Spruch:
Die Nichtigkeitsklage wird zurückgewiesen.
Der Antrag der Klägerin, ihr zur Einbringung einer Nichtigkeitsklage zum Verfahren AZ 32 Cga 137/09i des Arbeits- und Sozialgerichts Wien die Verfahrenshilfe unter Beigebung eines Rechtsanwalts zu bewilligen, wird abgewiesen.
Text
Begründung
Die Klägerin verrichtete für den Beklagten Buchhaltungstätigkeiten auf Basis einer Honorarvereinbarung. Im Ausgangsverfahren war strittig, ob die Klägerin aufgrund eines echten Arbeitsvertrags oder als freie Dienstnehmerin tätig war. Ausgehend von der Behauptung, dass die Arbeitsumstände jenen eines echten Arbeitsverhältnisses entsprochen hätten, begehrte die Klägerin Gehaltsdifferenzen und Sonderzahlungen, weiters eine Kündigungsentschädigung in Höhe von zwei Monatsgehältern, eine Abfertigung ebenfalls in Höhe von zwei Monatsgehältern sowie eine Urlaubsersatzleistung für sieben Tage. Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Das Berufungsgericht bestätigte das abweisende Urteil hinsichtlich kollektivvertraglichen Entgelts, Sonderzahlungen, Urlaubsersatzleistung und Abfertigung. In Bezug auf eine mögliche Kündigungsentschädigung hob es das angefochtene Urteil (im Umfang von 11.932,64 EUR sA) hingegen auf. Die von der Klägerin gegen das abweisende Teilurteil des Berufungsgerichts erhobene außerordentliche Revision wurde vom Obersten Gerichtshof mit Beschluss vom 27. 6. 2013, 8 ObA 40/13k, zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 7. 8. 2013 wandte sich die Klägerin an den Obersten Gerichtshof. Darin führte sie aus, dass sich ihr früherer Arbeitgeber das Urteil im Ausgangsverfahren zu Nutze machen wolle. Für seinen Verzicht auf Kostenersatz fordere er von der Klägerin die Erklärung, dass er ihr Aufträge diverser von ihm vertretener Firmen vermittelt und sie die Buchhaltungsarbeiten im Rahmen ihrer Tätigkeit als gewerbliche Buchhalterin zu erledigen gehabt habe. Ihre Angaben gegenüber der Wiener Gebietskrankenkasse werde sie allerdings nicht widerrufen. Sie wolle daher die „Wiederaufnahme“ des Verfahrens beantragen und den Erstrichter noch einmal ablehnen. Obwohl die Klägerin die Begriffe „Wiederaufnahmsklage“ und „Nichtigkeitsklage“ verwendet, betrifft der von ihr angezogene Anfechtungsgrund eine Nichtigkeitsklage nach § 529 Abs 1 Z 1 ZPO.
Über Verbesserungsauftrag des Obersten Gerichtshofs teilte die Klägerin mit Schreiben vom 8. 9. 2013 mit, dass sie an ihrer (richtig) Nichtigkeitsklage zur Ablehnung des Erstrichters wegen Befangenheit sowie an ihrem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe festhalte. Aus Anlass ihrer Einvernahme im erstinstanzlichen Verfahren am 20. 4. 2010 habe sie ihren Vertreter ersucht, den Erstrichter abzulehnen. Die Nichtigkeitsklage umfasse auch den Punkt, dass sie während des Zeitraums von 7,5 Monaten (28. 9. 2011 bis 16. 5. 2012) durch keinen Anwalt vertreten gewesen sei, weil die Bewilligung der Verfahrenshilfe Zeit in Anspruch genommen habe. In diesem Zeitraum sei ihr Antrag auf Ablehnung des Erstrichters abgewiesen worden. Dagegen habe sie einen Rekurs zu Protokoll gegeben; dieser Rekurs sei auch von der Verfahrenshelferin unterschrieben worden.
