OGH 4Ob59/13z

OGH4Ob59/13z22.10.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadtgemeinde S*****, vertreten durch Held, Berdnik, Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Einwilligung (Streitwert 36.000 EUR sA), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 24. Jänner 2013, GZ 2 R 218/12v‑67, womit das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 20. August 2012, GZ 59 Cg 19/10k‑60, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die „Revision im Kostenpunkt“ wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.119,24 EUR (darin enthalten 186,54 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Stadtgemeinde ist ein international bekannter Ort in der Obersteiermark. Für die Klägerin ist die Domain schladming.at registriert. Die beklagte GmbH beschäftigt sich mit dem Geschäftszweig „Touristeninformation“. Sie betreibt die Plattform t***** im Internet, eine Plattform für Tourismus‑Destinationen und Unterkunftgeber. Unterkünfte können auf der Plattform präsentiert werden, und bei erfolgreichen Buchungen erhält die Beklagte eine Buchungsprovision. Die Beklagte verfügt unter anderem über die Domain schladming.com. Sie hat diese Domain am 14. 1. 1997 bei der Registrierungsstelle ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers) mit Sitz in New York für sich registrieren lassen. Gibt ein Internetnutzer über die Adresszeile seines Internet-Browsers schladming.com ein, so gelangt er auf eine „Schladming-Seite“, welche von der Beklagten gehostet wird. Die Haupteinnahmen der Beklagten stammen aus den Provisionen für Unterkünfte. Die Klägerin erhob am 21. 10. 2009 vor dem WIPO Arbitration and Mediation Center Klage gegen die Beklagte; mit Entscheidung vom 14. 1. 2010 wurde diese abgewiesen. Nach der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (UDRP) ist eine Übertragung der strittigen Domain während eines behängenden Verfahrens und noch 15 Tage nach Abschluss desselben ebenso ein Wechsel der Registrierungsstelle verboten. Die Registrierungsstelle ICANN löscht, überträgt oder ändert Domainnamenregistrierungen unter anderem aufgrund einer Erklärung des Domaininhabers, nach Erhalt einer entsprechenden Anordnung durch ein Gericht oder einer Entscheidung des Verwaltungsausschusses.

Die Klägerin begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, die Internet-Domain www.schladming.com zu verwenden und/oder eine andere Domain, die in verwechslungsfähiger Form den Begriff „Schladming“ enthält, zur Kennzeichnung einer Internet-Webseite zu verwenden, und es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, die genannte Domain im Internet zu belegen und/oder zu benützen und/oder benützen zu lassen. Weiters begehrt sie die Übertragung der Domain www.schladming.com an sich, Anweisung der Registrierungsstelle auf Übertragung und in eventu Einwilligung der Beklagten in die Löschung der Domain. Die Beklagte habe für die Verwendung der Internet-Domain www.schladming.com keine Genehmigung der Klägerin eingeholt, sie verfüge über keine eigenen Rechte an der Bezeichnung „Schladming“. Es liege eine Namensanmaßung vor, die eine Zuordnungsverwirrung im Sinne einer Verwechslungsgefahr bewirke, weil die Internetnutzer annähmen, dass die Webseite von der Namensträgerin selbst ‑ der Klägerin ‑ betrieben werde. Der Beklagten liege es daran, Hotels, Unterkünfte und dergleichen an Internet-User zu vermitteln. Es gehe nicht um Informationen über die Klägerin. Ihr Interesse bestehe darin, ausschließlich zahlenden Kunden die Möglichkeit zu geben, sich zu präsentieren. Dies bedeute einen Verstoß gegen § 1 UWG. Weiters stützte sich die Klägerin auf § 9 UWG und auf § 43 ABGB.

Die Beklagte wendete ein, zu diesem Internet-Angebot der Klägerin auf schladming.at und jenem der Beklagten auf schladming.com bestehe kein Unterschied. Auch die Klägerin stelle ein „Online-Buchungstool“ zur Verfügung und betreibe einen „Online-Shop“. Insgesamt bestehe daher ein Interessengleichklang zwischen den Streitteilen. Eine Zuordnungsverwirrung sei schon deshalb ausgeschlossen, weil ein Unterschied zwischen .com-Domains und .at-Domains bestehe. Domains mit der TLD.com würden von kommerziellen Anbietern genutzt; der Internetnutzer erwarte sich dabei jedenfalls keine Körperschaft öffentlichen Rechts.

Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren und dem Begehren auf Einwilligung in die Löschung der Domain statt und wies das Übertragungsbegehren ab. Zusammengefasst stellte das Erstgericht ‑ nach Einholung eines Sachverständigengutachtens im zweiten Rechtsgang - fest, etwa 3/4 der Internetnutzer suchten Informationen über einen bestimmten Ort/eine bestimmte Region, zB touristische Angebote über Suchmaschinen; die Top-Level-Domain „.com“ sei für ca 45 % aus der Gruppe der touristisch interessierten Internetnutzer ohne Bedeutung, nur ca 44 % glaubten, ihr etwas Bestimmtes zuordnen zu können, dabei lägen aber nur maximal ca. 20 % richtig, wolle man „commercial“ und „Firmenkennung“ als richtiges Ergebnis werten; vor die Wahl gestellt, ob „.com“ etwas über eine private oder öffentliche Stelle aussage, gebe es keine signifikante Bevorzugung der einen oder anderen Deutung; speziell zu schladming.com bestehe bei über einem Drittel der touristisch interessierten User die Vorstellung, dass diese Internetadresse von der Stadtgemeinde Schladming stamme. Es bestehe daher ein Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß § 43 ABGB, da eine Zuordnungsverwirrung gegeben sei. Einen Übertragungsanspruch verneinte das Erstgericht, da die Registrierungsstelle ICANN ihren Sitz in den USA habe, die Wirkung dieser Entscheidung sich somit nicht unmittelbar auf sie erstrecke, und so eine Anordnung der Übertragung der klagsgegenständlichen Domain nicht durchsetzbar wäre. Darüber hinaus ginge die Übertragung der Domain über eine Beseitigung des rechtswidrigen Zustands weit hinaus und verschaffe dem Kläger eine Rechtsposition, deren Begründung eines besonderen Rechtsanspruchs bedürfe. Dem Löschungsbegehren gab das Erstgericht unter Berufung auf die ständige Rechtsprechung statt.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige 30.000 EUR und die ordentliche Revision sei ‑ zur Frage des Bestehens eines Anspruchs auf Übertragung einer Domain ‑ zulässig. Die Beklagte habe sich zwar mit der Registrierung der Domain der UDRP unterworfen, wonach sie verpflichtet sei, im Streitfall die Domain einem besseren Anspruchsteller zu übertragen, wobei es keinen Unterschied mache, ob die Feststellung der rechtswidrigen und missbräuchlichen Registrierung und Nutzung durch ein Schiedsgericht der WIPO oder durch ein ordentliches Zivilgericht erfolge. Jedoch müsse nach Punkt 2. der UDRP derjenige, der eine Domainregistrierung, -beibehaltung bzw -verlängerung bei der ICANN beantrage, erklären und gewährleisten, dass 1. die von ihm in der Registrierungsvereinbarung gemachten Angaben vollständig und richtig seien, 2. die Registrierung des Domainnamens seines Wissens in keiner Weise Rechte Dritter verletze, 3. er die Domain nicht zu rechtswidrigen Zwecken registrieren und 4. er den Domainnamen nicht wissentlich unter Nichteinhaltung anwendbarer Gesetze und Vorschriften verwenden dürfe. Insbesondere eine Wissentlichkeit im genannten Sinn bei Registrierung der Domain schladming.com habe die Klägerin aber nie behauptet. Die Domain sei am 14. 1. 1997 registriert worden. Nach früherer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sei kein rechtswidriges Ausnutzen des Namens einer Gemeinde vorgelegen, wenn ein „Interessengleichklang“ zwischen dem Namensträger und dem Domaininhaber bestanden habe. Dass die Registrierung bereits am 14. 1. 1997 einem rechtswidrigen Zweck gedient habe, habe die Klägerin nie behauptet. Behauptungen in erster Instanz fehlten auch, soweit nunmehr die Klägerin Schutzwirkungen zugunsten Dritter für sich aus dem Registrierungsvertrag in Anspruch nehme. Wesentlich sei aber vor allem auch, dass im Zentrum der UDRP der Schutz des Markenrechts vor unberechtigten Registrierungen oder eines amtlichen Kennzeichens stehe. Das Namensrecht werde in die Regeln der UDRP nicht ausdrücklich einbezogen. Mit Erlass der ACAP (Application Configuration Access Protocol) sei in den USA nur ein Schutz von Personennamen gegenüber Internetdomains eingeführt worden. Nicht geschützt seien aber Namen von Gemeinden und Regionen, sodass die Klägerin, die sich auf einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter berufe, den erhobenen Übertragungsanspruch jedenfalls nicht auf die UDRP stützen könne.

