Spruch:
Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der Kläger stürzte am 7. April 2008 bei - in großer Höhe durchzuführenden - Kabelverlegungsarbeiten auf dem Betriebsgelände der beklagten Partei durch eine ca 0,55 x 0,65 m große rechteckige Öffnung in der oberen Abdeckplatte in eine innen hohle Kranbahnstütze. Dabei erlitt er schwere Verletzungen.
Mit den Kabelverlegungsarbeiten hatte die beklagte Partei die Nebenintervenientin beauftragt. Der Kläger war als Arbeitnehmer eines Personalbereitstellungsunternehmens der Nebenintervenientin überlassen worden.
Das Erstgericht wies die auf Schadenersatz gerichtete Klage ab. Die beklagte Partei habe zwar damit rechnen müssen, dass der Kläger den Montagesteg benützen würde. Allerdings habe der Kläger den Bereich des Montagestegs verlassen und sei auf die Kranbahnstütze geklettert, obwohl kein Aufstieg vorhanden gewesen sei und sich auch kein anderer Hinweis auf die Begehbarkeit der Stütze ergeben hätte. Die beklagte Partei habe nicht damit rechnen müssen, dass jemand ohne weiteres auf die Stütze klettern werde. Vom Werkbesteller zu fordern, die Arbeitsschritte des Werkunternehmers vorab selbst nachzuspielen, um die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen zu erkunden, würde die Sorgfaltspflicht des Werkbestellers massiv überspannen und in aller Regel den Werkbesteller, der im Fachgebiet des Werkunternehmers kaum über ausreichendes Wissen zur Beurteilung der nötigen Arbeitsschritte verfüge, überfordern. Insgesamt sei daher eine Haftung der Beklagten zu verneinen.
Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichts, bestätigte dessen Entscheidung und Rechtsansicht und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei, weil die Frage der Verletzung der Fürsorgepflicht durch den Werkbesteller von den Umständen des Einzelfalls abhänge.
In seiner außerordentlichen Revision beruft sich der Kläger darauf, dass die beklagte Partei, die dem Kläger den Kabelweg vorgegeben habe, damit habe rechnen müssen, dass dieser die Verlegearbeiten im Bereich der oben unverschlossenen hohlen Kranstütze ausführen werde. Die beklagte Partei wäre aufgrund näher benannter gesetzlicher Bestimmungen verpflichtet gewesen, für den Schutz des Klägers zu sorgen.
Rechtliche Beurteilung
Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zeigt der Kläger mit diesem Vorbringen nicht auf:
Grundsätzlich hat ein Werkbesteller, der seine eigene Sphäre dem Werkunternehmer öffnet und diesen daher (zumindest potenziell) gewissen Gefahren aussetzt, ihn im Rahmen des Zumutbaren vor Schäden zu bewahren. Dabei ist auf mögliche Gefahren hinzuweisen, sofern diese nicht beseitigt werden können. Die Reichweite dieser Fürsorge- bzw Schutzpflicht bestimmt sich danach, wie weit sich der Unternehmer (mit seinen Gehilfen: RIS-Justiz RS0021827 [T16]) in einen der Sphäre des Bestellers zuzuordnenden Bereich zu begeben hat, in dem er gefährdet wird (3 Ob 88/09a; M. Bydlinski in KBB3 § 1169 Rz 1). Das Ausmaß solcher Pflichten kann nur aufgrund der Umstände des konkreten Einzelfalls festgelegt werden (4 Ob 139/07f ua).
Die Ansicht der Vorinstanzen, dass der beklagten Partei als Werkbestellerin keine Verletzung der in § 1169 iVm § 1157 ABGB normierten Fürsorgepflicht anzulasten ist, ist in Anbetracht der konkreten Umstände jedenfalls vertretbar. Zwar verlief die für die Umsetzung des konkret auszuführenden Auftrags in Frage kommende Kabeltrasse entlang der Kranbahn in einer Höhe von 1,65 m über dem Abschlusspodest der (oben offenen und innen hohlen) Kranbahnstütze, sodass nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass das Podest als „Standplatz“ für die Arbeiter Verwendung findet. Allerdings würden die Verpflichtungen eines Werkbestellers überspannt, müsste er alle Gefahren, die mit Arbeiten in großer Höhe in einer Industriehalle im Zusammenhang stehen, vor Arbeitsaufnahme im Einzelnen analysieren und den Leuten des Werkunternehmers bekanntgeben; schließlich obliegt die Werkerstellung unter den gegebenen, durchaus als nicht ungefährlich erkennbaren Umständen dem Werkunternehmer (vgl RIS-Justiz RS0021808).
Wie bereits die Vorinstanzen ausgeführt haben, vermögen die von der klagenden Partei im Rechtsmittel angeführten gesetzlichen Bestimmungen an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Vor allem ist zu beachten, dass sich der Unfall nach den in § 2 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (BGBl 1994/450 in der anzuwendenden Fassung - ASchG) enthaltenen Definitionen nicht an einer (dauerhaften) „Arbeitsstätte“ ereignete, sondern auf einer „Baustelle“. Eine Verletzung der in § 8 Abs 2 ASchG angeführten Sicherheitsunterweisungen ist in Anbetracht der Feststellungen ebenso wenig erkennbar wie eine Verletzung von Maschinensicherheitsvorschriften (vgl die zum Unfallszeitpunkt in Geltung stehende Maschinen-Sicherheitsverordnung BGBl 1994/306 - MSV). Der Unfall ereignete sich auch nicht im Zusammenhang mit dem Betrieb, dem Rüsten oder der Wartung des Krans.
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