OGH 15Os53/13b

OGH15Os53/13b2.10.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Oktober 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Dr. Michel-Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Vasak als Schriftführerin in der Strafsache gegen Nazif H***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 vierter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Nazif H***** und Sahit H***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieser Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 14. Dezember 2012, GZ 11 Hv 119/12d-132, weiters über die Beschwerden dieser Angeklagten gegen die zugleich ergangenen Beschlüsse gemäß § 494a StPO, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Den Angeklagten Nazif H***** und Sahit H***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil - das auch in Rechtskraft erwachsene Freisprüche der Rechtsmittelwerber und eines weiteren Angeklagten enthält - wurden Nazif H***** der Verbrechen des Suchtgifthandels nach „§ 28a Abs 1 vierter und fünfter Fall, Abs 2 Z 1, Abs 4 Z 3 SMG“ (A/1 und A/2) und des schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB (B), Sahid H***** der Verbrechen des Suchtgifthandels nach „§ 28a Abs 1 vierter und fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG“ (A/1 und A/3) sowie „des“ (richtig: der) Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG (C) schuldig erkannt.

Danach haben

A) in Graz vorschriftswidrig Suchtgift, Nazif H***** in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge, Sahit H***** in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge, „in gewerbsmäßiger Begehung der Tat“,

1. Nazif H***** und Sahit H***** anderen „angeboten oder überlassen“, indem sie im bewussten und gewollten Zusammenwirken einem verdeckten Ermittler

a) am 13. März 2012 130 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 25 % (US 15: 32,5 Gramm Reinsubstanz) zu je 60 Euro zum Kauf anboten und davon zehn Gramm (US 15: 2,5 Gramm Reinsubstanz) entgeltlich verkauften,

b) am 4. April 2012 230 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 19,90 % (US 15: „45,95“ [rechnerisch richtig: 45,77] Gramm Reinsubstanz) zu einem Kaufpreis von 60 Euro zum Kauf anboten (US 15, 17, 20 f: und in der Folge unmittelbar vor dem Zugriff der Polizei auch übergaben);

2. Nazif H***** alleine

a) am 18. März 2012 einem verdeckten Ermittler 150 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 25 % (US 15: 37,5 Gramm Reinsubstanz) zu je 60 Euro pro Gramm und 500 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 76,30 % (rechnerisch: 381,5 Gramm Reinsubstanz) zu einem Grammpreis von je 80 Euro angeboten und 0,4 Gramm (US 15: mit einem Reinheitsgehalt von 76,30 % und 0,31 Gramm Reinsubstanz) unentgeltlich überlassen;

b) am 23. März 2012 einem verdeckten Ermittler über die zu Punkt A/2 lit a) angebotene Menge hinaus 300 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 76,3 % (rechnerisch: 228,9 Gramm Reinsubstanz) zu einem Grammpreis von 80 Euro angeboten;

c) zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt zwischen September 2011 und 18. März 2012 dem Valon K***** eine unbekannte Menge Kokain (US 10: gewinnbringend) überlassen;

d) zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt zwischen September 2011 und 18. März 2012 dem Zeljko T***** unbekannte Mengen Kokain (US 10: gewinnbringend) überlassen;

3. Sahit H***** alleine zu nicht näher bekannten Zeitpunkten

a) zwischen November 2010 und Jänner 2011 dem Robert S***** zumindest 9,6 Gramm Kokain (US 10: von unbekanntem Reinheitsgrad gewinnbringend) überlassen und

b) zwischen April 2010 und 4. April 2012 der Anett J***** eine unbekannte Menge Kokain (US 10 von unbekanntem Reinheitsgrad beim gemeinsamen Konsum unentgeltlich) überlassen,

wobei sie jeweils schon einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden waren;

B) am 4. April 2012 Nazif H***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten unbekannten Täter namens „Vito“ mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, einen verdeckten Ermittler durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung zu verleiten versucht, die diesen oder einen anderen in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigen sollte, und zwar durch die Vorgabe, bei den tatsächlich angebotenen Gipsplatten handle es sich um ein Kilogramm Kokain, zur Hingabe von 60.000 Euro in bar, wobei es aufgrund der Weigerung des Adressaten, ohne Kontrolle der angebotenen Substanz den geforderten Betrag zu erlegen, beim Versuch blieb;

C) Sahit H***** vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge nicht überschreitenden Menge besessen, und zwar

1. zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt zwischen April 2010 und 4. April 2012 eine unbekannte Menge Kokain und

2. am 4. April 2012 über die zu Punkt C/1 angeführte Menge hinaus 1,36 Gramm Kokain (Reinheitsgehalt 45,78 %) und 1,01 Gramm THC-hältiges Cannabisgras.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wenden sich von Nazif H***** auf Z 10 und von Sahit H***** auf Z 5, 5a und 9 lit a jeweils des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerden, die ihr Ziel verfehlen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Nazif H*****:

Entgegen der Behauptung offenbar unzureichender Begründung (nominell Z 10, der Sache nach Z 5 vierter Fall) wurden die für die Subsumtion auch unter § 28a Abs 4 Z 3 SMG entscheidenden Urteilsannahmen, dass der Angeklagte dem verdeckten Ermittler ein insgesamt das 25-fache der Grenzmenge übersteigendes Quantum an reinem Kokain angeboten hat (US 11 ff, 15 f), logisch nachvollziehbar und empirisch einwandfrei auf die zeugenschaftlichen Angaben des verdeckten Ermittlers insbesondere auch über zugesicherte (unterschiedliche) Qualität der jeweils angebotenen Mengen und die kriminaltechnische Auswertung von sichergestelltem Suchtgift gestützt (US 15, 18 ff, 21, 25).

Die inhaltlich Aktenwidrigkeit (Z 5 letzter Fall) ansprechende Rüge (nominell Z 10), das Erstgericht habe dem Nichtigkeitswerber zu A/2/a fälschlich unterstellt (US 17), bis zum Schluss der Hauptverhandlung ein (weiteres) Angebot von 150 Gramm Kokain geringerer Qualität entschieden in Abrede gestellt zu haben, verabsäumt die Bezeichnung entsprechender Fundstellen im Akt und ist insoweit nicht prozessordnungskonform ausgeführt (RIS-Justiz RS0124172). Im Übrigen ist auch nicht erkennbar, welche Bedeutung der geltend gemachte Umstand, dieser Angeklagte habe im Zuge der Verhandlung (ohnehin) eingeräumt, es könne durchaus sein, dass er dem verdeckten Ermittler 150 Gramm angeboten habe, letztlich für die Beweiswürdigung gehabt haben soll, zumal sich die Tatrichter trotz (vermeintlich) gänzlicher Bestreitung vom Vorliegen eines solchen Anbots überzeugt sahen (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 466).

Weiters wurde die Erklärung des Beschwerdeführers, sein Anbot zur Lieferung einer größeren Menge an hochwertigem Kokain (A/2/a und b) sei bloße Prahlerei gewesen, von den Tatrichtern ebenso berücksichtigt (nominell Z 10, inhaltlich Z 5 zweiter Fall) wie sein Leugnen, am 18. März 2012 (A/2/a) zwei verschiedene Offerte betreffend Kokain unterschiedlicher Qualität unterbreitet zu haben (US 19 f), wie die Angaben des verdeckten Ermittlers, aufgrund verschiedener Umstände hinsichtlich der letztlich gescheiterten Übergabe von vorgeblichen Kokainpaketen am 4. April 2012 (B) misstrauisch geworden zu sein (US 13, 21), aber auch, dass dieser Betrugsversuch vom Angeklagten im Laufe des Verfahrens mit dem Bedürfnis einer Überprüfung der Vertrauenswürdigkeit seines Abnehmers begründet worden war (US 17, 20 ff). Dabei gelangte das Schöffengericht aufgrund der Konkretisierung des Angebots unter Bezugnahme auf eine konkrete Bezugsquelle (US 19, 21), des Reinheitsgrads von 76,30 % (US 19 ff) der in der Folge mit Bezug auf dieses Angebot beschafften und sichergestellten Probe und aufgrund des - aus dem Vorleben und den Aussagen des Beschwerdeführers gegenüber dem verdeckten Ermittler abgeleiteten - langjährigem Treiben von Suchtgifthandel (US 19) zu dem Schluss, dass dieser bereits ein ernsthaftes und verbindliches Angebot über (zu A/2/a und b zusammen) 800 Gramm Suchtgift von dieser hohen Qualität (US 15: zusammen 610,4 Gramm Reinsubstanz) gemacht hatte (US 21), während die später versuchte Übergabe von Gipspaketen anstatt hochwertigem Kokain (B) bloß der Herauslockung der dafür in Aussicht gestellten Geldsumme dienen sollte (US 20 f). Die - im Übrigen neuerlich prozessordnungswidrig ohne die gebotene Angabe von Fundstellen im Akt (RIS-Justiz RS0124172) - auf isoliert herausgegriffenen Teilen der Aussagen des Nichtigkeitswerbers und des verdeckten Ermittlers, auf dem Betrugsversuch zu B und auf weiteren Sicherstellungen aufbauenden Erwägungen des Beschwerdeführers, er habe einerseits niemals ein ernsthaftes Angebot in Bezug auf diese Menge (800 Gramm brutto) und Qualität (76,3 %) an Suchtgift gemacht und andererseits wäre dem in Rede stehenden Anbot in jedem Fall ein geringerer Reinheitsgrad (von 19,9 % oder 25 %) zugrunde zu legen gewesen, stellen bloß einen Versuch dar, die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung zu bekämpfen.

Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde im Ergebnis die rechtliche Unterstellung der zu A/1 und A/2 umschriebenen Anbote unter die Qualifikation nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG kritisiert (hier nominell und inhaltlich Z 10), dabei jedoch von nach Ansicht des Beschwerdeführers indizierten Feststellungen und nicht von den tatsächlich getroffenen Urteilsannahmen ausgeht (insbesondere US 15 f), wonach er dem verdeckten Ermittler (zu A/1/a, A/2/a und A/2/b) insgesamt jedenfalls 680,4 Gramm (unter Abzug nachfolgender Übergaben [dazu Näheres unten]: 677,59 Gramm) reines Kokain und damit ein das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge von 15 Gramm weit übersteigendes Quantum angeboten hat, verfehlt sie die gesetzmäßige Ausführung des angeführten materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes, die sich ausschließlich am Urteilssachverhalt zu orientieren hat (RIS-Justiz RS0099810).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Sahid H*****:

Der auf eine isoliert hervorgehobene Urteilspassage bezogene Vorwurf unvollständiger Begründung (Z 5 zweiter Fall) der Feststellungen zur gewerbsmäßigen Weitergabe von Suchtgift orientiert sich prozessordnungswidrig nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS-Justiz RS0119370). Aus diesen ergibt sich nämlich eindeutig die Berücksichtigung des Umstands, dass der Beschwerdeführer im Tatzeitraum über legales Einkommen verfügte und seine Involvierung in Suchtgiftgeschäfte nach Ansicht der Tatrichter nicht der Finanzierung seines gesamten Lebensunterhalts, sondern der Lukrierung eines Zusatzeinkommens zu dessen Mitfinanzierung diente (US 8, 10 f, 23, 25).

An nicht gesetzmäßiger Ausführung scheitert die Rüge auch hinsichtlich der Kritik, bestimmte Passagen der Aussagen der Zeugen N***** und Ko***** im Zusammenhang mit dem für die Annahme von Gewerbsmäßigkeit (unter anderem) ins Treffen geführten „professionellen Vorgehen“ der Angeklagten seien übergangen worden, indem sie die gebotene Bezeichnung von Fundstellen für ihre argumentative Basis unterlässt (RIS-Justiz RS0124172). Im Übrigen ist nicht nachvollziehbar, weshalb eine untergeordnete Rolle des Beschwerdeführers in der Zusammenarbeit mit Nazif H***** gegen gewerbsmäßige und professionelle Tatbegehung sprechen und sohin erörterungsbedürftig sein sollte. Mit vom Zeugen N***** angestellten Überlegungen zur möglichen Interpretation einer Bemerkung des Sahit H***** mussten sich die Tatrichter schon deshalb nicht auseinandersetzen, weil sie sich nicht auf sinnliche Wahrnehmungen dieses Zeugen über Tatsachen bezogen (vgl RIS-Justiz RS0097540 [T19]).

