OGH 6Ob47/11x

OGH6Ob47/11x16.11.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** GesmbH, *****, vertreten durch CMS Reich‑Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei K*****‑Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch bpv Hügel Rechtsanwälte OG in Mödling, wegen 4.776.764,37 EUR sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. November 2010, GZ 1 R 248/10p‑17, womit das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Handelsgericht vom 29. Juni 2010, GZ 23 Cg 307/09v‑12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 8.800,56 EUR (davon 1.466,76 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist eine von sechs Gesellschaftern der Klägerin. Ihr Anteil an deren Stammkapital beträgt 9 %.

Gestützt auf Bereicherungsrecht begehrt die Klägerin aus abgeleitetem Recht ihrer übrigen Gesellschafter von der Beklagten Zahlung von 4.776.764,37 EUR sA. U***** AG (künftig: U*****), eine Tochtergesellschaft der Klägerin, sei schon 1998 in beträchtlichen Schwierigkeiten gewesen, als S***** als Mehrheitsaktionärin der U***** eingetreten sei (Anteil der Klägerin: 49,99 % des Grundkapitals). Nach Kapitalerhöhungen der U***** und Beteiligung eines weiteren Sanierungspartners als Aktionär ‑ danach habe der Anteil der Klägerin am Grundkapital der U***** 45,5 % betragen ‑ hätten alle Gesellschafter der Klägerin gemäß einer im Gesellschaftsvertrag der Klägerin vereinbarten Nachschussverpflichtung auf deren Weisung hin im Zeitraum vom November 2000 bis Februar 2001 der U***** Darlehen über insgesamt 47.704.982,64 EUR zur Abwendung der Zahlungsunfähigkeit der überschuldeten Tochtergesellschaft gewährt. Ende 2001 und Anfang 2002 sei U***** bei den Banken nicht mehr kreditwürdig und akut insolvenzbedroht gewesen. Eine Insolvenz der U***** hätte aufgrund der hohen Haftungen, die die Klägerin für U***** zum damaligen Zeitpunkt bereits übernommen hatte, auch die Insolvenz der Klägerin zur Folge gehabt. Da U***** die den Gesellschaftern der Klägerin geschuldeten Mietentgelte für zur Verfügung gestellte Leitungen nicht mehr habe zahlen können, hätten die Gesellschafter in der Gesellschaftersitzung am 6. 5. 2002 die Mietentgelte verzinslich gestundet. Im Jänner 2002 habe S***** ihre Beteiligung an U***** um 1 EUR der Klägerin verkauft und auf ihre Gesellschafterdarlehen von mehr als 130 Mio EUR verzichtet. Der Wert der U***** sei mit Null bzw negativ einzuschätzen gewesen. Die mehr als 90%ige Mehrheit der Gesellschafter der Klägerin hätten sich für die Sanierung der Klägerin und der Tochtergesellschaft entschieden. In der Generalversammlung am 28. 3. 2003 sei gegen die Stimme der Beklagten beschlossen worden, Haftungen zugunsten von Krediten der Klägerin bzw der U***** in Höhe von 125 Mio EUR gegen Ausgabe von Genussrechten zu übernehmen. Diese nach Änderung des Gesellschaftsvertrags der Klägerin in diesem geregelten Genussrechte seien mit Ausnahme der Beklagten und eines weiteren Gesellschafters von allen Gesellschaftern fast zur Gänze gezeichnet worden. Mit Ausnahme der Beklagten hätten alle Gesellschafter der Klägerin im Dezember 2002 zur Sanierung der Bilanz der Tochtergesellschaft auf ihre Eigenkapital ersetzenden Darlehen gegenüber U***** von ‑ einschließlich Zinsen ‑ insgesamt 43.126.641,87 EUR gegen Abschluss einer Besserungsvereinbarung verzichtet. Die Beklagte habe sich trotz entsprechender Aufforderung geweigert, im Ausmaß ihrer Beteiligung die Sanierungslast zu tragen und auf ihre Darlehensforderung von 4.067.799,14 EUR zuzüglich Zinsen zu verzichten. Da U***** im Geschäftsjahr 2002 einen hohen Jahresverlust erzielt habe, habe die Mitaktionärin im September 2003 im Wege einer Kapitalerhöhung 18 Mio EUR zugeführt, nachdem ‑ wie von der Mitaktionärin verlangt ‑ jene Gesellschafter der Klägerin, die eine Besserungsvereinbarung mit U***** abgeschlossen hatten, auf 70 % ihrer Ansprüche aus diesen Besserungsvereinbarungen ‑ in Summe 30.333.243,26 EUR -verzichtet hätten. U***** sei auch 2004 nicht nachhaltig saniert gewesen, sodass sich die Aktionäre zum Verkauf der U***** entschlossen hätten. Ab August 2004 hätten die Aktionäre mit einem Interessenten Verhandlungen über den Verkauf ihrer Aktien an U***** geführt. Um das Bilanzbild der U***** zu verbessern, habe die Klägerin am 31. 