OGH 5Ob136/12d

OGH5Ob136/12d17.12.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** D*****, vertreten durch Mag. Michael Raffasseder, Rechtsanwalt in Freistadt, gegen die beklagte Partei G***** R*****, vertreten durch Dr. Ludwig Beurle, Dr. Rudolf Mitterlehner, Dr. Klaus Oberndorfer, Dr. Paul Oberndorfer, Dr. Alexander Mirtl, Rechtsanwälte in Linz, wegen 28.157 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 3. Mai 2012, GZ 4 R 42/12t‑14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Linz vom 16. Dezember 2011, GZ 4 Cg 138/11y‑10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.610,64 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 268,44 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Vertrag vom 29. 10. 2009 erwarb der Kläger vom Beklagten dessen Geschäftsanteil an der G***** (in den Entscheidungen der Vorinstanzen teilweise unrichtig „G*****“) ***** GmbH, FN *****, um einen Abtretungspreis von 221.620 EUR.

Der Abtretungsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

„1. Herr G***** R***** [Beklagter] ... ist Gesellschafter der im Firmenbuch des Landesgerichts Linz unter FN ... eingetragenen Firma G***** GmbH; der Gesellschaftsanteil entspricht einer zur Gänze eingezahlten Stammeinlage von 5.600 EUR;

2. Herr G***** R***** (abtretender Gesellschafter) tritt hiermit seinen Geschäftsanteil an der Firma G***** GmbH zur Gänze im Ausmaß von 5.600 EUR im Nominale um den Abtretungspreis von 221.620 EUR an Herrn G***** D***** (annehmender Gesellschafter [Kläger]) ... ab und dieser erklärt die Vertragsannahme.

...

4. Der annehmende Gesellschafter erwirbt diesen Gesellschaftsanteil mit allen daraus resultierenden Rechten und Pflichten gegenüber der Gesellschaft und den Mitgesellschaftern. Er erklärt, den Gesellschaftsvertrag in der derzeit geltenden Fassung zu kennen und sich den Bestimmungen dieses Vertrages zu unterwerfen. Der abtretende Gesellschafter haftet dafür, dass der vertragsgegenständliche Geschäftsanteil sein unbelastetes Eigentum darstellt, nicht mit irgendwelchen Rechten Dritter belastet ist und hält den annehmenden Gesellschafter, G***** D*****, diesbezüglich schad‑ und klaglos.

...

7. Die Vertragsteile verzichten wechselseitig, diesen Vertrag, aus welchem Rechtsgrund auch immer, insbesondere wegen Willensmängeln, anzufechten oder wegen einem Tatbestand der Verkürzung über die Hälfte (§ 934 ABGB) die Auflösung zu begehren. Die Vertragsteile erklären, sich vor Unterfertigung des Vertrages über alle wertbestimmenden Umstände ausreichend informiert zu haben, sowie, dass der vereinbarte Preis dem wahren Wert des abgetretenen Gesellschaftsanteiles entspricht, sowie weiters, dass das gegenständliche Geschäft jedenfalls um den Wert der besonderen Vorliebe iSd § 935 ABGB abgeschlossen worden ist.“

Diesem Vertrag war vorausgegangen, dass aufgrund persönlicher Differenzen zwischen dem Kläger und dem Beklagten vereinbart worden war, dass Letzterer per 30. 9. 2009 aus der GmbH ausscheiden solle.

Für einen derartigen Fall war eine Aufgriffsverpflichtung des Klägers vereinbart, wobei dieser wiederum den verbleibenden Gesellschaftern gegenüber verpflichtet war, den aufgegriffenen Anteil auf Wunsch anteilig an die restlichen Gesellschafter abzutreten.

