OGH 1Ob204/12z

OGH1Ob204/12z15.11.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** AG, *****, vertreten durch Dr. Angelika Truntschnig, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. S***** GmbH NfgKG, und 2. S***** GmbH, *****, beide vertreten durch Dr. Friedrich Trappel, Rechtsanwalt in Wien, wegen 101.109,28 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 22. August 2012, GZ 15 R 47/12k-50, mit dem das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 2. Jänner 2012, GZ 6 Cg 68/09v-46, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Führen - wie hier - mehrere (Neben-)Täter fahrlässig einen Schaden herbei und lassen sich die Anteile des Einzelnen an der Beschädigung nicht bestimmen, tritt gemäß § 1302 ABGB Solidarhaftung ein, wobei demjenigen, der den Schaden ersetzt, ein (anteiliger) Regressanspruch gegen die übrigen Täter zusteht (1 Ob 1/09t = Zak 2009/273, 176 [Kletecka]; dazu Karner, Gehilfenzurechnung auf Seiten des Geschädigten, ZVR 2010/3, 9). Die Höhe der Regressforderung desjenigen, der eine Gesamtschuld ganz oder überwiegend „aus dem Seinigen abgetragen hat“, richtet sich in erster Linie nach dem „besonderen Verhältnis“ der Mitschuldner untereinander (§ 896 ABGB). Dieses besondere Verhältnis kann auf rechtsgeschäftlichen Beziehungen zwischen den Mitschuldnern beruhen, aber auch auf schadenersatzrechtlichen Verflechtungen und sonstigen Umständen, die im konkreten Fall ein Abweichen vom Rückgriff nach Kopfteilen rechtfertigen. Mangels Vereinbarung entscheidet letztlich der jeweilige Verursachungs-, Schuld- und Rechtswidrigkeitsanteil jedes einzelnen Mitschuldners am Entstehen der Gesamtschuld über die Höhe der Ersatzpflicht. Nur in Ermangelung eines besonderen Verhältnisses und im Zweifel haben Solidarschuldner zu gleichen Teilen einzustehen (7 Ob 19/05b mwN; RIS-Justiz RS0026803; RS0017522 [T2]; RS0017501 [T1]; RS0003080).

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0017470) hat die Aufteilung des Schadens zwischen Nebentätern und dem mitschuldigen Geschädigten selbst nach der Methode der Verknüpfung der Einzelabwägung mit einer Gesamtabwägung zu erfolgen. Dies gilt auch, wenn ein Schädiger Rückgriff nimmt (2 Ob 43/01i mwN = ZVR 2001/62, 243 [Kletecka]). Belangt der Geschädigte aber - wie hier - nur einen der mehreren Schädiger, dann muss die Gesamtabwägung, deren quotenmäßiges Ergebnis im späteren Verfahren gegen andere Nebentäter nicht bindend wäre, unterbleiben; die Schadenersatzpflicht wird in einem solchen Fall allein nach dem Grundsatz der Einzelabwägung bemessen. Der gesondert in Anspruch genommene Schädiger haftet dem Geschädigten in jenem Ausmaß, in dem er haften würde, wenn er allein gehaftet hätte (2 Ob 43/01i; 5 Ob 51/04t, jeweils mwN; RIS-Justiz RS0017470 [T1, T4, T6]).

Mangels vertraglicher Regelung kommt es für die interne Verteilung der von der Klägerin allein getragenen Schadensbehebungskosten auf die Schwere der Zurechnungsgründe an, wobei nach den Feststellungen einzelne Schäden nicht konkret den beteiligten Verursachern zugeordnet werden können. Die Rechtsvorgängerin der Erstbeklagten (die Zweitbeklagte ist deren Komplementärin) hat einen schwerwiegenden Planungsfehler zu vertreten, durch den die Folgefehler der beteiligten Bauunternehmen erst möglich wurden. Dem von ihr als Generalunternehmerin an die Rechtsvorgängerin der Klägerin erteilten Auftrag zur Durchführung bestimmter Baumeisterarbeiten lag ein von ihr erstelltes Leistungsverzeichnis zu Grunde, das eine unrichtige Körnung des Bettungsmaterials vorsah. Entgegen den Ausführungen in der außerordentlichen Revision hat sie diesen Fehler nach den Feststellungen weder korrigiert, noch eine anderslautende Anweisung erteilt. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hat ein dem Leistungsverzeichnis entsprechendes Bettungsmaterial eingebracht, obwohl sie und ihr Subunternehmer die Verwendung des ungeeigneten Materials erkennen hätte müssen. Wenn das Berufungsgericht hier zu einer Haftung der Beklagten zu 3/5 für den von der Klägerin getragenen Aufwand für die Sanierung der Mängel gelangte, ist dieses Ergebnis nicht zu beanstanden. Der primäre (Planungs-)Fehler ging von der fachkundigen Rechtsvorgängerin der Erstbeklagten aus, sodass im Verhältnis zur Klägerin eine größere Mitverantwortung besteht.

Auf den Umstand, dass das Berufungsgericht zu diesem Ergebnis gelangte, weil es die Aufteilung nach Kopfteilen der beteiligten Unternehmen vornahm und den Beklagten - von ihnen nicht releviert - das Fehlverhalten zweier weiterer von der Rechtsvorgängerin der Erstbeklagten im Rahmen von Einzelaufträgen tätiger Unternehmen als „Bewahrungsgehilfen“ zurechnete, kommt es damit nicht mehr an.

Da es der Klärung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht bedarf, ist die außerordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen.

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