OGH 6Ob20/12b

OGH6Ob20/12b16.2.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** S*****, vertreten durch Mag. Paul Wolf, Rechtsanwalt in St. Veit an der Glan, wider die beklagte Partei K*****, vertreten durch Dr. Christian Kuhn Rechtsanwalts GmbH in Wien, wegen 27.866,80 EUR sA und Feststellung (Streitwert 1.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 12. Oktober 2011, GZ 16 R 136/11d-34, womit das Teil-Zwischenurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 27. April 2011, GZ 11 Cg 109/09v-30, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1) Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

2) Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Die Klägerin behauptete, im Krankenhaus der Beklagten fehlerhaft operiert bzw vor der Operation mangelhaft aufgeklärt worden zu sein. Wäre sie ausreichend aufgeklärt worden, hätte sie sich nicht operieren lassen. Durch die Operation sei eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustands eingetreten. Ihr Schaden betrage 55.733,60 EUR. Vorsichtshalber begehrte die Klägerin mit der vorliegenden Klage nur die Hälfte, somit 27.866,80 EUR sA. Wegen weiterer zu erwartender Schäden stellte die Klägerin ein Feststellungsbegehren, das sie mit 1.000 EUR bewertete.

Das Erstgericht fällte über das Leistungsbegehren ein klagsstattgebendes Teilzwischenurteil dem Grunde nach, sprach über das Feststellungsbegehren aber nicht ab, weil diesbezüglich keine Spruchreife vorliege.

Mit ihrer Berufung beantragte die Beklagte, „das Klagebegehren“ abzuweisen. Das Berufungsgericht wies mit Endurteil das gesamte Klagebegehren, also sowohl das Leistungs- als auch das Feststellungsbegehren ab. Es sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR, die ordentliche Revision sei nicht zulässig.

Gegen dieses Urteil richtet sich die „außerordentliche Revision, in eventu Zulassungsantrag gemäß § 508 ZPO“ der klagenden Partei. Die außerordentliche Revision sei statthaft, weil das Feststellungsbegehren mit 1.000 EUR offenbar unterbewertet sei, woran weder das Berufungsgericht noch der Oberste Gerichtshof gebunden sei. Bei richtiger Bewertung des Feststellungsbegehrens übersteige der Gesamtstreitwert 30.000 EUR. Für den Fall, dass nicht von einem 30.000 EUR übersteigenden Streitwert auszugehen sei, stellte die Klägerin hilfsweise den Antrag nach § 508 ZPO an das Berufungsgericht, seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision abzuändern.

Das Erstgericht legte unter Hinweis auf die primär erhobene außerordentliche Revision und die behauptete offenbare Unterbewertung des Feststellungsbegehrens die Akten unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist nicht zulässig.

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Teileinklagungsregel des § 55 Abs 3 JN für den zur Bestimmung der Revisionszulässigkeit maßgebenden Wert des Entscheidungsgegenstands nicht anwendbar (RIS-Justiz RS0042348; RS0046496). Für ein Zwischenurteil über den Grund des Anspruchs ist der Wert des Streitgegenstands im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts maßgebend (RIS-Justiz RS0041025). Das Leistungsbegehren ist daher mit dem eingeklagten und Gegenstand des Berufungsverfahrens bildenden Betrag (27.866,80 EUR) zu bewerten.

An eine offenkundige Unterbewertung durch das Berufungsgericht ist der Oberste Gerichtshof zwar nicht gebunden (RIS-Justiz RS0042437 [T10]; RS0042515 [T17]); eine solche liegt hier hinsichtlich des Feststellungsbegehrens aber nicht vor, zumal die Klägerin selbst das Feststellungsbegehren mit 1.000 EUR bewertet hat. Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt daher im vorliegenden Fall nicht 30.000 EUR.

Die Zulässigkeit der Revision richtet sich somit nach § 502 Abs 3 ZPO, weil der berufungsgerichtliche Entscheidungsgegenstand zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen ist ein außerordentliches Rechtsmittel nicht zulässig, weshalb die außerordentliche Revision zurückzuweisen war.

Das Erstgericht wird das Rechtsmittel dem Berufungsgericht zur Entscheidung über den hilfsweise erhobenen Abänderungsantrag gemäß § 508 ZPO vorzulegen haben.

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