OGH 8Ob134/10d

OGH8Ob134/10d29.9.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner, sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach Mag. R***** L*****, verstorben am *****, wohnhaft zuletzt: *****, vertreten durch Herbst Vavrovsky Kinsky Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei G***** AG, *****, vertreten durch Sattlegger Dorninger Steiner & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen 216.928,64 EUR sA und Feststellung (Streitwert: 420.374,36 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 1. Oktober 2010, GZ 4 R 164/10f-22, womit über Berufung des Klägers das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 8. Juli 2010, GZ 10 Cg 44/09t-18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

I. Die Bezeichnung der klagenden Partei wird wie im Kopf der Entscheidung ersichtlich berichtigt.

II. Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Teilurteil wird dahin abgeändert, dass in seinem Umfang (Feststellungsbegehren) das Urteil des Erstgerichts als Teilurteil wiederhergestellt wird.

Die Entscheidung über die darauf entfallenden Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 16.451,56 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 486,93 EUR USt und 13.529,98 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

I. Der anwaltlich vertretene Kläger Mag. R***** L***** ist am ***** verstorben (§ 155 ZPO). Das Verlassenschaftsverfahren ist zu ***** des Bezirksgerichts S***** anhängig, eine Einantwortung ist noch nicht erfolgt. Die Bezeichnung der klagenden Partei war aufgrund der Bekanntgabe durch die Verlassenschaft gemäß § 235 Abs 5 ZPO wie aus dem Spruch ersichtlich zu berichtigen.

II. Mag. R***** L***** (in weiterer Folge: der Kläger) war als Arbeitnehmer seit 1. 2. 1982 bei der Beklagten beschäftigt. Im April 1998 vereinbarten die Streitteile einen schriftlichen Dienstvertrag. Am 23. 6. 1999 wurde dem Kläger Prokura erteilt.

Am 18. 3. 2003 fand eine Besprechung über die beabsichtigte Bestellung des Klägers zum Vorstandsmitglied der Beklagten statt. Danach sollte in den Vorstandsvertrag ausdrücklich aufgenommen werden, dass die Bestellung des Klägers zum Vorstand, insbesondere aber auch deren Beendigung, mit dem Dienstverhältnis nichts zu tun habe. Es wurde auch über die Folgen einer allfälligen Beendigung des Vorstandsmandats gesprochen: Gewollt war, dass auch nach Abschluss des Vorstandsvertrags der ursprüngliche Dienstvertrag des Klägers weiterlaufen sollte und der Vorstandsvertrag auf diesen „aufgesetzt“ werde. Im Fall der Beendigung des Vorstandsmandats könne nach Wahl des Klägers ein Eintritt in das ursprüngliche Dienstverhältnis erfolgen. Über die Folgen einer Abberufung als Vorstand wurde nicht gesprochen. Es wurde auch nicht darüber gesprochen, dass nach einer Beendigung der Vorstandsfunktion der Kläger weiterhin das in seinem Vorstandsvertrag vorgesehene Entgelt beziehen würde.

Am 24. 3. 2003 wurde der Kläger zum Vorstandsmitglied der Beklagten bestellt. Im schriftlichen Vorstandsvertrag vom 31. 3. 2003 samt Sideletter heißt es auszugsweise:

1.1 Die Bestellung gilt für die Dauer von fünf Jahren, sie endet daher am 1. 4. 2008; es wird festgestellt, dass diese Beendigung nichts mit dem Dienstverhältnis als solches zu tun hat. …

2.1 Der Vorstand erhält für seine Tätigkeit einen monatlichen Bruttobezug von EUR …

2.3 Jene Gehaltsbestandteile, die der Vorstand aufgrund seiner früheren Betriebszugehörigkeit als Angestellter angespart hat, wie insbesondere Jubiläumsgelder, werden so beibehalten, wie wenn der Vorstand sein Angestelltenverhältnis fortgesetzt hätte. Es wird festgestellt, dass jedenfalls durch die nunmehrige Vorstandsbestellung diese Leistungen der Gesellschaft so zu gewähren sind, als hätte der Vorstand als Angestellter die Zeit weiter im Unternehmen verbracht. …

4.1 Der Vorstandsvertrag wird für die Zeit bis zum 1. 4. 2008 abgeschlossen. Danach verlängert sich der Vertrag jeweils um die Dauer, für die [der Kläger] nach dem 1. 4. 2008 zum Vorstandsmitglied [der Beklagten] bestellt worden ist.