Gegen die Abweisung des Übertragungsanspruchs richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag, der Klage auch insoweit Folge zu geben. Die Ausführung des Berufungsgerichts, wonach die Klägerin in erster Instanz keine Behauptungen hinsichtlich des rechtswidrigen Zwecks der Registrierung im Jahr 1997 erhoben hätte, sei aktenwidrig und begründe einen Verfahrensmangel. Tatsächlich habe die Klägerin vorgebracht, die Beklagte habe den Namen der Klägerin als .com-Domain wissentlich und mit dem Zweck registrieren lassen, Internetuser auf deren eigene Webseite zu locken, um dadurch geschäftliche Vorteile zu erzielen. Die Klägerin habe auch vorgebracht, dass sich die Beklagte mit Registrierung der Domain den Regelungen der WIPO, insbesondere der UDRP unterworfen habe und die Bestimmung der UDRP betreffend Übertragung eine Vertragsbestimmung mit Schutzwirkung zugunsten des geschädigten Berechtigten sei. Unrichtig sei die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach es zur Frage der Rechtmäßigkeit der Registrierung der Domain auf die Rechtsprechung zu diesem Zeitpunkt und nicht auf die aktuelle Rechtsprechung ankomme. Vom Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter seien jene Personen erfasst, deren Kontakt mit der vertraglichen Hauptleistung beim Vertragsschluss vorhersehbar gewesen sei. Nach der UDRP würden auch Dritte geschützt, die über kein Markenrecht an der Domain verfügten. Im Übrigen habe sich die Klägerin aber schon in erster Instanz auch auf Wettbewerbs- und Markenrecht gestützt. Nachdem eine Übertragung durch die UDRP vorgesehen sei, sei die Klägerin als rechtmäßige Namensinhaberin gegenüber der Beklagten als rechtswidrige Domaininhaberin nicht ungerechtfertigt privilegiert. Die der Klägerin auf Basis des Schadenersatzrechts zustehende Naturalrestitution bedeute hier die Herausgabe bzw Übertragung der Domain. Dieser Übertragungsanspruch ergebe sich auch aus dem Beseitigungsanspruch gemäß § 43 ABGB im Zusammenhang mit der Unterwerfung der Beklagten unter die Regelungen der UDRP. Die fehlenden Ausführungen des Berufungsgerichts über die Wortbildmarke der Klägerin mit dem Schriftzug „Schladming“ rügt die Klägerin als sekundären Feststellungsmangel. Im Übrigen erhebt die Klägerin eine „Revision im Kostenpunkt“.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen bzw ihr nicht Folge zu geben. Zurückzuweisen sei sie deswegen, weil das von der Klägerin in eventu erhobene Begehren auf Einwilligung in die Löschung der Domain bereits rechtskräftig und vollstreckbar und das Übertragungsbegehren daher nunmehr ausgeschlossen sei. Die Domain könne entweder nur gelöscht oder an die Klägerin übertragen werden.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Eine Entscheidung über das Eventualbegehren setzt voraus, dass das Hauptbegehren abgewiesen wurde. Wenn aber das Erstgericht nach Abweisung des Hauptbegehrens dem Eventualbegehren stattgibt, wird diese stattgebende Entscheidung selbst dann nicht rechtskräftig, wenn zwar die Abweisung des Hauptbegehrens vom Kläger bekämpft wird, die (stattgebende) Entscheidung über das Eventualbegehren aber unbekämpft bleibt (4 Ob 123/79; RIS‑Justiz RS0007269; vgl auch Fasching/Klicka in Fasching/Konecny 2 § 411 ZPO Rz 6; E. Kodek in Rechberger 3, § 462 ZPO Rz 3).

Die Stattgebung des Eventualbegehrens (Löschungsanspruch) steht daher im vorliegenden Fall nicht der Anfechtung der Abweisung des Hauptbegehrens (Übertragungsanspruch) entgegen.

