OGH 9ObA7/11m

OGH9ObA7/11m21.12.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf und Hon.-Prof. Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter DI Rudolf Pinter und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ing. G***** S*****, vertreten durch Dr. Stefan Warbek, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei K***** GmbH, *****, vertreten durch Hausberger Moritz Schmidt, Rechtsanwälte in Wörgl, wegen Rechnungslegung (Streitwert 60.000 EUR) und Zahlung (Streitwert 12.000 EUR; Stufenklage gemäß Art XLII EGZPO), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 9. November 2010, GZ 15 Ra 46/10t-36, womit das Teilurteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 16. November 2009, GZ 48 Cga 207/07t-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden

Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Dem Dienstnehmer gebührt gemäß § 8 Abs 1 Patentgesetz 1970 (PatG), BGBl 1970/259 (WV), in jedem Fall für die Überlassung einer von ihm gemachten Erfindung an den Dienstgeber sowie für die Einräumung eines Benützungsrechts hinsichtlich einer solchen Erfindung eine angemessene besondere Vergütung. Bei der Bemessung dieser Vergütung ist gemäß § 9 PatG nach den Umständen des Falls insbesondere Bedacht zu nehmen auf die wirtschaftliche Bedeutung der Erfindung für das Unternehmen (lit a), auf eine sonst etwa erfolgte Verwertung der Erfindung im Inland oder Ausland (lit b) und auf den Anteil, den Anregungen, Erfahrungen, Vorarbeiten oder Hilfsmittel des Unternehmens des Dienstgebers oder dienstliche Weisungen an dem Zustandekommen der Erfindung gehabt haben (lit c).

Nach § 151 PatG ist der „Verletzer“, also derjenige, der ein Patent unbefugt verwendet (siehe § 150 Abs 1 PatG), dem Verletzten zur Rechnungslegung und dazu verpflichtet, deren Richtigkeit durch einen Sachverständigen prüfen zu lassen. Eine ausdrückliche Norm, die auch den Dienstgeber, dem von einem Dienstnehmer eine gemachte Erfindung überlassen wird, zur Rechnungslegung verpflichtet, fehlt im Gesetz. Nach der Rechtsprechung ist § 151 PatG aber nicht nur auf deliktische Ansprüche anzuwenden; vielmehr ist per analogiam - besonders nach Auflösung des Dienstverhältnisses - auch einem Dienstnehmer, der Anspruch auf eine Vergütung für eine Diensterfindung hat, sowohl der Rechnungslegungsanspruch als auch der Anspruch zuzuerkennen, die gelegte Rechnung durch Sachverständige prüfen zu lassen. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass in der Regel auch dem Diensterfinder erst mit der Rechnungslegung die Möglichkeit eröffnet wird, seine Ansprüche dem Grund und der Höhe nach zu konkretisieren (vgl Mayr, Vergütung für Erfindungen von Dienstnehmern 174 mwN; Weiser, Patentgesetz Gebrauchsmustergesetz 131 f mwN; 9 ObA 92/98i = DRdA 1999/53 [Mayr]; RIS-Justiz RS0071262 ua).

Inhalt und Umfang der Verpflichtung nach § 151 PatG richten sich nach dem Zweck der Rechnungslegung, von dem es auch abhängt, ob im Einzelfall die Vorlage von Belegen dazugehört. Zweck der Rechnungslegung ist es, den jeweils Berechtigten in die Lage zu versetzen, die Grundlage für seine Ansprüche zu ermitteln. Um diesem Zweck zu genügen, gewährt die Rechtsprechung grundsätzlich Einsicht in die Wareneingangs- und Warenausgangsrechnungen, sofern einer derartigen Einsicht nicht besondere Geheimhaltungsinteressen des Rechnungslegungspflichtigen entgegenstehen (vgl 4 Ob 145/05k = ÖBl 2006/19 [Gamerith]; 17 Ob 5/07w; 17 Ob 23/08v ua). Vom Anspruch auf Rechnungslegung hinsichtlich der durch die Erfindung gemachten Umsätze wird von der Lehre und Rechtsprechung auch hinsichtlich des Diensterfinders ausgegangen (vgl Löschnigg, Arbeitsrecht11 6/151; 9 ObA 92/98i ua). Dass das Berufungsgericht im vorliegenden Fall die Pflicht der Beklagten bejahte, dem Kläger über alle (im Urteilsspruch näher spezifizierte) Umsätze unter Vorlage der Handelsbücher und Anschluss sämtlicher Eingangs- und Ausgangsfakturen Rechnung zu legen sowie die Richtigkeit dieser Rechnung durch einen Buchsachverständigen prüfen zu lassen, entspricht damit dem Vorgesagten und ist nicht zu beanstanden. Der Umfang der Rechnungslegung hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab, deren Beurteilung regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO begründet (vgl 1 Ob 10/98x; 17 Ob 23/08v ua).

Soweit der Revisionswerber beanstandet, dass ihm das Berufungsgericht nicht auch die Rechnungslegung über „Zahlungsansprüche“ und „Kostenersparnisse“ der Beklagten zusprach, ist er auf die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts zur insoweit mangelnden Bestimmtheit des Rechnungslegungsbegehrens zu verweisen. Das Berufungsgericht folgte diesbezüglich den in erster Instanz mehrfach vorgebrachten Einwänden der Beklagten, denen der Kläger insoweit nur wenig entgegensetzte. So ist es zwar richtig, dass der Kläger in erster Instanz allgemein vom „Einsparungspotential“ seiner Erfindungen sprach. Eine darauf abzielende Klage auf Rechnungslegung setzt jedoch - selbst wenn man die Anforderungen gering hält - mehr an Bestimmtheit voraus, zumal im Exekutionsverfahren vom Exekutionsgericht bei der Beurteilung der Frage, ob die verpflichtete Partei ordnungsgemäß Rechnung gelegt hat, zumindest festzustellen ist, ob sich die von ihr vorgelegten Urkunden als eine dem Exekutionstitel entsprechende Rechnung darstellen (vgl RIS-Justiz RS0075262 ua). Ähnliche Erwägungen bezüglich der mangelnden Bestimmtheit können auch für die dem Kläger vorschwebenden „Zahlungsansprüche“ gelten. Dass beim Kläger insoweit möglicherweise ein Perspektivenwechsel erfolgte, könnte aus dem Umstand abgeleitet werden, dass er nach freiwilliger Rechnungslegung der Beklagten in erster Instanz über die Umsätze hinsichtlich des Zeitraums 28. 11. 2004 bis 28. 11. 2007 das Rechnungslegungsbegehren insoweit sogleich auf Kosten (und Zahlung) einschränkte, ohne das Thema „Zahlungsansprüche“ und „Kostenersparnisse“ wie nun in der Zulassungsbeschwerde zu relevieren. Dieser Umstand unterstreicht den Einzelfallcharakter des vom Revisionswerber geltend gemachten Aspekts.

Soweit der Revisionswerber eine erhebliche Rechtsfrage in Fragen der Miterfinderstellung erblickt, betreffen diese nicht jene Teile der Berufungsentscheidung, über die das Berufungsgericht mit Teilurteil meritorisch abgesprochen hat bzw kommen sie insoweit zufolge der vorstehenden Erwägungen zur mangelnden Bestimmtheit des Rechnungslegungsbegehrens nicht zum Tragen. Augenscheinlich zielen sie auf jenen Teil der Berufungsentscheidung ab, hinsichtlich dessen eine teilweise Aufhebung des Ersturteils und Zurückverweisung an das Erstgericht erfolgte. Mangels Zulassung des Rekurses kann jedoch dieses Thema in dritter Instanz nicht releviert werden (§ 519 Abs 1 Z 2 ZPO).

Zusammenfassend ist die außerordentliche Revision des Klägers mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

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