Die Gesellschaft wird spätestens acht Monate vor dem Ablauf dieses Vertrags über die Fortsetzung bzw Neubestellung beschließen. Sollte keine Neubestellung erfolgen und damit der Vorstandsvertrag nicht verlängert werden, ist dieser Vertrag aufgelöst und treten damit die mit der Beendigung verbundenen Rechtsfolgen ein.

Es besteht jedoch für den Vorstand die Wahlmöglichkeit, bei Nichtbestellung und sohin Nichtfortsetzung seiner Organfunktion zu wählen, in der normalen Angestelltenposition das Dienstverhältnis bei der Gesellschaft fortzusetzen. Die diesbezügliche Erklärung hat der Vorstand längstens sechs Monate vor Auslaufen der Organfunktion abzugeben, ansonsten es bei den Auflösungswirkungen dieses Vertrags bleibt. ...“

Mit Beschluss des Aufsichtsrats der Beklagten vom 27. 2. 2008 wurde das Vorstandsmandat des Klägers auf weitere fünf Jahre verlängert.

Dem Kläger wurde mit Beschluss des Aufsichtsrats der Beklagten vom 13. 1. 2009 das Vertrauen in Bezug auf das Vorstandsmandat entzogen. Mit Beschluss vom 28. 1. 2009 des Aufsichtsrats der Beklagten wurde das Vorstandsmandat des Klägers widerrufen. Mit Schreiben vom 29. 1. 2009 teilte der Rechtsvertreter der Beklagten dem Rechtsvertreter des Klägers mit, dass aufgrund der klaren Vereinbarung davon auszugehen sei, dass mit Wegfall der Vorstandsfunktion und des damit verbundenen Vertrags der Kläger in das frühere Dienstverhältnis mit allen sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten zurückkehrt. Die Beklagte kündigte das Dienstverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 25. 2. 2009 zum 31. 10. 2009 auf.

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Weiterzahlung seiner Bezüge auf Basis seines Vorstandsvertrags über den 1. 2. 2009 hinaus. Weiters begehrte er - nach Modifikation - die Feststellung, dass er unabhängig von der ausstehenden Rechtswirksamkeit seiner Abberufung als Vorstand den Anspruch auf künftige Entlohnung und Ruhegenüsse nach dem Vorstandsvertrag und dem Sideletter je von 31. 3. 2003 habe. Er brachte dazu vor, dass er in einem weiteren Verfahren eine Klage auf Unwirksamerklärung des Widerrufs seiner Bestellung zum Vorstand eingebracht habe, dieses Verfahren sei anhängig. Die dienstrechtlichen Bestimmungen des Vorstandsvertrags seien unbeschadet der Tatsache und auch unbeschadet der Wirksamkeit des Widerrufs seiner Bestellung zum Vorstand weiterhin gültig. Er habe daher Anspruch auf Entlohnung entsprechend dem Vorstandsvertrag.

