OGH 5Ob219/12k

OGH5Ob219/12k24.1.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. M***** M*****, geboren am *****, 2. R***** M*****, geboren am *****, beide *****, 3. B***** M*****, geboren am *****, alle vertreten durch Stolz & Schartner Rechtsanwälte Gesellschaft m.b.H. in Radstadt, wegen Einverleibung von Bestandrechten an der Liegenschaft EZ 375 GB *****, über den Revisionsrekurs der Antragsteller und der weiteren Beteiligten 1. B***** S*****, geboren am *****, 2. H***** S*****, geboren am *****, beide *****, 3. I***** H*****, geboren am *****, 4. H***** S*****, geboren am *****, 5. K***** S*****, geboren am *****, sämtliche vertreten durch Stolz & Schartner Rechtsanwälte Gesellschaft m.b.H. in Radstadt, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 19. Juli 2012, AZ 53 R 131/12i, womit über Rekurs der Antragsteller und übrigen Beteiligten der Beschluss des Bezirksgerichts St. Johann im Pongau vom 23. März 2012, TZ 1788/2012, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0050OB00219.12K.0124.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung

Die Antragsteller und die übrigen Revisionsrekurswerber sind Mit‑ und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 375, GB *****. Am 6. 12. 2011 schlossen die Erstantragstellerin und der Zweitantragsteller als Mieter mit dem Erstbeteiligten als Vermieter einen Mietvertrag über einen Abstellraum im Erdgeschoss des auf der Liegenschaft errichten Gebäudes und einen Lagerraum in dessen Kellergeschoss. Nach dem Wortlaut des Mietvertrags sind der Abstellraum im Erdgeschoss sowie der Lagerraum im Keller „aufgrund der vorliegenden Parifizierung gemäß Gutachten […] am (Anm.: gemeint vom) 16. 4. 1997 der Wohnung W1 (Anm.: des Erstbeteiligten) zugeordnet“.

Ebenfalls am 6. 12. 2011 schlossen die Erstantragstellerin, der Zweitantragsteller und die Drittantragstellerin einen Mietvertrag mit sämtlichen Mit‑ und Wohnungseigentümern der Liegenschaft ab. Gegenstand dieses Vertrags sind der Stiegenhausbereich vom Keller bis zum ersten Obergeschoss sowie der im Erdgeschoss unmittelbar an den Eingang anschließende Windfang, über den das Stiegenhaus und die Wohnung W1 zu erreichen ist. Dazu wurde im Vertrag festgehalten, dass die Eingangstür zur Wohnung W1 im Erdgeschoss verschlossen und eine neue Eingangstür an der Außenmauer hergestellt wird, sodass das Stiegenhaus in Hinkunft nur noch als Zugang zu den Wohnungen W3 und W5, das sind die den Antragstellern zugeordneten Wohnungseigentumsobjekte, dient.

Mit dem angefochtenen Beschluss bestätigte das Rekursgericht die Abweisung des Antrags auf Einverleibung der beiden Bestandverträge durch das Erstgericht; eine teilweise Zurückweisung des Rekurses ist für das Revisionsrekursverfahren nicht mehr von Relevanz.

Den Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht zu, weil „höchstgerichtliche Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Fall nicht besteht und den behandelten Rechtsfragen die in § 62 Abs 1 AußStrG genannte Bedeutung zukommt“.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 126 GBG) nicht zulässig.