Die Ermittlung des Abtretungspreises war im Gesellschaftsvertrag der G***** GmbH (Beilage ./B) in Punkt IX. Z 4 wie folgt geregelt:

„Der Abtretungspreis ist mit dem

anteiligen buchmäßigen Eigenkapital der Gesellschaft iSd § 224 HGB,

zuzüglich anteiliger unversteuerter Rücklagen,

abzüglich des anteiligen Wertes aller Beteiligungen der Gesellschaft zu Buchwerten,

zuzüglich des anteiligen Wertes aller Beteiligungen der Gesellschaft ausgehend von den jeweiligen Anschaffungskosten, zuzüglich der seit der Anschaffung der Beteiligung erwirtschafteten Jahresgewinne, abzüglich Jahresverluste und abzüglich der zwischenzeitlich ausbezahlten Dividenden, wobei im Falle von Unterbeteiligungen vom konsolidierten Ergebnis ermittelt nach den Bestimmungen der §§ 244 ff HGB (Konzernbilanz) auszugehen ist,

zum vorangegangenen Regelbilanzstichtag des Ausscheidungsstichtages (= Wirksamwerden der Abtretungsverpflichtung) festzusetzen.“

Beiden Streitteilen war bekannt und bewusst, dass der Abtretungspreis nach dieser Regelung des Gesellschaftsvertrags vom Wirtschaftstreuhänder der Gesellschaft errechnet werden würde. Dieser ermittelte für den angenommenen Stichtag 31. 12. 2009 einen Abtretungspreis in Höhe von 221.620 EUR. Diese Berechnung wurde beiden Streitteilen vorgelegt. In dieser Berechnung schien ein vorläufiger Gewinn für das Jahr von 2009 in Höhe von 2.660.000 EUR auf. Beide Streitteile gingen von der Richtigkeit dieser Berechnung aus. Der Fall der Unrichtigkeit dieser Berechnung wurde nicht besprochen und darüber keine Vereinbarung im Vertrag getroffen.

Mit der Formulierung des Vertrags sollte jedenfalls sichergestellt werden, dass an der Übereignung des Gesellschaftsanteils nicht mehr gerüttelt werden könne. Das musste deshalb gesichert sein, weil der Kläger den von ihm aufgegriffenen Gesellschaftsanteil in der Folge sofort wieder an einen anderen Gesellschafter weitergab.

Etwa ein Jahr nach Abschluss des Abtretungsvertrags ergab sich anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung ein Fehler einer Mitarbeiterin der Steuerberatungskanzlei, der zu einer Vorsteuernachzahlung in Höhe von 234.643,57 EUR führte, was den der Berechnung des Abtretungspreises zugrundegelegten Jahresgewinn für 2009 entsprechend verminderte. Bei Berücksichtigung dieser Steuernachzahlung hätte sich ein um den Klagsbetrag verminderter Abtretungspreis ergeben.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger vom Beklagten die Zahlung der Differenz zwischen dem vereinbarten Abtretungspreis und jenem, der sich unter Zugrundelegung des verminderten Jahresgewinns für 2009 errechnet. Der nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags vom 24. 8. 2005 errechnete Abtretungspreis werde durch die nachträgliche Änderung des Jahresgewinns für 2009 direkt beeinflusst. Die Parteien hätten der Vereinbarung des Abtretungspreises ein für das noch nicht abgeschlossene Geschäftsjahr 2009 geschätztes Jahresergebnis zugrunde gelegt. Die nachträgliche Korrektur des Betriebsergebnisses habe daher entsprechend dem Vertragswillen der Parteien zu einer entsprechenden Anpassung des Abtretungspreises zu führen. In Bezug auf die Richtigkeit des Abtretungspreises, wovon beide Parteien des Abtretungsvertrags ausgegangen seien, liege ein im Vertrag nicht ausgeschlossener gemeinsamer Irrtum vor. Darüber hinaus sei der Kläger zur Geltendmachung eines Gewährleistungsanspruchs berechtigt, weil die Parteien des Vertrags ihre Vorstellungen über den Verkehrswert des Anteils nicht nur schlüssig, sondern durch nachvollziehbare Berechnung des Abtretungspreises in das Rechtsgeschäft miteinfließen gelassen hätten. Der zur Preisminderung berechtigende Mangel des Abtretungsobjekts sei daher offenkundig gegeben.

