OGH 3Ob237/12t

OGH3Ob237/12t23.1.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. P*****, vertreten durch Dr. Wolfgang G. Kretschmer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei M***** Handelsgesellschaft ***** mbH, *****, vertreten durch Imre & Schaffer Rechtsanwälte OG in Gleisdorf, wegen 70.492,55 EUR sA, und Rechnungslegung (1.500 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 30. Oktober 2012, GZ 4 R 201/12d-75, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 4. Juni 2012, GZ 62 Cg 26/12k-67, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger war ab 1. Juli 2006 für die beklagte Partei, die medizinisch-technische Geräte samt dem dazu gehörigen Verbrauchsmaterial vertreibt und eine Reparaturwerkstätte für die Instandhaltung von Sonden dieser Geräte unterhält, als Handelsvertreter tätig. Im Sommer 2008 beendete die beklagte Partei das Vertragsverhältnis mit dem Kläger aus wichtigem Grund, nachdem sie erfahren hatte, dass der Kläger - konkurrenzierend zur beklagten Partei - den Verkauf eines medizinischen Geräts an einen Arzt vermittelt hatte.

Das Erstgericht wies das auf Leistung von Auslagenersatz und Jahresvergütung sowie auf Rechnungslegung gerichtete Klagebegehren ab. Die beklagte Partei habe berechtigt die fristlose Auflösung des Handelsvertretervertrags ausgesprochen, weil der Kläger gegen seine Verpflichtung zur umfassenden Interessenwahrung zugunsten der beklagten Partei verstoßen habe, auch wenn sich das zwischen den Streitteilen konkret vereinbarte Konkurrenzverbot nur auf den Bereich der Reparatur von Ultraschallsonden bezogen habe.

Das Berufungsgericht bestätigte und ließ die Revision im Hinblick auf die Einzelfallbezogenheit nicht zu. Der begehrte Spesenersatz stehe im Hinblick darauf nicht zu, dass der Kläger nach der bestehenden Vereinbarung Spesen der geltend gemachten Art selbst zu tragen gehabt habe. Der Ausgleichsanspruch nach § 24 HVertrG sei unberechtigt, weil der Kläger - kurz zusammengefasst - ein die Interessen und Belange der beklagten Partei gefährdendes Verhalten gesetzt habe, das den Verlust des Vertrauens der beklagten Partei rechtfertige. Laut der vertraglichen Vereinbarung hätte er den Geschäftsabschluss für die beklagte Partei tätigen müssen. Als Folge des Fehlens eines Ausgleichsanspruchs scheitere auch das Rechnungslegungsbegehren.

Rechtliche Beurteilung

In seiner außerordentlichen Revision macht der Kläger keine erhebliche Rechtsfrage geltend.

In Österreich wurde die EG-Handelsvertreterrichtlinie vom 18. Dezember 1986 bereits vor dem EU-Beitritt mit dem HVertrG 1993 (BGBl 1993/88) in das innerstaatliche Recht umgesetzt (Nocker, HVertrG 1993 [2009] § 1 Rz 13). Gewiss ist das nationale Handelsvertreterrecht richtlinienkonform auszulegen (anstatt vieler Fischer, Der Handelsvertreter im deutschen und europäischen Recht, ZVglRWiss 101 [2002] 143 [157]).

Dem Handelsvertreter ist unzweifelhaft eine Tätigkeit für andere Unternehmen nicht generell untersagt; „Einfirmenvertreter“ wird ein Handelsvertreter nur durch besondere Abrede (Nocker, HVertrG § 1 Rz 34). Davon zu unterscheiden ist allerdings die Frage, ob und inwieweit der Handelsvertreter Konkurrenzprodukte vertreiben darf (K. Schmidt, Handelsrecht5 [1999] 731). Den Handelsvertreter trifft die allgemeine Pflicht, bei Ausübung seiner Tätigkeit die Interessen des von ihm vertretenen Unternehmens zu wahren (§ 5 HVertrG). Daraus wird auch ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung abgeleitet, dass sich der Handelsvertreter während der Vertragsdauer jeder den Unternehmer unmittelbar schädigenden Konkurrenz aus anderweitigen Geschäften, die er im selben Geschäftszweig tätigt oder vermittelt, zu enthalten hat (3 Ob 244/98y; Jabornegg, Handelsvertreterrecht und Maklerrecht [1987] § 2 Anm 2.4.5.).

Ob ein Verhalten eines Handelsvertreters einen wichtigen Grund im Sinne des § 22 Abs 1 und 2 HVertrG verwirklicht, kann nur anhand des Einzelfalls beurteilt werden (RIS-Justiz RS0108379 [T1]). Das von den Vorinstanzen erzielte Ergebnis ist im Licht der dargestellten Rechtsprechung und Lehre nicht zu beanstanden. Der Kläger missversteht die Entscheidung 3 Ob 244/98y insoweit, als sie sich auf eine „fristlose Kündigung“ eines Handelsvertreters bezieht (und nicht auf ein von der vereinbarten Konkurrenzklausel erfasstes Verhalten nach Beendigung des Vertragsverhältnisses). Der festgestellte Sachverhalt steht auch den Versuchen entgegen, ein schädigendes Verhalten des Klägers und das Bestehen einer Konkurrenzsituation in Abrede zu stellen. Es gibt auch keine Hinweise, dass die beklagte Partei den „konkurrenzierenden“ Geschäftsabschluss abgelehnt hätte, wie der Kläger nun andeutet.

Die außerordentliche Revision des Klägers ist daher mangels erheblicher Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) zurückzuweisen.

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