2. In der Entscheidung 4 Ob 226/04womega.at wurde ausgeführt, dass nach der österreichischen Rechtslage das praktische Bedürfnis an einem Anspruch auf Übertragung einer Domain gering sei, weshalb die Frage, ob unter bestimmten Voraussetzungen ein Herausgabeanspruch und damit ein Anspruch auf Übertragung der Domain zu bejahen sei, keiner endgültigen Klärung bedürfe. Zu 4 Ob 165/05arechtsanwälte.at wurde der Anspruch auf Übertragung einer Domain abgewiesen, weil die Kläger die Voraussetzungen für einen solchen nicht behauptet hätten.

3. In der österreichischen Literatur wird der Anspruch auf Übertragung ‑ mit verschiedener Begründung - mitunter bejaht. So meint Kucsko (Schmarotzen im Netz, ÖBl 1999, 1), bei Verletzung einer prioritätsälteren Marke durch unbefugte Übernahme dieses Kennzeichens durch einen Dritten als Domain-Name könnte allenfalls in Analogie zu § 30a MSchG ein Übertragungsanspruch begründet sein (so auch Brandl/Fallenböck, Zu den namens- und markenrechtlichen Aspekten der Domain-Namen im Internet, wbl 1999, 481). Thiele (Shell gegen Shell ‑ eine neue Dimension des Domainrechts?, MR 2002, 198; Nochmals: Übertragungsanspruch bei Domainstreitigkeiten, RdW 2006, 79) beruft sich auf den Rückgabeanspruch gemäß § 1041 ABGB, der in Domainstreitigkeiten dazu dienen könne, die strittige Domain auf den verletzten Kennzeichenträger zu übertragen, bzw auf § 335 ABGB (Thiele, Von Wurzeln und Flügeln ‑ Neues zum Löschungs- und Übertragungsanspruch in Domainstreitigkeiten, JusIT 2008, 85). Anderl (Plädoyer für den Domain-Übertragungsanspruch, ecolex 2006, 767) argumentiert einen Übertragungsanspruch auf Basis des Schadenersatzrechts. Für die Ableitung eines Übertragungsanspruchs aus dem allgemeinen Bereicherungs- bzw Schadenersatzrecht sprach sich auch Nussbaumer (in Pöckinger/Duursma/Mayrhofer, Internetrecht [2004] 125) aus.

4. Dem Domain-Übertragungsanspruch ablehnend gegenüber stehen etwa Fraiss (RdW 2005, 469) und Boecker (Ein Plädoyer wider den Domainübertragungsanspruch, ecolex 2007, 953). G. Korn (MR 2006, 215) vermisst eine tragfähige Grundlage für einen Übertragungsanspruch bei Domainstreitigkeiten. Auch Eberwein (Wettbewerbsrechtliche Aspekte von Domains und Suchmaschinen [2012] 180) verneint den ‑ seiner Meinung nach wünschenswerten ‑ Übertragungsanspruch angesichts fehlender Rechtsgrundlagen.

5. In Deutschland hat der Bundesgerichtshof mit seiner Entscheidung vom 22. 11. 2001, I ZR 138/99 ‑ shell.de einen Übertragungsanspruch abgelehnt (das dortige Berufungsgericht hatte einen solchen unter Rückgriff auf das Patentrecht und den Grundbuchberichtigungsanspruch bejaht). Es gebe zwar ein absolutes Recht an einer Erfindung oder an einem Grundstück, nicht aber ein absolutes, gegenüber jedermann durchsetzbares Recht auf Registrierung eines bestimmten Domain-Namens. Auch unter dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes könne ein Domain-Übertragungsanspruch nicht begründet werden, denn mit einem Anspruch auf Umschreibung würde der Anspruchsteller unter Umständen besser gestellt, als er ohne das schädigende Ereignis gestanden hätte. Es bliebe nämlich dabei unberücksichtigt, dass es noch weitere Prätendenten geben könne, die ‑ werde das schädigende Ereignis weggedacht ‑ vor ihm zum Zuge gekommen wären (vgl dazu auch Thiele, MR 2002, 198).

