OGH 5Ob208/11s

OGH5Ob208/11s24.4.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek, sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers W***** G*****, vertreten durch Dr. Klaus Rainer, Rechtsanwalt in Graz, gegen die Antragsgegner 1. Dr. A***** S*****, vertreten durch Dr. Helmut Klement und Dr. Annemarie Stipanitz-Schreiner, Rechtsanwälte in Graz, und 2. Ing. M***** T*****, vertreten durch Fritsch, Kollmann, Folk & Partner, Rechtsanwälte in Graz, sowie die übrigen Wohnungseigentumsbewerber der Liegenschaft EZ 1306 GB *****, wegen § 16 Abs 2 iVm § 52 Abs 1 Z 2 WEG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 22. August 2011, GZ 7 R 11/11f-24, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG und § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung

Der Antragsteller ist Wohnungseigentums-bewerber, zu dessen Gunsten eine Zusage der Einräumung des Wohnungseigentums bücherlich angemerkt ist, und zwar hinsichtlich der Wohnung Top Nr 1 samt Gartenanteil Nr 1. Die Wohnung wurde ihm bereits übergeben und von ihm bezogen. Er errichtete auf dem Gartenanteil Nr 1 der Wohnung Top Nr 1 eine ca 20 m2 große Holzhütte mit Betonfundament und begehrt, die Zustimmung der widersprechenden Wohnungseigentumsbewerber gemäß § 16 Abs 2 Z 1 WEG zu ersetzen. Vom Wohnungseigentumsorganisator sei ihm die Zustimmung erteilt worden.

Rechtliche Beurteilung

1. Zufolge § 37 Abs 5 WEG steht dem Wohnungseigentumsbewerber mit Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum nach § 40 Abs 2 WEG ab Bezug des wohnungseigentumstauglichen Objekts das Recht zu, Ansprüche nach § 16 WEG durchzusetzen (5 Ob 173/08i wobl 2009/55).

2. Betrifft die Änderung einen im Zubehörwohnungseigentum stehenden Liegenschaftsteil, der folglich dem ausschließlichen Nutzungsrecht des Wohnungseigentümers unterliegt, sind die Voraussetzungen nur nach § 16 Abs 2 Z 1 WEG zu prüfen (RIS-Justiz RS0124684).

3. Die vom Wohnungseigentümer (hier: Bewerber) an seinem Objekt auf seine Kosten beabsichtigten (oder vorgenommenen) Änderungen dürfen weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer, besonders auch keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses zur Folge haben.

4. Unter Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses ist nicht jede wertneutrale Veränderung zu verstehen, sondern nur eine solche Veränderung, die eine Verschlechterung des Erscheinungsbilds bewirkt (RIS-Justiz RS0043718). Wegen des dabei gebrauchten unbestimmten Gesetzesbegriffs ist dem Rechtsanwender ein gewisser Ermessensspielraum eingeräumt. Solange bei der Beurteilung, ob eine solche Verschlechterung durch die vorgenommene oder beabsichtigte Änderung eintritt, dieser Ermessensspielraum nicht verlassen wird, liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor (5 Ob 93/03t mwN; RIS-Justiz RS0083309 [T13; T16]).

5. Nach den maßgeblichen Feststellungen und den aussagekräftigen Lichtbildern kommt dem vom Antragsteller errichteten, ca 20 m2 großen und über 4 m hohen hölzernen Gartenhaus beim Zufahren und Zugehen zur Liegenschaft eine erhebliche Auffälligkeit zu. Der Anblick des im Vordergrund stehenden, aufragenden Gartenhauses in der beschriebenen Form steht im störenden Gegensatz zum Konzept des mit klaren Formen horizontal gegliederten, in Terrassen dem Hang folgenden Baukörpers. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass dadurch eine negative Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds der Wohnhausanlage bewirkt wird (S 10 der rekursgerichtlichen Entscheidung: „auffallender Fremdkörper im Verhältnis zur übrigen Wohnanlage“), ist daher nicht zu beanstanden.

6. Dass von der Wohnung der Erstantragsgegnerin aus gesehen bei belaubter Bepflanzung das vom Antragsteller errichtete Objekt kaum bis gar nicht in Erscheinung tritt, ist nicht entscheidend, weil es schon nach dem Wortlaut des § 16 Abs 2 Z 1 WEG schutzwürdigen Interessen anderer Wohnungseigentümer widerspricht, wenn das äußere Erscheinungsbild des Hauses negativ beeinträchtigt wird.

7. Duldungspflichten aus vertraglichen Vereinbarungen sind nicht Gegenstand eines Verfahrens nach § 52 Abs 1 Z 2 WEG, weil sie gerade nicht genehmigungsbedürftig wären. Daher ist die Zustimmung der Mehrheit oder des Verwalters, aber auch eine Zusage des Wohnungseigentumsorganisators im Verfahren bedeutungslos (vgl 5 Ob 25/90 WoBl 1991/53). Wird ein Änderungsbegehren auf Vereinbarung gestützt, kann es nur im streitigen Verfahren geltend gemacht werden (5 Ob 162/10z wobl 2011/64 mwN [T. Hausmann]).

8. Die Zulässigkeit einer Änderung nach baurechtlichen Vorschriften begründet für sich noch keine Duldungspflicht der anderen Wohnungseigentümer (5 Ob 82/95 wobl 1996/23 [Markl]).

Mit den Ausführungen des außerordentlichen Revisionsrekurses werden sohin keine Fragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufgezeigt.

Das hatte zur Zurückweisung des Rechtsmittels zu führen.

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