OGH 9ObA58/12p

OGH9ObA58/12p17.12.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf und Hon.-Prof. Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Werner Rodlauer und Peter Schönhofer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ing. M***** F*****, vertreten durch Dr. Gerhard Hiebler und Dr. Gerd Grebenjak, Rechtsanwälte in Leoben, gegen die beklagte Partei H***** E***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Annemarie Stipanitz-Schreiner und Dr. Helmut Klement, Rechtsanwälte in Graz, wegen 21.866 EUR sA (Revisionsinteresse 21.144 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. März 2012, GZ 7 Ra 88/11g-40, womit das Urteil des Landesgerichts Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 16. Mai 2011, GZ 23 Cga 177/09k-34, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend wies das Berufungsgericht im Zusammenhang mit dem Austrittsgrund nach § 26 Z 1 AngG auf die von der Rechtsprechung und Lehre angenommene Aufklärungspflicht des Arbeitnehmers hin. Danach ist der Arbeitnehmer, der wegen Gefährdung seiner Gesundheit durch die von ihm zu verrichtende Arbeit aus dem Arbeitsverhältnis vorzeitig austreten will, verpflichtet, den Arbeitgeber vor Ausübung seines Austrittsrechts auf seine Gesundheitsgefährdung aufmerksam zu machen (Grillberger in Löschnigg, AngG9 § 26 Rz 15; 9 ObA 113/99d = DRdA 2000/36 [Mosler]; RIS-Justiz RS0028663 ua). Diese Aufklärungspflicht besteht nicht, wenn dem Arbeitgeber die Gesundheitsgefährdung des Arbeitnehmers bereits bekannt ist (9 ObA 130/09x = DRdA 2012/6 [Friedrich] ua). Davon ist hier aber aufgrund der bindenden negativen Feststellungen des Erstgerichts nicht auszugehen.

Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin geht es in diesem Zusammenhang also nicht um eine „Erkundigungspflicht“ des Arbeitgebers, wenn es auch richtig ist, dass es in der Praxis Konstellationen geben kann, bei denen der Arbeitgeber von der Gesundheitsgefährdung des Arbeitnehmers wissen musste. Auch in diesen Fällen wird von der Rechtsprechung und Lehre der vorzeitige Austritt des Arbeitnehmers nicht von einer vorhergehenden besonderen Aufklärung des Arbeitgebers abhängig gemacht (vgl Grillberger in Löschnigg, AngG9 § 26 Rz 17; 9 ObA 240/88; 9 ObA 130/09x ua). Der bloße Umstand, dass die Klägerin den Geschäftsführer der Beklagten in Bezug auf neu übertragene Aufgaben auf ihre mangelnde Ausbildung hinwies, trägt aber nicht die Annahme der Klägerin, dass hier schon von einem Wissenmüssen des Arbeitgebers um eine Gesundheitsgefährdung des Arbeitnehmers auszugehen sei. Letztlich hängt diese Frage aber immer von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab, deren Beurteilung regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO begründet.

Das Erstgericht verneinte einen Zusammenhang zwischen den von der Klägerin behaupteten Mobbinghandlungen und einer Gesundheitsgefährdung der Klägerin. Mit allgemeinen Überlegungen in der Revision zum Thema „Mobbing“ wird keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt.

Auch soweit die Revisionswerberin zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Revision releviert, dass ihr vom Berufungsgericht zumindest die im Klagebetrag enthaltene, von der Berechtigung des vorzeitigen Austritts unabhängige Ersatzleistung für den „alten Urlaub“ in der Höhe von 1.476 EUR zuzuerkennen gewesen wäre, ist ihr nicht zu folgen. Sie übergeht nämlich, dass eine unrichtige rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts nur auf Umstände gestützt werden kann, die vom Berufungsgericht zu beurteilen waren. In Bezug auf die im Klagebetrag enthaltenen beendigungsunabhängigen Ansprüche rügte die Klägerin in der Berufung aber nur, dass das Erstgericht das Entgelt vom 1. 11. bis 6. 11. 2009 unberücksichtigt gelassen habe. Der „alte Urlaub“ hingegen wurde von der Klägerin in der Berufung nicht angesprochen. Dieser Punkt kann daher in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden (Kodek in Rechberger, ZPO3 § 503 Rz 27 mwN ua).

Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage ist die außerordentliche Revision der Klägerin zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

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