OGH 8ObA84/11b

OGH8ObA84/11b20.12.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Lukas Stärker und Franz Boindl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei U***** K*****, vertreten durch NM Norbert Moser Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei Univ.-Prof. *****, vertreten durch Dr. Franz Zimmermann, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, wegen 8.765,57 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6. Oktober 2011, GZ 7 Ra 41/11w-43, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Das Berufungsgericht hat die Zulässigkeit des streitigen Rechtswegs für die aus dem Rechtsgrund eines Darlehens erhobene Klagsforderung ohne aufzugreifenden Rechtsirrtum bejaht. Für die Frage, ob ein öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich zu beurteilender Sachverhalt vorliegt und ob der Rechtsweg zulässig ist, kommt es in erster Linie auf den Wortlaut des Klagebegehrens und auf die Natur und das Wesen des geltend gemachten Anspruchs an, wofür wiederum der geltend gemachte Rechtsgrund von ausschlaggebender Bedeutung ist. Welche Einwendungen der Beklagte erhebt, oder ob der behauptete Anspruch begründet ist, ist für die Rechtswegzulässigkeit nicht relevant (RIS-Justiz RS0045539; RS0045584; RS0045644; RS0045718; Ballon in Fasching/Konecny² I § 1 JN Rz 72).

2. Nach der hier relevanten Rechtslage vor dem Inkrafttreten des DaKRÄG, BGBl I 28/2010, ist es für das Zustandekommen eines Darlehensvertrags nicht essentiell, dass die Darlehensvaluta bar oder unmittelbar an den Darlehensnehmer ausbezahlt wurden. Ist der Darlehensbetrag vereinbarungsgemäß an einen Dritten zu zahlen, hat der Darlehensgeber den Vertrag vielmehr mit dem Einlangen der Valuta beim Dritten erfüllt (RIS-Justiz RS0119134; vgl Griss in KBB³, § 983 ABGB Rz 7 mwN). Die Beurteilung des Berufungsgerichts steht auf Grundlage des festgestellten Sachverhalts mit dieser Rechtsprechung im Einklang und wirft keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.

3. Soweit die Revision eine Irreführung des Beklagten über die Voraussetzungen seiner vertraglichen Rückzahlungsverpflichtung geltend macht, entfernt sie sich von den bindenden Tatsachenfeststellungen, welche dafür ebensowenig einen Anhaltspunkt bieten wie für eine Sittenwidrigkeit der gegenständlichen Vereinbarung. Unstrittig war nur der Beklagte allein über das bewusste Projektkonto verfügungsberechtigt und gegenüber der Bank für den Saldo haftbar; durch die Zahlung der Klägerin wurde er von dieser Verbindlichkeit befreit.

4. Die vom Berufungsgericht bereits geprüften und verworfenen Mängelrügen zum erstinstanzlichen Verfahren können im Revisionsverfahren nicht mehr neuerlich erhoben werden (RIS-Justiz RS0042963; RS0043061). Auch einen Mangel des Berufungsverfahrens selbst vermag die Revision nicht aufzuzeigen. Die ins Treffen geführten, vermeintlich übergangenen Beweisergebnisse zur Weiterführung anderer ad-personam-Forschungsprojekte durch die Klägerin konnten ein fehlendes erstinstanzliches Vorbringen des Beklagten nicht ersetzen (RIS-Justiz RS0038037; RS0037915 [T1]).

5. Das Berufungsgericht hat sich entgegen den Revisionsausführungen sehr wohl auch inhaltlich mit der Gegenforderung des Beklagten auseinandergesetzt.

Das gegen den Beklagten gerichtete Mobbing bestand nach den Feststellungen in Schmähbriefen, deren Verfasser jedoch unbekannt geblieben ist. Der Beklagte wäre behauptungspflichtig dafür gewesen, welche konkreten Handlungspflichten die Klägerin durch ihre zuständigen Organe verabsäumt haben soll, und inwiefern in weiterer Folge gerade dieses Versäumnis kausal für seine Erkrankung gewesen wäre. Dem Beklagtenvorbringen ist dazu nichts zu entnehmen. Fest steht im Gegenteil, dass die bekannten Briefe erst im Lauf des Jahres 2008 beim Beklagten einlangten, wogegen jene medizinischen Behandlungen, deren Kostenersatz er begehrt, im Jahr 2007 begannen und schon Anfang 2008 endeten.

6. Nach § 49a ASGG beträgt der Zinssatz für Forderungen im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis (§ 50 Abs 1 ASGG) acht von Hundert pro Jahr über dem am Tag nach dem Eintritt der Fälligkeit geltenden Basiszinssatz, der sich zum 1. 1. 2008 auf 3,19 % pa belief. Es handelt sich dabei um einen gesetzlichen Zinssatz, dessen Anwendbarkeit nicht davon abhängt, ob die Klägerin selbst Fremdkapital in Anspruch nimmt, oder welchen Konditionen sie dabei unterliegt.

Als Forderungen „im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis“ gelten nicht nur Entgeltansprüche, sondern dem Wortsinn nach auch alle anderen Forderungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, für deren Entstehen das Arbeitsverhältnis nicht bloß zufälliger Anlass war. Dazu zählt auch der Anspruch auf Rückzahlung eines im Hinblick auf den Arbeitsvertrag gewährten Darlehens (Arb 8801, 9343; Kuderna ASGG², § 50 Anm 5; Neumayr in ZellKomm § 50 ASGG Rz 12). Bei der Bejahung des Zusammenhangs im vorliegenden Fall ist den Vorinstanzen keine im Revisionsverfahren gemäß § 502 Abs 1 ZPO aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen.

Das Gleiche gilt für die Frage, ob dem Beklagten bei der Bestreitung der Klagsforderung eine vertretbare Rechtsansicht zuzubilligen war. Der Verfahrensstandpunkt des Beklagten ist nicht an kontroversen Rechtsfragen, sondern an der Feststellbarkeit ihrer tatsächlichen Voraussetzungen gescheitert.

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