OGH 4Ob214/11s

OGH4Ob214/11s28.2.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Österreichische Apothekerkammer, Wien 9, Spitalgasse 31, vertreten durch Dr. Ruth E. Hütthaler-Brandauer, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. H***** KG, *****, 2. F***** D*****, 3. Dr. G***** H*****, 4. P***** D***** GmbH & Co KG, *****, alle vertreten durch Dr. Bernhard Gumpoldsberger, Rechtsanwalt in Wels, wegen Unterlassung (Streitwert 35.000 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 1.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Oktober 2011, GZ 5 R 165/11p-13, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.1. Der Unterlassungsanspruch gegen einen persönlich haftenden Gesellschafter wegen Lauterkeitsverstößen der Gesellschaft ergibt sich nach der jüngeren Rechtsprechung des Senats nicht aus den Haftungsbestimmungen des Personengesellschaftsrechts (§§ 128, 161 UGB), sondern aus der regelmäßig bestehenden Möglichkeit des Gesellschafters, das rechtswidrige Verhalten der Gesellschaft zu unterbinden. Seine Haftung ist nur dann zu verneinen, wenn er am Lauterkeitsverstoß nicht beteiligt war und schon kraft Gesetzes gar keine Möglichkeit hatte, für dessen Unterbleiben zu sorgen (4 Ob 71/99s = SZ 72/77 - Melatonin; 4 Ob 124/06y; 4 Ob 165/10h = RIS-Justiz RS0112076 [T4]).

2. Das Rekursgericht ist von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen, wenn es die Haftung von Zweit- und Drittbeklagtem als alleinige unbeschränkt haftende Gesellschafter der erstbeklagten KG für deren Lauterkeitsverstoß bejaht hat. Die von den Rechtsmittelwerbern in Anlehnung an die gegenteilige Auffassung von Koppensteiner und Teilen der deutschen Lehre vertretene Auffassung hat der Oberste Gerichtshof bereits mit ausführlicher Begründung abgelehnt (4 Ob 71/99s = SZ 72/77 - Melatonin).

3.1. Die im Rechtsmittel zitierten Ausführungen von Rüffler (Zum Inhalt der Gesellschafterhaftung gemäß § 128 HGB, JBl 1999, 293, 294 f) führen zu keiner anderen Beurteilung, beruht doch die zuvor dargestellte Rechtsprechung gerade nicht auf einer Anwendung des § 128 HGB. Im Übrigen lässt dieser Autor im Exekutionsweg sogar nicht geschäftsführungs- und vertretungsbefugte Gesellschafter auch für ein (künftiges) Unterlassen der Gesellschaft mit der Begründung haften, die Gesellschafter schuldeten zwar nicht eigenes Unterlassen, aber ein Unterlassen der Gesellschaft, und sie hafteten auch im Falle von Geldschulden für fremdes Verhalten und könnten sich nach ihrer Inanspruchnahme bei der Gesellschaft regressieren (Rüffler aaO 296).

3.2. Dass Zweit- und Drittbeklagter aus rechtlichen Gründen keine Möglichkeit gehabt hätten, für das Unterbleiben des Lauterkeitsverstoßes der erstbeklagten KG, für die sie vertretungsbefugt sind, zu sorgen, haben sie nicht behauptet. Keine Rolle für die Berechtigung des verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruchs spielt es, dass die KG rund 7.000 Mitarbeiter beschäftigt und rund 800 Waren im Dauersortiment vertreibt.

3.3. Die Rechtsstellung des Geschäftsführers einer GesmbH und die Voraussetzungen für dessen persönliche Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft ist mit der Rechtsstellung eines persönlich haftenden Gesellschafters nicht vergleichbar; ob die Rechtsprechung insoweit Gleiches ungleich behandelt und einen Wertungswiderspruch enthält, wie das Rechtsmittel meint, kann daher dahingestellt bleiben.

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