OGH 3Ob151/11v

OGH3Ob151/11v8.11.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. J*****, vertreten durch Mag. Martin Bican, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Dr. A*****, 2. Dr. S*****, vertreten durch Winkler Reich-Rohrwig Illedits, Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien, wegen Entfernung und Unterlassung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 26. Mai 2011, GZ 36 R 281/10f-36, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Hernals vom 26. August 2010, GZ 15 C 661/09x-26, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Dem Kläger gelingt es aus folgenden Gründen nicht, eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darzustellen, sodass sich die außerordentliche Revision als nicht zulässig erweist:

1. Die vom Kläger geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahren wurde geprüft, sie liegt jedoch nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

2. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Oberste Gerichtshof zu 5 Ob 38/08m (in einem Verfahren wegen § 52 Abs 1 Z 2 WEG iVm § 16 WEG, §§ 834 f ABGB) den Gegenstand des auch hier zu beurteilenden, ein sogenanntes Mischhaus betreffenden Umlauf-(mehrheits-)beschlusses nicht als untrennbare Einheit beurteilte, sondern ihm zum Teil Rechtswirksamkeit zuerkannte, soweit Änderungen unmittelbar an Wohnungseigentumsobjekten beschlossen wurden, wie ua die Einbeziehung von Gang-WCs und allgemeinen Teilen des Hausgangs, die nach § 16 Abs 2 Z 2 WEG zu genehmigen seien.

Es kann daher auch kein unvertretbares Auslegungsergebnis darin erblickt werden, die Voten der Zustimmenden auch als deren selbständige Einverständniserklärung zu den von den Beklagten (als schlichte Miteigentümer) beabsichtigten - und nunmehr bereits durchgeführten - Baumaßnahmen zu qualifizieren. Schließlich ist dem Wortlaut des Beschlusstextes nichts Gegenteiliges zu entnehmen und der Kläger hat es in erster Instanz unterlassen, entsprechendes Tatsachenvorbringen zu erstatten, das eine andere Absicht der Zustimmenden erkennen ließe; daher bestehen dazu auch keine sekundären Feststellungsmängel.

3. Der Kläger geht - unter Berufung auf die bereits zitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofs - auch noch in der Revision davon aus, dass es sich bei den beanstandeten Baumaßnahmen der Beklagten um Verfügungen iSd § 828 ABGB handelt.

Nach herrschender Ansicht besteht die wegen des nach dieser Bestimmung geltenden Einstimmigkeitsprinzips erforderliche Willensbildung schlicht (mangels - hier nicht behaupteter - anderer Vereinbarung) in der formlosen Zustimmung im weiteren Sinn aller zu der betreffenden Verfügung; diese ist Willenserklärung und kann daher nach § 863 ABGB auch - nachträglich - konkludent erfolgen; dabei fungieren sie nicht als Träger eines einheitlichen Gesamtwillens, sondern jeder für sich als Teilhaber der Rechtsgemeinschaft (H. Böhm in Kletecka/Schauer, ABGB-ON 1.00 § 828 Rz 7; Egglmeier-Schmolke in Schwimann ABGB TaKomm § 828 Rz 1 f; Egglmeier/Gruber/Sprohar in Schwimann³ § 828 ABGB Rz 2 f; Sailer in KBB³ § 828 ABGB Rz 1; vgl 5 Ob 314/65 = RIS-Justiz RS0015551; 2 Ob 206/55 = SZ 28/118).

Daher erweist sich die Rechtsansicht des Klägers, es bedürfe einer vertraglichen Vereinbarung unter Beteiligung aller Zustimmungsberechtigten, als unzutreffend und es kommt auf den Zugang der später den Beklagten erklärten Zustimmung durch die einzige ursprünglich ablehnende Mit- und Wohnungseigentümerin bei den übrigen nicht an. Der Zugang sowohl der im Rahmen des Umlaufbeschlusses abgegebenen Zustimmungserklärungen als auch des Einverständnisses der ursprünglich ablehnenden Mit- und Wohnungseigentümerin an die Beklagten ist gar nicht strittig.

Diese Willenserklärungen sind daher nach § 876 ABGB nicht mehr frei widerrufbar, sondern können nur mehr wegen Willensmängeln angefochten werden (Bollenberger in KBB³ § 876 ABGB Rz 1; Kolmasch in Schwimann ABGB TaKomm § 876 Rz 1; vgl RIS-Justiz RS0013923); dazu fehlen aber entsprechende Behauptungen des Klägers. Da es sich bei den Zustimmungserklärungen iSd § 828 ABGB nicht um Vertragsangebote handelt, stellt sich die Frage nach deren Bindungsfrist nicht.

4. Die Verneinung eines Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs des Klägers gegenüber den Beklagten wegen nachträglich vorliegender Zustimmung aller übrigen Mit- und Wohnungseigentümer, stellt daher keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung dar.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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