8. 2004 die Mietentgeltschulden der U***** gegenüber den Gesellschaftern der Klägerin privativ übernommen (10.740.551,45 EUR zuzüglich angereifter Zinsen). Um den Verkauf und die Sanierung der U***** zu ermöglichen, hätten auf Verlangen des Kaufinteressenten jene Gesellschafter der Klägerin, die noch über Ansprüche aus den Besserungsvereinbarungen verfügten, am 6. 10. 2004 auf diese Ansprüche ‑ in Summe 12.793.398,60 EUR ‑ verzichtet. Am 7. 12. 2004 seien die Aktien an der U***** verkauft worden. Vom Verkaufspreis, den die Klägerin für ihre Aktien erzielt habe, habe sie Bankkredite zurückgezahlt, an ihre Gesellschafter, die Genussrechtsinhaber gewesen seien, am 31. 3. 2007 20.959.607,39 EUR gezahlt und die darauf entfallende Kapitalertragsteuer von 6.986.535,80 EUR beglichen, und den Gesellschaftern die aus der privativen Schuldübernahme geschuldeten Mietentgelte (162.336,68 EUR an die Beklagte und 11.064.462,25 EUR an die übrigen Gesellschafter) entrichtet. Durch die Umwandlung der Darlehen in Eigenkapital gegen Abschluss von Besserungsvereinbarungen und dann durch den Verzicht auf die Ansprüche aus diesen Besserungsvereinbarungen habe die Beklagte erheblich profitiert. Nur durch diese freiwilligen Vermögensopfer der übrigen Gesellschafter sei U***** saniert worden, wodurch das Eigenkapital ersetzende Gesellschafterdarlehen der Beklagten „entsperrt“ und rückzahlbar geworden sei. Schließlich habe U***** das Darlehen (4.614.427,69 EUR einschließlich Zinsen) an die Beklagte zurückgezahlt. Um diesen Betrag seien die an der Sanierung beteiligten Gesellschafter der Beklagten bei der Verteilung des Veräußerungserlöses verkürzt worden. Dem durch die Vermögensopfer der übrigen Gesellschafter der Klägerin erzielte Gesamtnutzen von 32.413.572,49 EUR (Summe aus restlichem Verkaufspreis, entsperrtem Darlehen der Beklagten, Mietentgelte) stehe der Wert der aufgeopferten Güter von 43.126.641,86 EUR gegenüber. Die summierten Ersatzansprüche der übrigen Gesellschafter gemäß § 1043 ABGB gegen die Beklagte bemäßen sich mit dem von der Beklagten erzielten Nutzen (rückgezahltes Darlehen und bezahlte Mietentgelte) von 4.776.764,37 EUR, übersteige doch der Gesamtwert der aufgeopferten Güter den erzielten Gesamtnutzen.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Voraussetzungen des § 1043 ABGB lägen nicht vor. Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin sehe betraglich exakt definierte Nachschusspflichten der Gesellschafter vor. Daraus folge im Umkehrschluss, dass sich die Gesellschafter zu einer darüber hinausgehenden Nachschussleistung gerade nicht hätten verpflichten wollen. Jedem Joint‑Venture‑Partner oder sonstigen GmbH‑Gesellschafter sei bewusst, dass ein Gemeinschaftsunternehmen in eine Krise geraten könne. Würden begrenzte Finanzierungsleistungen vereinbart, ändere auch der Eintritt einer Krise nichts am begrenzten Umfang letzterer. Den Gesellschaftern der Klägerin sei bei Gründung bewusst gewesen, dass für weitere Finanzierungsleistungen, etwa im Fall einer Krise, das Einverständnis mit jedem einzelnen Gesellschafter, der eine Leistung erbringen solle, hergestellt werden müsse. Die Annahme einer aus der Sanierungssituation, der Treuepflicht oder § 1043 ABGB abgeleiteten „zusätzlichen Nachschusspflicht“ verstoße auch gegen den Normzweck des § 72 GmbHG. Zudem liege kein „aufgeopfertes“ Eigentum iSd § 1043 ABGB vor, weil der nach Abdeckung der Fremdverbindlichkeiten verbliebene und den anderen Gesellschaftern der Klägerin zugeflossene Nettoerlös höher sei als die geleisteten Forderungsverzichte von rund 43.120.000 EUR.

