Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Die bei der beklagten Partei krankenversicherte Klägerin befand sich von 21. 1. 2010 bis 29. 1. 2010 in stationärer Behandlung der Privatklinik D*****, wo ihr mittels zweier Operationen eine Hüftprothese implantiert wurde. Unstrittig ist, dass die Klägerin im gegenständlichen Zeitraum sachleistungsberechtigt war.
Mit Bescheid vom 29. 11. 2010 lehnte die beklagte Partei den Antrag der Klägerin auf Übernahme der Kosten für den stationären Aufenthalt in der Privatklinik D***** in der Sonderklasse laut RechnungsNr 50590148 ab.
Das Erstgericht gab der gegen diesen Bescheid gerichteten Klage auf Kostenübernahme nicht statt. Rechtlich ging das Erstgericht zusammengefasst davon aus, dass Anstaltspflege nur in der allgemeinen Gebührenklasse einer Krankenanstalt zu gewähren sei und ein Anspruch auf Vergütung von darüber hinausgehenden Kosten nicht bestehe. Die Kosten der allgemeinen Gebührenklasse seien bereits mit dem Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfond direkt abgerechnet worden. Mit dieser Zahlung seien - abgesehen von den ausschließlich aufgrund der Unterbringung in der Sonderklasse zu leistenden Sondergebühren und Arzthonoraren - sämtliche erforderlichen medizinischen Leistungen im Rahmen der Anstaltspflege abgegolten.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichts und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision der Klägerin ist mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO unzulässig.
1. Unter dem auch im GSVG nicht definierten Begriff „Anstaltspflege“ ist die durch die Art der Krankheit erforderte, durch die Notwendigkeit ärztlicher Behandlung bedingte einheitliche und unteilbare Gesamtleistung der stationären Pflege in einer - nicht gemäß § 95 Abs 2 GSVG ausgenommenen - Krankenanstalt zu verstehen (Binder in Tomandl, SV-System, 21.Erg-Lfg 248 f). Sie ist als Pflichtleistung ohne zeitliche Begrenzung zu gewähren, wenn und solange es die Krankheit erfordert (§ 95 Abs 1 GSVG). Die von der Krankenanstalt zu erbringenden Teilleistungen der Anstaltspflege umfassen die Kosten der Unterkunft, der ärztlichen Untersuchung und Behandlung, der Beistellung von allen erforderlichen Heilmitteln, Arzneien usw, sowie die Pflege und Verköstigung (RIS-Justiz RS0085807).
2. Die Anstaltspflege ist in der allgemeinen Gebührenklasse einer Krankenanstalt als Sachleistung zu gewähren (§ 96 Abs 1 GSVG). Lediglich für Versicherte, die ärztliche Hilfe nur in Form von Geldleistungen gemäß § 85 Abs 2 lit c GSVG erhalten, kann die Satzung bestimmen, dass im Falle der Wahl einer Krankenanstalt ohne allgemeine Gebührenklasse oder der Wahl einer höheren Gebührenklasse (Sonderklasse) Kostenersätze für die Pflegegebühren, die die Pflegegebührenersätze für die allgemeine Gebührenklasse übersteigen, und Kostenersätze für Operationen und Sondergebühren nach einem Vergütungstarif gewährt werden. Zu dieser Gruppe von Versicherten ist die Klägerin aber nicht zu zählen.
3.1. Seit der Neuregelung der Krankenanstalten-Finanzierung ab 2001 können nunmehr grundsätzlich alle Krankenanstalten unter gleichen Kautelen in Anspruch genommen werden (Felix in Sonntag, ASVG2 § 149 Rz 2). Die Beziehungen des Versicherungsträgers zu den landesgesundheitsfondsfinanzierten Krankenanstalten ist in § 97 GSVG geregelt; gemäß § 98 Abs 1 GSVG kann der Erkrankte aber auch in eine andere als in § 97 GSVG genannte Krankenanstalt aufgenommen werden, mit der der Versicherungsträger in einem Vertragsverhältnis steht. Die Pflege in einer solchen Krankenanstalt ist der Pflege in einer Krankenanstalt iSd § 97 GSVG gleichzuhalten. In diesem Fall ist § 149 Abs 3, 3a, 3b, Abs 4 und 6 ASVG sinngemäß anzuwenden. Nach § 149 Abs 3 ASVG sind alle Leistungen von bettenführenden Krankenanstalten, die von dem am 31. 12. 2000 geltenden Vertrag zwischen Hauptverband und Wirtschaftskammer Österreich erfasst sind, (ua) im stationären Bereich mit einer Zahlung abgegolten, die an den nach dem Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfondgesetz eingerichteten Fonds zu überweisen ist. Nach § 149 Abs 3b ASVG sind die Höhe der Verpflegskosten (stationäre Pflege) und die Zahlungsbedingungen für die nicht in Abs 3 genannten (bettenführenden) Krankenanstalten, die von dem am 31. 12. 2000 geltenden Vertrag zwischen Hauptverband und Wirtschaftskammer Österreich umfasst sind, durch Verträge festzulegen, die für die Träger der Sozialversicherung durch den Hauptverband abzuschließen sind.