Die Beklagte wandte dagegen ein, dass der Kläger aufgrund schwerer Verfehlungen und daher infolge eines wichtigen Grundes als Vorstand durch den Aufsichtsrat abberufen worden sei. Infolge des Widerrufs des Vorstandsmandats sei auch der Vorstandsvertrag weggefallen. Rechtsgrundlage für die Tätigkeit des Klägers sei daher der Dienstvertrag aus dem Jahr 1998, ein über die darin vereinbarte Entlohnung hinausgehender Anspruch stehe dem Kläger nicht zu.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Ausgehend von den bereits wiedergegebenen wesentlichen Feststellungen führte es rechtlich aus, dass der Kläger gemäß Punkt 4.1 des Vorstandsvertrags im Fall einer Nichtverlängerung seines Vorstandsmandats die Wahl habe, ob er wieder in seinen ursprünglichen Dienstvertrag als Prokurist eintreten wolle oder die Tätigkeit bei der Beklagten gänzlich beenden wolle. Für den Fall einer Abberufung sei keine ausdrückliche vertragliche Regelung getroffen worden. Diese Lücke sei im Weg der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Wenn schon für den Fall einer Nichtverlängerung des Vorstandsmandats ein „Rückfall“ auf das niedrigere Entgelt als Prokurist vertraglich vorgesehen sei, müsse dies auch für den Fall eines Widerrufs des Vorstandsmandats gelten.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil über Berufung des Klägers dahin ab, dass es mit Teilurteil dem Feststellungsbegehren stattgab, hinsichtlich des Leistungsbegehrens das angefochtene Urteil jedoch aufhob und die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwies.

Es hielt zunächst dem in der Berufungsbeantwortung von der Beklagten erhobenen Einwand, die Streitteile hätten am 27. 4. 2010 (also nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz) mündlich einen außergerichtlichen Generalvergleich geschlossen, sodass dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis zur Erhebung der Berufung fehle, entgegen, dass eine solche privatrechtliche Vereinbarung, deren Erfüllung nicht unmittelbar erzwingbar sei, nur im Weg der Klagsführung durchgesetzt werden könne. Dem behaupteten Vergleich - dessen Gültigkeit vom Kläger bestritten werde - komme nicht die Wirkung eines Exekutionstitels zu, sodass er auch einer neuerlichen gerichtlichen Geltendmachung des verglichenen Anspruchs nicht entgegenstehe und keinen Wegfall der materiellen Beschwer bedeute.

In der Sache selbst führte das Berufungsgericht aus, dass der Bestellungswiderruf nicht zur automatischen Beendigung des Vorstandsvertrags geführt habe. Dass der Aufsichtsrat der Beklagten zugleich mit dem Bestellungswiderruf eine vorzeitige Auflösung des Vorstandsvertrags aus wichtigem Grund oder eine Kündigung des Klägers beschlossen und mitgeteilt habe, sei weder behauptet noch bewiesen worden. Daher sei vom aufrechten Bestehen des Vorstandsvertrags weiterhin auszugehen, sodass sich der Kläger zu Recht auf diesen als Grundlage seiner Ansprüche stütze. Das Feststellungsbegehren bestehe daher zu Recht. Bezüglich des Zahlungsbegehrens fehlten jedoch Feststellungen, weshalb in diesem Umfang eine abschließende Beurteilung nicht möglich sei.

Hinsichtlich des aufhebenden Teils seiner Entscheidung sprach das Berufungsgericht nicht aus, dass dagegen der Rekurs an den Obersten Gerichtshof gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO zulässig sei.

Betreffend das Teilurteil sprach das Berufungsgericht aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil die Frage der Vertragsauslegung im Einzelfall nicht die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO erfülle.

Gegen das Teilurteil richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten.

Der Kläger beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurück-, hilfsweise abzuweisen.

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts zulässig, weil der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht teilt. Die Revision ist im Sinn des Abänderungsantrags auch berechtigt.

1. Vorweg ist auszuführen, dass die behauptete Nichtigkeit bzw Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nicht vorliegt. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass dem Kläger nicht schon deshalb die Beschwer für die Erhebung der Berufung gegen das Urteil erster Instanz fehlte, weil die Parteien (was im Übrigen strittig ist und nicht feststeht) nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz einen außergerichtlichen Generalvergleich geschlossen hätten, ist zutreffend, sodass darauf gemäß § 510 Abs 3 ZPO verwiesen werden kann.