Das Erstgericht wies die Klage ohne Beweisverfahren ab. Es verneinte mit ausführlicher Begründung, dass § 1043 ABGB im zu entscheidenden Fall anzuwenden sei. Selbst wenn die Norm anwendbar sei, seien ihre Tatbestandsvoraussetzungen nicht verwirklicht.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es verneinte den gerügten Verfahrensmangel und billigte die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts. Im Ergebnis laufe das Begehren der Klägerin darauf hinaus, dass ein GmbH‑Gesellschafter in bestimmten Situationen über den Inhalt des Gesellschaftsvertrags hinaus und gegen seinen Willen zu Nachschüssen verpflichtet sei. Eine derartige (indirekte) Pflicht lasse sich mit dem GmbHG aber nicht in Einklang bringen. Nachschüsse müssten im Gesellschaftsvertrag vorgesehen sein. Sollen Nachschüsse durch Änderung des Gesellschaftsvertrags eingeführt werden, sei die Zustimmung aller Gesellschafter nötig. Das Gesellschaftsrecht biete keine Grundlage, dass ein GmbH‑Gesellschafter darüber hinaus zu Nachschüssen direkt oder ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ indirekt herangezogen werden könne. Die Treuepflicht der Gesellschafter reiche bei Kapitalgesellschaften nicht so weit, dass auch Sanierungsmaßnahmen von einem Gesellschafter mitgetragen werden müssten. Das Gesetz biete keine Grundlage, einen Gesellschafter, der sich (weiteren) Sanierungsmaßnahmen verweigert habe, nachträglich zu einem Sanierungsbeitrag zu zwingen. § 1043 ABGB biete eine solche Grundlage nicht. Die Bestimmung könne die Rechtslage zur Nachschusspflicht nach dem GmbHG nicht verdrängen und sei gegenüber § 50 Abs 4 GmbHG bzw gegenüber § 72 GmbHG nicht die speziellere Regelung. Räumte man den Gesellschaftern im Zusammenhang mit nicht vom Gesellschaftsvertrag gedecktem Sanierungsaufwand einen Ausgleichsanspruch nach § 1043 ABGB ein, hätte dies zur Folge, dass Gesellschafter auch gegen ihren Willen bzw gegen den Inhalt des Gesellschaftsvertrags verpflichtet wären, zur Sanierung der Gesellschaft beizutragen. § 1043 ABGB schließe bei einer Gefahrengemeinschaft für den Ausnahmefall eines Notfalls jene Lücken, die durch Fehlen vertraglicher Regelungen bestehen. Die Bestimmung sei dadurch gekennzeichnet, dass zwischen dem Aufopfernden und dem Geretteten kein Rechtsverhältnis vorliege, das einen Ausgleich regle. Im Fall der Sanierung einer GmbH richte sich ein allfälliger Ausgleichsanspruch zwischen den Gesellschaftern ausschließlich nach ihrem durch den Vertrag und das Gesetz geregelten Verhältnis, ohne dass ein Rückgriff auf die bereicherungsrechtliche Bestimmung des § 1043 ABGB möglich bzw zulässig wäre. Gerade bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung müsse es für den einzelnen Gesellschafter absehbar sein, in welchem Umfang er mit seinem Vermögen beizutragen habe. Insoweit steckten die gegenüber § 1043 ABGB spezielleren Bestimmungen der §§ 50 und 72 GmbHG den entsprechenden Rahmen ab. Die im GmbHG normierte Haftung der Gesellschafter dürfe nicht auf dem Umweg über § 1043 ABGB erweitert werden. Die Inanspruchnahme der Zahlung von Mietentgeltforderungen bzw eines Darlehens könne keine ungerechtfertigte Bereicherung darstellen. Ein wissentliches Handeln gegen den ausdrücklichen Willen des anderen schließe den Anspruch nach § 1043 ABGB aus. Die übrigen Gesellschafter hätten die Sanierungsmaßnahmen wissentlich gegen den Willen der Beklagten beschlossen und durchgeführt. Im Zeitpunkt jedes Verzichts hätten die übrigen Gesellschafter zudem kein Opfer erbracht. Die Klägerin selbst bezeichne die Weigerung der Beklagten zu einem solidarischen Vorgehen mit den übrigen Gesellschaftern als „umso unverständlicher“, als das U***** gewährte Darlehen wegen seines Eigenkapital ersetzenden Charakters zum damaligen Zeitpunkt ohnedies nicht rückführbar geworden wäre. Mit Blick auf die faktische Wertlosigkeit ihrer Forderungen sei damit das für einen Ausgleichsanspruch nach § 1043 ABGB erforderliche Tatbestandsmerkmal der Aufopferung von Eigentum nicht erfüllt.

Das Berufungsgericht sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig, weil die Frage, ob im Recht der Gesellschaft mbH § 1043 ABGB anwendbar sei, für Rechtssicherheit und Rechtsentwicklung von erheblicher Bedeutung sei und für einen Fall vergleichbarer Konstellation Rechtsprechung fehle.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Beklagten beantwortete Revision der Klägerin ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:

1. Zu Recht haben die Vorinstanzen den mit Revision weiter verfolgten Klagsanspruch aus § 1043 ABGB verneint.

2. § 1043 ABGB ist eine Norm des Bereicherungsrechts (RIS‑Justiz RS0013775). Die freiwillige Aufopferung von Sachen im Notfall im eigenen und fremden Interesse ist ein Fall der Verwendung zu fremdem Nutzen (Apathy in Schwimann, ABGB³ § 1043 Rz 1; Koziol, Die Bereicherung des Schädigers als schadenersatzrechtliches Zurechnungselement?, in FS Bydlinski [2002], 175 [178]; Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag 34 ff; Lurger in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON 1.01 § 1043 Rz 1; vgl Bollenberger, Das stellvertretende Commodum 215 ff; Rummel in Rummel, ABGB³ § 1043 Rz 1). Der Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB setzt voraus, dass die Verwendung zum Nutzen eines anderen als des Berechtigten ungerechtfertigt war. Hat die Vermögensverschiebung ihren Rechtsgrund im Gesetz oder in einem Vertragsverhältnis zwischen Verkürztem und Bereichertem, scheiden Bereicherungsansprüche aus (1 Ob 353/97m SZ 71/128; RIS‑Justiz RS0020101; Koziol in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB² § 1041 Rz 11; Apathy in Schwimann, ABGB³ § 1041 Rz 10, 12; Rummel in Rummel, ABGB³ § 1041 Rz 9, je mwN). Nach Auffassung des erkennenden Senats gilt für den Anspruch nach § 1043 ABGB nichts anderes, ist doch kein Grund erkennbar, insoweit zwischen den Ansprüchen zu unterscheiden.