3.2. Die Privatklinik D***** ist eine vom Vertrag zwischen dem Hauptverband und der Wirtschaftskammer Österreich (Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds-Gesamtvertrag) erfasste bettenführende Krankenanstalt (siehe dessen Anhang 1 - „K963“). Gemäß § 4 Abs 2 des Gesamtvertrags sind mit der Zahlung eines jährlichen Pauschalbetrags gemäß § 149 Abs 3 und 3a ASVG an den Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds - abgesehen von den ausschließlich aufgrund der Unterbringung in der Sonderklasse zu leistenden Sondergebühren und Arzthonoraren - grundsätzlich sämtliche erforderliche medizinische Leistungen im Rahmen der Anstaltspflege abgegolten. Dies umfasst auch prästationäre Untersuchungen wie Befundungen, Aufnahmeuntersuchungen und dergleichen, sofern diese von der Fonds-Krankenanstalt oder von einem Belegarzt angeordnet wurden, der von der Fonds-Krankenanstalt zugelassen wurde. Mit den oben angeführten Zahlungen sind insbesondere - neben Medikamenten - auch sämtliche therapeutische Behelfe abgegolten, die während des Aufenthalts in der Fonds-Krankenanstalt benötigt werden. Eine Kostenübernahme durch den Krankenversicherungsträger ist nur für solche Heilbehelfe und Hilfsmittel möglich, die der Anspruchsberechtigte erst nach der Entlassung aus der Anstaltspflege zu Hause benötigt (§ 4 Abs 2 des Gesamtvertrags). Soweit die Unterbringung nach den bestehenden Einzelverträgen in der allgemeinen Gebührenklasse oder in Zimmern erfolgt, die der allgemeinen Gebührenklasse entsprechen, dürfen vom Anspruchsberechtigten keinerlei Aufzahlungen - ausgenommen die Kostenbeteiligungen und Kostenbeiträge nach Sozialversicherungsrecht oder Krankenanstaltenrecht - verlangt oder angenommen werden (§ 4 Abs 4 des Gesamtvertrags).
4.1. Die Vorinstanzen gingen in vertretbarer Weise davon aus, bei den dem Bescheid zugrunde liegenden Rechnungspositionen handle es sich um von der Krankenanstalt zu erbringende Teilleistungen der Anstaltspflege, die mit der Zahlung eines jährlichen Pauschalbetrags gemäß § 149 Abs 3 und 3a ASVG an den Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds zur Gänze abgegolten sind, sodass die beklagte Partei nicht verpflichtet sei, der Klägerin den von ihr weiters begehrten Ersatz zu leisten.
Inwiefern diese Rechtsansicht mit der oben dargelegten Rechtslage nicht in Einklang stehen sollte, zeigt die Revisionswerberin nicht auf:
4.2. Während sie im Verfahren erster Instanz einerseits behauptet hat, auf die Sonderklasse „gelegt“ worden zu sein, andererseits aber bestritten hat, ihre Behandlung habe der Sonderklasse entsprochen, macht sie in der Revision nunmehr als rechtlichen Feststellungsmangel das Fehlen von Feststellungen dazu geltend, ob und allenfalls inwiefern sie im Rahmen ihres stationären Aufenthalts gegenüber einem „Normalpatienten“ bevorzugt worden sei. Ob aber die gewährte Anstaltspflege dem für die Sonderklasse vorausgesetzten Erfordernis einer „besonderen Ausstattung“ Genüge getan und höheren Ansprüchen hinsichtlich Verpflegung und Unterkunft entsprochen hat (§ 16 Abs 2 Krankenanstaltengesetz) und ob die Privatkrankenanstalt Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Anstaltspflege in der Sonderklasse hat, richtet sich nach der Vereinbarung, die diese mit der Klägerin getroffen hat und ist nicht Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens. Ebensowenig ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, ob die von der beklagten Partei geleistete Zahlung in der von der Privatklinik im Rahmen des mit der Klägerin abgeschlossenen Krankenhausvertrags erstellten Rechnung hinreichend Berücksichtigung gefunden hat.
4.3. Auch mit dem Vorbringen, der Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds-Gesamtvertrag sei ein dem Versicherten gegenüber nichtiger bzw unwirksamer Vertrag zu Lasten Dritter, weil er den Leistungsanspruch des Versicherten gegenüber dem Sozialversicherungsträger beschränke, wird keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO geltend gemacht:
Wenngleich die gesetzliche Krankenversicherung keine eigenständige Befugnis hat, den Leistungsumfang endgültig festzulegen (10 ObS 22/06t = SSV-NF 20/16 mwN), wird dieser in der Praxis durch generelle Regelungen wie beispielsweise den Erstattungskodex oder Gesamtverträge, sowie durch Einzelfallentscheidungen (etwa von Chefärzten) stark beeinflusst. Gibt sich ein Versicherter allerdings mit diesen Leistungen nicht zufrieden, so kann er eine Klage auf Erstattung der angefallenen Kosten für eine bereits erfolgte Behandlung oder eine Feststellungsklage einbringen, dass eine Leistungspflicht über den Gesamtvertrag hinaus besteht (10 ObS 21/10a, SSV-NF 24/19). Die Konkretisierung des Leistungsanspruchs des Versicherten in der Krankenversicherung erfolgt dann durch die Gerichte. Im vorliegenden Fall ergibt sich aber schon aus dem Gesetz (den §§ 96 Abs 1, 98 Abs 1 GSVG iVm § 149 Abs 3, 3a ASVG), dass der Klägerin als sachleistungsberechtigter Versicherter Anstaltspflege nur in der allgemeinen Gebührenklasse einer Krankenanstalt zu gewähren ist und mit den an den Privatkrankenanstaltsfonds bezahlten Pauschalbeträgen in der allgemeinen Gebührenklasse alle Teilleistungen der Anstaltspflege zur Gänze abgegolten sind.
Mangels erheblicher Rechtsfrage ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.
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