der Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters nicht von vornherein mit seinen Provisionsverlusten begrenzt sein darf, auch wenn die dem Unternehmer verbleibenden Vorteile höher zu bewerten sind. Eine derartige Begrenzung enthält § 24 HVertrG aber nicht. Die Annahme eines vierjährigen Prognosezeitraums bedarf danach keiner Korrektur.
4. Der Kläger meint schließlich, dass die Vorinstanzen bei der Berechnung des Höchstbetrags im Folgemarkt zu Unrecht atypische Kosten abgezogen hätten.
Der Kläger erwirtschaftete im Folgemarkt keine Provisionen, sondern den Gewinn aus der Handelsspanne, sodass für seinen Ausgleichsanspruch in Analogie zu § 24 HVertrG ein Provisionsäquivalent zu bilden ist. Für dieses stellt die Rechtsprechung allgemein auf die Handelsspanne des Händlers zuzüglich allfälliger auf die Vermittlungstätigkeit zurückzuführender Sondervergütungen ab. Davon sind jene Vergütungen abzuziehen, die der Händler für Leistungen erhält, die ein Handelsvertreter typischerweise nicht erbringt (RIS-Justiz RS0062645 [T1]; RS0116277; 7 Ob 122/06a mwN). Der Abzug von Kosten, die von einem Handelsvertreter typischerweise nicht zu tragen sind (Eigenhändlerkosten wie Franchisegebühr, Getränkesteuer, Sachversicherung, atypisches Personal, Energiekosten und Abfallentsorgungskosten), wurde bereits in der Entscheidung 7 Ob 122/06a als sachgerecht erachtet, auch wenn die Kosten teilweise auf werbende Tätigkeiten entfallen und daher Vertriebskosten darstellen sollten (s auch Ebner, Die Berechnung des Ausgleichsanspruchs des Tankstellenpächters, RdW 2008, 385, 389). Die vom Kläger dagegen herangezogenen Literaturmeinungen beziehen sich demgegenüber überwiegend auf den Ausgleichsanspruch eines provisionsberechtigten Handelsvertreters. Ein Anlass, um von der genannten Rechtsprechung abzugehen, besteht nicht.
5. Da die außerordentliche Revision damit insgesamt keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt, die einer Klärung durch den Obersten Gerichtshof bedürfte, ist sie zurückzuweisen.
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