OGH 13Os84/11v

OGH13Os84/11v13.10.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Oktober 2011 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ludwig als Schriftführer in der Strafsache gegen Siegfried R***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach §§ 15, 127, 128 Abs 1 Z 2, 130 dritter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 22. April 2011, GZ 23 Hv 47/11k-70, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Siegfried R***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach §§ 15, 127, 128 Abs 1 Z 2, 130 dritter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 13. November 2010 in H***** in der L*****-Kapelle, mithin in einem der Religionsausübung dienenden Raum, Gewahrsamsträgern der dortigen Pfarrgemeinde fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld, durch „Herausfischen“ aus dem Opferstock mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz wegzunehmen versucht, wobei er in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung derartiger (schwerer) Diebstähle eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.

Ein (vom Beschwerdeführer behaupteter) Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zwischen Entscheidungsgründen und Beweisergebnissen ist nicht Gegenstand der Mängelrüge (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 439). Davon abgesehen finden die kritisierten Urteilsannahmen, Polizeibeamte hätten bei der Durchsuchung des vom Beschwerdeführer benützten Zimmers in einer Pension „2 bis 3 Fahrradspeichen gesehen“ sowie dieser beziehe kein Einkommen und habe sein (insbesondere in einem Sparbuch bestehendes) Vermögen „seit 2004 nicht mehr angetastet“ (US 11), im (in der Hauptverhandlung referierten) Akteninhalt ohnehin Deckung (vgl ON 53 S 13 und 159 ff).

Unrichtige Wiedergabe der vom Beschwerdeführer in Bezug auf bei ihm sichergestellte Metallstreifen gemachten Angaben liegt dem weiteren Beschwerdevorbringen (Z 5 fünfter Fall) zuwider nicht vor (US 9 iVm ON 69 S 3 und ON 53 S 53).

Von der Mängelrüge (Z 5 fünfter Fall) ins Treffen geführte Abweichungen bei der Wiedergabe jenes Teils der Aussagen der Zeugen W***** und N*****, wonach sie den Beschwerdeführer schon früher (also mehrere Tage oder Wochen vor der Tat) in unmittelbarer Nähe der L*****-Kapelle, insbesondere in der Pfarrkirche gesehen hätten (vgl ON 69 S 8 und 10), während im Urteil (US 6 f) von Beobachtungen in der Kapelle die Rede sei, betreffen keine entscheidende Tatsache und sind deshalb unter dem Aspekt der Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099431; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 467).

Die Kritik (der Sache nach Z 5 vierter Fall) an den Erwägungen zur Gewerbsmäßigkeit (vgl US 11 f) nimmt nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe Maß (RIS-Justiz RS0119370). Im Übrigen steht die Verwirklichung bloß einer (versuchten) Tat der Annahme von Gewerbsmäßigkeit nicht entgegen (Jerabek in WK² § 70 Rz 6). Dass sich die erforderliche Prognose (beabsichtigter) weiterer Delinquenz (primär) auf bisher gezeigtes Verhalten stützt, steht im Einklang mit Denkgesetzen und grundlegenden Erfahrungssätzen. Vor dem Hintergrund der Unschuldsvermutung (§ 8 StPO, Art 6 Abs 2 MRK) problematische Schuldvermutungen (vom Schuldspruch nicht erfasste Diebstähle betreffend) haben die Tatrichter in diesem Zusammenhang dem Beschwerdevorbringen zuwider nicht getroffen.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) beschränkt sich darauf, aus vom Erstgericht angeführten Prämissen (insbesondere den Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Vermögen, US 6 und 11, den Aussagen der Zeugen N***** und W*****, US 6 ff, und den beim Beschwerdeführer sichergestellten schriftlichen Aufzeichnungen, US 11) für diesen günstigere Schlussfolgerungen zu ziehen und verlässt damit den Anfechtungsrahmen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (RIS-Justiz RS0099674).

Der Zweifelsgrundsatz ist schließlich ebenso wenig Gegenstand der Tatsachenrüge (RIS-Justiz RS0102162).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO); daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte