Spruch:
I. Soweit sich das als „außerordentliche Revision“ bezeichnete Rechtsmittel auch gegen die zweitinstanzliche Kostenentscheidung wendet, wird es als absolut unzulässig zurückgewiesen.
II. Im Übrigen wird die außerordentliche Revision gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Der am 31. 10. 1950 geborene Kläger stellte am 10. 1. 2011 - somit in seinem 61. Lebensjahr - den Antrag auf Gewährung der Alterspension mit der Begründung, er sei gegenüber weiblichen Versicherungsnehmern aufgrund seines Geschlechts diskriminiert. Während bei weiblichen Versicherungsnehmern das Regelpensionsalter schon nach Vollendung des 60. Lebensjahres liege, trete bei ihm der Versicherungsfall des Alters erst nach Vollendung des 65. Lebensjahres ein.
Gegen den ablehnenden Bescheid vom 23. 3. 2011 richtet sich das auf Zuspruch der Alterspension gerichtete Klagebegehren, das das Erstgericht abwies.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil mit der Maßgabe, dass im Urteil der durch die Antragstellung ausgelöste Stichtag (1. 2. 2011) genannt wurde. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, der Verfassungsgerichtshof habe jene Bestimmungen, die im ASVG ein unterschiedliches Pensionsanfallsalter vorsahen, wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz als verfassungswidrig aufgehoben. In der Folge seien die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Bestimmungen unverändert neu erlassen worden (BGBl 1991/627), wobei eine auf ein Jahr befristete Verfassungsbestimmung die verfassungsrechtliche Zulässigkeit unterschiedlicher Altersgrenzen von Frauen und Männern festgeschrieben habe. In weiterer Folge sei das Bundesverfassungsgesetz über unterschiedliche Altersgrenzen von männlichen und weiblichen Sozialversicherten, BGBl 1992/832, erlassen worden. Nach dessen § 1 seien gesetzliche Regelungen (verfassungsrechtlich) zulässig, die unterschiedliche Altersgrenzen von männlichen und weiblichen Versicherten der gesetzlichen Sozialversicherung vorsehen, weshalb § 253 Abs 1 ASVG nicht verfassungswidrig sei. Auch hinsichtlich dieses Bundesverfassungsgesetzes bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken, weil dieses Gesetz keine Baugesetze (Grundprinzipien) der Verfassung berühre. Art 7 Abs 1 der Richtlinie 79/7/EWG des Rates zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit stehe der Befugnis von Mitgliedstaaten nicht entgegen, bei der Festsetzung des Rentenalters für die Gewährung der Altersrente bestimmte Ausnahmen von ihrem Anwendungsbereich vorzunehmen.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision des Klägers ist zurückzuweisen.
Zu Punkt I. des Spruchs:
Nach § 528 Abs 2 Z 3 ZPO ist ein Rekurs gegen Entscheidungen der zweiten Instanz über den Kostenpunkt ausgeschlossen. Das Gericht zweiter Instanz entscheidet in allen mit Kostenansprüchen zusammenhängenden Fragen endgültig (RIS-Justiz RS0044233); die Anrufung des Obersten Gerichtshofs im Kostenpunkt ist daher ausgeschlossen. Auf das Revisionsvorbringen, das Berufungsgericht habe zu Unrecht keinen Grund für einen Kostenersatz nach Billigkeit als gegeben erachtet, ist deshalb nicht einzugehen.
Zu Punkt II. des Spruchs:
Die Revision wäre nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist (§ 502 Abs 1 ZPO). Eine Rechtsfrage dieser Qualität wird vom Revisionswerber nicht aufgezeigt.
Die geltend gemachten Mängel des Berufungsverfahrens liegen nicht vor:
1.1. Die durch das Budgetbegleitgesetz 2009 herbeigeführte Änderung des § 480 ZPO, mit der die Möglichkeit eines Antrags auf Abhaltung einer Berufungsverhandlung aufgehoben und eine mündliche Berufungsverhandlung nur noch erforderlichenfalls - etwa aufgrund der Komplexität der zu entscheidenden Rechtssache - von Amts wegen anzuberaumen ist, verstößt nicht gegen Art 6 MRK und den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (RIS-Justiz RS0126298).
1.2. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Partei nicht befugt, zu begehren, dass ein Gericht beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes wegen Verfassungswidrigkeit stelle (RIS-Justiz RS0058452). Es begründet daher keinen Mangel des Berufungsverfahrens, dass das Berufungsgericht dem diesbezüglichen Antrag des Klägers nicht nachgekommen ist.
2. Unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung macht der Revisionswerber zusammengefasst geltend, durch das BVG über unterschiedliche Altersgrenzen von männlichen und weiblichen Sozialversicherten, BGBl 1992/832 („BVG Altersgrenzen“) werde wegen der „Ausschaltung“ des Verfassungsgerichtshofs das rechtsstaatliche und demokratische Prinzip verletzt. Weiters gehöre zu den Baugesetzen und Grundprinzipien der österreichischen Verfassung auch die EMRK, die durch das genannte BVG außer Kraft gesetzt werde, ua sei Art 1 1. ZPEMRK (Recht auf Achtung des Eigentums) iVm Art 14 EMRK (Diskriminierungsverbot) verletzt. § 253 ASVG, der für Frauen (weiterhin) ein unterschiedliches Pensionsalter vorsehe, verfolge kein legitimes Ziel. Beide Geschlechter müssten in den Genuss eines gleichen Pensionsantrittsalters, nämlich mit 60 Jahren kommen.
2. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, die verfassungsrechtlichen Bedenken seien nicht zu teilen, steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs:
2.1. Gemäß § 1 des BVG über unterschiedliche Altersgrenzen von männlichen und weiblichen Sozialversicherten, BGBl 1992/832 („BVG-Altersgrenzen“), sind gesetzliche Regelungen, die unterschiedliche Altersgrenzen von männlichen und weiblichen Versicherten der gesetzlichen Sozialversicherung vorsehen, zulässig. Weiters wird normiert, dass für weibliche Versicherte die Altersgrenze jährlich mit 1. Jänner um sechs Monate zu erhöhen ist und zwar
für die vorzeitige Alterspension - beginnend mit 1. 1. 2019 bis 2028 (§ 2);
und für die Alterspension - beginnend mit 1. 1. 2024 bis 2033 (§ 3).
2.2. Eine Verfassungswidrigkeit des § 1 des BVG-Altersgrenzen käme nur wegen Verstoßes gegen Art 44 Abs 3 BVG in Betracht, nach welcher Regelung jede Gesamtänderung der Bundesverfassung eine Abstimmung des gesamten Bundesvolks erfordert. Wie schon das Berufungsgericht ausgeführt hat, hat zwar der Verfassungsgesetzgeber immer wieder Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs dadurch „unterlaufen“, dass er vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Gesetze als Verfassungsgesetz wieder in Kraft setzte oder die Gesetzesaufhebung in ähnlicher Weise unwirksam gemacht habe (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Grundriss des österreichischen Bundes-Verfassungsrechts10 Rz 146). Diese, der rechtspolitischen Kritik ausgesetzte, Verfassungsgesetzgebung ist aber verfassungsrechtlich nur dann unzulässig, wenn gegen Art 44 Abs 3 B-VG verstoßen wird, indem ein Baugesetz bzw ein Grundprinzip der Verfassung verletzt wird (10 ObS 353/02p, SSV-NF 17/3; VfSlg 15.373). Zu diesen Baugesetzen bzw Grundprinzipien zählt ua das demokratische, rechtsstaatliche und gewaltenteilende Prinzip (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer aaO; Berka, Verfassungsrecht3 Rz 114). Es wurde aber bereits mehrfach ausgesprochen, dass dem „einfachen“ Verfassungsgesetzgeber im Lichte des demokratischen Grundprinzips bei einer harmonisierenden Auslegung auch in diesem Bereich ein gewisser Gestaltungsspielraum zugebilligt werden muss. Im Hinblick darauf, dass das BVG-Altersgrenzen die Gesetzsprüfungskompetenz des Verfassungsgerichtshofs (nur) zu einer speziellen und eingegrenzten Problematik ausschaltet, das rechtsstaatliche Prinzip aber nicht in breitem und unbestimmtem Ausmaß beeinträchtigt wird, ist der Gestaltungsspielraum des einfachen Verfassungsgesetzgebers nicht überschritten (10 ObS 106/03s; 10 ObS 69/03z; 10 ObS 353/02p; SSV-NF 17/3; 10 ObS 17/03b; 10 ObS 18/03z ua; Wieder in Pensionsalter und Altersgrenzen - BVG, SozSi 2000, 488 ff [489 FN 12]).
2.3. Mit der Verabschiedung des BVG-Altersgrenzen sollte die bestehende Privilegierung weiblicher Versicherter beim Pensionsantritt so lange aufrecht erhalten werden, wie die gesellschaftliche, familiäre und ökonomische Benachteiligung von Frauen in der Arbeitswelt dies erforderte. Der Normgeber beabsichtigte somit eine Angleichung des Pensionsantrittsalters erst in jenem Zeitpunkt vorzunehmen, in dem die gegenwärtig noch vorhandene Schlechterstellungen von Frauen im Arbeitsleben als beseitigt angesehen werden können (Wolfsgruber, Pensionsanfallsalter und Europarecht, RdW 2001/687, 675 ff [677] mit Hinweisen auf die Gesetzesmaterialien).
2.4. Zur Auslegung des BVG-Altersgrenzen wurde ausgesprochen, dass dessen §§ 2 und 3 weder das Ausgangspensionsalter in den Jahren 2019 bzw 2024 noch das für Frauen in den Jahren 2028 bzw 2033 zu erreichende Pensionsalter fixiere, sondern nur ein Vorverständnis des Verfassungsgesetzgebers enthalte, dass im Jahr 2019 noch ein Unterschied im Pensionsanfallsalter für Männer und Frauen von fünf Jahren bestehe. Einer Auslegung, das Männerpensionsalter auf jenes der Frauen herabzusetzen und dadurch das niedrigere Pensionsalter der Frauen zu beseitigen, stünde der Gesetzeszweck der Schaffung einer Kompensation für die Benachteiligung der Frauen im Arbeitsleben entgegen (10 ObS 205/02y).
2.5. Seit dem Beitritt Österreichs zum EWR (mit 1. 1. 1994) und zur Europäischen Gemeinschaft (mit 1. 1. 1995) ist - wie das Berufungsgericht bereits ausgeführt hat - auch der gemeinschaftsrechtliche Kontext zu beachten, insbesondere die Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. 12. 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (ABl 1979 L 6, 24). Art 4 RL verbietet jede Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, insbesondere bei der Berechnung der Leistungen. Nach Art 7 Abs 1 lit a steht die Richtlinie nicht der Befugnis der Mitgliedstaaten entgegen, die Festsetzung des Rentenalters für die Gewährung der Altersrente oder Ruhestandsrente und etwaige Auswirkungen daraus auf andere Leistungen vom Anwendungsbereich der Richtlinie auszuschließen. Art 7 Abs 2 der RL 79/7/EWG verpflichtet die Mitgliedstaaten allerdings, in regelmäßigen Abständen die ausgeschlossenen Bereiche zu überprüfen, um festzustellen, ob es unter Berücksichtigung der sozialen Entwicklung in dem Bereich gerechtfertigt ist, die betreffende Ausnahme aufrechtzuerhalten.
2.5. Der Senat hat zum Diskriminierungsverbot des Art 14 EMRK - nach Vorliegen des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs G 363/97 ua (zur Qualifikation des Anspruchs auf eine sozialversicherungsrechtliche Leistung als vermögenswertes Recht iSd Art 1 1. ZPEMRK) - bereits wiederholt darauf hingewiesen (10 ObS 54/07z, SSV-NF 21/35 mwN), dass der Verfassungsgerichtshof in seinem zitierten Erkenntnis weiter ausgeführt habe, es sei dem Gesetzgeber durch Art 14 EMRK keineswegs verwehrt, Voraussetzungen für den Erwerb oder den Umfang der Leistungsansprüche zu normieren und dabei nach sachlichen Kriterien zu differenzieren. Eine unterschiedliche Behandlung werde nach übereinstimmender Ansicht des Verfassungsgerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nur dann als diskriminierend iSd Art 14 EMRK erachtet, wenn für sie „keine objektive und vernünftige Rechtfertigung erkennbar ist“, dh, wenn sie kein „berechtigtes Ziel“ verfolge oder wenn keine „vernünftige Verhältnismäßigkeitsbeziehung zwischen den eingesetzten Mitteln und dem verfolgten Ziel“ bestehe. Außerdem verfügten die Vertragsstaaten über einen bestimmten Ermessensspielraum bei der Beurteilung, ob und in welchem Ausmaß Unterscheidungen in sonst ähnlichen Situationen eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigten (RIS-Justiz RS0125037; 10 ObS 207/00i, SSV-NF 14/96 mwN; 10 ObS 347/01d; idS auch 10 ObS 34/06g, SSV-NF 20/21). (Selbst) Art 14 EMRK verbietet somit nicht jegliche, sondern nur die diskriminierend unterschiedliche Behandlung. Eine Diskriminierung liegt vor, wenn Rechtssubjekte, die sich in ähnlicher Situation befinden, ohne objektive vernünftige Rechtfertigung ungleich behandelt werden - wenn also ein „legitimes Ziel“ fehlt - und wenn das Mittel im Hinblick auf das angestrebte Ziel unverhältnismäßig ist (RIS-Justiz RS0124747).