2. Die Organstellung eines Vorstandsmitglieds wird durch den körperschaftsrechtlichen Akt der Bestellung begründet. Sie ist zu unterscheiden von einem neben sie tretenden schuldrechtlichen Rechtsverhältnis zwischen dem Vorstandsmitglied und der Gesellschaft, das von § 75 Abs 4 AktG als Anstellungsvertrag bezeichnet wird (Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht Rz 3/278). Gemäß § 75 Abs 4 AktG kann der Aufsichtsrat die organschaftliche Bestellung zum Vorstandsmitglied widerrufen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; der Widerruf ist wirksam, solange nicht über seine Unwirksamkeit rechtskräftig entschieden ist. Dies bedeutet, dass der Widerruf zunächst nur schwebend wirksam ist. Der Schwebezustand endet, wenn die Abberufungsentscheidung des Aufsichtsrats vom Gericht rechtskräftig als unwirksam festgestellt wird oder die Klage des Abberufenen rechtskräftig abgewiesen wird (Jabornegg/Strasser, AktG II5 §§ 75, 76 Rz 48). Da im konkreten Fall über die vom Kläger eingebrachte Klage auf Unwirksamerklärung des Widerrufs noch nicht entschieden wurde, ist der Widerruf seiner organschaftlichen Bestellung zum Vorstandsmitglied schwebend wirksam.

3. Auch in diesem Zusammenhang ist zwischen der Organstellung und dem zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vertragsverhältnis streng zu unterscheiden (RIS-Justiz RS0049399). Der Widerruf der Organstellung berührt gemäß § 75 Abs 4 AktG die Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag nicht (RIS-Justiz RS0049407). Unstrittig wurde hier auch keine vertragliche Vereinbarung getroffen, wonach der Vorstandsvertrag ende, wenn eine Abberufung durch den Aufsichtsrat erfolge (Koppelungsklausel, dazu ausführlich 1 Ob 190/09m mwH).

Ohne dass es diesbezüglich einer besonderen Vereinbarung bedarf, kann allerdings der Vorstandsvertrag jederzeit von jedem der beiden Vertragsparteien einseitig aus wichtigem Grund pro futuro gelöst werden. Es liegt auf der Hand, dass derartige Gründe so gut wie regelmäßig auch wichtige Gründe für den Widerruf der Bestellung des Vorstandsmitglieds darstellen werden. Dennoch ist nach der Konzeption des AktG im Prinzip dieses außerordentliche einseitige Lösungsrecht auch eingeschränkt auf den Vorstandsvertrag, dh losgelöst von einem Weiterbestand der Vorstandsfunktion denkbar. Derartige vorzeitige Auflösungserklärungen in Bezug auf den Vorstandsvertrag haben selbst dann Lösungswirkung, wenn ein wichtiger Grund fehlt. Eine auf solche Weise unberechtigte Auflösungserklärung löst aber jedenfalls Schadenersatzansprüche aus (Strasser in Jabornegg/Strasser aaO §§ 75, 76 Rz 88 mwH; vgl auch Kalss aaO, 3/300).

4. Dass der Widerruf der Bestellung zum Vorstandsmitglied für sich allein nach herrschender Auffassung nicht die vorzeitige Auflösung des Anstellungsvertrags des Vorstands bewirkt (vgl nur Strasser in Jabornegg/Strasser aaO §§ 75, 76 Rz 89 mwH; 9 ObA 28/07v), hat das Berufungsgericht richtig erkannt. Allerdings besteht grundsätzlich die Möglichkeit, dass der Widerruf der Bestellung auch als vorzeitige Erklärung der Auflösung des Vorstandsvertrags aufzufassen ist, sofern nach den dafür anzuwendenden Regeln des ABGB eine diesbezügliche Willenserklärung dem Vorstandsmitglied zugegangen ist, welche dieses redlicherweise als Erklärung der (vorzeitigen) Auflösung des Vorstandsvertrags deuten musste (Strasser aaO §§ 75, 76 Rz 89; zur Zuständigkeit des Aufsichtsrats: RIS-Justiz RS0049384; SZ 48/79).