6. Auch im deutschen Schrifttum werden unterschiedliche Auffassungen zum Anspruch auf Übertragung von Domain-Namen vertreten. So führt M. Viefhues in Hoeren/Sieber, Multimedia-Recht [2013] aus, dass es für die Parallele zum Patentrecht und zum Grundbuchrecht an einer vergleichbaren Sach- und Rechtslage fehle. Der Rückgriff auf das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag scheitere bei mehreren möglichen Geschäftsherren. Die Eingriffskondiktion gehe unzutreffend von der Prämisse aus, ein Domainname könne einer bestimmten Person zustehen. Verschiedene Personen könnten gleichermaßen berechtigte Interessen an einem Domainnamen besitzen. Dann stehe der Domainname aber keiner der betreffenden Personen mehr zu als der jeweils anderen. Es sei nicht ersichtlich, warum eine der mehreren gleichberechtigten Personen einen Anspruch auf den Domainnamen haben solle, wenn es an einer abgestuften Berechtigung fehle. Vielmehr würde die Zuordnung nach dem Zufallsprinzip erfolgen, je nachdem auf wessen Branche oder Waren sich der Inhalt der Website gerade beziehe. Bei Kollision mit den Kennzeichen zweier Personen würde die Zuordnung nach der Schnelligkeit der Klageerhebung erfolgen. Ein Übertragungsanspruch bestehe daher jedenfalls grundsätzlich nicht (ähnlich Schulte-Beckhausen in Gloy/Loschelder/Erdmann, Wettbewerbsrecht4 § 63 Rn 25). Fezer in Fezer, Markenrecht4 Rn 117 hält hingegen einen bereicherungsrechtlichen Übertragungsanspruch für möglich, weil nicht ausgeschlossen sei, dass ein Domainname als Vermögensgegenstand zum Schutzinhalt bestimmter Kennzeichenrechte und damit zu deren bereicherungsrechtlichem Zuweisungsgehalt gehöre. Das sei etwa bei Städtenamen, öffentlichen Einrichtungen, bekannten Institutionen, Verbänden und Stiftungen anzunehmen. Auch bekannten Unternehmenskennzeichen sollte ein solcher Schutzinhalt zuerkannt werden. Bei bekannten Marken und bekannten Werktiteln werde es auf die tatsächlichen Marktverhältnisse ankommen.

7. Vielfach wird auch darauf hingewiesen, dass für einen Übertragungsanspruch kein tatsächliches Bedürfnis bestehe. Der Kennzeichenberechtigte könne sich nämlich dadurch hinreichend absichern, dass er bei der Vergabestelle zu seinen Gunsten einen so genannten Dispute-Antrag stelle (früher Wait-Antrag). Dieser bewirke, dass der Kennzeichenberechtigte in die Domainposition nachrücke, wenn der vorherige Inhaber der Domain, also der Kennzeichenverletzer, gelöscht werde (ua Schulte-Beckhausen, aaO). Auch der Bundesgerichtshof führte in der oben zitierten Entscheidung shell.de aus, für einen Anspruch auf Umschreibung oder Übertragung bestehe kein praktisches Bedürfnis: Der Anspruchsteller könne sich als erster Prätendent seinen Rang durch einen so genannten Dispute-Eintrag bei der DENIC (Deutsches Network Information Center) absichern lassen; habe dagegen ein Dritter bereits vor ihm seinen Anspruch durch einen solchen Eintrag angemeldet, bestehe kein Anlass, dessen Rangposition durch einen Übertragungsanspruch in Frage zu stellen.

Für .at-Domains ‑ hier nicht klagsgegen-ständlich - wird das praktische Bedürfnis an einem Übertragungsanspruch als größer erachtet, weil der Wartestatus der nic.at lediglich eine Übertragung auf Dritte verhindere, aber nicht bewirke, dass der Inhaber des Wartestatus bei Löschung der Registrierung neuer Domaininhaber werde (G. Korn, MR 2006, 215).

8. Die Domain der Beklagten ist bei der Registrierungsstelle ICANN mit Sitz in den USA registriert. Nach Punkt 3. der ICANN-Richtlinie über die Lösung von Streitigkeiten um Domänennamen löscht, überträgt oder ändert die Registrierungsstelle u.a. aufgrund einer Erklärung des Domaininhabers, nach Erhalt einer entsprechenden Anordnung durch ein Gericht oder ein Schiedsgericht der zuständigen Gerichtsbarkeit und/oder nach Erhalt eines entsprechenden Beschlusses durch einen Verwaltungsausschuss. Punkt 4. sieht für den Fall der bösgläubigen Registrierung des Domainnamens ein zwingendes Verwaltungsverfahren vor. Nach Punkt 8. ist die Übertragung eines Domainnamens auf einen neuen Inhaber während eines Gerichts- oder Schiedsgerichtsverfahrens hinsichtlich des Domainnamens nicht möglich, es sei denn, die Partei, auf die die Domainnamenregistrierung übertragen wird, verpflichtet sich schriftlich, sich an die Entscheidung durch das Gericht oder Schiedsgericht zu halten.