Das Begehren auf Vertragsanpassung gründete der Kläger auf jeden erdenklichen Rechtsgrund, insbesondere auch auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Im Vertrag sei weder die Geltendmachung eines gemeinsamen Irrtums noch die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen ausgeschlossen worden.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte dessen Abweisung. Punkt 7 des Abtretungsvertrags enthalte einen ausdrücklichen Anfechtungsverzicht, insbesondere Willensmängel berechtigten den Kläger nicht, den Vertrag anzufechten. Auch habe er erklärt, über alle wertbestimmenden Umstände ausreichend informiert zu sein sowie, dass der vereinbarte Preis dem wahren Wert des Geschäftsanteils entspreche.

Ausgehend von den getroffenen Feststellungen wies das Erstgericht das Klagebegehren ab.

Es legte in rechtlicher Hinsicht einen gemeinsamen Irrtum beider Streitteile über die Richtigkeit der Berechnung des Gesellschaftsanteils zugrunde. Voraussetzung für die Geltendmachung des gemeinsamen Irrtums wäre jedoch dessen rechtzeitige Aufklärung, wovon nicht ausgegangen werden könne, habe doch der Kläger zum Zeitpunkt des Offenkundigwerdens der unrichtigen Berechnung seinen Geschäftsanteil längst an einen anderen Gesellschafter weiterveräußert. Es könne daher auf sich beruhen, ob eine Irrtumsanfechtung nicht schon aufgrund der Bestimmung des Punktes 7 des Abtretungsvertrags überhaupt ausgeschlossen wäre.

Ein Fall nachträglichen Wegfalls der Geschäftsgrundlage liege nicht vor, weil die Berechnung des Werts des Gesellschaftsanteils ohnedies nach der sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Formel erfolgt sei. Dass dabei ein Fehler unterlaufen sei, stelle die Geschäftsgrundlage selbst nicht in Frage.

Der abtretende Gesellschafter habe lediglich dafür einzustehen, dass der vertragsgegenständliche Geschäftsanteil sein unbelastetes Eigentum darstelle und nicht mit irgendwelchen Rechten Dritter belastet sei. Eine Gewähr für einen bestimmten Wert des Gesellschaftsanteils habe der Beklagte in dieser Vertragsbestimmung gerade nicht übernommen, sodass dem Kläger auch aus dem Titel der Gewährleistung keine Ansprüche zustünden.

Der dagegen vom Kläger erhobenen Berufung gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Das Berufungsgericht teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass der vorliegende Sachverhalt einen gemeinsamen Irrtum beider Vertragsteile zugrunde legen lasse. Auf Irrtumsanfechtung sei jedoch ausdrücklich in Punkt 7 des Abtretungsvertrags verzichtet worden. Der insbesondere wegen Willensmängeln erklärte Verzicht sei ein konkreter, individueller zulässiger Verzicht, dem weder § 937 ABGB im Wege stehe noch dessen Sittenwidrigkeit zugrunde zu legen sei.

Hingegen sei zwischen den Vertragsparteien nicht jegliche Gewährleistung ausgeschlossen worden. Bei gebotener Einschränkung von Gewährleistungsverzichten als Aufgabe von Rechten lasse sich weder Punkt 4 noch Punkt 7 ein genereller Verzicht entnehmen. Die Parteien hätten nicht nur schlüssig, sondern sogar ausdrücklich einen bestimmten Wert (des Jahresgewinns) in die Berechnung des Abtretungspreises einfließen lassen, bei Aufdeckung der Unrichtigkeit dieses Werts vor Vertragsunterfertigung hätte das zu einem um den Klagsbetrag reduzierten Abtretungspreis geführt. Daraus ergebe sich grundsätzlich eine Berechtigung eines auf den Differenzbetrag gerichteten Gewährleistungsanspruchs.

Nach Lehre und höchstgerichtlicher Rechtsprechung seien neben §§ 1397 ff ABGB auf den Anteilserwerb auch die allgemeinen Gewährleistungsvorschriften nach § 922 ABGB anzuwenden. Im vorliegenden Fall mache der Kläger den Umstand des Vorhandenseins einer unbekannten Verbindlichkeit geltend. Diese stelle sich aber erst dann als Mangel des Unternehmens dar und schlage damit auf den Wert des Gesellschaftsanteils im Ganzen durch, wenn dadurch das Unternehmenssubstrat beeinträchtigt werde. Sei das nicht der Fall, sei der Mangel unerheblich und bleibe außer Betracht. Das entspreche der Rechtsprechung des BGH (vgl NJW 1979, 33 = WM 1979, 102) und der Lehre (vgl Reich‑Rohrwig/Thiery, Gewährleistungsfragen beim Anteilskauf, ecolex 1991, 89; Koppensteiner/Rüffler, GmbH‑Kommentar³ § 76 GmbHG Rz 13 mwN).

Der Gewährleistungsanspruch des Klägers scheitere also daran, dass nicht behauptet worden sei, dass die Nachforderung der Steuerbehörde letztlich auf den Wert des Geschäftsanteils im Ganzen durchschlage.

Ein Rückgriff auf die Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage habe dort zu unterbleiben, wo das Gesetz selbst die Auswirkungen veränderter Verhältnisse, etwa die Anfechtbarkeit eines mit einem Geschäftsirrtum behaftenden Rechtsgeschäfts nach den §§ 871 ff ABGB regle. Dieser Einwand könne nicht auf Umstände gestützt werden, die zur Irrtumsanfechtung berechtigt hätten (SZ 54/71; 1 Ob 34/98a).

Das Berufungsgericht bestätigte daher die Abweisung des Klagebegehrens und erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil zur Frage der Beschaffenheit eines Mangels bei einem Anteilserwerb für eine allfällige Berechtigung von Gewährleistungsansprüchen keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei mit dem Antrag auf Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinn einer Stattgebung des Klagebegehrens; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig. Sie ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Geht man wie die Vorinstanzen von einem gemeinsamen Irrtum der vertragschließenden Teile über einen der Berechnung des Abtretungspreises zugrunde zu legenden Parameter, hier die Höhe des Eigenkapitals der Gesellschaft zum Stichtag 31. 12. 2009, aus und legt man weiters zugrunde, dass ein solcher Irrtum den Vertrag nicht gehindert hätte, sondern dieser nur mit einem anderen Inhalt zustandegekommen wäre, wäre nach Irrtumsregeln eine Vertragskorrektur vorzunehmen. Diese bestünde darin, dass die dem Irrenden obliegende Leistung verhältnismäßig zu mindern wäre (RIS‑Justiz RS0016228). Dann, wenn eine Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen erfolgt und Einvernehmen darüber besteht, dass das Geschäft zu diesen Bedingungen abgeschlossen wird, handelt es sich nicht bloß um einen Motivirrtum (RIS‑Justiz RS0014927). Ein solcher Kalkulationsirrtum ist § 871 ABGB direkt subsumierbar (RIS‑Justiz RS0014894 [T5]; 9 Ob 41/04a SZ 2004/160).

Die Parteien des Abtretungsvertrags haben aber wechselseitig auf eine Anfechtung des Vertrags, insbesondere gestützt auf Willensmängel, wozu auch die Irrtumsanfechtung zu zählen ist, ausdrücklich verzichtet.

Auf die Anfechtung eines Vertrags wegen Irrtums kann außerhalb des Anwendungsbereichs des KSchG im Vorhinein verzichtet werden, wenn der Irrtum nicht grob fahrlässig veranlasst wurde. Generell ist ein Verzicht auf die Irrtumsanfechtung zulässig und nicht sittenwidrig (RIS‑Justiz RS0016245).

Es kann daher in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, welche Bedeutung dem Umstand zukommt, dass die Parteien der Errechnung des Abtretungspreises einvernehmlich einen nur vorläufigen Jahresgewinn 2009 zugrunde legten.

Die Argumentation des Revisionswerbers, die Möglichkeit einer Unrichtigkeit der Preisberechnung sei nicht bedacht worden und daher für diesen Fall auch keine vertragliche Vorsorge getroffen worden, wäre gerade ein Indiz für einen gemeinsamen Irrtum. Weshalb der vertragliche, wechselseitige Irrtumsausschluss (Verzicht) allerdings gerade nicht (auch) auf diesen Fall anwendbar wäre, ist nicht nachvollziehbar. Diesbezüglich liegt auch die behauptete Aktenwidrigkeit nicht vor.

Dem Kläger ist daher die Berufung auf Irrtum infolge des ausdrücklichen und uneingeschränkten Verzichts versagt.

2. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung sind die bürgerlich‑rechtlichen Gewährleistungsvorschriften auch auf die Übertragung von Anteilen an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung anzuwenden (Koppensteiner, GmbH‑Gesetz Kommentar² § 76 Rz 13; 3 Ob 20/97f JBl 1997, 791; RIS‑Justiz RS0018635).

Weil der Erwerb von Anteilen an einer Gesellschaft formal betrachtet der Erwerb eines Rechtes und sohin „Rechtskauf“ ist, für welchen das ABGB keine gesonderten Gewährleistungsbestimmungen enthält, sondern mit §§ 1397 ff ABGB nur für den Erwerb von Forderungsrechten (Reich‑Rohrwig/Thiery, Gewährleistungs‑ fragen beim Anteilskauf, ecolex 1991, 89) kommen daneben ‑ wegen des weiten Sachbegriffs, der sowohl körperliche Sachen als auch Rechte umfasst ‑ die §§ 922 ff ABGB zur Anwendung (Koppensteiner aaO; 2 Ob 68/00i). Mit dem Kauf auch eines Unternehmensanteils, selbst beim Erwerb einer Minderheitsbeteiligung, sind nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung die für einen Unternehmenskauf geltenden Gewährleistungsregeln grundsätzlich anwendbar (6 Ob 564/90 ecolex 1991, 24; 2 Ob 68/00i RdW 2000, 471; 4 Ob 44/11s EvBl 2011/147, 1021 mwN).

Das bedeutet, dass bei Veräußerung von Gesellschaftsanteilen für ausdrücklich zugesagte oder gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaften des von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens Gewähr zu leisten ist. Inwieweit bestimmte Eigenschaften zu gewährleisten sind, lässt sich immer nur anhand der konkreten vertraglichen Vereinbarungen beurteilen (2 Ob 68/00i; 4 Ob 44/11s). Es ist klärungsbedürftig, wie weit beim Anteilserwerb die vom Zustand des von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens abhängige Güte eines Anteils ausdrücklich oder stillschweigend zum Gegenstand des Geschäfts gemacht worden ist (4 Ob 44/11s; Rauter in Straube, WK GmbHG § 76 Rz 162; Reischauer in Rummel³ §§ 922, 923 ABGB Rz 8a mwN; Wilhelm, Zur Gewährleistung beim Kauf eines Unternehmensanteils, RdW 1985, 266).

Vorweg lässt sich beurteilen, dass der Beklagte das Unterbleiben finanzamtlicher Abgabennachforderungen nicht zugesagt und damit auch nicht eine Garantie in Form einer sog. „Steuerklausel“ übernommen hat (vgl 2 Ob 68/00i, wo für das Nichtvorliegen einer vertraglich geschuldeten Eigenschaft, nämlich das Fehlen derartiger Nachforderungen, einzustehen war). Der Beklagte hat auch keine Schad‑ und Klagloshaltungsverpflichtung für den Fall des Auftretens solcher Nachforderungen übernommen. Der Beklagte übernahm als abtretender Gesellschafter die Haftung bloß dafür, dass der vertragsgegenständliche Gesellschaftsanteil sein unbelastetes Eigentum darstellte und nicht mit irgendwelchen Rechten Dritter belastet war.

Unzweifelhaft ist in die Berechnung des Werts des Anteils neben anderen Parametern das fiktive Jahresergebnis 2009 eingeflossen, was zunächst dafür sprechen könnte, dass diese Eigenschaft des Unternehmens nach der Parteienabsicht zumindest stillschweigend als Eigenschaft des zu erwerbenden Anteils aufgefasst wurde (vgl Wilhelm aaO 267; B. Puck, Der Unternehmenskauf [1996] 51 mwN).