1. Die Revisionsrekurswerber bezweifeln nicht, dass ein einzelner Mit‑ und Wohnungseigentümer zur Vermietung von Keller‑ und/oder Lagerräumlichkeiten nur berechtigt ist, wenn diese iSd § 2 Abs 3 WEG Zubehör‑Wohnungseigentum sind. Die dazu vom Rekursgericht vertretene Ansicht, die sachenrechtliche Zuordnung eines Raumes oder einer Fläche als Zubehör zu einem Wohnungseigentumsobjekt erfolge durch die Einverleibung des Wohnungseigentums und des Umfangs des Zubehörs im Grundbuch (vgl RIS-Justiz RS0111616; zuletzt 4 Ob 108/12d), stellen die Revisionsrekurswerber nicht in Frage; sie sehen das Erfordernis einer Verbücherung vielmehr dadurch erfüllt, dass der Lagerraum im Kellergeschoss und der Abstellraum im Erdgeschoss in den entsprechenden Parifizierungsplan nutzwertbestimmend Eingang gefunden hätten. Damit nehmen sie auf ihr erstmals im Rekurs erhobenes Vorbringen Bezug, das aber wegen des im Grundbuchsverfahren geltenden Neuerungsverbots (§ 122 Abs 2 GBG) auch im Revisionsrekursverfahren unbeachtlich ist (vgl dazu Kodek in Kodek , Grundbuchsrecht § 122 Rz 67).

2. Soweit die Revisionsrekurswerber erstmals in ihrem Revisionsrekurs auf die Urkundensammlung hinweisen, weil dort nach ihren Ausführungen der Beschluss über die Wohnungseigentumsbegründung einliege, übersehen sie, dass das Grundbuchsgericht bei seiner Entscheidung neben dem Buchstand, dem Gesuchsantrag und den ihm vorgelegten Urkunden nur gerichtsbekannte Tatsachen berücksichtigen kann (5 Ob 183/00y; 5 Ob 139/08i). Gerichtsbekannt ist eine Tatsache aber nicht schon deswegen, weil sie allenfalls in einer dem Grundbuchsgericht zugänglichen Urkundensammlung dokumentiert ist (RIS‑Justiz RS0040040 [T4]).

3. Notwendig allgemeine Teile der Liegenschaft sind solche, denen kraft ihrer Beschaffenheit die Eignung fehlt, selbständig und ausschließlich benützt zu werden. Dazu zählen insbesondere Zugänge oder Durchgänge zu allgemeinen Teilen der Liegenschaft (RIS‑Justiz RS0097520 [T8, T13]; RS0117164). Dass der vom zweiten Mietvertrag erfasste Stiegenaufgang ebenso wie der Windfang, jedenfalls solange diese Flächen als Zugang zur Wohnung W1 bzw (für die Allgemeinheit) der Räumlichkeiten im Keller dienen, als notwendig allgemeine Teile des Hauses nicht Gegenstand eines Mietvertrags sein können, ziehen die Revisionsrekurswerber nicht in Zweifel.

4. Für die Beurteilung der Berechtigung eines Grundbuchsgesuchs ist nach § 93 GBG die Sach‑ und Rechtslage maßgebend, die bei Einlangen des Ansuchens besteht (RIS‑Justiz RS0049588; RS0010717). Auch für die hier maßgebliche Frage, ob der Gegenstand des Bestandvertrags, um dessen Verbücherung angesucht wird, notwendig allgemeine Teile der Liegenschaft umfasst, ist auf den Zeitpunkt des Einlangens des Ansuchens beim Grundbuchsgericht abzustellen. Der von den Revisionsrekurswerbern zum tragenden Argument ihrer Ausführungen gemachte und im Bestandvertrag dokumentierte Wille, bauliche Änderungen dahin vornehmen zu wollen, dass die vom Vertrag erfassten Teile der Liegenschaft in Hinkunft ihre Eigenschaft als notwendig allgemeine Flächen verlieren, macht lediglich deutlich, dass diese Maßnahmen im Zeitpunkt des Einlangens des Ansuchens noch nicht umgesetzt waren. Rechtsfragen von der Bedeutung des § 62 Abs 1 AußStrG sind damit schon deshalb nicht verbunden, weil die Ankündigung künftiger Ereignisse bei der Beurteilung eines Grundbuchsgesuchs keine Berücksichtigung finden kann.

5. Der Revisionsrekurs ist damit zurückzuweisen, ohne dass dieser Beschluss noch einer weiteren Begründung bedarf (§ 71 Abs 3 AußStrG iVm § 126 GBG).

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