OGH 4Ob179/12w

OGH4Ob179/12w18.10.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. S***** N*****, vertreten durch Neubauer Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) Mag. N***** B***** und 2.) DI Dr. R***** H*****, beide vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in Wien, wegen Übergabe und Unterlassung, über den Rekurs der beklagten Parteien gegen den Berichtigungsbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 22. Mai 2012, GZ 34 R 14/12d-24, womit der Spruch des Urteils des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 18. November 2011, GZ 15 C 601/10z-20, ergänzt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die mit 408,67 EUR bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin 68,11 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin erhob gegen die Beklagten (unter anderem) ein Räumungsbegehren, dem sie zwei Eventualbegehren hinzufügte. Zunächst begehrte sie hilfsweise die Räumung an die Wohnungseigentümergemeinschaft (anstelle an sie selbst), weiters hilfsweise alle Handlungen zu unterlassen, welche geeignet wären, ihre Benützung zu behindern.

Das Erstgericht wies das Räumungsbegehren ab und gab dem zweiten Eventualbegehren statt. Eine Entscheidung über das erste Eventualbegehren ist dem Spruch nicht zu entnehmen, die Entscheidungsgründe enthalten aber eine inhaltliche Auseinandersetzung, welche deutlich erkennen lässt, dass das Erstgericht das erste Eventualbegehren (ebenso wie das Hauptbegehren) für unberechtigt hält.

Die Beklagten erhoben gegen den klagestattgebenden Teil des Ersturteils Berufung.

Das Berufungsgericht berichtigte zunächst das Ersturteil dahin, dass es den erstgerichtlichen Spruch um die Abweisung des ersten Eventualbegehrens ergänzte, verwarf die Nichtigkeitsberufung der Beklagten und gab deren Berufung im Übrigen nicht Folge. Seine Berichtigung des erstgerichtlichen Urteilsspruchs stützte das Berufungsgericht auf § 419 Abs 1 und 3 ZPO und verwies auf die eindeutigen rechtlichen Erwägungen des Erstgerichts in seinen Entscheidungsgründen.

Der von den Beklagten gegen die Berichtigung des Ersturteils durch das Berufungsgericht gerichtete Rekurs, mit dem sie die Aufhebung des Berichtigungsbeschlusses und die Rückverweisung der Rechtssache an das Berufungsgericht anstreben, ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 519 Abs 1 ZPO ist gegen einen im Berufungsverfahren ergehenden Beschluss des Berufungsgerichts der Rekurs nur zulässig, soweit das Berufungsgericht die Klage oder die Berufung ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen hat (Z 1) oder soweit das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen oder die Sache an ein anderes Berufungsgericht verwiesen und dabei ausgesprochen hat, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist (Z 2).

Solange der angefochtene vom Berufungsgericht im Rahmen des Berufungsverfahrens gefasste Beschluss keine der in § 519 Abs 1 Z 1 und 2 ZPO genannten Tatbestände erfüllt, ist er unanfechtbar (RIS-Justiz RS0043796). Diese Rechtsmittelbeschränkungen gelten für alle im Berufungsverfahren ergangenen Beschlüsse und nicht bloß für „prozessbeendigende“ Beschlüsse (RIS-Justiz RS0043763). Auch ein vom Berufungsgericht gefasster Urteilsberichtigungsbeschluss ist daher ein im Berufungsverfahren ergangener Beschluss, gegen den gemäß § 519 ZPO ein Rekurs unstatthaft ist (RIS-Justiz RS0041738).

Gemäß § 419 Abs 3 ZPO kann die Urteilsberichtigung auch in höherer Instanz angeordnet werden. Unter einer „Anordnung“ der Berichtigung ist nicht eine Weisung an das ursprünglich erkennende Gericht zu verstehen, einen Berichtigungsbeschluss zu fassen, sondern die Berichtigung durch das Gericht höherer Instanz selbst; nur der Vollzug der Berichtigung obliegt dem ursprünglich erkennenden Gericht (4 Ob 34/08s; vgl RIS-Justiz RS0041824). Es kann daher keine Rede davon sein, dass das Berufungsgericht bei Berichtigung des erstgerichtlichen Spruchs seine funktionelle Zuständigkeit überschritten und damit außerhalb des Berufungsverfahrens entschieden hätte.

Der unzulässige Rekurs ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO (Bemessungsgrundlage 5.000 EUR für das Eventualbegehren).

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