3. Wie das Stammkapital müssen Nachschüsse im Gesellschaftsvertrag verankert sein (§ 72 Abs 1 GmbHG). Die Nachschusspflicht ist auf einen nach dem Verhältnis der Stammeinlagen bestimmten Betrag zu beschränken. Eine dem nicht entsprechende Bestimmung des Gesellschaftsvertrags ist wirkungslos (§ 72 Abs 2 GmbHG). Die Einzahlung der Nachschüsse ist von sämtlichen Gesellschaftern nach Verhältnis ihrer Stammeinlagen zu leisten (§ 72 Abs 3 GmbHG). Die Nachschusspflicht oder ihre Erhöhung kann nicht durch nachträglichen Mehrheitsbeschluss der Gesellschafter eingeführt werden. Ihre Einführung oder Erhöhung setzt, auch von der Klägerin nicht bestritten, vielmehr einen einstimmigen Beschluss der Gesellschafter voraus, bildet sie doch einen Fall (Vermehrung der den Gesellschaftern nach dem Vertrag obliegenden Leistungen) des § 50 Abs 4 GmbHG. Ausweislich der Materialien (ErläutRV 236 BlgHH XVII. Session 82, abgedruckt in Kalss/Eckert, Zentrale Fragen des GmbH‑Rechts 615 f) ist die Nichtzulassung selbst eines hoch qualifizierten Mehrheitsbeschlusses von der Erwägung getragen, dass dies „zu einer sehr bedenklichen Härte und Unbilligkeit gegen die Gesellschafter ausarten [könnte], die unter der Voraussetzung bestimmt umgrenzter finanzieller Verpflichtungen in die Gesellschaft eingetreten sind und nun zu ungeahnten Leistungen von vielleicht beträchtlichem Umfange herangezogen werden, denen sie sich besten Falls nur durch Aufgabe ihres Gesellschaftsrechtes entziehen könnten“ und nicht ein Mittel geschaffen werden sollte, „die weniger kapitalskräftigen Elemente zu erdrücken“.

4. Aus der Treuepflicht im Verhältnis der Gesellschafter untereinander und im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter (vgl Enzinger in Straube, GmbHG § 39 Rz 28) kann auch in Notsituationen eine Pflicht eines Gesellschafters zu zusätzlichen finanziellen Leistungen nicht abgeleitet werden, widerspräche dies doch § 50 Abs 4 und § 72 GmbHG (Rüffler/Vonkilch, Bereicherungsausgleich bei asymmetrischer Gesellschaftssanierung, ecolex 2011, Script 44, 1 [2 mwN]; Reich‑Rohrwig, GesRZ 2001, 74; Koppensteiner/Rüffler³, GmbHG § 52 Rz 12, § 72 Rz 9; Krejci, Verweigerter Nachschuss und § 1043 ABGB, RdW 2011, 261 [263]; vgl Doralt/Winner in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG § 47a Rz 44 mwN). Dies stellt auch die Klägerin nicht in Abrede.

5. Ist im Gesellschaftsvertrag einer GmbH nichts anderes vereinbart, so geht daher der das sozietäre Rechtsverhältnis begründende Gesellschaftsvertrag davon aus, dass ein Gesellschafter gegen seinen Willen ‑ auch in der Krise oder im Sanierungsfall ‑ Nachschüsse nicht leisten muss. Der Gesellschaftsvertrag schließt nachträgliche Belastungen, die nicht von allen Gesellschaftern gewollt sind, aus. Darin sind sich die Gesellschafter, die im Gesellschaftsvertrag Gegenteiliges nicht vereinbart haben, einig (Krejci aaO 263).