5. Hier geht nun das Berufungsgericht nicht von den Sachverhaltsfeststellungen aus, wenn es ausführt, dass eine dahingehende Willenserklärung nicht einmal behauptet worden wäre: Die Beklagte hat während des gesamten Verfahrens erster Instanz vorgebracht, dass der Vorstandsvertrag zufolge des Widerrufs des Vorstandsmandats weggefallen sei. Das Erstgericht hat - beruhend auf den vom Kläger vorgelegten Urkunden - unangefochten festgestellt, dass dem Kläger von der Beklagten ausdrücklich mitgeteilt wurde, dass mit dem Wegfall der Vorstandsfunktion auch der damit verbundene Vorstandsvertrag weggefallen sei. Das Erstgericht zitiert zur Begründung dieser Feststellungen insbesondere auch die Beilage ./E, ein Schreiben des Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Beklagten an den Kläger vom 28. 1. 2009, in dem es wörtlich heißt: „Mit Widerruf der Bestellung zum Vorstand der [Beklagten] endet auch der Vorstandsvertrag vom März 2003, ….“ Dass der Kläger dieses - von ihm vorgelegte und in der Klage zitierte - Schreiben vom 28. 1. 2009 (wie auch jenes vom 29. 1. 2009, Beilage ./F) erhalten hat, bestreitet er gar nicht (vgl auch Beilage ./G). Damit ergibt sich jedoch, dass der Aufsichtsrat dem Kläger nicht nur den Widerruf der Bestellung zum Vorstandsmitglied erklärt, sondern ihm - gemeinsam mit dieser Erklärung - auch die Auflösung des Vorstandsvertrags des Klägers mitgeteilt hat.

6. Im Sinne der oben dargestellten Rechtslage hat diese Auflösungserklärung den Vorstandsvertrag des Klägers beendet, und zwar unabhängig davon, ob dafür - was nicht feststeht - ein sie rechtfertigender wichtiger Grund bestand oder nicht. Selbst im Fall einer unberechtigten vorzeitigen Beendigung des Vorstandsvertrags würde dem Kläger im Sinne der dargestellten Rechtslage nur ein Anspruch auf Schadenersatz (Kündigungsentschädigung) zustehen, den er jedoch im vorliegenden Verfahren nicht geltend gemacht hat. Er begehrte vielmehr ausdrücklich die Fortzahlung seiner Entgelte aus dem seiner Ansicht nach weiter bestehenden Vorstandsvertrag. Für diesen Anspruch fehlt es jedoch nach der wirksamen Erklärung der Auflösung des Vorstandsvertrags an einer Grundlage.

Ob ein wichtiger Grund vorlag, der die Beklagte berechtigte, den Vorstandsvertrag des Klägers vorzeitig aufzulösen, kann daher im konkreten Fall dahingestellt bleiben. Ebenso bedarf die weitere Frage, ob ein wichtiger Grund vorlag, der die Beklagte zum Widerruf der organschaftlichen Stellung des Klägers als Vorstand berechtigte, keiner weiteren Erörterung, weil auch im Fall einer unberechtigten Abberufung rückwirkend nur Schadenersatzansprüche entstehen könnten, die der Kläger im Verfahren aber nicht geltend gemacht hat.

7. Mangels vertraglicher Grundlage für die vom Kläger begehrten Ansprüche bedarf es auch keiner weiteren Auseinandersetzung mit dem älteren Arbeitsvertrag der Streitteile, aus dem der Kläger auch keine Ansprüche geltend macht.

8. Der Revision war daher Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichts im Umfang der Abweisung des Feststellungsbegehrens wiederherzustellen.

Hinsichtlich des Leistungsbegehrens, das Gegenstand des Aufhebungsbeschlusses des Berufungsgerichts ist, wird das Erstgericht unter Bindung an die Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofs zu entscheiden haben (RIS-Justiz RS0042279, zuletzt 2 Ob 107/10i).

9. Der Kostenvorbehalt für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren beruht auf § 52 ZPO.

Die Kostenentscheidung für das Revisionsverfahren beruht auf den §§ 50, 41 ZPO. Da nur das Teilurteil des Berufungsgerichts Gegenstand des Revisionsverfahrens war, beträgt die Bemessungsgrundlage 420.374,36 EUR. Ungeachtet eines irreführenden Schreibfehlers im Kostenverzeichnis begehrt die Beklagte zutreffend nur 50 % Einheitssatz für die Revision.

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