Rechtliche Beurteilung
Dazu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:
1. Gemäß § 529 Abs 1 ZPO kann eine rechtskräftige Entscheidung, durch die eine Sache erledigt ist, mit Nichtigkeitsklage angefochten werden. Die Sache wird durch Urteile und ihnen gleichgestellte Entscheidungen erledigt, die abschließend über ein Rechtsschutzbegehren absprechen. Dazu gehören auch Beschlüsse des Obersten Gerichtshofs auf Zurückweisung einer außerordentlichen Revision (8 Ob 89/11p).
Im Anlassfall ist damit gemäß § 532 ZPO die Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs zur Entscheidung über die vorliegende Nichtigkeitsklage gegeben.
2.1 Gemäß § 538 Abs 1 ZPO ist die Nichtigkeitsklage ohne Anberaumung einer Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung bereits im Vorprüfungsverfahren zurückzuweisen, wenn kein tauglicher Anfechtungsgrund geltend gemacht wird oder ein Zurückweisungsgrund vorliegt. Letzteres ist etwa der Fall, wenn die Beschwer des Rechtsmittelklägers fehlt oder die Nichtigkeitsklage nicht rechtzeitig erhoben wurde (8 Ob 89/11p). An einem gesetzlichen Anfechtungsgrund fehlt es, wenn sich der behauptete Sachverhalt unter keinen Nichtigkeitsgrund einordnen lässt oder die geltend gemachte Nichtigkeit geheilt ist.
2.2 Im Anlassfall mangelt es an einem tauglichen Anfechtungsgrund. Die Nichtigkeitsklage nach § 529 Abs 1 Z 1 ZPO setzt voraus, dass der Richter kraft Gesetzes ausgeschlossen war. Nicht erfasst ist die Entscheidung durch einen (auch rechtskräftig) wegen Befangenheit abgelehnten Richter (RIS-Justiz RS0042070; RS0041974). Die Ausgeschlossenheit eines Richters ist also von der (behaupteten) Befangenheit zu unterscheiden. Eine angebliche Befangenheit genügt von vornherein nicht, um den angezogenen Nichtigkeitsgrund darzulegen.
Davon abgesehen könnte selbst eine Ausgeschlossenheit nicht mehr mittels Nichtigkeitsklage geltend gemacht werden, wenn der Partei dieser Grund schon während des Ausgangsverfahrens bekannt war und sie diesen daher mit einem Ablehnungsgesuch oder einem entsprechenden Rechtsmittel hätte geltend machen können oder dies sogar erfolglos getan hat. Im Anlassfall wäre nach dem Vorbringen der Klägerin selbst eine Ausgeschlossenheit des Erstrichters nach § 529 Abs 2 und 3 ZPO bereits geheilt.
2.3 Auch die Ausführungen der Klägerin zu ihrem Rekurs im bereits abgeführten Verfahren zur Ablehnung des Erstrichters beziehen sich auf keinen gesetzlichen Anfechtungsgrund. Die Klägerin war in diesem Ablehnungsverfahren bereits durch ihre Verfahrenshelferin vertreten.
3. Ist die Nichtigkeitsklage sofort zurückzuweisen, so hat der Oberste Gerichtshof auch über den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zu entscheiden (8 Nc 2/12d). Gemäß § 63 Abs 1 ZPO ist einer Partei die Verfahrenshilfe nicht zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Offenbar mutwillig ist eine Prozessführung dann, wenn die Partei sich der Unrichtigkeit ihres Prozessstandpunkts bewusst ist und sich in diesem Bewusstsein in einen Prozess einlässt. Der Verfahrenshilfewerber muss sich dabei daran messen lassen, ob eine nicht die Verfahrenshilfe beanspruchende Partei bei verständiger Würdigung der Umstände von der Führung des Verfahrens absehen würde. Offenbar aussichtslos ist eine solche Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, die schon ohne nähere Prüfung der Angriffs- oder Abwehrmittel als erfolglos erkannt werden kann (8 Nc 2/12d).
Sind die in § 530 ZPO genannten Voraussetzungen für eine Nichtigkeitsklage von vornherein nicht gegeben, so ist der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe jedenfalls wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)