6. Der Oberste Gerichtshof billigt die Auffassung des Berufungsgerichts, dass das zwischen den Gesellschaftern bestehende vertragliche Schuldverhältnis mit dem dargestellten Inhalt für die Anwendung des § 1043 ABGB in einer Konstellation wie sie hier vorliegt keinen Raum lässt (zustimmend Krejci aaO 263). Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass die gegenteilige Ansicht der Klägerin (vgl auch Rüffler/Vonkilch aaO) darauf hinausläuft, den Gesellschafter, der nach der Gesellschaftsvertragslage auch im Sanierungsfall nur mit seiner Zustimmung zu finanziellen Leistungen verpflichtet werden kann, zu einem unfreiwilligen finanziellen Sanierungsbeitrag ‑ wenngleich nur bei erfolgreicher Sanierung ‑ zu verhalten.

7. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin widerspricht die Verneinung der Anwendbarkeit des § 1043 ABGB nicht den oberstgerichtlichen Entscheidungen 2 Ob 56/59 SZ 32/22 und 8 Ob 37/88. Beiden lag zugrunde, dass den Miteigentümern einer Liegenschaft von der Baubehörde der Auftrag zu Instandsetzungsarbeiten erteilt worden war und ‑ weil die Ersatzvornahme infolge Nichtbefolgung des Auftrags bevorstand ‑ ein Miteigentümer den Auftrag zur Durchführung der Instandsetzungsarbeiten erteilt und diese bezahlt hatte. Der Oberste Gerichtshof hat in diesen Fällen die Anwendbarkeit des § 1043 ABGB bejaht. Für die Ansicht der Klägerin ist daraus nichts zu gewinnen, weil alle Miteigentümer zur Durchführung der Instandsetzungsarbeiten verpflichtet waren und ein Vertrag zwischen den Miteigentümern nicht bestand. Die Beklagte musste sich aber nach der mit den sanierenden Gesellschaftern bestehenden Vertragslage nicht an Sanierungsmaßnahmen beteiligen.

8. Das Argument, der Gesellschaftsvertrag der Klägerin stehe einer Anwendung des § 1043 ABGB nicht im Weg, weil die Verzichte der Gesellschafter (auf Ansprüche aus den Besserungsvereinbarungen) nicht Gegenstand einer Regelung im Gesellschaftsvertrag seien (vgl Rüffler/Vonkilch aaO 5 f), überzeugt nicht. Alle Gesellschafter wissen, dass einem einzelnen Gesellschafter gegen seinen Willen Sanierungsaufwendungen nicht angelastet werden können. Im Fall der gelungenen Sanierung durch finanzielle Aufwendungen oder durch Forderungsverzichte von Gesellschaftern aber den sich weigernden Gesellschafter über § 1043 ABGB nachträglich dadurch finanziell zu belasten, dass jener die sanierenden Gesellschafter für ihren erlittenen Verlust verhältnismäßig entschädigen muss, widerspricht dem Gesellschaftsvertrag. Dieser verbietet es ja, von einem Gesellschafter gegen seinen Willen einen anteiligen Aufwand zu verlangen, auch wenn eine Sanierung aussichtsreich erscheint. Die sanierenden Gesellschafter sind Vertragspartner der anderen und haben die Ablehnung einer Beteiligung an Sanierungsmaßnahmen hinzunehmen (Krejci aaO 264).