9. Punkt 3. der genannten Richtlinie verschafft dem (kennzeichenberechtigten) Dritten ‑ wie schon aus dem Wortlaut zu entnehmen ‑ keinen direkten Anspruch. Es liegt daher kein (echter) Vertrag zugunsten Dritter im Sinn von § 881 ABGB vor. Aber auch die ‑ von der Klägerin bemühte - Rechtsfigur des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ist nicht geeignet, einen Übertragungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu begründen, besagt doch Punkt 3. der ICANN-Richtlinie nur, dass die Registrierungsstelle im Fall des Vorliegens eines entsprechenden Urteils die Übertragung vornehmen werde; das heißt, der Kennzeichenberechtigte hat ‑ bei Vorlage eines entsprechenden Urteils ‑ allenfalls einen Anspruch gegen die Registrierungsstelle auf Übertragung der Domain. Ein Anspruch gegen den Kennzeichenverletzer kann aus der ICANN-Richtlinie nicht abgeleitet werden.

10. Beim Übertragungsanspruch nach § 30a Abs 3 MSchG handelt es sich um eine Spezialnorm betreffend Agentenmarken. Voraussetzung für die Subsumtion, eines Sachverhalts unter diesen Tatbestand ist, dass zwischen den Parteien ein geschäftliches Vertrauensverhältnis bestanden hat, demgemäß der „Agent“ zur Wahrung der geschäftlichen Interessen seines Vertragspartners verpflichtet ist (vgl Engin-Deniz, MschG2 328). Dies ist hier nicht gegeben; die Norm eignet sich daher nicht zur analogen Anwendung.

11. Die Verwendungsklage nach § 1041 ABGB beruht auf dem Gedanken, dass jemand Vorteile aus dem ungerechtfertigten Eingriff in ein einem anderen ausschließlich zugewiesenes Rechtsgut gezogen hat (Lurger in Kletecka/Schauer, ABGB-ON 1.00 § 1041 Rz 1). Bei der Domain schladming.com handelt es sich aber nicht um ein der Klägerin ausschließlich zugewiesenes Rechtsgut. Sie hat zwar einen namensrechtlichen Anspruch am Ortsnamen „Schladming“, und die Verwendung der klagsgegenständlichen Domain durch die Beklagte verletzte die Klägerin in ihrem Namensrecht. Dies schließt aber nicht aus, dass es einen Dritten geben könnte, der mit der gleichen Berechtigung wie die Klägerin einen Anspruch auf die Domain geltend zu machen beabsichtigt. Denkbar wäre etwa die Namensgleichheit der Ortsbezeichnung mit einer Person. In einem solchen Fall wäre es nicht sachgerecht, der Klägerin bloß wegen ihrer früheren Klagsführung einen Vorteil zu gewähren. Ein weiteres Argument gegen die Gewährung eines Übertragungsanspruchs liegt darin, dass Verwendungs- oder Unterlassungsklage nicht dazu gedacht sind, den Anspruchsteller besser zu stellen als er ohne die Verletzungshandlung gestanden wäre. Auch der Aspekt des Schadenersatzes rechtfertigt kein anderes Ergebnis (vgl Krumpholz, Rechtsfragen von Domain-Namen [2003] 191).

12. Zusammengefasst ist festzuhalten, dass der begehrte Übertragungsanspruch mangels geeigneter Rechtsgrundlage nicht zu Recht besteht. Sollte ein praktisches Bedürfnis danach bestehen, wäre es Sache des Gesetzgebers, eine entsprechende Anspruchsgrundlage zu schaffen.

Der Revision der Klägerin ist daher nicht Folge zu geben.

13. Der Ausschluss eines (Revisions‑)Rekurses gegen Kostenentscheidungen der zweiten Instanz (§ 528 Abs 2 Z 3 ZPO) erstreckt sich auf alle Entscheidungen, mit denen in irgendeiner Form über Kosten abgesprochen wird (RIS-Justiz RS0110033, RS0044233, RS0053407 uvm). Soweit die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts angefochten wird, ist das Rechtsmittel daher unzulässig.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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