Zur Ermittlung des Parteiwillens reicht dieses Indiz aber nicht aus, vielmehr ist zu untersuchen, welche Bedeutung den im Zusammenhang mit der Preisvereinbarung im Vertrag abgegebenen, ausdrücklichen Erklärungen und dem umfassenden Anfechtungsverzicht zukommt:

Die Vertragsparteien, die beide Gesellschafter der GmbH waren und die Preisberechnung auch nicht irgendeinem Dritten, sondern dem gemeinsamen Wirtschaftstreuhänder der Gesellschaft, übertrugen, erklärten ausdrücklich, „sich vor Unterfertigung des Vertrags über alle wertbestimmenden Umstände ausreichend informiert zu haben, sowie, dass der vereinbarte Preis dem wahren Wert des abgetretenen Gesellschaftsanteiles entspricht, sowie weiters, dass das gegenständliche Geschäft jedenfalls um den Wert der besonderen Vorliebe iSd § 935 ABGB abgeschlossen worden ist“. Damit wird jedenfalls keine objektive Richtigkeit des Jahresabschlusses oder des vorhandenen Eigenkapitals im Sinn einer bindenden Bilanzgarantie gewährleistet (vgl D. Karollus-Bruner, Was garantiert die Bilanzgarantie? ecolex 2007, 824), sondern eine rein subjektive, auf den persönlichen Wissensstand im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abstellende Zusicherung der Richtigkeit der Ermittlung des „wahren Werts“ des Gesellschaftsanteils durch beide Vertragsteile abgegeben. Das schließt, wenn wie hier kein vorwerfbares Verhalten vorliegt, die Berücksichtigung später offenkundig werdender Umstände zum Nachteil eines der Vertragspartner aus. In Zusammenhang mit dem im selben Vertragspunkt erklärten Verzicht auf die Anfechtung des Vertrags aus welchem Rechtsgrund auch immer und der Erklärung, zum „Wert der besonderen Vorliebe“ zu erwerben, bleibt kein Raum mehr für die Auslegung, dem Kläger sei ausdrücklich oder stillschweigend eine, der jeweils richtig ermittelten Werthaltigkeit des Anteils entsprechende Eigenschaft des Gesellschaftsanteils, zugesagt worden.

Damit liegen aber die Voraussetzungen für Gewährleistungsansprüche nicht vor (vgl 2 Ob 176/10m ecolex 2012, 299 mwN). Auf die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage ist daher nicht weiter einzugehen.

3. Nach der dargestellten Vertragslage kommt aber auch eine Berufung des Klägers auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht in Betracht. Geschäftsgrundlage ist die beim Geschäftsabschluss zu Tage tretende, gemeinsame Vorstellung mehrerer Beteiligter vom Vorhandensein oder dem Eintritt gewisser Umstände, auf deren Grundlage der Geschäftswille sich aufbaut. Nur wenn die Parteien durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung die Wirkung des Geschäfts vom Vorhandensein der vorausgesetzten Sachlage abhängig gemacht haben, kann die Auflösung des Vertrags oder dessen Anpassung begehrt werden (RIS‑Justiz RS0017394; RS0017487).

Mit dem im Vertrag ausdrücklich erklärten Zugeständnis der Richtigkeit des vereinbarten Abtretungspreises als wahrem Wert des übereigneten Gesellschaftsanteils und gleichzeitig vereinbarter beidseitiger Unterlassung der Anfechtung dieses Vertrags aus welchen Rechtsgründen immer, wurde im Ergebnis eine Gefahrtragungsregel vereinbart. Gleich auf welcher Seite sich aus welchem Grund immer ein Nachteil ereignet, solle er nicht mehr zum Gegenstand von Rück‑ oder Nachforderungen gemacht werden können. Daran scheitert im Ergebnis die Berufung des Klägers auch auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage.

Der Revision war daher insgesamt der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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