Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 373,68 EUR (darin enthalten 62,28 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Beklagte führt ein im Personalverleih tätiges Unternehmen mit Sitz in Passau und überließ im Jahr 2008 insgesamt fünf Arbeitnehmer grenzüberschreitend an Unternehmen in Österreich zur Verrichtung von Bautätigkeiten. Diese Arbeitnehmer nahmen während der Entsendung Erholungsurlaub in Anspruch und erhielten von der Beklagten direkt Urlaubsentgelt und Urlaubszuschüsse ausbezahlt. Zum Zeitpunkt ihres jeweiligen Urlaubsantritts hatten alle Arbeitnehmer noch weniger als 26 Anwartschaftswochen nach dem BUAG erworben.
Die Klage ist auf Zahlung der gemäß §§ 33d ff BUAG vorgeschriebenen Lohnzuschläge für die entsandten Arbeitnehmer gerichtet.
Die Beklagte stellte ihre Verpflichtung zur Entrichtung der Zuschläge dem Grunde nach nicht in Frage, wandte aber - soweit im Revisionsverfahren noch relevant - von ihr direkt an die Arbeitnehmer bezahlte Urlaubszuschüsse (3.318,39 EUR) und Urlaubsentgelte (2.370,56 EUR) als Gegenforderungen ein.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und sprach aus, dass die Gegenforderung der Beklagten aus dem Titel des bezahlten Urlaubsentgelts in Höhe von 2.370,56 EUR nicht zu Recht bestehe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten keine Folge. Die behauptete Gegenforderung sei mangels Richtigkeit und Gegenseitigkeit nicht gegen die Zuschläge aufrechenbar. Ansprüche der Arbeitnehmer gegen die Klägerin seien wegen fehlender Anwartschaftszeiten und mangels Entrichtung der Zuschläge noch nicht entstanden, sodass eine Einlösung durch die Beklagte nicht in Frage komme. Die ordentliche Revision sei jedoch zuzulassen, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Aufrechenbarkeit von bezahltem Urlaubsentgelt und Zuschlägen gemäß §§ 33d ff BUAG nicht aufzufinden sei.
Die von der Klägerin beantwortete Revision der Beklagten, die sich nur mehr gegen einen Teilzuspruch in Höhe von 3.297,74 EUR richtet, ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts mangels einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
1. Das Erstgericht hat in seinem Urteil nur über eine Gegenforderung von 2.370,56 EUR abgesprochen. Dieser Umstand wurde in der Berufung der Beklagten nicht gerügt, sodass eine allenfalls übergangene weitere Gegenforderung aus dem Verfahren ausgeschieden ist und im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden kann (RIS-Justiz RS0041486).
2. Auf grenzüberschreitende Arbeitsverhältnisse ist nach Art 6 EVÜ (nunmehr Art 8 Rom-I VO) in Ermangelung einer abweichenden Vereinbarung das materielle Recht jenes Staates anzuwenden, in dem er in Erfüllung des Vertrags gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, auch wenn er vorübergehend in einen anderen Staat entsandt ist (vgl Mayr in FS Cerny [2001], Arbeitsrechtliche Fragestellungen bei der Entsendung von BauarbeiterInnen, 256 f; Pfeil, Grenzüberschreitender Einsatz von Arbeitnehmern, DRdA 1/2008, 5; Drs in Resch [Hrsg], Grenzüberschreitender Personaleinsatz, 23 f; ua).
Leiharbeitskräfte, die zwar formal bei einem deutschen Unternehmen beschäftigt sind, aber nur für die Tätigkeit in österreichischen Beschäftigerbetrieben aufgenommen wurden, haben ihren gewöhnlichen Arbeitsort im Inland, sodass auf ihre Dienstverhältnisse nicht nur die unabhängig vom Arbeitsvertragsstatut geltenden Eingriffsnormen der §§ 33d ff BUAG, sondern zur Gänze österreichisches materielles Recht anzuwenden ist.
Die Beklagte hat sich auf einen etwaigen gewöhnlichen Arbeitsort ihrer Dienstnehmer in Deutschland weder direkt noch indirekt berufen, insbesondere hat sie nicht behauptet, zur Zahlung der eingewendeten Urlaubsentgelte und -zuschüsse aufgrund eines anwendbaren ausländischen Sachrechts verpflichtet gewesen zu sein. Im vorgelegten Schriftverkehr (Beilage ./S) ist vielmehr von einer irrtümlichen Zahlung die Rede.
Die in der Entscheidung des erkennenden Senats zu 8 ObA 2/11v, welche ebenfalls eine grenzüberschreitende Überlassung von Bauarbeitern betraf, für wesentlich erachteten kollisionsrechtlichen Fragen stellen sich daher im vorliegenden Verfahren nicht.
3. Mit ihren Revisionsausführungen zur Aufrechenbarkeit der von ihr bezahlten Urlaubsentgelte und -zuschüsse gegen die von der Klägerin vorgeschriebenen Lohnzuschläge zeigt die Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage, insbesondere kein Abweichen der Vorinstanzen von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs auf.
Im System des BUAG ist ein Urlaubsvorgriff nicht vorgesehen. Die Vereinbarung eines „Urlaubes“, der nicht durch das BUAG abgedeckt ist, kann daher nur als eine freiwillige vertragliche Vereinbarung über die Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung des Entgelts angesehen werden (RIS-Justiz RS0124724). Durch eine solche freiwillige Vereinbarung wird die Verpflichtung zur Entrichtung der Zuschläge nach dem BUAG, bei denen es sich im Verhältnis zwischen Urlaubskasse und Dienstgeber um eine Beitragsleistung an eine Körperschaft öffentlichen Rechts, also um öffentliche Abgaben (RIS-Justiz RS0052582) handelt, nicht berührt.
Eine allfällige rechtsgeschäftliche Abtretung (§ 1422 ABGB) eines zukünftigen, nach §§ 33 f Abs 2 BUAG nur direkt gegenüber der Klägerin bestehenden Leistungsanspruchs ihrer Arbeitnehmer hat die Beklagte nicht behauptet.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf §§ 2 ASGG, 41 und 50 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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