Bei der Geltendmachung unvollständiger Begründung (Z 5 zweiter Fall) der Urteilsannahme, der Beschwerdeführer habe zu A/1/b gewusst, dass es sich beim Tatobjekt um Kokain (und nicht bloß Gips) gehandelt habe (US 14 f, 22 f, 24), verabsäumt dieser abermals die prozessordnungskonforme Ausführung einer Mängelrüge durch Angabe der Belegstelle für jene Aussage, die seiner Ansicht nach in diesem Zusammenhang hätte erörtert werden sollen (RIS-Justiz RS0124172). Im Übrigen sagt der vom Zeugen Ko***** erwähnte Umstand, dass für die versuchte Täuschung zu B verwendete Gipsplatten in einem Versteck gefunden wurden, nichts darüber aus, ob diese schon vor dem misslungenen Betrug im Hinblick auf die darin enthaltene Substanz verborgen worden waren (vgl dagegen ON 54 S 209 ff, 313 f, 331 f), sodass dies im Kontext der Überlegungen der Tatrichter (US 18, 22 f), Sahit H***** (der in den Betrugsversuch zu B nicht involviert war) hätte im Fall der Überbringung von bloßem Gips zu A/1/b diesen mangels Strafbarkeit solchen Besitzes nicht zuvor in einem Depot zu verbergen brauchen, keiner gesonderten Erörterung bedurfte.

Das Schöffengericht leitete die Feststellungen zur subjektiven Tatseite und zum Additionsvorsatz aus dem objektiven Tatgeschehen, der einschlägigen Vorbelastung, der „kontinuierlichen Tatbegehung“ sowie den „zahlreichen Anboten und Vertrauenskäufen“ ab, jene zur gewerbsmäßigen Tatbegehung aus dem langen Deliktszeitraum, der „Vielzahl“ der Angriffe, der Menge des übergebenen Suchtgifts und der darüber hinausgehenden Anbote, dem Geldbedarf (nicht zuletzt für eigenen Konsum), dem professionellen Vorgehen durch verschlüsselte Telefonate und der einschlägigen Vorstrafenbelastung (US 25 iVm 16, 23). Da die Überlegungen zur Anzahl der Angriffe und zur kontinuierlichen Tatbegehung im Kern die Mehrzahl der Sahit H***** zur Last liegenden entgeltlichen Überlassungen und die davon umfassten Mengen (A/1/a und b, A/3/a) betreffen, geht auch der Einwand ins Leere, die im Urteil angestellten Erwägungen zur mangelnden Erweislichkeit der Beteiligung des Beschwerdeführers an weiteren von der Anklage umfassten Fakten stünden im Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zu jenen betreffend Vorsatz und Gewerbsmäßigkeit.

Auch die Kritik an „offenbar unzureichender Begründung“ (Z 5 vierter Fall) der Annahme eines arbeitsteiligen Vorgehens der beiden Angeklagten beim Angebot von Kokain zu A/1/a (US 11 f) spricht der Sache nach einmal mehr Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) an, unterlässt jedoch abermals die zur prozessordnungsgemäßen Ausführung der Mängelrüge gebotene Anführung von Belegstellen im Akt. Im Übrigen wurde auch zu diesem Faktum die angeblich übergangene leugnende Aussage des Sahit H***** berücksichtigt, jedoch im Hinblick auf seinen eigenen Geldbedarf und die Depositionen des verdeckten Ermittlers, der Genannte habe über den Gesamtumfang des in seinem Beisein abgewickelten Suchtgiftgeschäfts Bescheid gewusst und über Aufforderung seines Bruders sodann die zuletzt vereinbarte Menge geholt, für unglaubwürdig verworfen (US 22 f). Die Argumentation des Beschwerdeführers, die Nennung der letztlich für die Übergabe zu besorgenden (Teil-)Menge wäre bei seinem Wissen um das Anbot und die darauffolgenden Verhandlungen überflüssig gewesen, stellt demgegenüber bloß einen weiteren Versuch dar, die Beweiswürdigung des Schöffengerichts nach Art einer Schuldberufung anzugreifen.

Das von Sahit H***** abweichend von seiner ursprünglichen Verantwortung erst in der Hauptverhandlung geleugnete (US 22) Wissen, dass es sich bei der telefonischen Anforderung von „250 Euro“ durch Nazif H***** (zu A/1/b) um für den unmittelbaren Verkauf bestimmtes Kokain gehandelt hat (US 14 f), wurde vom Schöffengericht auf die Belastung durch seinen Bruder vor der Polizei (US 18, 23), die Lagerung des Kokains in einem Versteck außerhalb seiner Wohnung, die Betretung mit weiterem Suchtgift unmittelbar nach der Tat, seinen Geldbedarf unter anderem zur Finanzierung seines Eigenkonsums (US 22 f) und (im Rahmen der Gewerbsmäßigkeit) auf die verschlüsselte Sprechweise (US 25 iVm US 14 und den dort enthaltenen Verweis auf Ergebnisse der Telefonüberwachung in ON 99) gestützt. Demnach geht auch der Vorwurf „offenbar unzureichender“ Begründung (Z 5 vierter Fall) einer vorsätzlichen Tathandlung zu A/1/b ins Leere, der sich mit dem neuerlichen Hinweis auf die (zu B) in einem Versteck deponierten Gipspakete bloß in eigenen Beweiserwägungen erschöpft, ohne unlogische oder mit der Empirie nicht im Einklang stehende Schlüsse der Tatrichter aufzuzeigen.

