OGH 4Ob60/13x

OGH4Ob60/13x23.5.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Pflegschaftssache für E***** G*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Sachwalters Dr. Bernhard Haid, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 19. Februar 2013, GZ 52 R 8/13b, 9/13z‑123, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichts Innsbruck vom 26. November und 26. Dezember 2012, GZ 47 P 276/12k‑106 und 110, bestätigt wurden, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0040OB00060.13X.0523.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung

Der Revisionsrekurswerber wurde vom Erstgericht ‑ anstelle der mit dieser Aufgabe überforderten Mutter des Betroffenen ‑ zum Sachwalter, nach Rechtskraft der Enthebung der bisherigen Sachwalterin vor Rechtskraft der Neubestellung zusätzlich auch zum einstweiligen Sachwalter bestellt.

Rechtliche Beurteilung

Mit seinem dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs gelingt es dem Sachwalter nicht, erhebliche Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG aufzuzeigen.

1. Der Oberste Gerichtshof hat sich bereits in mehreren Entscheidungen mit der (auch) vom Revisionsrekurswerber bestrittenen Verfassungskonformität jener Regelungen auseinandergesetzt und sie bejaht, die für Rechtsanwälte und Notare die Möglichkeit einer Ablehnung der Übernahme einer Sachwalterschaft beschränken (RIS‑Justiz RS0123296). Dass die grundsätzliche Pflicht zur Übernahme einer Sachwalterschaft keine Zwangs‑ oder Pflichtarbeit für Rechtsanwälte und Notare iSd Art 4 Abs 2 EMRK ist, haben Verfassungsgerichtshof und Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte ebenfalls bereits entschieden (5 Ob 70/12y mwN).

2. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 274 Abs 2 ABGB müssen Rechtsanwälte Sachwalterschaften grundsätzlich übernehmen. Ablehnungsgründe sind in erster Instanz konkret geltend zu machen. Behauptungen über eine nicht näher konkretisierte Arbeitsbelastung reichen nicht (RIS‑Justiz RS0123440).

3. Ob die im Einzelfall vorgetragenen Argumente des Rechtsanwalts, welche seiner Ansicht nach die Übernahme der konkreten Sachwalterschaft unzumutbar machen, im Einzelfall gerechtfertigt sind, wirft grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage nach § 62 Abs 1 AußStrG auf. Es bildet keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung, wenn das Rekursgericht die Entfernung der Kanzlei vom Wohnort des Betroffenen von 21 km sowie den ins Treffen geführten Umstand, dass keine Entschädigung für die Sachwaltertätigkeit zu erwarten sei, nicht als berücksichtigungswürdiges Argument erkannte. Dass keine Tätigkeiten absehbar seien, welche juristischer Betreuung bedürften, ist im Hinblick auf den für den Betroffenen abzuschließenden Heimvertrag, die allfällige Vertretung im Zusammenhang mit der Zustimmung zu medizinischen Heilbehandlungen und der Vermögensverwaltung sowie dem in naher Zukunft absehbaren Verlassenschaftsverfahren (hochbetagte schwerkranke Mutter) nicht nachvollziehbar.

4. Den Prozessparteien steht im Übrigen kein Recht zu, die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs durch einen verstärkten Senat zu beantragen; ein dennoch gestellter Antrag ist als Anregung aufzufassen, die ohne formelle Beschlussfassung durch Darlegungen in den Entscheidungsgründen abzulehnen ist (RIS‑Justiz RS0071080). Da das Rekursgericht seit längerem bestehender, einheitlicher Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gefolgt ist, und ‑ wie dargelegt ‑ (nicht einmal) eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG aufgeworfen wurde, besteht kein Anlass für ein Vorgehen iSd § 8 OGHG.

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