OGH 9ObA25/13m

OGH9ObA25/13m19.3.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald Fuchs und Mag. Matthias Schachner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei J***** S*****, gegen die beklagte Partei Dkfm. A***** H*****, vertreten durch Dr. Hans‑Joerg Luhamer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 3.637,59 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 24. Jänner 2013, GZ 8 Ra 140/12k‑22, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung kann die Frage, ob das Fehlverhalten eines Angestellten bei Anlegung eines objektiven Maßstabs geeignet ist, das Vertrauen des Dienstgebers so weit zu erschüttern, dass ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar ist, immer nur aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (RIS‑Justiz RS0106298; RS0103201 uva) und stellt damit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (vgl allgemein auch Kodek in Rechberger ZPO3 § 502 Rz 26).

Die allgemeinen Rahmenbedingungen für die Beurteilung des Verhaltens des Dienstnehmers im Krankenstand wurden durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bereits geklärt. Danach kann eine Entlassung dann berechtigt sein, wenn der Arbeitgeber befürchten muss, dass seine Interessen deshalb gefährdet werden, weil der Arbeitnehmer die für die Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit notwendigen ärztlichen Anordnungen ‑ mangels solcher die den allgemeinen Lebenserfahrungen entsprechenden Verhaltensweisen während des Krankenstandes ‑ offenkundig zuwiderhandelt und damit auch die auf die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit gerichteten Interessen des Arbeitgebers verletzt (RIS‑Justiz RS0029456; RS0029337; RS0060869 jeweils mzwN).

Nach den konkreten Feststellungen hatte die Klägerin aufgrund eines gynäkologischen Eingriffs Schmerzen beim Sitzen, ihr wurde aber keine Bettruhe verordnet. Nach dem Eingriff wurde ihr von dem behandelnden Arzt mitgeteilt, dass sie zwar körperliche Schonung benötige, aber weder Bettruhe noch ein Aufenthalt zu Hause erforderlich sei. Weiters wurde festgestellt, dass das konkrete Verhalten der Klägerin, anlässlich ihres Geburtstags ‑ wie bereits länger von Freunden geplant ‑ für einige Stunden ein Lokal aufzusuchen, dort mit Freunden zu plaudern und ein Glas Sekt zu trinken, den Krankenstand nicht verlängerte.

Wenn die Vorinstanzen ausgehend von diesen konkreten Feststellungen die Berechtigung der Entlassung verneinten, kann darin keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung gesehen werden.

Die von der Beklagten aufgeworfene Frage, inwieweit sich der Arbeitgeber auf die Richtigkeit einer ärztlichen Bestätigung über die Arbeitsunfähigkeit verlassen muss, stellt sich insoweit gar nicht, da die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin nicht strittig ist, sondern es um ihr Verhalten während des Krankenstands und allfällige Auswirkungen auf den Heilungsverlauf geht.

Von der von der Beklagten herangezogenen Entscheidung zu 9 ObA 128/10d unterscheidet sich der vorliegende Fall schon dadurch, dass damals nachgewiesen wurde, dass das Verhalten des Arbeitnehmers nach der Diagnose geeignet war, den Heilungsverlauf zu gefährden.

Soweit der Beklagte im Ergebnis die Beweiswürdigung der Vorinstanzen bekämpft, ist darauf zu verweisen, dass deren Überprüfung im Rahmen der Revision nicht mehr zulässig ist (RIS‑Justiz RS0007236 uva). Im Übrigen ist auch der Aussage der Klägerin nicht zu entnehmen, dass diese getanzt hätte.

Insgesamt vermögen die Ausführungen der Beklagten jedenfalls keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darzustellen. Die Revision war daher zurückzuweisen.

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