Welche weiteren Beweise das Gericht nach der in Form einer Aufklärungsrüge (Z 5a) aufgestellten Behauptung des Nichtigkeitswerbers zu diesen Fakten (A/1/a und A/1/b) hätte erheben sollen und was ihn selbst an entsprechender Antragstellung gehindert hat, erklärt das Rechtsmittel nicht (RIS-Justiz RS0114036, RS0115823).

Als Tatsachenrüge will die Z 5a nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780). Indem das Rechtsmittel unter dem Aspekt der Z 5a bloß die gegen die Begründung zu A/1/a und A/1/b bereits im Rahmen der Mängelrüge vorgebrachten Argumente wiederholt, gelingt es ihm nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde gelegten Tatsachen zu erwecken.

Der gegen die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung gerichtete Einwand unzureichender Verwendung der verba legalia (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 10) verkennt, dass der Gebrauch der Worte des gesetzlichen Tatbestands (US 11, 25) nur im Fall des Fehlens eines Sachverhaltsbezugs einen Rechtsfehler mangels Feststellungen begründet (RIS-Justiz RS0119090, RS0098936). Welcher Feststellungen es über die getroffenen (US 11, 16, 25) hinaus zur Erfassung gewerbsmäßiger Weitergabe von die Grenzmenge übersteigenden Kokainmengen bedurft hätte und welche aus dem Gesetz abgeleiteten Überlegungen gegen die erfolgte Subsumtion sprechen, führt die Beschwerde nicht aus und verfehlt damit die prozessordnungsgemäße Darstellung materiell-rechtlicher Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099724, RS0119884).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren somit bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen und der Beschwerden ergibt (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Bleibt mit Blick auf § 290 StPO anzumerken:

Beim „Anbieten“ (vierter Fall) handelt es sich um eine zum „Überlassen“ oder „Verschaffen“ (fünfter und sechster Fall) grundsätzlich kumulative Tatbestandsvariante des § 28a Abs 1 SMG (vgl RIS-Justiz RS0116676 [T11]; 13 Os 67/11v, 13 Os 131/11f; 13 Os 24/12x), diese wird jedoch im Fall eines späteren (zumindest versuchten) Übertragungsvorgangs in Bezug auf eine bereits vom Anbot umfasste idente Quantität desselben Suchtgifts an jene Person, der dieses angeboten wurde, infolge stillschweigender Subsidiarität von § 28a Abs 1 fünfter oder sechster Fall SMG verdrängt (vgl RIS-Justiz RS0127080). Aus der Gesamtheit der Entscheidungsgründe ergibt sich, dass es zu A/1/b nicht bloß bei einem Angebot geblieben ist, sondern der Zugriff der Polizei unmittelbar nach der Übergabe der vereinbarten Menge an den verdeckten Ermittler erfolgte (US 15, 17, 21) und auch zu A/1/a und A/2/a jeweils ein (auch im Spruch genannter) Teil der zunächst angebotenen Menge (zu A/1/a entgeltlich) an Letztgenannten überlassen wurde. Gewerbsmäßige Tatbegehung wurde überdies bloß in Bezug auf die Weitergabe von (zumindest) die Grenzmenge übersteigenden Kokainmengen festgestellt (US 11, 16, 25), ein Additionsvorsatz wiederum nur hinsichtlich der Anbote und der entgeltlichen Überlassungen („Verkauf“; US 16).