9. Die Ansicht der Revisionswerberin, es verstieße gegen den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, wollte man die Beklagte durch Verneinung gegen sie gerichteter Ausgleichsansprüche bezüglich des rückgeführten Gesellschafterdarlehens in erheblich höherem Ausmaß am Sanierungserfolg bei der Klägerin teilhaben lassen, als ihrem Anteil an der Sanierungslast entspräche, kann nicht geteilt werden. Ihr ist entgegen zu halten, dass dieser Grundsatz keine Grundlage dafür sein kann, einem Gesellschafter das vertragliche Recht auf Ablehnung einer nachträglichen finanziellen Belastung zu nehmen (Krejci aaO 264). Angemerkt sei, dass die Klägerin (bzw die zedierenden Gesellschafter) die Beklagte nicht nur im Ausmaß des vom Schuldner rückgeführten Darlehens an der Sanierungslast teilhaben lassen wollen, sondern auch im Ausmaß der Zahlung der von ihr geschuldeten Mietentgelte.

10.1. Der deutsche Bundesgerichtshof hat in seinem Versäumungsurteil vom 20. 6. 2005, II ZR 252/03, ausgesprochen, dass Kommanditisten, deren Kapitalkonto durch gesellschaftsvertraglich zugelassene Ausschüttungen negativ geworden ist und die zur Abwendung einer Krisensituation der Gesellschaft ohne rechtliche Verpflichtung die Entnahmen an die Kommanditgesellschaft zurückzahlen, auch dann ein die Erstattungspflicht der Gesellschaft nach § 110 (d)HGB auslösendes Sonderopfer erbringen, wenn sie mit der Zahlung zugleich dafür sorgen, dass sie in einem etwaigen späteren Insolvenzverfahren im Außenverhältnis nicht nach § 172 Abs 4 (d)HGB in Anspruch genommen werden können. Die Klage eines Kommanditisten, der seine Entnahmen nicht zurückgezahlt hatte, blieb deshalb erfolglos. Er hatte mit ihr erreichen wollen, dass die Unzulässigkeit des Vorgehens der Liquidatoren festgestellt wird, aus dem nach Verkauf von Gesellschaftsvermögen entstandenen Überschuss nach Befriedigung aller außenstehenden Gläubiger zunächst jene Kommanditisten wegen ihrer Forderungen zu bedienen, die in der Notsituation die früher bezogenen Ausschüttungen zurückgezahlt haben.

10.2. Die Revisionswerberin meint, es erscheine die wertungsmäßige Identität des vom BGH durch Heranziehung des dem § 110 UGB entsprechenden § 110 (d)HGB erzielten Ergebnisses mit jenem frappant, das bei Bejahung von Ansprüchen gemäß § 1043 ABGB der übrigen Gesellschafter der Klägerin gegen die Beklagte erzielt würde (vgl Rüffler/Vonkilch aaO 4 f). Das vermag nicht zu überzeugen. Abgesehen davon, dass sich der Anspruch eines Gesellschafters (einer Offenen Gesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft) auf Ersatz für Aufwendungen und für Verluste nach § 110 UGB gegen die Gesellschaft und nicht gegen die Mitgesellschafter richtet, geht es im vorliegenden Fall nicht um die vorrangige Beteiligung der sanierenden Gesellschafter bei der Verteilung des Verkaufserlöses. Im BGH‑Fall führten die zu ersetzenden Aufwendungen der Kommanditisten zu einer Kürzung des Gesellschaftsgewinns und damit des Gewinnanspruchs aller Gesellschafter. Hier streben die sanierenden Gesellschafter der Klägerin aber nach den Klagsbehauptungen eine nachträgliche Beteiligung der Beklagten an der Sanierungslast im Ausmaß ihrer Beteiligung an der Klägerin an. Im Übrigen werden unter „Verluste“ iSd § 110 UGB alle unfreiwillig erlittenen Nachteile im Vermögen verstanden (Jabornegg/Artmann in Jabornegg/Artmann, UGB² § 110 Rz 28). Die sanierenden Gesellschafter der Klägerin haben aber ihre Forderungen gegen die Tochtergesellschaft aufgrund eines Verzichts verloren.

11. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO. Kosten für die nach Erstattung der Revisionsbeantwortung eingebrachten, nicht zur zweckmäßigen Rechtsverfolgung notwendigen Schriftsätze der Parteien waren nicht zuzusprechen.

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