2.6. Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung eine sachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung aufgrund des Geschlechts zu Grunde gelegt. Diese Rechtsansicht stellt im Hinblick auf Art 7 Abs 1 lit a der RL 79/7/EWG des Rates zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit in Verbindung mit dem BVG-Altersgrenzen und der Auslegung dessen § 3 (siehe oben Pkt 2.4.) auch im Hinblick auf die erst jüngst ergangene Rechtsprechung des EuGH jedenfalls keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung dar. Der Gemeinschaftsgesetzgeber wollte mit der bereits erwähnten Regelung des Art 7 Abs 1 lit a der Richtlinie 79/7/EWG die Mitgliedstaaten ermächtigen, die den Frauen zuerkannten Vorteile im Zusammenhang mit dem Ruhestand vorübergehend aufrechtzuerhalten, um es diesen Staaten zu ermöglichen, die Rentensysteme in dieser Frage schrittweise zu ändern, ohne das komplexe finanzielle Gleichgewicht dieser Systeme zu stören. Zu diesen Vorteilen gehört auch die Möglichkeit für die Arbeitnehmerinnen früher als die Arbeitnehmer Rentenansprüche geltend zu machen (vgl EuGH, 27. 4. 2006, Rs C-423/04, Richards, Slg 2006, I-03585 RdNr 35 mwN).
Auch in der zuletzt ergangenen Entscheidung vom 18. 11. 2010, Rs C-356/09, Kleist, hat der EuGH darauf hingewiesen, dass diese in Art 7 Abs 1 lit a der Richtlinie 79/7/EWG enthaltene Ausnahme vom Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts angesichts der grundlegenden Bedeutung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in dem Sinne eng auszulegen ist, dass sie nur für die Festsetzung des Rentenalters für die Gewährung der Alters- und Ruhestandsrente und etwaige Auswirkungen daraus auf andere Leistungen der sozialen Sicherheit, nicht aber auch für den Bereich der Entlassung iSv Art 3 Abs 1 lit c der Gleichbehandlungsrichtlinie 76/207/EWG gelten kann (vgl RdNr 39 ff des Urteils vom 18. 11. 2010 mwN). Auch aus diesem Urteil lässt sich daher kein Zweifel an der „vorübergehenden“ Zulässigkeit ungleicher Altersgrenzen in gesetzlichen Pensionssystemen ableiten, die den Mitgliedstaaten durch die RL 79/7/EWG des Rates vom 19. 12. 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit zugestanden wurde (vgl Mazal, Kündigung von Frauen zum gesetzlichen Pensionsalter europarechtswidrig!, ecolex 2010, 1221 ff [1223]; M. Stadler in ihrer Entscheidungsanmerkung in ZESAR 2011, 247 ff [249] ua).
Mit dem bloßen Hinweis auf die Benachteiligung des Klägers sowie darauf, dass andere Mitgliedstaaten der EU das Ziel der Angleichung des Pensionsalters von Männern und Frauen früher bzw rascher erreichen werden bzw schon erreicht haben, wird die EU-Konformität des BVG über unterschiedliche Altersgrenzen von männlichen und weiblichen Sozialversicherten, BGBl 1992/832, nicht ernstlich in Frage gestellt, zumal Art 7 Abs 2 der Richtlinie 79/7/EWG keinen Zeitpunkt festgelegt hat, zu dem die Gleichbehandlung verwirklicht werden muss (vgl B. Spiegel, Die Auswirkungen des EG-Rechts auf das unterschiedliche Pensionsalter für Frauen und Männer, DRdA 2004, 3 ff und 116 ff [129] mwN) und auch vom Revisionswerber nicht behauptet wird, dass die Voraussetzungen für eine solche Gleichbehandlung bereits erfüllt wären.
2.7. Aus der Entscheidung des EGMR vom 17. 2. 2011 Andrle, gegen Tschechien, Bsw 6268/08, lässt sich für den Standpunkt des Revisionswerbers nichts anderes ableiten. Der EGMR weist in dieser Entscheidung vielmehr ausdrücklich auf die für einen Staat auftretende Schwierigkeit hin, im Zuge einer Reform des Pensionssystems jenen konkreten Moment zu erkennen, in dem die Ungleichbehandlung von Männern die Notwendigkeit von Maßnahmen zum Ausgleich der nachteiligen Position von Frauen zu überwiegen beginne. Betont wird, dass die nationalen Behörden besser geeignet seien, über ein solch komplexes, mit sozialen und wirtschaftlichen Strategien verbundenes Thema zu entscheiden, wobei ihnen ein weiterer Ermessensspielraum offen stehe.
3. Gemäß Art 89 Abs 3 Satz 2 BVG hat der Oberste Gerichtshof den Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes beim Verfassungsgerichtshof zu stellen, wenn er gegen die Anwendung dieses Gesetzes Bedenken hat. Allein der Umstand, dass eine Partei Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes vorträgt, berechtigt bzw verpflichtet das Gericht für sich allein noch nicht zur Antragstellung (1 Ob 21/91, SZ 64/128 ua). Da der Oberste Gerichtshof die in der Revision vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht teilt, besteht kein Anlass zu der vom Kläger angeregten Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof (RIS-Justiz RS0058452).
Die Revision war demnach zurückzuweisen.
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