Somit ergibt sich nach Subtraktion der nach dem Urteilssachverhalt an den verdeckten Ermittler übergebenen Kokainmengen (bei Nazif H*****: 2,5 Gramm bei A/1/a, [richtig] 45,77 Gramm zu A/1/b und 0,31 Gramm bei A/2/a; bei Sahit H***** 2,5 Gramm bei A/1/a und [richtig] 45,77 Gramm zu A/1/b, Reinsubstanz) bei Nazif H***** eine ausschließlich angebotene Menge von insgesamt 677,59 Gramm Reinsubstanz (30 Gramm zu A/1/a, 418,69 Gramm zu A/2/a und 228,9 Gramm zu A/2/b), bei Sahit H***** von insgesamt 30 Gramm (bei A/1/a). Demgegenüber summiert sich die jeweils insgesamt entgeltlich übergebene Menge bei Nazif H***** auf zumindest 48,27 Gramm Reinsubstanz (die an den verdeckten Ermittler zu A/1/a und b überlassene Menge zuzüglich der zu A/2/c und b überlassenen unbekannten Mengen) und bei Sahit H***** auf zumindest 45,77 Gramm (die an den verdeckten Ermittler zu A/1/b überlassene Menge zuzüglich der zu A/3/a und b überlassenen Mengen unbekannten Reinheitsgrads). Demnach wäre Nazif H***** wegen des (nicht durch spätere Überlassung verdrängten) Anbots eines insgesamt das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Quantums eines Verbrechens nach § 28a Abs 1 vierter Fall und Abs 4 Z 3 SMG (A/1/a und A/2/a und b) und Sahit H***** wegen des Anbots eines die Grenzmenge übersteigenden Quantums eines Verbrechens nach § 28a Abs 1 vierter Fall SMG (A/1/a) zu verurteilen gewesen, Nazif H***** darüber hinaus hinsichtlich des gewerbsmäßigen Überlassens mehrerer die Grenzmenge übersteigender Quanten mehrerer Verbrechen nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG (A/1/a, A/1/b, A/2/c und d) sowie hinsichtlich des unentgeltlichen Überlassens einer die Grenzmenge nicht übersteigenden Menge eines Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall SMG (A/2/a) und Sahit H***** hinsichtlich des gewerbsmäßigen Überlassens mehrerer die Grenzmenge übersteigender Quanten mehrerer Verbrechen nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 2 Z 1 SMG (A/1/a, A/1/b, A/3/a) sowie hinsichtlich des unentgeltlichen Überlassens einer die Grenzmenge nicht übersteigenden Menge zum persönlichen Gebrauch mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall und Abs 2 SMG (A/3/b).

Den Entscheidungsgründen zufolge diente weiters der Sahit H***** zu C/1 und 2 angelastete Erwerb und Besitz von Kokain lediglich seinem Eigenkonsum (US 10, 23), weshalb infolge der ausschließlich zum eigenen persönlichen Gebrauch erfolgten Tatbegehung die vom Erstgericht nicht angenommene Privilegierung des § 27 Abs 2 SMG zum Tragen gekommen wäre (vgl 12 Os 124/10t).

Ein konkreter Nachteil ist den Angeklagten aus der verfehlten Zusammenfassung (vgl US 3 und 29) in einen Schuldspruch - bei Nazif H***** nach „§ 28a Abs 1 vierter und fünfter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 3 SMG“ und bei Sahit H***** nach „§ 28a Abs 1 vierter und fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG“ - sowie aus der verfehlten Nichtannahme der Privilegierung nach § 27 Abs 2 StGB bei Sahit H***** jedoch nicht entstanden, weil sich zu Schuldspruch A bei Nazif H***** aufgrund der Subsumtion eines Teils unter § 28a Abs 1 vierter Fall und Abs 4 Z 3 SMG und bei Sahit H***** eines Teils unter § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 2 Z 1 SMG am jeweils zur Verfügung stehenden Strafrahmen (§ 28 StGB) nichts ändern würde (vgl RIS-Justiz RS0113957) und auch bei der Strafbemessung nach rechtsrichtiger Subsumtion bei beiden Angeklagten (allein zu A) von einem Zusammentreffen mehrerer Verbrechen (mit einem oder mehreren Vergehen) auszugehen wäre (vgl US 28 f).

Sieht sich der Oberste Gerichtshof unter ausdrücklichem Hinweis auf eine verfehlte Subsumtion mangels eines darüber hinausgehenden konkreten Nachteils für einen Angeklagten nicht zu amtswegigem Vorgehen nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO veranlasst, so besteht bei der Entscheidung über die Berufung insoweit auch keine Bindung des Oberlandesgerichts an den Ausspruch des Erstgerichts über das anzuwendende Strafgesetz nach § 295 Abs 1 erster Satz StPO (RIS-Justiz RS0118870).

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